Joachim Nikolas EGGERT - Die Sinfonien

  • Heute möchte ich die Sinfonien des schwedischen Komponisten Joachim Nikolas EGGERT (1779-1813) – einem Vertreter der schwedischen Klassik - vorstellen. Es erhebt sich die Frage, ob dies einen eigenen Thread rechtfertigt, da der Komponist uns ja nur 4 Sinfonien . und eine unvollendet gebliebene 5. hinterlassen hat und er zudem bis zum Erscheinen der hier vorgestellten Naxos CDs mehrheitlich auch eingefleischten Klassikliebhabern unbekannt gewesen sein dürfte. Sein mangelnder Bekanntheitsgrad ist teilweise seinem Herkunftdland, teilweise seinem frühen Tod, er starb an Tuberkulose, geschuldet. Gegebenenfalls kann ja das eine oder andere orchestrale Gelegenheitswerk (noch gibt es keine Aufnahmen davon) auch in diesem Thread vorgestekkt werden......
    Schon nach Abhören der ersten Sinfonie (Kurzvorstellung erfolgt in meinem nächsten Beitrag in diesem Thread war mir klar, dass ein eigener Thread hier eine gute Investition ist, denn es werden ja vermutlich irgendwann mehrere Mitglieder diese Sinfonien erwerben und hören.
    Und hörenswert sind diese Sinfonien (ich schließe von der ersten auf die weiteren) allemal.
    Hier haben wir es mit einem weitern Beethoven Zeitgenossen zu tun, der eine eigene Tonsprache gefunden hat. Die allerdings von fremden Einflüssen nicht völlig frei ist. Das liegt vermutlich daran, dass man bei unbekannten Komponisten immer irgendwelche Bezüge zu seinen Zeitgenossen sucht, auch wenn die vielleicht gar nicht da sind,


    Um Euch nicht allzulange auf die Folter zu spannen: (ich habe inzwischen kurz in weitere Klangschnippsel hineingehört) Eggers Musik zeichnet sich durch einen sehr eingängigen, etwas triumphierend-plakativen Stil aus, mit immer wieder eingeschobenen Ohrwurmthemen.


    Aber ich möchte nicht vorgreifen…..


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Am besten ich setze hier gleich mit einer Kurzvorstellung der 1, Sinfonie fort:


    Die Sinfonie stammt von 1804 oder 1805. Sie ist viersätzig angelegt:


    1)Adagio mesto – Allegro con brio
    2)Andante
    3)Menett und Trio: Allegro
    4)Finale: Allegro vivace


    Zu Beginn des ersten Satzes wurde ich für Sekunden unwillkürlich an die „Ouvertüre zu Mozarts „Don Giovanni“ erinnert. Düster und bedeutungsschwer auch die folgenden Takte.
    Schlagartig aber wendet sich das Blatt: Der Satz nimmt einen feurig bombastischen Charakter an, triumphierend und mit jeder Menge Schlagzeug, Dabei bleibt indes der soeben erwachte cantable Charakter erhalten, der sich wie ein roter Faden durch die Sinfonie zieht.
    Die allzu plakativen Stellen (ich persönlich liebe sie) werden immer wieder durch betörend schöne meist mildere Passagen abgelöst, was der Sinfonie zusätzlich Farbe verleiht. Wie nicht anders zu erwarten geht der erste Satz triumphierend zu Ende


    Wenn ich dem 2. Satz Anklänge an Haydn attestiere, dann ist das lediglich eine Krücke, eine oberflächliche Betrachtung. Sanft uns einschmeichelnd beginnt der Satz um sofort wieder energischeren, kräftigeren Stellen zu Platz zu machen, Liebliche „Landschaften“ durchziehen im weiteren Verlauf den Satz, immer wieder kontrastiert durch einen geradezu marschartigen Duktus mit Instrumentierung, die mich an einen (üppigen) Spielmannszug erinnert. Eggerts Vorliebe für Schlagzeug bleibt auch im Andante ungebrochen…..


    Auch wenn der dritte Satz einen völlig anderen - sehr markanten - aber schwer zu beschreibenden Charakter aufweist, so bleiben Eggerts „Strickmuster“ und „Zutaten“ die selben, Viel Schlagwerk, dazwischen bezaubernde Ohrwurmmelodien.


    Ein Feuerwerk der Lebensfreude - so könnte man den rasanten Finalsatz beschreiben, voll Optimismus und Schönklang einerseits ,beherrscht von Spritzigkeit und Tempo andrerseits, wieder durch Pauken und andere Schlaginstrumente unterstrichen. Der Kunstkniff , gegen Endes des ersten Drittels des Satzes eine leicht verhaltene, eher dunkle Passage, einzufügen ist gelungen, den daraus entwickelt sich erneut ein fulminant klingendes Furioso, das immer wider kurz lyrisch unterbrochen wird, Die Tempo- und Stimmungssprünge sind stets musikalisch effektvoll, sie bringen Kontraste, aber keine unangenehmen „Brüche“ Die Sinfonie endet im Taumel des Triumphes, wobei Eggert kurz vor Ende einen –wie ich finde- originellen Effekt einbaut.


    Ich bin von dieser Sinfonie begeistert und weiß nicht, ob ich es beklagen soll, dass dieser Komponist nur 4 Sinfonien hinterlassen, oder dankbar sein soll. Dass ich mich nach dieser einen auf weitere 3 freuen darf…..


    Damit ich es nicht vergesse:
    Gérard Korsten und das Gävle Symphony Orchester haben eine ausgezeichnete Perfomance geboten....


    Naxos ist hier ein großer Wurf gelungen….


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Danke, lieber Alfred. Dein Bericht hat mich neugierig gemacht.


    Ich kannte bisher vón Joachim Nikolas Eggert nur die Oper "Mohrerna i Spanien", die ich mal in Malmö in einer Studentenaufführung gehört habe und höchst unterhaltsam fand.


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Die Sinfonie Nr 2 in g-moll wird im allgemeinen auf 1806 datiert. Wie schon in der Sinfonie festgestellt neigt Eggert zum Einsatz von effektvollen, bombatisch triumphalen oder hymnenhaften Orchesterausbrüchen, die durch extrem cantable Sequenzen gebrochen werden. Drt 1. Satz strahlt eine Wucht aus, wie sie ansonst nur Beethoven anzubieten hat, aber eigenartigerweise mit völlig anderen Mitteln und einer völlig anderen Klangsprache. Der bläserbetonte cantable 2. Satz wartet plötzlich mit überraschend einsätzen Paukenschlägen auf, die irgendwie bedrohlich erscheinen, indes die melodische Harmonie nur geringfügi stören. Ein kämpferisches Thema mit Tschinellen übernimmt die Führung. Kaum ist es verklungen setzen wieder die Bläser mit einer betörenden Melodei (sicc) ein. Der Satz klingt süsslich wehmütiog aus. Voller Lebensfreude der 3. Satz, der am ehesten an eine Haydn Sinfonie erinnert. Nichts ist hier ausgelassen, weder ein liebliches Violinsolo nioch ein auftrumpfendes Orchester. Wenn man glaubt Die Originalität Eggerts sei nicht mehr zu übertreffen der höre den Finalsatz an: Voller Saft und Kraft das Orchester einerseits, immer wieder durch diverse Soli unterbrochen, ein Ohrwurm par excellence,
    Fanfaren und Einsatz von Tschinellen verstärken die Wirkung. Hier wurde ganz auf den Geschmack des Publikums hin komponiert, auch ein wenig Paganinini (Orchesterbehandlung in den Violinkonzerten) scheint hier im Spiel zu sein.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,
    Eggert hätte keinen besseren PR-Mann haben können als Dich! Ich gestehe, noch nie von ihm gehört zu haben, aber Deine Beschreibungen der beiden ersten Symphonien machen mich sehr neugierig - als bekennender Liebhaber leicht zugänglicher und melodiöser Musik. Die Werke wandern postwendend auf meine To-do-Liste... :D

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Ich höre gerade zum zweiten Mal die Sinfonien 2+4,


    und finde großen Gefallen daran, recht wuchtig aber nie erdrückend. Eine tolle Entdeckung für mich, auch die Aufnahmequalität ist sehr gut - ich denke ich muss mir auch noch 1+3 kaufen........
    Da hat Alfred mal wieder einen guten Riecher gehabt !


    Schönes Wochenende noch,


    Kalli

  • Nach langer Pause widme ich mich heute wieder einer Sinfonie von Joachim Nikolas Eggert und zwar der Dritten. Wieder ist das Enttsehungsdatum nur ungefähr bekannt, es soll zwischen 1806 und 1807 gewesen sein.
    Informationen und Einschätzungen über das Werk gibt es nur im Booklet, Wikipedia schreibt nur recht knapp über diesen Komponisten, der ja bereits mit 34 Jahren verstorben ist und offensichtlich kein Vielschreiber war.
    In gewisser Hinsicht ist der Komponist sich treu geblieben, in gewisser Hinsicht ist diese Sinfonie jedoch ein Aussenseiter.
    Mir Persönlich fiele beim ersten Satz wieder diese Mischung zwischen Erhabenheit, Dunkelheit und Leuchtkraft auf.
    Irgendwie kam mir das bekannt vor, aber mir fiel keine vergleichbare Sinfonie eines zeitnahen Komponisten ein,
    Und dann kam mir die Erleuchtung: Den ersten Satz der Sinfonie könnte man ohne Probleme vor Mozarts "Zauberflöte" stellen, der Gesamteindruck ist IMO stellenweise frappierend ähnlich. Schon die ersten Töne signalisieren: Hier folgt eine BEDEUTENDE Sinfonie
    Auch der zweite Satz könnte aus Mozartsd Zauberflöte (Marsch der Priester) sein - ist es aber nicht, sondern eine Umarbeitung der Begräbnismusik für Herzog Adolph Friedrich. Auch der dritte Satz ist eigenwillig, er eröffnet mit einer Fuge und endet irgenwie unerwartet.
    Auffallend an dieser dreisätzigen Sinfonie ist ferner, daß der Komponist hier auf das sons von ihm gerne präsent eingesetzt Schlagzeug verzichtet. Ich bin der Meinung, daß diese Sinfonie unbedingt hörens- und besitzenswert ist......


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !