Brahms, Johannes - Sinfonien-Gesamtaufnahmen - welche sind empfehlenswert/unverzichtbar

  • Via Spotify habe ich mal in die neue Einspielung von Andris Nelsons reingehört. Seine Erste gefällt mir wirklich. Das Boston Symphony Orchestra klingt so gut wie in seinen früheren Glanzzeiten, grandioses Orchesterspiel (sehr satte Pauken, Wahnsinnsblechbläser in der Coda). Beim BSO setzt man offenbar nicht mehr auf die klassischen Tonträger. 70 EUR ist natürlich ein lachhaft hoher Preis. Bei PrestoClassical gibt es sämtliche Download-Optionen, von mp3 320 kb/s über CD-Qualität (16 Bit) bis hin zu Hi-Res (192 kHz, 24 Bit) (zwischen 18,50 und 32,50 EUR).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Habe ebenfalls über Spotify in die Nelsons-Aufnahmen hineingehört und bin positiv angetan.
    Ein warmer Orchesterklang, passende Tempi ( nur der Kopfsatz der Dritten könnte m.E. eine Idee langsamer sein), viele sehr schön ausmusizierte Details, der Sinn für Form und Zusammenhang steht. Nelsons lässt hier einen richtig guten und schönen Brahms spielen.


    Sollten die Aufnahmen eines Tages günstiger zu bekommen sein, würde ich sie wohl bestellen, selbst wenn ich mit allen DG-Karajan, mit Rattle, Abbado und Wand schon ganz hervorragende bis absolut überragende Einspielungen habe ( ich habe noch einige mehr, die ich aber nicht so gut finde).
    Dem Drang, mir noch mehr Einspielungen zuzulegen, konnte ich aufgrund der Probe-Hörmöglichkeiten bei Spotify und Youtube gut wiederstehen, denn da gab es nicht so viele Aufnahmen, die sich bei mir dauerhaft unter der Kategorie "will ich haben" durchsetzen konnten.
    Auch zu den neuen Aufnahmen mit Thielemann konnte ich mich aufgrund einiger aus meiner Sicht zu problematischen und dann auch zu vorhersehbaren Temporückungen nicht wirklich durchringen, auch wenn ich sie recht oft auf Spotify wohlwollend hörte.
    Die spektakulär vermarkteten Neueinspielungen aus der Hamburger Elbphilharmonie fand ich sogar ziemlich enttäuschend, meistens zu schnell.


    Doch diese hier angeführten Einspielungen mit Nelsons klingen für mich tatsächlich recht überzeugend.
    Sie ersetzten mir zwar Sternstunden wie die Spätaufnahme der Ersten in Tokyo mit Karajan und BPO nicht, sind aber eine schöne Ergänzung.


    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Wenn der Eindruck entstanden sein sollte, dass ich Brahms 1. für schwach halte oder nicht mögen würde, ist das falsch. Meine Antwort wurde durch Lutgra und Joseph "provoziert", die beinahe als Konsens nahelegten, dass die 1. die beste/beliebteste usw. sei. Wie ich schon sagte, sehe ich keine großen Qualitätsunterschiede in den Sinfonien. (Auch kein allzugroßes Wunder bei einem extrem selbstkritischen Komponisten, der beinahe 20 Jahre bis zur Veröffentlichung an der ersten Sinfonie gearbeitet hat.) Ich sehe aber tatsächlich noch mehr "Souveränität" und Eigenständigkeit in der 3. und 4. (ebenso wie die von Gombert angesprochene durchgehende "kammermusikalische" Faktur). Wobei die ersten beiden ohne Zweifel reife Werke sind; alles andere wäre ja auch sehr eigenartig, wenn man ihre Stellung im Gesamtwerk des Komponisten sieht.
    Bei der zweiten sind eben die Sätze 3 und 4 deutlicher "klassizistisch" als in den anderen Sinfonien. (Die Konzertfinali haben auch solche Züge, aber das ist bei dieser Gattung nur schwer zu vermeiden, sofern man nicht viel stärker von den traditionellen Formen abweicht.) Der dritte Satz hätte beinahe auch in einer der frühen Serenaden stehen können und das Finale ist im Grunde ein Haydn-Thema mit einem Brahmsschen Seitensatz (und besonders der sostenuto-Abschnitt in der Durchführung ist sehr brahmsisch-romantisch) und einer Beethoven-Coda.


    Das verhalten ausklingende Finale der dritten (nachdem der Satz vorher auf sehr knappem Raum außerordentliche Kontrast und einige der dramatischsten Passagen überhaupt bei Brahms gebracht hat) ist überraschend, überzeugend und eine originelle Innovation gegenüber den ersten beiden. Ebenso das tragische Finale der 4.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Wie bereits in Brahms-Beiträgen erwähnt habe ich erst recht spät zu Karajan und Brahms gefunden, weil einfach andere hochkarätige Aufahmen da waren: Klemperer, Szell, Solti, Bernstein - New Yorker PH ...


    Im Laufe der Jahre haben so ziemlich alle Karajan - Aufnahmen in meine Sammlung gefunden = die frühen mit den WPO der Sinfonien Nr. 1 und 3 (Decca,1960), alle 3 Zyklen auf DG (1964, 1977/78 und die Digitalen 1987-89).
    *** Die Erste war die GA von DG, 1977/78: Für mich war von da ab klar, dass Karajan sich ganz klar in die Reihe der grossen Brahms-Dirigenten einreihen kann.


    :!: Dieser Tage entdeckte ich die weitere Brahms-Sinfonien-GA = den LIVE-Zyklus von 1973 (DG/Universal, 1973, DTS 5.1 auf DVD sehr günstig. Der Wunsch Karajan auf DVD zu sehen und im astreinen DTS 5.1-Sound zu hören war eine hocherfreuliche Option.


    :angel: Inzwischen habe ich alle 4 Sinfonien gehört und bin absolut begeistert:
    Zu Karajans kraftvoller und hochdramatischer Herangehensweise kommt gegenüber den CD-Aufnahmen noch ein weiterer Funke Spannung durch die LIVE-Atmosphäre dazu. Karajan war 1973 noch in bester gesundheitlicher Verfassung und entsprechend emotional fällt auch sein Dirigant und seine Int aus. Ich habe Karajan selten so mit Hingabe gesehen. Dem Orchester vermittelt er das mit packenden Gesten = so und nicht anders.


    Die Sinfonie Nr.1 gehört hier 1973 zu seinen stärksten Aufnahmen (ähnlich und vergleichbar, wie die Späte in Tokyo ... :thumbsup: ).
    Die Sinfonie Nr.2 habe ich in allen Sätzen selten so spannend gehört, ohne das ich /wie sonst) auf den 4.Satz warten müsste, der dann mit grossem Impuls und straff folgt.
    Die Sinfonie Nr.3 war nicht so Karajans Liebling (wie die Texthefte aussagen). An seiner Int kann ich aber nichts negatives feststellen, denn auch hier packender Brahms in voller Grösse.
    Die Sinfonie Nr.4 hat die Schwere und Dramatik und steigert sich im letzten Satz zu einem der besten Aufnahmen.


    Mir fällt bei dem herausragend guten DTS 5.1-Sound (weit besser als alle auf CD) auf, dass die orchestrale Abb und die Pauken hier weniger in den Gesamtklang eingebettet sind, was mir natürlich voll entgegen kommt. Der Eindruck wird auch optisch unterstützt, weil die Pauken eingeblendet weden, wenn sie ihren Einsatz haben - grosse Klasse !


    Vom Tempo her hat Karajan bei den Brahms - Sinfonien immer die gleiche Grundtendenz gehabt. Da wird nichts verschleppt und hat bei ihm immer die richtige Proportion. Erst in seiner letzten digitalen GA sind Spielzeiten der langsamen Sätze etwas ausgeladener.
    Dieser LIVE-Zyklus gehört zu seinen straffsten Aufnahmen ... :thumbup::thumbup::thumbup:



    2DVD
    DG/UNIVERSAL, 1973, DTS 5.1


    *** Für alle Brahms - Freunde offenbart sich hier ein Klang- und Interpretations - Fest !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Wo ich gerade Teletons Beitrag zu Brahms und Karajan gelesen habe, tauchte bei mir die Frage auf, ob schon jemand die neue CD von Järvi mit Brahms hat und was dazu sagen kann?


    Ich gehe ja davon aus, dass es eine Gesamtausgabe wird. Hat er ja bei Beethoven auch gemacht. Und mit der Kammerphilharmonie Bremen klingt es für mich sehr interessant. Womit ich aber nicht von Teetons Beitrag ablenken will. Ich hoffe, er verzeiht es mir, dass ich mich hier rein schummel. :untertauch:

  • Da ich noch immer mit der Szell-Aufnahme liebäugel, da gibt es zwei unterschiedliche Editionen. Weiß vielleicht jemand, ob es sich bei der neueren um eine neues Remastering - möglicherweise aus japanischer Hand - handelt?



    Und, da wir gerade dabei sind? Es gibt beim Werbepartner einige begeisterte Stimmen zur Aufnahme mit Eugene Ormandy, kennt die jemand und kann etwas darüber sagen?


  • Wo ich gerade Teletons Beitrag zu Brahms und Karajan gelesen habe, tauchte bei mir die Frage auf, ob schon jemand die neue CD von Järvi mit Brahms hat und was dazu sagen kann?


    Lieber Friese,


    ja, nein. ;)


    Ich habe die neue Aufnahme



    heute erhalten, aber noch nicht gehört.
    Das gedenke ich aber morgen zu tun und werde im entsprechenden Thread erste Höreindrücke veröffentlichen können.


    Zitat

    Ich gehe ja davon aus, dass es eine Gesamtausgabe wird.


    So sieht's aus. Interessant (weil selten geworden) ist es, dass es sich bei obiger Aufnahme um eine Studioaufnahme und um keinen Live-Mitschnitt handelt.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Und, da wir gerade dabei sind? Es gibt beim Werbepartner einige begeisterte Stimmen zur Aufnahme mit Eugene Ormandy, kennt die jemand und kann etwas darüber sagen?



    Ich habe von Eugene Ormandy eine fabelhafte Live-Aufnahme der Ersten von Brahms vorliegen. Wenn die Studioeinspielungen ähnlich gelungen sind, wäre das eine Empfehlung von meiner Seite. Ormandy benutzt, wie auch William Steinberg und einige andere, dezente Orchesterretuschen, deren auffälligste ein pompöser Paukeneinsatz im berühmten Choral der Coda ist.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

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    – Luís de Camões

  • Also ich habe die ältere Ausgabe - die wurde wohl 1991 remastered von Howard H. Scott und Bruce Miller - sagt mir nichts - aber sie klingt sehr gut - gerade bei der ersten ist Szell mein Favourit. Vielleicht weiß jemand mehr zur neueren Ausgabe - aber die ältere ist schon sehr gut - vom lächerlichen Preis garnicht zu reden. Gruss kalli

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Sagitt meint.


    Järvi macht sicher eine Gesamtaufnahme.
    Ein Kraftakt für die Bremer. Ist immerhin eine KAMMERphilharmonie.


    Sehr streng die akademische Festouvertüre.


    Bei der 2ten habe ich bisher Kleiber,Gardiner und Norrington geschätzt.
    Muß Järvi wohl noch öfters hören. Zu massig ist es sicher nicht.

  • Und, da wir gerade dabei sind? Es gibt beim Werbepartner einige begeisterte Stimmen zur Aufnahme mit Eugene Ormandy, kennt die jemand und kann etwas darüber sagen?


    Hallo Lutgra,


    an der Ormandy-GA der Brahms-Sinfonien (SONY) bin ich schon lange interessiert. Angesichts meiner zahlreichen favorisierten Brahms-GA kam für mich aber nie der Mondpreis in Frage, der dafür zu zahlen ist.
    Im Frühsommer dieses Jahres habe ich mir aber die jetzt preiswerte SONY_Doppel-CD mit den Sinfonien Nr.1 und 2 geleistet:



    SONY, 1960 - 1968, ADD


    Ich habe dieser Tage wegen deiner Frage noch einmal in die Aufnahmen hereingehört.
    Ormandy zelebriert einen recht romantischen Brahms, der sich deutlich von Szell unterscheidet. Auch vom Tempo her macht er keine langatmigen Mätzchen, aber er zelebriert seinen Brahms dennoch weit ausgeladener, eben romantischer, als Szell und Karajan. Er meistert die Sinfonien mit Spannung und Hingabe; kraftvoll und mit Dramatik wo es angebracht ist und unterschlägt auch keine Paukenstellen, die aber klangtechnisch letztendlich recht weit weg klingen, aber (besonders über KH) trotzdem noch präsent sind. Der herrliche Philadelphia Sound überzeugt ebenfalls und passt sehr gut zu Brahms.
    Die Aufnahmen haben einen festen geschätzten Platz in meiner Sammlung ... die Sinfonien Nr.3 und 4 muss ich irgendwann auch noch an Land ziehen ...



    Mir hat die Ormandy-Aufnahme der Sinfonien Nr.1 und 2, Akademische Festouvertüre grossen Spass gemacht gemacht - aber nicht mehr als bei meinem Karajan-GA-Neuzugang von 1973 auf DVD in diesem Monat, der noch mehr Kontraste und explosivere Dramatik mitbringt.


    :!: Gegenüber der SONY-GA hat diese Doppel-CD den Vorteil, dass diese ein weitgehendes unbekanntes Werk enthält = die Händel-Variationen arrangiert für Orchester von Rubbra. Dies sind 25 Variationen mit Aria und Fuga also 27 Sätze, die mir wegen ihrer Kurzweiligkeit besser gefällt als die Haydn-Variationen !


    (Die enthaltene Tragische Ouvertüre wird von Stokowsky geleitet.
    Diese gefällt mir überhaupt nicht und ist die unangemessenste Int der Tragischen, die ich jemals hörte. Ich bereichtete bereits im entsprechenden Thread.)

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Lieber Wolfgang
    vielen Dank für Deinen ausführlichen Bericht. Dann werde ich mal darüber nachdenken, ob ich mir diese günstige 2er CD zulege oder vielleicht doch gleich alle vier auf einmal.
    Beste Grüße
    lutgra


    P.S. Von Karajan habe ich vor einigen Tagen die 2. aus der späten digitalen Serie gehört, die hat mir nicht besonders gefallen. Für die LP werden Mondpreise verlangt, ich werde deshalb meine auf den Markt werfen.


  • Guten Abend Teleton,


    Danke für den Tip mit der Doppel CD die 1+2 enthält !


    Ich bin ja sehr gut bestückt aber darauf freue ich mich.


    Schönen Abend noch !


    Kalli

  • Für diese Brahms-Levine-Sinfonien _ GA habe ich absichtlich diesen Thread gewählt, weil es sich wirklich um :angel: unverzichtbare Aufnahmen handelt.


    Nach meinem Neuzugang im Dezember 2017 habe ich zuerst mal die Sinfonien Nr.2 und 3 gehört, weil ich davon auch die Levine-Vergleichsaufnahmen mit den Wiener PH (DG) habe; bei der die Sinfonie Nr.3 volle Begeistung ausgelöst hatte. Die Zweite finde ich allerdings in dieser RCA-Aufnahme vorteilhafter, ;) weil spannender und nicht so lupenrein mit mehr Betonung der Ecken und Kanten.


    Nun habe ich auch die Sinfonien Nr.1 und 4 gehört und kann nun die positiven Kritiken bei amazon nachvollziehen, sowie die Aussage verstehen, dass "diese Aufnahmen nur noch von einem zu toppen sind .. die von Levine selber auf DG".


    Es ist gewiss nicht so, dass Levine nur auf dem Gaspedal steht und nur Augenmerk auf die dramatischen Passagen hat. Bei ihm ist das sehr ausgewogen, aber wenn es es zur Sache geht, dann ist er und das Orchester hochemotional dabei. Sehr schön auch, das Levine keine Paukenstelle verschluckt (die sind zwar in Chicago etwas entfernter, aber immer absolut präsent). Ganz herausragend gelingt ihm das Finale der Ersten und einfach fantatisch finde ich seine :angel: Vierte. Den 3.Satz liefert mit Hochspannung als Vorbote für das dramatische Finale - ja, so präsent und mit Nachdruck habe ich die Pauken noch nirgendwo gehört - selbst bei den Allerbesten 4 mit Steinberg, Solti und Dorati nicht, zu denn er sich ohne wenn und aber einreihen kann.
    *** Man spürt, dass sein Lehrer George Szell einen wichtige Rolle als Vorbild für seine Brahms-Interpretationen spielt - das gefällt mir - ganz grosse Klasse !


    Ich bin natürlich gespannt auf die die 1. und 4. mit Levine auf DG ( ^^ aber dazu muss der Preis erst mal stimmige Werte fallen !)




    RCA, 1975/76 (Sinfonien), 1983 (KK1 und Req.), ADD, DDD


    Die 4-CD-Box C2011 hatte ich in den USA bestellt. Sie kam nicht, wei sonst die Masters - Serie (ohne Textheft; Faltblatt mit den Spilezeiten) als Pappschachtel, sondern in einem CD-Case für 4CD.



    :thumbsup: Best Buy 04.Quartal 2017

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Kennt/ hört jemand den Zyklus mit dem Gewandhausorchester unter Chailly? Zu Beginn vom zweiten Satz der 1. Sinfonie, im Ausklang der ersten Phrase, ertönt etwas wie ein gestopftes Blechblasintrument (ich habe bei Amazon reingehört), sehr befremdlich und mißtönend. Ich habe die Partitur nicht greifbar, aber das scheint mir doch Fehl am Platz?


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Eine ganz besonders schlüssige GA scheint mir hier überhaupt noch nicht genannt worden zu sein:

    Antal Dorati mit dem London Symphony Orchestra (Nr. 1, 3-4) und dem Minneapolis Symphony Orchestra (Nr. 2). Aufnahmen: 1959 (Nr. 1), 1963 (Nr. 3 & 4), 1957 (Nr. 2).
    Klanglich fällt leider die Nr. 2 aus Minneapolis ein wenig matt aus, das wird aber durch Doratis schwungvolle Interpretation mehr als aufgewogen. Sämtliche Aufnahmen sind Stereo-Produktionen. Die Überspielung auf CD ist gut gelungen. Dem 2 CD-Album liegt ein 3-sprachiges Booklet bei, u.a. in deutsch.



    Gruß, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Hallo Farinelli,


    Wie Du ja selber schon im 2.Satz entdeckt hast, so gibt es bei Chailly in der Ersten mehrere Unwaegbarkeiten. So auch im Finale, wo der Paukenvorschlag einfach ignoriert wird.
    2016 hatte ich mir diese Brahms/GA gekauft. Nach erster Begeisterung kam dann nach genauem Hinhoeren und Hinweisen von Norbert die Ernuechterung.


    Ich habe mir dann die CD mit den noch nicht eingespielten Passagen und kleinen Orchesterwerken kopiert und diese Chailly II GA wieder verkauft.


    Mir dann Chailly I mit dem Concertgebouw Orchestra Amsterdam {DECCA} gekauft und damit weit zufriedener gewesen, als mit den Leipzigern.
    Auch klanglich gibt es von dem neuen Chailly/Zyklus nichts herausragendes zu berichten / aber soweit soweit OK.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Nemorino,


    in Diesen Thread ist Dorati vielleicht noch nicht genannt worden. In anderen Brahms Treads
    wurde er dafuer um so oefter von mir herausgestellt.
    Aber Du hast recht, dieser gehoert eindeutig auch in diesen Thread der unverzichtbaren Brahms GA.


    Neben Solti, Szell, Levine, Klemperer , Bernstein , Swetlanow und Karajan gehoert auch Dorati zu meinen hoch geschaetzten.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Eine sehr hörenswerte GA der Brahms-Sinfonieen ist die von Ludovit Rajter mit der Slowakischen Philharmonie, die um 1978 auf dem Plattenlabel opus erschienen ist. Hier das Bildchen einer Neuauflage zumindest der Sinfonien 2 und 3 auf Brilliant:



    Der Zugang ist überhaupt nicht formalistisch, eher emotional, eine meiner schönsten Brahms-Aufnahmen. Ansonsten der bereits genannte Ansermet, wenn's ein wenig sachlicher sein soll oder natürlich Böhm. Aber Rajter ist schon der Favorit.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Vielen Dank, lieber teleton, das entspricht meinen Höreindrücken. Obwohl der Beginn von III, 1 schon sehr dramatisch gelingt, dieser Aufstau in den Bläserakkorden und das riesig aus der Höhe stürzende Hauptthema über den kochenden Streichersynkopen.
    Danke auch an Joseph II., wegen des Hinweises auf PrestoClassic. Nelsons aus Boston klingt sehr vielversprechend.
    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


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  • Eine sehr hörenswerte GA der Brahms-Sinfonieen ist die von Ludovit Rajter mit der Slowakischen Philharmonie, die um 1978 auf dem Plattenlabel opus erschienen ist. Hier das Bildchen einer Neuauflage zumindest der Sinfonien 2 und 3 auf Brilliant:
    klick
    Der Zugang ist überhaupt nicht formalistisch, eher emotional, eine meiner schönsten Brahms-Aufnahmen. Ansonsten der bereits genannte Ansermet, wenn's ein wenig sachlicher sein soll oder natürlich Böhm. Aber Rajter ist schon der Favorit.
    Liebe Grüße vom Thomas :hello:


    Bildchen war gut :D und wenn man es dazu noch verlinkt werter Herr Pape hat auch das Forum/Alfred was davon! :thumbup:


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Hallo,


    ich hatte mir wegen der hier und bei Amazon zu lesenden Bewertungen die BPO unter Rattle heruntergeladen, in 44,1kHz/24. Heute kam dazu Nelsons/BSO in sensationellen 192kHz/24.
    Hintergrund war die große Verwunderung, daß es gar nicht so leicht ist, einen befriedigenden Brahms-Zyklus unter den neueren Einspielungen zu finden.
    Meine erste Begegnung mit Brahms-Symphonien war ein Geburtstagsgeschenk meine Tante, die III. in der ersten Karajan-Einspielung mit BPO von 1964 oder so. Die fand ich zwar großartig, v.a. den Anfang, aber auch sehr streng; das poco allegretto paßte mir nicht hinein, die übrigen Sätze fesselten mich nicht besonders.
    Zu Brahms als Symphoniker kam ich erst durch Bernsteins Wiener Zyklus, und hier waren es durchweg zuerst die Binnensätze - die ich bis heute wie kaum etwas in der sinfonischen Literatur liebe - die Bernsteins Aufnahmen mir nahebrachten. Mein Favorit ist bis heute im Grunde die Zweite, mit ihrem lieblichen Kopfsatz, ihrer Helle und Naturverbundenheit. Karajans 60ger-Jahre-Zyklus fiel dagegen in meinen Ohren irgendwie ab, auch klanglich natürlich, und ich vermißte den Schmelz der Wiener.
    Trotz Bernsteins TV-Einführungen war mir natürlich klar, daß III,1 bei ihm ein eher mißlungenes Experiment darstellte: auf die spannungsvollen Bläserakkorde folgt ein schon im Ansatz flügellahmer Streicher-Abstieg, und der Bezug der Tempovorschrift auf die Achtel der synkopierten Begleitung ist einigermaßen fragwürdig. Auch IV,1 kann gegen C. Kleiber nicht mithalten (der Rest schon); wer Brahms dramatisch liebt, greife zu anderen Dirigenten als Bernstein.
    Rattles Zyklus mit den Berlinern ist, was Tempo-Dispoition, Phrasierung, Liebe zum Detail betrifft, ganz hervorragend. Die Akzente sind vielleicht immer eine Spur zu weich ausgeschwungen, statt scharf (z.B. der die Bläserfanfare abschließende dritte Schlag auf 1 beim Einsatz des Sreicherthemas). Der Klang ins pastos, voll und dunkel, eher kompakt als transparent, aber von außerordentlicher Schönheit.


    Nicht zu empfehlen sind Skrowaczewski bei Denon und Janowski bei Pentatone, und zwar wegen der in meinen Ohren mangelnden Detailarbeit im Orchester (ich denke z.B. an den Beginn von II,3 oder den Schluß von IV,2). Beide Zyklen sind vom Dirigat her eindrucksvoll; es hapert aber öfters an der Umsetzung.


    Rattles Interpretation ist womöglich eine Spur objektiver und insofern unpersönlicher und weniger riskant - das bedeutet allerdings Kritik auf einem sehr hohen Niveau. Vergleicht man etwa den Schluß von IV, 2 bei Rattle mit Bernstein, so läßt Lenny den reinen Streichergesang erst wunderbar gezogen und mit ausdrucksvollen Akzenten spielen und in der apotheosehaften Einkleidung über rollenden Paukenwirbeln aufblühen, ehe dann das Schlußtableau des Hauptthemas im schneidenen Blech über sehr herbstlich gefärbten Streicherarpeggien erklingt - unnachahmlich und unerreicht. Rattle verzichtet beim Streicherthema auf die expressiven Akzente und die prononcierten Paukenschläge und beim Schlußtableau auf die Einfärbung des Blechs - so klingt es denn wie alles in diesem Zyklus, rund und voll und blühend, milde und ohne das, was manche bei Bernstein als Manier empfinden.


    Nelsons Bostoner Zyklus kann gegenüber Rattle akustisch punkten - der Klang ist weiträumig und wunderbar durchsichtig, bei vergleichbarer Fülle fehlt ihm das Dicke und Pastose der Berliner; die Bostoner klingen weniger aufgehellt als vielmehr wirklich strahlend; sie gewinnen dadurch bedeutend an Spontaneität. Das Dirigat läßt nichts zu wünschen übrig, es fehlt weder an Dramatik noch an kontemplativem Innehalten oder herb ausgekosteter Süße. Das Orchester ist sicher unter den besten dieser Welt. Eine klare Empfehlung!


    :hello:

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  • Hallo zusammen,


    da ich derzeit über eine konkrete Anschaffung nachdenke, möchte ich diesen Thread nutzen, um eure Meinung zu folgenden Aufnahmen zu hören:

    Ein Bekannter hat sie mir wärmstens empfohlen. Ich selber muss gestehen, Haitink kenne ich kaum und kann mir daher keinerlei Urteil erlauben.
    Ich würde mich über eure Einschätzung sehr freuen.

  • Haitink kenne ich kaum und kann mir daher keinerlei Urteil erlauben.
    Ich würde mich über eure Einschätzung sehr freuen.



    Lieber David,


    ich habe vor ein paar Jahren Haitink live in der Bonner Beethovenhalle erlebt, da spielte er mit der berühmten Staatskapelle Dresden die Sinfonie Nr. 1 von Brahms! Eine sehr schöne Aufführung, es gab nach dem Konzert enthusiastische Ovationen.


    Bernard Haitink ist seit Jahrzehnten im internationalen Musikgeschäft eine feste Größe, wenn er auch nie annähernd die Popularität von Karajan, Bernstein oder Klemperer erreicht hat. Ich würde Deinen Bekannten fragen, warum er ausgerechnet Haitink empfiehlt! Es gibt schließlich Dutzende von GA der Brahms-Sinfonien. Hast Du selber schon einen Zyklus?


    Günstig sind die Sinfonien z.B. mit Georg Solti (Decca) oder Günter Wand (RCA) zu haben, die auch klangtechnisch einwandfrei sind. Ich persönlich würde die Haitink-Kassette deshalb nicht kaufen, weil da auch noch die Klavierkonzerte, sowie das Violin- und Doppelkonzert mit dabei sind, und davon gibt es, ebenfalls preiswert, bessere Aufnahmen als diese.


    Wie gesagt, frage mal Deinen Bekannten, was ihn zu seinem Vorschlag veranlaßt hat.


    Schönen Abend,
    Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Lieber Nemorino,


    Danke für die Antwort. Ich werde auf jeden Fall nachhaken, warum er gerade diese Aufnahmen empfielt.


    Selber besitze ich die GA von John Barbirolli mit den Wiener Philharmonikern sowie Jochum mit den Berlinern. Hinzu kommen einzelne Aufnahmen unter Karajan, Abbado, Furtwängler und Carlos Kleiber.

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