Sinn und Unsinn von Hosenrollen

  • Meinst Du, dass das heutzutage noch jemanden stört, wenn da zwei Frauen auf der Bühne zugange sind? Ich kann mir das irgendwie nicht vorstellen...


    Vielleicht nicht unbedingt stören (obwohl es solche Leute leider auch gibt), aber vielleicht haben dann manche ein Problem damit, ewas romantisches darin zu sehen. Vielleicht wollen gerade die weiblichen Zuschauer lieber einen hübschen jungen Mann sehen, und keine weitere Frau? Ist jetzt nur eine Mutmaßung von mir, keine Unterstellung.



    Aber erwartet man- trotz aller Gleichberechtigung- von einem Erwachsenen Mann nicht irgendwie, dass er sich wehrt, wenn er da herumgeschubst wird? Ein Dreizehnjähriger oder gar eine Frau wird da eher Mitleid erregen, oder?


    Eigentlich schon ... wie gesagt, vielleicht will man das Stück und die Figuren entschärfen, indem es komisch wirkt, wenn ein erwachsener Chérubin herumgeschubst wird.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Wie fandest du Garančas Hänsel im Vergleich zu Kulman, von der Stimme her? Würdest du auch sagen, dass der von Kulman ein dunkleres Timbre hat, oder würdest du ihn als hell einstufen?




    LG,
    Hosenrolle1

  • Damit "Jetzt mache ich mir wirklich einen Spaß mit ihr" von Cherubino in der Gartenszene einen Kontext bekommt, hier die ganze Szene in der Reclam-Übersetzung:




    Ganz verstehe ich nicht, was Cherubino mit "Verlorne Zeit soll das nicht sein" meint.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Guten Morgen, bist ja auch schon wieder da!

    Ganz verstehe ich nicht, was Cherubino mit "Verlorne Zeit soll das nicht sein" meint.

    INa, der Schlawiner geht davon aus, dass es jetzt in jedem Fall unterhaltsam für ihn wird! Egal, wie die Sache ausgeht..
    Felsenstein- übersetzt sie mit: "Nah mich leise und behende. Das lass ich mir nicht entgehen!"
    Das wirkt noch ein wenig abenteuerlustiger als die übliche Übersetzung "Nutzen wir den Augenblick!"
    Er ist schon ein wenig auf Provokation gebürstet in diesem Moment! In jedem Fall sitzt ihm der Schalk im Nacken...


    GRÄFIN (versucht sich zu befreien und verstellt dabei ihre Stimme)
    Freches Bürschchen, unverschämtes Kerlchen. Macht schnell, daß Ihr von hier verschwindet.

    Die Diminutive, die die Gräfin hier verwendet, zeigen aber auch, dass sie ihn nicht recht ernst nimmt! Er stört nur...
    Angst hat sie wieder einmal nur vor ihrem Mann! Bei Chérubin würde ich dafür nicht die Hand ins Feuer legen... Ich glaube, da zittert sie sogar, oder?
    Ach ja, und Cherubino weiß ja, dass der Graf sowieso gleich kommen wird! Da kann eh nicht viel passieren! Er wird sich schon bereit halten, um rechtzeitig die Biege zu machen...


    Liebe, weder sonnige, aber zumindest auch nicht verregnete Grüße und einen schönen Tag wünscht die Dritte Dame

  • Wie fandest du Garančas Hänsel im Vergleich zu Kulman, von der Stimme her? Würdest du auch sagen, dass der von Kulman ein dunkleres Timbre hat, oder würdest du ihn als hell einstufen?

    Vom Timbre der Stimme her sind sie beide dunkel, für meine Ohren ist da kaum ein Unterschied! Um zu sagen, wer da eventuell ein wenig heller ist, müsste ich Kulman alleine hören- ich kenne nur Garanca alleine, durch Cherubino und Octavian...
    Da stöbere ich heute Abend einmal auf YouTube, oder vielleicht hast Du ja spontan auch etwas greifbar!
    Ich muss jetzt los, schnell noch ein paar Kleinigkeiten besorgen, Ehe der Ansturm los bricht, weil die Leute denken, die Lebensmittelversorgung würde für immer enden, nur weil die Geschäfte einmal zwei Tage am Stück geschlossen sind... ;)




    Liebe Grüße, die Dritte Dame

  • Na, der Schlawiner geht davon aus, dass es jetzt in jedem Fall unterhaltsam für ihn wird! Egal, wie die Sache ausgeht..
    Felsenstein- übersetzt sie mit: "Nah mich leise und behende. Das lass ich mir nicht entgehen!"
    Das wirkt noch ein wenig abenteuerlustiger als die übliche Übersetzung "Nutzen wir den Augenblick!"
    Er ist schon ein wenig auf Provokation gebürstet in diesem Moment! In jedem Fall sitzt ihm der Schalk im Nacken...


    Ich war mir da nicht sicher, das klingt für mich irgendwie schon wieder fast wie Chérubin, weniger lustig oder schalkhaft, sondern fast so, als würde er sagen "Ich hol mir da auf jeden Fall einen Kuss oder sonst was ab, umsonst mach ich mir den Spaß jetzt sicher nicht".



    Die Diminutive, die die Gräfin hier verwendet, zeigen aber auch, dass sie ihn nicht recht ernst nimmt! Er stört nur...


    Stimmt, aber ich möchte da auch noch sicher gehen und werde mich kundig machen wegen "Arditello, sfacciatello", weil im Wörterbuch finde ich beide Wörter nicht. Ein anderes Libretto im Internet, das allerdings nicht wörtlich ist, sagt "Unverschämter, Ungezogner", also keine Verniedlichungsformen.



    Angst hat sie wieder einmal nur vor ihrem Mann! Bei Chérubin würde ich dafür nicht die Hand ins Feuer legen... Ich glaube, da zittert sie sogar, oder?


    Da muss ich den Beitrag suchen mit deiner Übersetzung der Szene :)




    Liebe, sehr sonnige, dennoch sehr kalte Grüße,
    Hosenrolle1

  • Vom Timbre der Stimme her sind sie beide dunkel, für meine Ohren ist da kaum ein Unterschied! Um zu sagen, wer da eventuell ein wenig heller ist, müsste ich Kulman alleine hören- ich kenne nur Garanca alleine, durch Cherubino und Octavian...
    Da stöbere ich heute Abend einmal auf YouTube, oder vielleicht hast Du ja spontan auch etwas greifbar!


    Hier habe ich ein "Voi che sapete" von Kulman gepostet und kommentiert, da hörst du die Stimme alleine:
    http://tamino-klassikforum.at/…&postID=627050#post627050


    Rein vom Hören her haben, wie du auch sagst, beide ein dunkleres Timbre, aber Garanca klingt für mich schwerer, "träger", mit mehr Vibrato, während Kulman weniger Vibrato hat, und sich leichter bewegt, schlanker klingt.


    Ich war mir, wie gesagt, nicht sicher, ob du Kulmans Stimme vielleicht auch zu hell findest, weil wir ja doch unterschiedliche Vorstellungen davon haben, was (zu) hell und dunkel ist.



    EDIT: habe gerade nachgesehen wegen "Arditello, sfacciatello".


    Ardito = mutig, verwegen, kühn, unverschämt
    Sfacciato = frech, unverfroren, unverschämt, dreist


    Die Endung "-ello" ist eine Diminuitivform, wie z.B. auch -ino/-ina oder -etto/-etta ("Susannetta" nennt Cherubino sie, wird m.E. korrekt im Libretto mit "Susannchen" übersetzt). Habe mir das gerade auf Wiki angesehen.
    Das kann man wirklich schwer wörtlich übersetzen, da finde ich "Freches Bürschchen, unverschämtes Kerlchen" eigentlich eh passend, auf jeden Fall passender als die Internetübersetzung, die die Diminuitive weglässt.



    LG,
    Hosenrolle1

  • Hier habe ich ein "Voi che sapete" von Kulman gepostet und kommentiert, da hörst du die Stimme alleine.

    Ach, stimmt ja! Daran habe ich gar nicht mehr gedacht! :rolleyes:


    Rein vom Hören her haben, wie du auch sagst, beide ein dunkleres Timbre, aber Garanca klingt für mich schwerer, "träger", mit mehr Vibrato, während Kulman weniger Vibrato hat, und sich leichter bewegt, schlanker klingt.

    Du hattest jetzt nur nach dem Timbre gefragt! Aber im großen und ganzen Teile ich Deine Einschätzung: Garanca hat ein stärkeres Vibrato in der Stimme. Bei den meisten stört mich das, bei ihr geht es aber. Ihre Stimme klingt nicht wirklich "jung", das stimmt. Daher finde ich sie als Octavian auch nicht wirklich ideal...
    Mich interessiert bei dieser aktuellen DVD, die Du gepostet hattest auch vor allem die Kombination mit Fleming und die Inszenierung!
    Ich bekomme die jetzt übrigens als nachträgliches Geburtstagsgeschenk! Habe ich gleich einer Freundin aufgedrückt, die so leichtsinnig war, mich zu fragen... ;)


    Inzwischen sogar ein wenig sonnige Grüße von der Dritten Dame

  • Ich war mir da nicht sicher, das klingt für mich irgendwie schon wieder fast wie Chérubin, weniger lustig oder schalkhaft, sondern fast so, als würde er sagen "Ich hol mir da auf jeden Fall einen Kuss oder sonst was ab, umsonst mach ich mir den Spaß jetzt sicher nicht".

    Vielleicht kombiniert er da auch mehrere Dinge: Erstens Susanna ein bißchen zu ärgern ( macht sie ja auch oft genug mit ihm! ) Und gleichzeitig ein bisschen zu knutschen... Das macht er ja gerne, Barbarina übernimmt dann übergangslos im Pavillon zur rechten, und mehr wird eh nicht passieren! Cherubino ist kein Almaviva und bei ihm bleibt's sicher auch nur dabei...
    Ein bisschen Geknutsche ist erlaubt, solange man nicht in fester Beziehung ist, und da Barbarina ja nun kein Kind von Traurigkeit ist, nehme ich die Sache zwischen den beiden eh nicht so wirklich ernst.
    Und da Susanna ihm ja immer wieder sagt, wie süß und hübsch er ist, kann er's ja durchaus mal versuchen. Er kennt sie gut genug und kann davon ausgehen, dass sie ihm eine schmiert, wenn's ihr zu bunt wird!


    Sehr Sonnige Grüße von der Dritten Dame

  • Du hattest jetzt nur nach dem Timbre gefragt! Aber im großen und ganzen Teile ich Deine Einschätzung: Garanca hat ein stärkeres Vibrato in der Stimme. Bei den meisten stört mich das, bei ihr geht es aber. Ihre Stimme klingt nicht wirklich "jung", das stimmt. Daher finde ich sie als Octavian auch nicht wirklich ideal...


    Auf jeden Fall ist die Stimme von Kulman für mich ein weiteres Beispiel einer dunkleren Stimme, die mir aber sehr gefallen, einerseits das Timbre an sich, andererseits, weil die Stimme trotzdem nicht schwer, alt oder unbeweglich klingt.


    Nur die Interpretation von "Voi che sapete" war nicht so meines, ich glaube aber, dass das mit dem ganzen Konzept zu tun hat. In dem Rezitativ davor kommt er offenbar in den Stimmbruch, vielleicht klingt das "avvampar" deswegen so laut, weil er merkt "Boah, ich kann tief singen" oder so. Und eben das abgehakte an manchen Stellen, aber das hat mit der Stimme selbst nichts zu tun.




    LG,
    Hosenrolle1

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  • Nur die Interpretation von "Voi che sapete" war nicht so meines, ich glaube aber, dass das mit dem ganzen Konzept zu tun hat. In dem Rezitativ davor kommt er offenbar in den Stimmbruch, vielleicht klingt das "avvampar" deswegen so laut, weil er merkt "Boah, ich kann tief singen" oder so. Und eben das abgehakte an manchen Stellen, aber das hat mit der Stimme selbst nichts zu tun.

    Cherubino im Stimmbruch! Origineller Einfall! Obwohl das Zuhören nach einer Weile irgendwie anstrengend wird... Und für die Kulman sicherlich auch nicht leicht, dieser dauernde Wechsel!
    Aber vom Schulchor wird der mit dieser Nummer nicht befreit! Da teilt man ihn einfach für den Alt ein! Lieber noch ein paar Mal die "Feuerzangenbowle" gucken, Cherubino! SO macht man das!!! :D




    Liebe Grüße von der Dritten Dame

  • Die Übersetzung der Gartenszene befindet sich auf Seite 17, Nummer 507!
    Aber ich habe mich geirrt, sie zittert nicht. Er erwähnt nur, dass ihre Hand zittert, "weil ihr Herz so sehr schlägt".
    Da ist sie dann vermutlich eher aufgeregt wegen der gesamten Situation und hat nicht unbedingt Angst vor ihm, oder?



    Liebe Grüße, die Dritte Dame

  • Ich habe gerade meinen letzten Beitrag zur "Gartenszene" nochmals gelesen und habe gemerkt, dass ich da seit unserem ersten Gespräch darüber irgendwie lockerer geworden bin... Vielleicht, weil Cherubino im Vergleich zu Chérubin so harmlos ist...?

  • Cherubino im Stimmbruch! Origineller Einfall! Obwohl das Zuhören nach einer Weile irgendwie anstrengend wird... Und für die Kulman sicherlich auch nicht leicht, dieser dauernde Wechsel!


    Ich weiß auch nicht, wer auf die Idee gekommen ist. Das Video, wo Harnoncourt mit den Künstlern über die Rezitative redet, habe ich mir vollständig angesehen, aber da ist keine Rede vom Stimmbruch. Aber ich bin mir fast sicher, dass die Interpretation von "Voi che sapete" mit der Konzeption dieser Figur zu tun hat. Ich hätte die Arie gerne in einer anderen Inszenierung, bzw. bei einer anderen Gelegenheit gerne nochmal gehört.



    Ich habe gerade meinen letzten Beitrag zur "Gartenszene" nochmals gelesen und habe gemerkt, dass ich da seit unserem ersten Gespräch darüber irgendwie lockerer geworden bin... Vielleicht, weil Cherubino im Vergleich zu Chérubin so harmlos ist...?


    Naja, neue Erkenntnisse verändern oft die Sicht auf die Dinge :)
    Ich dachte am Anfang auch, dass er wegen der Gartenszene so drauf ist, aber jetzt haben wir uns mehr damit beschäftigt, übersetzt oder Übersetzungen gesucht, jetzt wissen wir mehr. Dank unserer Gespräche habe ich jetzt auch eine etwas andere Sicht auf dunklere Stimmen; am Anfang hätte ich generell gesagt "Klingt nicht schön, passt nicht für den Hänsel oder Cherubino", jetzt differenziere ich da schon zwischen für mich unschönen dunklen Stimmen, und schönen dunklen Stimmen und finde da Gefallen daran, auch wenn das nach wie vor für mich keine ideale Besetzung für eine Gesamtaufnahme wäre.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Und ich habe sogar noch etwas dazugelernt! Ich hatte vorher noch nie etwas von "HIP"- Interpretationen gehört... Ich habe übrigens Deine Klangbeispiele im entsprechenden Thread längst angehört, bin einfach noch nicht zum Antworten gekommen, weil ich hier so bei der Sache bin! Hole ich aber noch nach, versprochen!

    Ich weiß auch nicht, wer auf die Idee gekommen ist. Das Video, wo Harnoncourt mit den Künstlern über die Rezitative redet, habe ich mir vollständig angesehen, aber da ist keine Rede vom Stimmbruch.

    Mir ist mindestens zwei Mal aufgefallen, dass Susanna spontan dieses Spiel mitmachen und ebenfalls in eine tiefere Stimmlage rutschen wollte, hast Du das auch gemerkt?
    Die Sache mit den Rezitativen wollte ich mir auch gerne noch ansehen...


    Liebe Grüße, die Dritte Dame

  • Mir ist mindestens zwei Mal aufgefallen, dass Susanna spontan dieses Spiel mitmachen und ebenfalls in eine tiefere Stimmlage rutschen wollte, hast Du das auch gemerkt?


    Im selben Video, oder in einem anderen? Ich habe direkt vorgespult zum "Voi che sapete", da habe ich den Rest nicht gehört.


    Die Sache mit den Rezitativen wollte ich mir auch gerne noch ansehen...


    Bitte sehr :)


    https://www.youtube.com/watch?v=h9I--UN25MQ


    In dem Video erzählt Harnoncourt auch von irgendeinem alten Dirigenten von früher, wie der die Rezitative geprobt hat ...




    LG,
    Hosenrolle1

  • Im selben Video, oder in einem anderen? Ich habe direkt vorgespult zum "Voi che sapete", da habe ich den Rest nicht gehört.

    Ich habe mir ganz fasziniert das Rezitativ in kompletter Länge angeschaut und danach noch das "Non so piu" - ebenfalls mit Rezitativ! Nicht etwa, weil ich den Einfall so rasend witzig fand ( der verbrauchte sich ziemlich rasch...), sondern, weil mich dieser rasche Wechsel zwischen den Stimmlagen so beeindruckt hat! Vor allem, dass es insgesamt so sauber klang- was man von einem echten "Stimmbrüchigen" nicht wirklich erwarten kann... ;(



    Liebe Grüße, die Dritte Dame

  • Habs mir gerade angesehen, bzw. angehört, ja, Susanna macht ihn da nach mit "Ah...sì...certo...".


    Da muss ich dir Recht geben, Kulman trifft die Töne mit diesen schnellen Wechseln trotzdem sauber, aber die Idee nutzt sich wirklich schnell ab. Als ein- oder zweimaligen Gag fände ich es ok, wenn es aber öfter passiert, wird es vorhersehbar, und SO witzig ist es auch nicht. Aber auch ihre tiefe Stimme klingt schön, finde ich, eben nicht so extrem tief oder alt, sondern immer noch relativ leicht, trotzdem voll und nicht dünn.


    Die Rezitative klingen hier für mich auch besser, natürlicher, weil sie sich nicht - wie man das leider so oft hört - streng nach dem Notentext richten, was ich ziemlich ermüdend finde. Eigenartig auch C. Schäfer als Gräfin(!). Gerade noch der Cherubino, plötzlich selbst die Gräfin.


    Nebenbei, ich frage mich, wieso Susanna Cherubino hier Heuchler nennt, wenn er zustimmt, dass die Gräfin so schön ist. Glaubt sie, dass er das nicht ernst meint, dass er sich verstellt?




    LG,
    Hosenrolle1

  • Danke für den Link wegen der Rezitative! Aber das muss noch bis übermorgen warten! Du weißt doch, mein Datenvolumen... ;( Aber damit wird's im neuen Jahr besser...



    Habs mir gerade angesehen, bzw. angehört, ja, Susanna macht ihn da nach mit "Ah...sì...certo...".

    Nein, nicht nur! Ich hatte an mehreren Stellen den Eindruck, dass sie spontan auch die Tonlage wechseln wollte, das aber gerade noch bemerkt hat.
    Eine witzige Idee fand ich beim Rezitativ vor dem "Non so piu", dass Cherubinos Stimme immer dann in die Höhe schnellt, als er die Frauen - also Barbarina und seine "schöne Patin" erwähnt.



    Eigenartigg auch C. Schäfer als Gräfin(!). Gerade noch der Cherubino, plötzlich selbst die Gräfin.


    Das ist Christine Schäfer?! Au warte, auf die Gräfin habe ich gar nicht geachtet... Ich glaube, das muss ich mir doch noch einmal anschauen!


    Nebenbei, ich frage mich, wieso Susanna Cherubino hier Heuchler nennt, wenn er zustimmt, dass die Gräfin so schön ist. Glaubt sie, dass er das nicht ernst meint, dass er sich verstellt?

    So etwas kommt nicht nur an dieser Stelle vor! Nach dem "Venite inginocciatevi" nennt sie ihn "kleine Schlange". Bei Beaumarchais nennt sie ihn den "lieben Jungen mit den scheinheiligen langen Augenwimpern". In der gängigen deutschen Übersetzung des "Venite inginocciatevi" ist am Ende die Rede von einem"tückischen" Blick. Ob Sie das im Original auch sagt, kannst Du eventuell anhand Deiner Übersetzung feststellen?



    Ganz liebe Grüße von der Dritten Dame

  • Das ist Christine Schäfer?!


    Jep, das ist der blonde Bursche, der gerade noch Anna Netrebkos Aufforderung "Le mani sotto il petto ..." nachgekommen ist :D


    So etwas kommt nicht nur an dieser Stelle vor! Nach dem "Venite inginocciatevi" nennt sie ihn "kleine Schlange".


    Das stimmt schon, jedoch ist da der Zusammenhang doch ein anderer, weil "kleine Schlange" einfach nur ihn bezeichnen soll. Aber "Heuchler" wäre für mich eine Bezeichnung wie "Lügner" oder so - und da frage ich mich schon, WAS er heuchelt. (Ach ja, wo kommt das mit den scheinheiligen Augenwimpern vor? Dann kann ich auch mal in der Übersetzung nachsehen). Und sie sagt es direkt, nachdem Cherubino meint, dass die Gräfin schön ist.



    In der gängigen deutschen Übersetzung des "Venite inginocciatevi" ist am Ende die Rede von einem"tückischen" Blick. Ob Sie das im Original auch sagt, kannst Du eventuell anhand Deiner Übersetzung feststellen?


    Seht nur den Schelm an!
    Seht, wie schön er ist!
    Wie durchtrieben sein Blick,
    welche Anmut, was für eine Figur!


    Das LEO-Wörterbuch übersetzt mir "furba" mit schlau, klug, raffiniert, listig.


    Ich weiß nicht ob "durchtrieben" eine ganz genaue Übersetzung ist, "tückisch" halte ich aber fast für verfehlt, weil es nach bösen Absichten klingt, aus meiner Sicht. "So schön und doch voll Tücke" heißt es ja oft an dieser Stelle.
    "Durchtrieben" oder "listig" verbinde ich da in diesem Zusammenhang eher mit "aufgeweckt", lausbübisch.




    LG,
    Hosenrolle1

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  • An welcher Stelle das mit den "scheinheiligen Augenwimpern " vorkommt, kann ich Dir leider nicht sagen, aber es wurde hier schon mehrfach zitiert. Vielleicht kann uns ja da jemand weiterhelfen...?


    Die besagte Stelle im "Venite inginocciatevi" heißt bei Felsenstein-: "Wie seine Augen sprühen, wie seine Wangen glühen" . Da ist nicht einmal ansatzweise die Rede von etwas "Tückischem".


    Liebe Grüße von der Dritten Dame

  • An welcher Stelle das mit den "scheinheiligen Augenwimpern " vorkommt, kann ich Dir leider nicht sagen, aber es wurde hier schon mehrfach zitiert. Vielleicht kann uns ja da jemand weiterhelfen...?


    Ich hab grad nachgesehen, das kommt im Theaterstück vor, nicht in der Oper.


    Die besagte Stelle im "Venite inginocciatevi" heißt bei Felsenstein-: "Wie seine Augen sprühen, wie seine Wangen glühen" . Da ist nicht einmal ansatzweise die Rede von etwas "Tückischem".


    Auweh ... soviel zum Thema "Übersetzungen helfen, das Stück besser zu verstehen" :D




    LG,
    Hosenrolle1

  • Der Graf nennt ihn zwischendurch auch "picciol
    serpente" , also "kleine Schlange". Hier also auch wieder der Hinweis auf angebliche Heimtücke, aber speziell die Herren sind offenbar auch extrem schlecht auf den Bengel zu sprechen. Der Graf nennt ihn einen "Stutzer" , Figaro spricht im "Non piu andrai" mit äußerster Hähme davon, dass Cherubino in Zukunft auf seine "schönen Gewänder" usw. verzichten müsse...
    Komisch, dass er insgesamt im ganzen Stück eigentlich niemals den Eindruck macht, als würde er sich auf sein Aussehen oder seine Kleidung irgendetwas einbilden, oder was meinst Du dazu? Ist das reiner Neid?


    Liebe Grüße, die Dritte Dame

  • Weiß ich! Ich hatte ja gesagt bei Beaumarchais! :)


    Ups ... sorry.



    Der Graf nennt ihn zwischendurch auch "picciol serpente"


    Wird bei mir auch mit "kleine Schlange" übersetzt. Aber interessant, Susanna nennt ihn "serpentello", was die gleiche Bedeutung hat. Ist die Frage, ob "serpentello" quasi niedlicher gemeint ist als "picciol serpente".



    Figaro spricht im "Non piu andrai" mit äußerster Hähme davon, dass Cherubino in Zukunft auf seine "schönen Gewänder" usw. verzichten müsse...


    Die Übersetzung bei mir:


    Aus und vorbei, verliebter Schmetterling,
    das muntere Gaukeln tagsüber und nachts,
    das Unruhestiften bei den Schönen,
    kleiner Narziß, Adonis der Liebe.


    Aus und vorbei, die schönen Federbüsche,
    jener leichte und galante Hut,
    diese Frisur, diese strahlende Miene,
    dieser rosige, mädchenhafte Teint.



    Die Internetübersetzung sagt dazu:


    Nun vergiß leises Flehn, süßes Kosen
    und das Flattern von Rose zu Rosen;
    du wirst nicht mehr die Herzen erobern,
    ein Adonis, ein kleiner Narziß.


    Nun vergiß diese prangenden Federn,
    diese Blumen, die schimmernden Bänder,
    diese Locken, die seidnen Gewänder,
    dieser Wangen so rosigen Glanz.


    Was sagt Felsenstein zum Anfang dieser Arie? Das würde mich jetzt doch interessieren!



    Komisch, dass er insgesamt im ganzen Stück eigentlich niemals den Eindruck macht, als würde er sich auf sein Aussehen oder seine Kleidung irgendetwas einbilden, oder was meinst Du dazu? Ist das reiner Neid?


    Sieht mir ganz danach aus, weil ich keine Stelle finde, wo Cherubino besonders eitel wirken würde, im Gegenteil, er springt aus dem Fenster und riskiert dabei auch, dass er sich dreckig macht dabei. Der Junge ist m.E. viel zu übermütig, um eitel zu sein.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Aus und vorbei, verliebter Schmetterling,
    das muntere Gaukeln tagsüber und nachts,
    das Unruhestiften bei den Schönen,
    kleiner Narziß, Adonis der Liebe.

    Das mit dem "Schmetterling" ist auch ein Beispiel für einen Übersetzungsfehler, der sich hartnäckig hält, und ich habe ihn auch erst vor kurzem durch Zufall entdeckt: "Farfallone" bedeutet nicht "Schmetterling", sondern ist eine Bezeichnung für einen "Leichtfuß", einen "Luftikus", also einen sorglosen, leichtlebigen Menschen. "Farfalla" bedeutet "Schmetterling" ( Wie die Nudeln, dadurch bin ich überhaupt erst darauf gekommen, da mal genauer hinzusehen ;) ).


    Was sagt Felsenstein zum Anfang dieser Arie? Das würde mich jetzt doch interessieren!

    Da ist die Übersetzung ziemlich langweilig, finde ich:
    Nun ist Schluss mit den Liebesaffären.
    Wirst nicht mehr früh bis spät Dich vergnügen.
    Du wirst nicht mehr die Mädchen betören,
    ein Adonis, ein kleiner Narziß.


    Sieht mir ganz danach aus, weil ich keine Stelle finde, wo Cherubino besonders eitel wirken würde, im Gegenteil, er springt aus dem Fenster und riskiert dabei auch, dass er sich dreckig macht dabei. Der Junge ist m.E. viel zu übermütig, um eitel zu sein.

    Das empfinde ich genauso! Ich glaube, ihm wäre die Zeit auch viel.zu schade, um sie über Gebühr mit seinem persönlichen Styling zu verschwenden! ;)
    Aber wie kommt dann der Graf ausgerechnet dazu, ihn als "Stutzer" zu bezeichnen? Unterschlägt aber auch jede deutsche Übersetzung, die ich kenne...
    Ist Dir übrigens aufgefallen, dass er in dem Stück kaum je bei seinem Namen genannt wird? Meist wird er auf sein Aussehen oder seine Position im Schloss reduziert, wenn nicht gerade Ausdrücke wie "Bengel", "Schlingel" usw. fallen, die mal mehr, mal weniger freundlich gemeint sind...


    Liebe Grüße von der Dritten Dame

  • Das mit dem "Schmetterling" ist auch ein Beispiel für einen Übersetzungsfehler, der sich hartnäckig hält, und ich habe ihn auch erst vor kurzem durch Zufall entdeckt: "Farfallone" bedeutet nicht "Schmetterling", sondern ist eine Bezeichnung für einen "Leichtfuß", einen "Luftikus", also einen sorglosen, leichtlebigen Menschen.


    Oje, dann wäre das nicht korrekt. :(


    Aber wie kommt dann der Graf ausgerechnet dazu, ihn als "Stutzer" zu bezeichnen? Unterschlägt aber auch jede deutsche Übersetzung, die ich kenne...


    Wie lautet die Stelle im Original? Dann schaue ich gleich mal nach, was bei mir steht. (Ich weiß gar nicht mal, was ein Stutzer sein soll ...)


    Ist Dir übrigens aufgefallen, dass er in dem Stück kaum je bei seinem Namen genannt wird? Meist wird er auf sein Aussehen oder seine Position im Schloss reduziert, wenn nicht gerade Ausdrücke wie "Bengel", "Schlingel" usw. fallen, die mal mehr, mal weniger freundlich gemeint sind...


    Stimmt, wobei etwa der Graf eigentlich auch immer "der Graf" genannt wird, sogar von seiner Frau. Er nennt sie nur selten einmal "Rosina". Vielleicht ist das normal dort?




    LG,
    Hosenrolle1

  • Ich wünsche allen Taminas und Taminos einen wunderbaren, harmonischen Ausklang des alten Jahres und einen angenehmen Start ins Jahr 2018!


    Ganz liebe Grüße von der Dritten Dame!

  • Oje, dann wäre das nicht korrekt.

    Leider nein! Aber damit sind die Damen und Herren Übersetzer in guter Gesellschaft! Irgendwie scheint sich das so eingebürgert zu haben...

    Wie lautet die Stelle im Original? Dann schaue ich gleich mal nach, was bei mir steht. (Ich weiß gar nicht mal, was ein Stutzer sein soll ...)

    Im Original lautet sie "Parta, Parta il damerino." also "Er soll gehen, der Stutzer!"
    Das sagt der Graf kurz bevor er zu schildern beginnt, wie er Cherubino in Barbarinas Zimmer entdeckt hat. Die Stelle, die von Susanna und Basilio mit "Poverino!" beantwortet wird.
    Und was ein Stutzer ist? Ein Dandy, ein Laffe, ein Geck... Ein herausgeputzter Schnösel eben... ;) Wäre mir bei einer Charakterisierung Cherubinos so gar nicht in den Sinn gekommen...


    Stimmt, wobei etwa der Graf eigentlich auch immer "der Graf" genannt wird, sogar von seiner Frau. Er nennt sie nur selten einmal "Rosina". Vielleicht ist das normal dort?

    Auch wieder wahr... Ist in manchen Bereichen ja auch heute noch üblich! "Schick mal den Azubi zum Chef!" ;)


    Liebe Grüße von der Dritten Dame

  • Im Original lautet sie "Parta, Parta il damerino." also "Er soll gehen, der Stutzer!"


    "Fort soll er, fort, der Schürzenjäger" steht in meiner Übersetzung.


    "Geck, Schönling, Laffe, Stutzer" sagen LEO und Langenscheidt. Mich ärgert das: sonst ist die Übersetzung SEHR genau, und dann solche Fehler :(
    Allerdings will ich nicht ausschließen, dass manche Wörter von früher heute anders übersetzt werden, sie damals (und speziell ins kunstvollen Opernlibretti) eine andere Bedeutung hatten.


    Das italienische Wiktionary definiert "damerino" auf zwei Arten, die ich mir habe übersetzen lassen:


    1) Mann in raffinierter Kleidung


    2) Person, die versucht, mit ihrer Lebensweise zu faszinieren oder zu werben, und die gesucht wird.


    (1. uomo che si veste in maniera ricercata


    2. persona che cerca di affascinare o corteggiare con i suoi modi galanti e ricercati)



    Übrigens, wegen Cherubinos Stimme habe ich nachgedacht. Du weißt ja, dass ich vor einiger Zeit noch gesagt habe "Diese Stimmen sind zu tief, das passt nicht". Das sehe ich ja jetzt etwas anderes, geschmacklich gefallen mir dunklere Timbres, sofern auch schön und ausdrucksvoll gesungen wird, durchaus.


    Jetzt ist meine Überlegung die: wenn er ein helles Timbre hat (wie mein idealer Hänsel), dann klingt er sowieso hell und nicht wie eine Gräfin oder Marcellina.
    Wenn er aber ein dunkles, warmes Timbre hat, dann könnte man das vielleicht so verstehen, dass die Figur auch "warmherzig" ist, plump gesagt, und dann sollte aber m.E. die Marcellina aber kein solches Timbre haben, sondern etwas "kälter" klingen. Anders gesagt, dass das Timbre vielleicht auch Teil des Charakters sein kann.




    Liebe Grüße und ein schönes 2018 von
    Hosenrolle1

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