"Ich stehe ratlos vor..."

  • Mit Abstand am nichtssagendsten (abgesehen vielleicht vom Finalsatz) fand ich beim erneuten Durchhören tatsächlich die Vierte. Ich wäre dabei beinahe eingenickt vor Langeweile. Das ist auch jene Mahler-Symphonie, die ich schon früher am seltensten höre – und jetzt weiß ich wieder, wieso.


    Ich dachte auch schon, dass es an meinen Aufnahmen liegen könnte und wollte mir dieses Jahr schon die Szell-Aufnahme (SONY) zulegen, die eine TOP-Kritik hat ... aber nachdem ich zuerst die Sinfonie Nr.6 mit Szell (zum Vergleich für 1Cent) gekauft hatte, wusste ich ich, dass es keinesfalls an meinen Mahler-Aufnahmen liegen kann, denn diese Sechte ist von Szell (im Gegensatz zu Solti !!!) total klassisch und viel zu brav dirigiert worden.


    Interessant - jetzt weis ich, dass ich mit der Beurteilung zur Mahler 4 nicht alleine dastehe - ich höre sie auch nicht gerne, weil da aus meiner Sicht "einfach nix los ist" !
    Sorry Holger und DrPingel - aber den von Euch geschätzten Gesangspart im 4.Satz habe ich sowieso weitergezappt ! Das und alles in der Richtung ist ja bekanntlich so ganz und gar nicht meins.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Selten habe ich so eine Langweile empfunden wie bei dieser DG-Box (gibt es heute auch bei Brillant) mit den frühen Henze-Sinfonien.
    Die DG-Box habe ich lange verkauft, denn mehrere Versuche, ob sich doch noch was tun könnte, habe ich hinter mir ... das wird eindeutig nix ...


    Nicht, dass ich damit mit Henze abgeschlossen hätte.
    Die Tristan-Preludes für Klavier, Tapes & Orchester finde ich sehr gut, die KK auch interessant. Mit anderen CD´s ab Sinfonie NR.7 müsste ich mich noceinmal auseinandersetzten ... aber es Vieles und Wichtigeres in der Musik !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • ich will es nochmal versuchen: du sagst, dass "die Instrumente einfach nicht richtig waren". Dies Aussage ist absolut


    Nein, die ist historisch belegt.


    Absolut wäre es, wenn ich sagen würde, dass die period instruments, die auf OPI-Aufnahmen verwendet werden, in ihrer Bauart und ihrem Klang exakt den Originalen von damals entsprechen, denn DAS ist nicht nachweisbar, zumindest für mich nicht, der sich im (ausgesprochen vielfältigen und variantenreichen!) historischen Instrumentenbau etc. nicht auskennt.


    Du hast vielleicht das Wort "richtig" so interpretiert, als ob es mir um den individuellen Geschmack ginge, was aber nicht der Fall ist. Mit "richtig" meinte ich nur historisch nachweisbare Fakten, das hätte ich noch präzisieren können :)



    Aber ich befürchte, er hätte etwa ganz anderes gesagt


    Was er gesagt hätte ist für mich uninteressant. Mich interessieren nur nachweisbare Fakten und Tatsachen, keine Mutmaßungen oder Meinungen, die wir ihm in den Mund legen, denn, wie du selbst schon richtig sagst:


    die hätte höchstens Herr Mozart machen können




    LG,
    Hosenrolle1

  • Ich zB stehe ratlos vor Brahms - und das seit mehr als 30 Jahren...


    DA kann man mal sehen wie unterschiedlich die Wahrnehmungen sein können.


    Brahms schätze ich und er interessiert mich ungemein und immer wieder.
    Ich habe von kaum einen Komponisten so viele Vergleichsaufnahmen, wie von den Brahms - Sinfonien (da kommen nur noch Beethoven und Schostakowitsch dran).
    Gerade diese Woche habe ich mir die Levine-Sinfonien-GA (DG) bestellt, weil diese wuchtige und den leisen Tönen weniger beseelte Int bestellt. Könnte genau das Richtige für mich sein. Die Zweite soll absolut aus dem Dornröschenschlaf gerissen interpretiert sein !
    Ich bin gespannt !


    Diese Levine-GA werde ich dann ggf gegen die recht konservative Dohnanyi-GA (Teldec) austauschen ... Wand/NDR SO (RCA) ebenfalls in diese Richting tendierend, ist schon lange aussortiert ... :D:untertauch:

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • "Ratlos" bedeutet für mich normalerweise etwas anderes als "gefällt mir nicht". Oder sollte das nur eine höfliche Umschreibung dafür sein?


    Habe auch nicht den Eindruck, dass diejenigen hier, die Mahlers 4. oder 8. nicht so schätzen, dies aus Ratlosigkeit tun. (Beide sind durchaus typisch für Mahler, mir ist nur ein einziges untypisches Werk Mahlers bekannt, das frühe Klavierquartettfragment, aber vielleicht gibt es bei den Jugendwerken noch mehr. "Das Klagende Lied" ist schon ziemlich typisch, finde ich.)
    Spontan fällt mir bei "ratlos" nichts ein. Das mag jedoch einfach daran liegen, dass ich diese Musik dann zurückgestellt und mehr oder weniger vergessen habe bzw. darüber sagen würde, dass ich sie zu schlecht kenne, um eine Meinung dazu zu haben. Jedenfalls spontan nichts, an dem ich mich seit 10, 20 oder mehr Jahren abarbeiten würde, weil ich meinte, dass ich das doch eigentlich mögen müsste, aber nicht tue. Vielleicht ein paar Sachen von Reger, aber nicht seit 20 Jahren, sondern erst viel kürzer und es ist auch einigermaßen klar, warum das Musik ist, die man nicht leicht und schnell mag. Oder auch Liszt: Lässt mich meistens eher kalt, aber ich habe nicht den Eindruck der Ratlosigkeit.


    Was nicht bedeutet, dass ich den Eindruck überhaupt nicht kenne. Als Anfänger und relativer Anfänger war ich häufig ratlos, aber das scheint mir normal und das gab sich mit ein paar Jahren Hörerfahrung meistens. Z.B. Debussy ("Klangwolke ohne Melodien"), Klaviermusik von Bach (Ketten schneller gleichmäßiger Noten ohne Melodie). Das Schwierige dabei ist, dass ich mich nur noch vage an diese Eindrücke erinnere. Natürlich kann ich sie nicht mehr reproduzieren, nachdem ich vertrauter mit der Musik bin bzw. finde ich inzwischen teilweise nahezu unverständlich, wie ich (der ich doch nicht völlig taub war, ich schätzte ja andere Musik, teils, wie bei Bach, sogar vom selben Komponisten schon sehr) jemals diesen Eindruck haben konnte.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Bei mir ist es so, dass ich Barock-Musik zwar liebe, insbesondere Opern und Instrumentalwerke, aber zu J. S. Bach nie einen Zugang gefunden habe. Es zieht sich bei mir zwar nichts zusammen, wenn ich Bach höre, aber wirklich begeistern kann mich da nichts (im Gegensatz zum italienischen und französischen Barock und eben auch zu Händel).


    Das ist interessant, weil es vielen umgekehrt geht. Es gibt sicher weit mehr, die aus dem Barock nur Bach hören als vieles außer Bach, wobei die meisten vermutlich doch Bach UND anderen Barock hören. Denn so unterschiedlich von den Zeitgenossen ist Bachs Musik nun auch wieder nicht. Zumindest einzelne Suitensätze Händels könnte man in die französischen oder englischen Suiten reinschmuggeln und man würde es kaum merken. Und von Vivaldi hat Bach ja sogar mehrere Stücke bearbeitet.
    Nicht einmal das Opernhafte fehlt völlig bei Bach, obwohl ich den Hardcore-Bachianern, die einfach behaupten, die Johannespassion oder die Kaffeekantate wären "im Grunde Opern" auch widersprechen muss.

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  • "Ratlos" trifft bei mir im Zusammenhang mit Bruckners Musik sehr zu. Wenn ich mal - selten - Bruckner höre, dann vielleicht die Symphonien 1 bis 3 und eventuell mal die Sechste. Aber auch mit den genannten gehe ich schon sehr sparsam um. Die anderen erklingen noch seltener. Dabei lehne ich Bruckners Klangwelt gar nicht ab. Aber einen rechten Zugang finde ich nicht. Dass ich sie nicht mag, würde ich bestreiten, ich sagte ja schon, dass mir diese Werke an sich gefallen. Aber trotzdem bleibt da ein Vorbehalt, eine Distanz. Warum das so ist, weiß ich nicht.
    Mit Wagners Werk geht es mir ähnlich. So ähnlich wie Agon es in Bezug auf Händel schilderte, beschleicht mich grundsätzlich beim Erklingen von des "Meisters" Werk in unangenehmes Gefühl - und das noch nicht mal aufgrund der ideologisch-historischen Belastungen. Die kommen dann noch oben drauf. Händelopern und -oratorien höre ich dagegen ziemlich gern!
    Ein anderer Komponist, der in mir Abwehrreflexe auslöst, ist Berlioz. Ich könnte kein Werk des Franzosen nennen, das mir wirklich gefiele, am ehesten noch die "Symphonie funebre et triomphale". Die berühmte "Fantastique" - kannst mich jagen damit. Dieses Werk mag ich nicht, abgesehen vom Gang zum Schafott. Aber alleine der erste Satz - ich halte diese Musik nicht aus, sie löst Fluchtreflexe aus in mir.


    Grüße
    Garaguly

  • Hallo!


    Ich dachte immer, es läge an mir, dass ich keinen Zugang zu Bruckner finde. Aber ich scheine nicht allein zu sein.


    Auch wenn ich jetzt alle Liebhaber der Neujahrskonzerte gegen mich aufbringen mag - Ich oute mich: Bei Strauß-Walzern laufe ich davon. Da ist der Begriff Abneigung allerdings tatsächlich zutreffender als Ratlosigkeit.


    Gruß WoKa

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

  • Bruckner ist a) in Deutschland und Österreich (und teils noch im englischsprachigen Raum) sehr viel populärer als im Rest der Welt und b) meinem Eindruck nach sehr viel populärer in Internetforen als beim allgemeinen Klassikpublikum. Das liegt vermutlich daran, dass im Internet ein überproportionaler Anteil von Menschen, die einige Charakterzüge Bruckners teilen (höflich formuliert: introvertierte Nerds) unterwegs ist.
    Diese Umstände mögen verschleiern, dass die Ansicht, Bruckners Musik sei mindestens ein "acquired taste" auch sehr weit verbreitet ist. Die lyrischsten und melodisch attraktivsten Sinfonien sind m.E. die 6. und die 7., aber auch sie weisen einzelne Passagen des blechgepanzerten Sounds auf, der wohl einige abstößt. (Das Streichquintett ist sehr schön, natürlich nicht blechgepanzert und ein bißchen kürzer als die Sinfonien, sonst aber stilistisch recht ähnlich.) Die modernste Sinfonie, die für Hörer, die vom 20. Jhd. oder Mahler kommen, vielleicht noch besser passt, ist die 9.

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  • Johannes Roehl schrieb:

    Zitat

    Spontan fällt mir bei "ratlos" nichts ein.


    Das ist durchaus verständlich, denn eigentlich verwenden diesen Begriff in Zusammenhang mit "klassischer Musik" nur professionelle Kritiker.
    Er soll eine Kritik schreiben, hat aber keinen Zugang zum Werk, ODER findet die Wiedergabe eines Starinterpreten als mißlungen, möchte dies aber nicht artikulieren, weil er sich seiner Sache nicht sicher ist. Hier könnte ein (vermuteter) doppelter Boden exisiteren, und der Kritiker sieht ihn nicht. Es wäre aber äusserst blamabel, wenn er hier das Falsche schreibe. Denn im Gegensatz zur Privarperson ist es seine Aufgabe hier Stellung zu beziehen. In solchen Fällen hat sich die Klausel bewährt..."So lässt der Interpret den Rezensenten mit seiner Deutung einigermaßen ratlos zurück" Hier wird implizit festgestellt, daß man damit nichts anfangen kann, daß man alles für verfehlt hält, lässt sich aber ein Hintertürchen offen....Zugleich distanziert sich der Schreiber von seinem Text: Nicht er selbst sit ratlos, sondern "der Rezensent" (der er natürlich selber ist, und das weiß der Leser natürlich auch, Dennoch wurde hier eine unterbewusst wahrgenommene Distanz erzeugt, wbenso wie "einigermaße ratlos" in meinem Beispiel eine Abschwächung eine ohndies verwaschenen Aussage darstellt..


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • ich glaube nicht, dass es an den Aufnahmen lag. Ich habe hier so großartige Interpreten wie Klemperer, Bernstein, Barbirolli, Horenstein, Tennstedt, Gielen, Tilson Thomas, Rattle, Segerstam, Swetlanow und Asahina vorliegen, aber richtig gepackt hat es mich nirgends. Dürfte also am Werk liegen, das mich nicht erreichen will. Ob ausgerechnet eine uralte Monoaufnahme das ändert (obwohl Mengelberg einer meiner Lieblingsdirigenten ist), wage ich dann auch eher zu bezweifeln.

    Lieber Joseph,


    bei mir war es so, dass ich in meiner anfänglichen Berührung mit Mahler zuerst an die 4. mit Szell kam. Da fand ich auch keinen richtigen Zugang. Das änderte sich, als ich die wunderbare Aufnahme von Claudio Abbado mit den Wiener Philharmonikern kaufte. Da sprang der Funke über. In Deiner Liste entdecke ich z.B. Klemperer, dem die 4. so gar nicht liegt mit seinem strengen Stil. Denn das ist eine Humoreske - und die Tschechische Philharmonie dafür das ideale Orchester. Vaclav Neumann (Supraphon) hören, kann ich da nur sagen! :)


    Schöne Grüße
    Holger

  • Ich denke, dass -zumindest in diesem Thread - die obigen Begriffe so eine Art Sammelbezeichnung darstellen. Ratlos mag beruhigenderweise auf einen momentanen Zustand hindeuten, wo sich alsbald ein Rat einstellt, z.B. hier im TAMINO- Forum. ;) Auch Zugang zu was darf man wiederholt suchen.


    Z.B. mochte ich Brahms vor Jahrzehnten sofort, wobei Zugang die Ungarischen Tänze für Klavier zu 2 und 4 Händen, später Orchesterversionen, später die zweite und dritte Sinfonie. Gleichzeitig, bzgl. Jahren, habe ich Musik von Rachmaninow kennengelernt. Und Bartok, mit dessen Gyermekeknek ich sogar einen "Jugend musiziert"- Preis gewonnen habe. Ich weiss noch, dass ich es völlig emotional gespielt habe, mit Begeisterung. Alles, was ich später von Bartok gehört hatte, hat mich nicht angesprochen.... aber heute interessiert er mich so langsam wieder. Wieso ? Ich denke, es vielleicht herauszufinden.


    Bei Brahms fand ich die melodischen Einfälle, Themen, Entwicklungen meist warm, fliessend (z.B. Holzbläser mit begleitenden Streichern - der "Brahms Sound" eben, Hörner - für mich senden sie mystische Botschaften). Synkopierte Passagen und andere rhythmisch geprägte Abläufe begann ich langsamer zu mögen (z.B. im 1. Klavierkonzert, 3. Sinfonie) als das Anfängliche und Vordergründige. Mein Beruf, welcher häufiger "unlösbare" Probleme mit sich brachte, zwang mich regelmässig, mich zu entspannen, abzulenken - das konnte ich augenblicklich, auch mit Brahms`schen Synkopen und -bald, bald ! -folgendem tiefem Klarinetten- sound (man verzeihe mir den absichtlich gewählten ausserklassischen Begriff), nicht aber mit den wunderbaren harmonischen Rückungen Rachmaninows, dessen Melodiebögen oft schnell vergehen wie Kometenschweife... (nachglühen ?), was dann nach meiner Lesart Musik für den Abend und Nacht ist.


    Bruckner beeindruckt mich kolossal, höre ich sogar manchmal auch gerne. Er erreicht aber nie mein Herz, mein Innerstes. Schüchtert die Musik mich ein ? (Beethoven schüchtert mich niemals ein !) (Warum gehe ich begeistert in Kathedralen ?)


    Ich wollte sehr laienhaft schildern, wie es mir geht und wie ich lebe mit meiner Musik. :yes: :yes: :yes: Ist auch ein Zugang, oftmals ein sehr entspannter.

  • Zitat

    Bertarido fragt:


    Geht es auch anderen so, dass sie zu Komponisten, die allgemein als bedeutend gelten und von vielen auch hier im Forum gefeiert werden, keinen Zugang finden?


    Oder gibt es einzelne Werke, die als Meisterwerk gelten, mit denen Ihr Euch aber einfach nicht anfreunden könnt?


    Natürlich, sonst hätten wir ja alle den gleichen Geschmack.



    Zitat

    Bertarido ergänzt:


    Interessant wäre auch, ob sich solche Bewertungen im Laufe der Zeit ändern und was die Veränderung verursacht hat.


    Natürlich, weil sich der Mensch im Laufe des Lebens durch die gemachten Erfahrungen und dazugewonnenen Informationen ebenfalls verändert und andere Sichtweisen entstehen.

  • Vor kurzem lief eine Doku über die Musik von ABBA, Bee Gees und Co.


    Darin gaben namhafte Musikkritiker aus der Pop-/Rockszene zu, daß es zu den Hochzeiten dieser Popgruppen verpönt war, deren Musik zu hören oder sogar etwas Positives darüber zu schreiben.


    Jetzt 30 Jahre später würde man zugeben, daß man einzelne Lieder doch gerne gehört hätte und manche auch Inspiration für andere Musiker gewesen sind.


    Teilweise sogar richtungsweisend.


    Bigotterie gibt es auch in der Musikszene.


    Will damit sagen, ob man etwas gerne hört oder nicht, sollte nicht dem Meinungsdruck von außen unterliegen.

  • Zu Brahms:


    Ich mochte, das Sperrige Knorrige von Anfang an nicht.
    Aber dann hatte ich zwi Schlüsselerlebnisse, die eigentlich eines waren: Zuert sah ich beim Reinzappen in einen der Fernsehkanäle einen Film , wor es um eine problematische Liebesbeziehung zweier Musikstudenten (?) ging. Es sollte ein bestimmtes Kammermuskwerk aufgeführt werden, das immer wieder geprobt wurde, und ich konnte nicht herausfinden was es war. Im Nachspan war das so schnell, daß ich mir irgendwie den 8er gemerkt habe...
    Ehebliche Zeit später muste ich zu einem Kammermuskabend in den Brahmssahl der Musikvereins gehen. Ich hatte keine Lust, weil Kammermusik mir damals nicht gefiel. aber ich musste gehen (und das an einem Sonntag, wo ich erst am Nachmittag von meinem Einsatz verständigt worden war) weil: wer 2 mal nicht zu einem Gratiskarten- Konzert erschien (es diente zum Auffüllen des Saales und waren daher oft ganz teuere Karten, die nicht verkauft werden konntem oder für Mitglieder des Singvereines etcc) der wurde aus der Liste gestrichen.
    Und dort hörte ich das wunderbare Klaviertrio Nr 1 Op 8 und erkannte es sofort wieder
    Ich finde, es enthält leicht süssliche Stellen und einen beinahe erotischen Unterton



    Seit damals ist Brahms von mir geliebt - nicht nur Klavier und Kammermusik


    mfg aus Wien
    Alfred


    PS: Ich finde daß diese beinahe aristokratisch anmutende jungeTrio ganz vorzüglich spielt !!!

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Ich verstehe das jetzt mal so, dass man die Komponisten nennt, deren Ruhm man nicht ganz nachvollziehen kann. Denn jagen kann man mich mit klassischer Musik nicht, höchstens mit Interpretationen davon, die mir verfehlt scheinen.
    Im 20. Jahrhundert käme ich auf 4 große Namen, bei denen ich es nicht so recht begreife, warum sie so erlaucht sind:
    Zoltán Kodály, Kurt Weill, Benjamin Britten und Hans Werner Henze.
    Bei den beiden Letztgenannten muss ich einfach mal die Opern kennenlernen, dann wird sich das schon klären, hoffe ich.
    Von Kodály und Weill kenne ich genug, denke ich. Am meisten schätze ich Kodálys Sonate für Violoncello solo, die mir aber beim Hören doch immer ein bisschen zerfällt. Bei Weill die Ouvertüre zur Dreigroschenoper - den Rest kann ich nicht wirklich toll finden.
    :S

  • Wenn ich weiter zurück gehe, wird es für mich im Frühbarock bei ein paar Meistern unmöglich, zu erkennen, warum sie so viel besser als diverse "Kleinmeister", deren Musik ich auch gerne höre, und die natürlich keine Kleinmeister waren bzw. sind, sein sollen:
    Jan Pieterszoon Sweelinck, Girolamo Frescobaldi, Johann Hermann Schein, Samuel Scheidt, Francesco Cavalli und Johann Jakob Froberger
    Sollte ich auch mehr hören ...


  • Bei den beiden Letztgenannten muss ich einfach mal die Opern kennenlernen, dann wird sich das schon klären, hoffe ich.
    Von Kodály und Weill kenne ich genug, denke ich.


    Hallo kurzstueckmeister, da denkst du völlig richtig, Brittens Opern sind sehr hörenswert, bei den meisten sollte man es allerdings auch gesehen haben, The Turn of the Screw und Peter Grimes hatte ich vorher schon gehört und es hat auch gefunzt, aber das Sahnehäubschen war letztendlich doch das zusätzliche sehen!
    Wenn irgendwo in deiner Nähe es was gibt hingehen es lohnt sich!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • was die szenische umsetzung betrifft bin ich aber sehr wählerisch ... vor ewigen zeiten habe ich den peter grimes gesehen und kann mich nur mehr an eine grausliche neonlichtautobahn erinnern
    :no:

  • Bei mir hat es sich sehr bewährt, nur einzelne Sätze aus größeren Werken anzuhören. Warum sollte man sich damit quälen, ein ganzes Werk anhören zu müssen? Ich sehe das nicht ein. Das ist auch etwas, das mich zunehmend in/an Konzerten nervt. Da wird einem eine Programmzusammenstellung aufgezwungen, die man selber eigentlich nicht goutiert oder die einem zu lang ist. Und dann soll man noch eine Pause aushalten, wo man blöden Leuten dabei zusehen muß, wie sie überteuerte Getränke saufen und billigen Smalltalk führen? Also, ich sehe das langsam nicht mehr ein.


    Auf CD kann man sich einfach die Abschnitte aussuchen, die man wirklich hören will. Und das konzentriert, ungestört und auch wiederholt. Auf diese Weise habe ich mir zum Beispiel Teile der "Turangalila-Sinfonie" von Messiaen erschlossen. Und das funktioniert gut, auch mit anderen Werken. Man fängt einfach mittendrin an und springt dann hin und her, wenn einen ein Satz nervt, springt man einfach weiter.

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  • Und dann soll man noch eine Pause aushalten, wo man blöden Leuten dabei zusehen muß, wie sie überteuerte Getränke saufen und billigen Smalltalk führen? Also, ich sehe das langsam nicht mehr ein.

    Ich habe vor allem ein Problem, mich nachher wieder zu konzentrieren.

  • Ich habe vor allem ein Problem, mich nachher wieder zu konzentrieren.

    Ja, das geht mir auch so. Ich empfinde Pausen normalerweise als extrem störend.
    Oft turnt mich der Pausenzustand so ab, daß ich dann einfach gehe und auf den Rest verzichte. Bedauert habe ich das noch nie.

  • Weill ist ein sehr eigenartiger Fall. Die frühen modern-neoklassizistischen Werke (2 Sinfonien, Violinkonzert und etwas Kammermusik) sind nicht schlecht, sogar sehr gut für einen ca. 20jährigen, aber diesen Weg hat er eben nicht weiter verfolgt.
    Der Rest ist weitestgehend "Musik fürs Theater" und nur bedingt alleine (also als Musik ohne Bühne) tragfähig. Allerdings finde ich Dreigroschenoper, Mahagonny, die 7 Todsünden und ein paar kleinere Vokalstücke schon sehr gelungen. Es ist halt eine eigene Mischung, kaum mit etwas anderem vergleichbar.
    Ratlos stehe ich vor dem seinerzeit wohl erfolgreichen "Silbersee".
    Mag sein, dass auch die späteren amerikanischen Musicals anspruchsvoller als typische Werke der 40er Jahre sind; ich finde, was ich davon gehört habe, auch nicht so bemerkenswert.
    Aus der Kombination von melodischer Begabung (das dürfte letztlich der Grund für die Berühmtheit sein, auch wenn nur ein Teil seiner Werke geblieben ist), Gespür für moderne Strömungen und Busoni-Handwerk hätte man irgendwie mehr erwartet. Aber ich vermute einfach, dass die Zeitumstände eine ideale Entfaltung dieser Kombination nicht zugelassen haben. Der Weg vom Schauspiel mit Songs zu einer neuartigen Form des Musiktheaters wird durch die Emigration abgewürgt und dann in Amerika muss er halt in einem kommerzialisierten Betrieb Geld verdienen.

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    (Bob Dylan)

  • Wenn ich weiter zurück gehe, wird es für mich im Frühbarock bei ein paar Meistern unmöglich, zu erkennen, warum sie so viel besser als diverse "Kleinmeister", deren Musik ich auch gerne höre, und die natürlich keine Kleinmeister waren bzw. sind, sein sollen:
    Jan Pieterszoon Sweelinck, Girolamo Frescobaldi, Johann Hermann Schein, Samuel Scheidt, Francesco Cavalli und Johann Jakob Froberger


    Wer sind denn die etwa gleichzeitigen "Kleinmeister"? Die kennt außer dir vermutlich gar niemand... ;)

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  • Auf CD kann man sich einfach die Abschnitte aussuchen, die man wirklich hören will.

    Das ist der große Vorteil beim Musikhören zu Hause. Im Konzertsaal gibt es fast immer mind. ein Stück, was mir nicht zusagt. Deshalb habe ich kein Anrecht mehr und suche mir die Sahnehäubchen raus.
    Eben wie auf der CD.


    Von der 3. Mahler höre ich z.B. meistens nur den 3. Satz und das Finale von der Liebe. Ist zwar unprofessionell, aber emotional sehr wirksam. Ist auch stimmungsabhängig. An guten Tagen kommt auch die ganze 3. mal dran, aber das dauert und dauert..... Gibt es eigentlich eine Sinfonie, die noch länger dauert?


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

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  • Wer sind denn die etwa gleichzeitigen "Kleinmeister"? Die kennt außer dir vermutlich gar niemand... ;)


    Wenn ich mal von den Opernkomponisten absehe z.B. Trabaci, Franck, Siefert, einige Praetoriusse, Peuerl, Förster, Weckmann
    An der Orgel insbesondere Scheidemann
    Bei der italienischen Vokalmusik z.B. Grandi, d'India, Rovetta, Benevoli, Ferrari, Landi, Cifra


    Die meisten davon sind ohnehin ziemlich berühmt, aber doch mit deutlichem Abstand zu den obigen - und den höre ich nicht so recht, bislang.

  • Mag sein, dass auch die späteren amerikanischen Musicals anspruchsvoller als typische Werke der 40er Jahre sind; ich finde, was ich davon gehört habe, auch nicht so bemerkenswert.

    Dazu müsste man halt auch besser die damaligen Größen wie Richard Rodgers, Irving Berlin oder Jerome Kern kennen, ich kenne mich da nicht aus, nehme aber an, dass es bei Weill nur um 3-Groschenoper, Mahagonni und Todsünden geht, sonst würde er unter ferner liefen laufen (die Frühwerke ragen auch nicht aus der Produktion seiner Zeit heraus).
    Wahrscheinlich sollte ich einfach mehr Populärmusik um 1930 hören - vor kurzem ohnehin ein paar Filmmusicals der Zeit konsumiert, mit Story und Bildchen spricht mich das auch an.

  • "Ratlos" heißt ja eigentlich: "Ich weiß keinen Rat, verstehe nicht warum, kann mir etwas nicht erklären." "Ich kann mir nicht erklären, warum ich zu einer Musik/Kunst keinen Zugang habe." Im Allgemeinen weiß ich aber schon, warum mir eine Musik näher ist als eine andere. Philip Glass ist mir zu amerikanisch "soundig", ich mag ihn einfach nicht, den klassizistischen Strawinsky (bis auf Pulcinella) empfinde ich als seelenlos, obwohl ich sonst den Klassizismus von Ravel oder Prokofieff besonders schätze. Zu Mahler habe ich ein innigeres Verhältnis als zu Bruckner, obwohl ich natürlich auch Bruckner sehr schätze. Mahler ist für mich zentral, nur die 8. Symphonie höre ich fast nie. Wo mir wirklich der Zugang fehlt sind Renaissance-Madrigale. Ich finde die Musik zwar wirklich sehr schön, nur verstehe ich sie einfach nicht. Ich höre sie mir fasziniert an wie eine vom Tonfall her schön klingende, mir aber unverständlich bleibende Fremdsprache. Was diese Musik eigentlich ausdrücken will, entzieht sich mir, anders etwa als bei gregorianischen Gesängen. Ragna Schirmer hat sie mit Liszts "Annees..." kombiniert, was ein sehr spannender Ansatz ist, aber mir gelingt es einfach nicht, da Verbindungen herzustellen. Vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass mir in diesem Bereich einfach die intensive Hörerfahrung fehlt. Bei Beethoven ist es kurioser Weise so, dass ich um die großen Diabelli-Variationen eher einen Bogen gemacht habe, während ich die Sonaten oder die Eroica-Variationen in- und auswendig kenne. Vielleicht wird sich das aber ändern... :D


    Schöne Grüße
    Holger

  • Ich finde diesen Thread ja sehr interessant, auch wenn ich nich nicht so an dem Wort ratlos aufhalten möchte. Danke fürs eröffnen Bertarido. Und ich gestehe, es gibt neben Shostakovich noch einen der großen Klassiker, mit dem ich nix anfangen kann. Mahler! Ich habe es mit den Sinfonien 5,6 und 7 versucht. Ich habe mir die 5. mit dem Gürzenich-Orchester unter Roth, immerhin das Erstaufführungsorchster, angehört. Und hatte mich trotz allem drauf gefreut.... Und irgendwann habe ich im Konzert gedacht, wann hören die denn endlich mal auf.... ich hatte mittlerweile Kopfschmerzen und habe die ganze Musik nur noch als bombastischen Lärm empfunden. Nach dem Konzert habe ich beschlossen, es reicht mir mit Mahler.


    Und ja, es läuft jetzt auch gerade Mahler bei mir, um meinen Eindruck noch einmal zu überprüfen und es ist genau derselbe Eindruck. Mahler ist nicht meins. Also noch viel weniger als Shostakovich. :untertauch::whistling:

  • @ Holger (58). Madrigale der Renaissance sind weltliche Kompositionen für Vokalensembles oder kleine Chöre. Sie sind schon sehr gut, aber die Krone dieser Musik sind die geistlichen Kompositionen. Witzigerweise finde ich als evangelischer Theologe die Marienkompositionen am eindringlichsten. Etwa die von Tomás Luis de Victoria, den ich auch erst im Alter entdeckt habe.
    Gelungene Beispiele dieser Musik sind in meinem thread "Musikalische Perlen vor Bach" zu finden. Die Idee dieses Themas war es, Beispiele aus der Alten Musik vorzustellen, die man sofort versteht und deren Schönheit unmittelbar evident ist. Das sind solche Kompositionen wie Messen von Josquin und Ockeghem eher nicht, aber Marienkompositionen von Victoria.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

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