Geeigneter Zugang zu Händels Opernschaffen


  • Hallo epiphaneia,


    danke für die rasche Antwort!


    Ich habe irgendwie ein gewisses Problem, Damen in Männerrollen zu hören. :stumm: :D


    Aber wenn es einem Kastraten wirklich näher kommt ...


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    ich habe irgendwie ein gewisses Problem, Damen in Männerrollen zu hören.


    aber Händel hat das stets so gemacht, niemals wurden Counter Tenöre damals in der Oper eingesetzt.



    Ich kann auch nur die Empfehlung zur Jacobs Einspielung unterstützen.


    Denn das was von Vivica Genaux geleistet wird, hab ich noch von keinem Counter zu hören bekommen.
    Man darf nicht vergessen, mit ihrem Farinelli Album hat sie Arien aufgenommen die lange als "unsingbar" galten, aufgrund der Schwierigkeit.


    Sie ist mit ihrer Stimme der Sangeskunst der Kastraten wohl am nächsten.



    Aber Vivica Genaux ist nicht der einzige Grund zu dieser Aufnahme zu greifen.



    Allein was Jacobs im Continuo aufbietet, oder Theatereffekten - nicht zu vergesen einige Extravaganzen, die man so noch nie gehört hat.


    Händel spielte ja selbst das Cembalo (er dirigierte von da aus)
    So gibt es eine Arie der Armida "Vo'far guerra" (2. Akt) wo es Solopassagen für Cembalo gibt, die aber vom Cembalisten ins wirkliche Extreme getrieben werden, eine Improvisation von über 5 Minuten - und die Art wie das gemacht ist, ist wirklich der Brüller... man kann fast die Sängerin vor sich sehen, wie sie entnervt wartet, bis der Maestro fertig-improvisiert hat :D


    Das Freiburger Barockorchester hat mit dieser Einspielung, eine seiner besten Leistungen für die Nachwelt festgehalten.
    Aber auch die Bläser sind genial, die Arie "Or la Tromba" hab ich noch niemals besser gehört.
    Aber auch hier singen Counter Tenöre mit, aber in Nebenrollen:


    Lawrence Zazzo, als Goffredo
    Christophe Dumaux, als Eustazio
    und
    Domenique Vissé, als Mago Critiano



    Dieser Rindaldo ist "Jacobs Krönung" :D

  • Ihr habt mich überzeugt, wenn "Rinaldo", dann Jacobs (zumindest als erste Aufnahme). :D


    Zitat


    Händel spielte ja selbst das Cembalo (er dirigierte von da aus)
    So gibt es eine Arie der Armida "Vo'far guerra" (2. Akt) wo es Solopassagen für Cembalo gibt, die aber vom Cembalisten ins wirkliche Extreme getrieben werden, eine Improvisation von über 5 Minuten - und die Art wie das gemacht ist, ist wirklich der Brüller... man kann fast die Sängerin vor sich sehen, wie sie entnervt wartet, bis der Maestro fertig-improvisiert hat :D


    Köstlich formuliert. :hahahaha: :hahahaha:


    Zazzo singt auch mit? Ein Grund mehr, der für die Aufnahme spricht.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Kastratenpartien sollten möglichst von Frauen wie Mingardo oder der erstaunlichen Ewa Podles gesungen werden. Countertenöre sind ein problematischer Kompromiß (und historisch falsch, sie haben nie in opere serie gesungen). Dennoch sind natürlich manche Aufnahmen mit solchen Sängern akzeptabel oder besser als die Konkurrenz.


    Unabhängig davon, daß ich Sara Mingardo überaus schätze: Countertenöre sind für mich historisch 'korrekter' - zumindest von der Optik her und die spielt bei der Oper durchaus eine nicht ganz unwichtige Rolle (auf CD gepresst zieht dieses Argument natürlich weniger...). Außerdem wurden Countertenöre durchaus (z.B. in Spanien) eingesetzt. Mittlerweile gibt es Countertenöre ja auch beinahe wie Sand am Meer... da gibt es schon reichlich Elite darunter. Aber bei Mingardo gebe ich Dir duchaus Recht - ein Verzicht würde mir extrem schwer fallen. Bei einer Liveperformance würde ich aber lieber einen nicht ganz so guten Counter sehen wollen als eine stimmlich bessere Frau...


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Würdet ihr meinen, daß es auch einige mißlungene Händel-Opern gibt, mit welchen man sich den Zugang zu ihm verbaut?



    nach wie vor denke ich, liegt es in erster Linie an der Interpretation.


    Aber es gibt auch schwache Stücke, aber das ist wohl meist eine Entscheidung des persönlichen Geschmacks.


    ich denke man sollte mit den 3 wichtigsten Opern Händels (Rinaldo - Giulio Cesare - Alcina) beginnen, dann hat man die Basis und kann weiter auf Entdeckungstour gehen.


    :hello:

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  • Ich kenne viele Opern auch noch nicht gut genug. Außerdem wurden viele einzelne Stücke immer wieder recyclet. Dann kommt es auch noch drauf an, ob man eher einzelne "Hits" haben will oder auch auf die Dramaturgie usw. wert legt. (Ariodante oder Rodelinda haben nicht ganz so viele Schlager, sind aber von der Personenzeichnung usw. vielleicht überzeugender als Rinaldo, nur mal als Beispiel). Und fast alle haben ein paar Stücke drin, die eben eher guter Durchschnitt sind und nicht herausragen. Aber das ist bei solchen Werken, die sehr lang sind, dabei unter hohem Zeitdruck enstanden, kaum verwunderlich (und gilt ja sogar für Mozarts Opern...)


    Eine grobe Orientierung bieten aber wohl Aufnahme- und Aufführungshäufigkeit.
    Da stehen ganz vorne: Rinaldo, Giulio Cesare, Rodelinda, Alcina, dann vielleicht Ariodante, Agrippina, Tamerlano, Orlando, Serse. Bei Rodrigo oder Ottone muß man wohl suchen, um überhaupt eine Einspielung zu finden. Die Unterschiede zwischen den Opern sind aber kaum grundsätzlicher Natur. Sie sind sich (jedenfalls für den modernen Hörer) sicher untereinander ähnlicher als Idomeneo und Cosi fan tutte, Rigoletto und Falstaff, oder Tannhäuser und Siegfried.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Einen guten Tag allerseits!


    Für mich ist es immer wichtig gewesen, nicht nur den Inhalt eines betreffenden Werkes zu kennen, sondern auch das Libretto mitzulesen - zumindest am Anfang, wenn ich mir ein Werk "erarbeite".


    Nun habe ich vor etlichen Monaten die von Sony herausgebrachte 22-CD-Box mit 8 Händel-Opern (Rinaldo, Giulio Cesare, Tamerlano, Rodelinda, Alessandro, Lotario, Partenope, Serse) gekauft, die lediglich ein Booklet mit den Inhaltsangaben enthält, keine Libretti. Weiß jemand hier im Forum, ob die Originalaufnahmen (bei der Box handelt es sich ja um Wiederverwertungen) Libretti auch mit deutschem Text enthielten?


    Gleiches gilt auch für die von EMI/Virgin Classics herausgegebene Box mit Rodrigo, Radamisto, Fernando (Sosarme), Arminio, Deidamia. Da liegt zwar eine CD-Rom mit den Libretti bei, allerdings ohne deutsche Übersetzung, und nicht einmal kopierbar. Auch hier die Frage, ob die Original-Einspielungen deutsche Texte enthielten.

    .


    MUSIKWANDERER

  • Beim Durchsehen habe ich viel Bekanntes und noch mehr Unbekanntes entdeckt. Der allgemeine Tenor hier ist auch meiner: Händel ist immer toll, und wenn nicht, liegt es an den Interpreten. Verglichen mit einigen deutschen Landschaften haben wir hier im Ruhrgebiet und den entsprechenden Randzonen (damit meine ich Düsseldorf, Köln und Wuppertal) sogar in den letzten 10 Jahren eine Fülle von Händel-Aufführungen erlebt, die ich alle in bester Erinnerung habe.


    Als CD-Aufnahme, die im thread noch nicht vorkommt, empfehle ich eine schon ältere, die aber immer noch taufrisch ist: "Partenope" mit La petite bande unter Altmeister Sigiswald Kuijken. Hier kann man übrigens René Jacobs in seiner früheren Zeit als Sänger (Counter) erleben.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Für mich ist es immer wichtig gewesen, nicht nur den Inhalt eines betreffenden Werkes zu kennen, sondern auch das Libretto mitzulesen - zumindest am Anfang, wenn ich mir ein Werk "erarbeite".


    Ein bißchen googlen und die Libretti sind schon da, z.B. Xerxes: "http://www.haendel.it/composizioni/libretti/pdf/serse.pdf"

  • Oder wenn es etwas weniger Italienisch sein soll: das Libretto meiner Top-Oper (egal, ob es nun eine Oper ist oder nicht !):


    "http://opera.stanford.edu/iu/libretti/semele.htm"



    Entsprechend gibt es hier ganz viele Libretti:


    "http://opera.stanford.edu/iu/librettim.html"

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  • Die von Dir, lieber m-mueller, genannten Web-Seiten kenne ich auch, habe sie unter meinen "Lesezeichen" abgespeichert. Dein Zitat aus meinem Beitrag ist allerdings aus dem Zusammenhang gerissen, und ist nur richtig zu verstehen, wenn der Text weiter gelesen wird.


    Und da habe ich geschrieben, daß es mir auf die deutsche Übersetzung ankommt, die bei stanford oder haendel.it auf keinen Fall mitgeliefert wird. Ich kenne aus dem Stegreif kein anderes Internet-Angebot als die schweizerische "opera-guide"-Seite, die deutsche Übersetzungen anbietet (dafür in einigen Fällen aber kein Originallibretto).


    In einigen Fällen ist auch die CD-Rom der "Digibib" mit Opernlibretti hilfreich (was schon in einem anderen Thread hier im Forum besprochen wurde).


    Mittlerweile ist da bei mir aber auch schon eine Veränderung einegtreten: Ich kann mich inzwischen auch mit der Inhaltsangabe der jeweiligen Oper zufrieden geben, brauche also nicht mehr unbedingt den vollständigen Text. Auch so eine Umstellung, die sich bei mir aus der Mitarbeit am Opernführer bei Tamino ergeben hat.


    Liebe Grüße
    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Aus gegebenem Anlaß (ein Tamino-Mitbewohner meinte just, Barockopern müßten verboten werden), möchte ich mal exemplarisch darstellen, wessen er sich und und alle anderen damit beraubt:


    Cecilia Bartoli als Semele in der gleichnamigen Händeloper - sie regt sich gerade darüber auf, daß Zeus (Jupiter) ihr nicht in seiner wahren Gestalt begegnen will, wovon sie fälschlicherweise annimmt, daß sie dadurch unsterblich werde


  • Wunderbares Duett: Son nata a lagrima, aus Händel: Julius Cesar


    Ann Sofie von Otter und Philippe Jaroussky


    Da treffen zwei hervorragende Stimmen aufeinander. Otter ist seit langem eine meiner Lieblingssängerinnen, weil sie ziemlich natürlich (nicht so verkünstelt) singt, und Jaroussky hat eine phänomenale Kombination aus Weichheit, Härte und Klarheit (da gibt es bestimmt passendere Ausdrücke)