Gustav Mahler: 6. Sinfonie a-Moll - die Tragische

  • ...
    Wenn man im 1. Satz der 6. den Gegensatz von Bewegung und Ruhe nicht herausarbeitet, wird die ganze Dramaturgie unkenntlich. Die Marschcharaktere bei Barbirolli entfesseln keine Bewegung, die wirklich "Kraft" hätte, sondern sie schreiten britisch vornehm dahin. ...


    Schöne Grüße
    Holger

    Barbirolli ist zwar langsam, aber er lässt die Streicher mit großer Energie (vermutlich also mit größerem Bogendruck?) spielen - das ist geradezu brutal und gewiss alles andere als vornehm britisch. Dadurch entfesselt der Marsch zwar weniger Bewegung, aber das Schicksalhafte dieses Satzes ist nicht weniger stark, gerade die Langsamkeit in Kombination mit dieser sehr rauen Spielweise betont die Unausweichlichkeit des Motivs. Deswegen trifft er für mich die Idiomatik der Musik auf eine sehr spezielle Weise durchaus. Ein spannende Alternative! Ansonsten ziehe ich schnellere Einspielungen wie Jansons mit LSO vor, aber ein Solti beispielsweise, der ja sehr schnell ist, vermag trotz schnellem Tempo weniger Energie zu entfesseln als Barbirolli. Es ist eben nicht nur eine Frage des Tempos.


    Die Konsequenzen in der Durchführung müsste ich mir noch einmal anhören. Was meinst du genau mit "exterritorialen Feld"? Wo kommt der Begriff her?


    Viele Grüße
    Christian

  • Barbirolli ist zwar langsam, aber er lässt die Streicher mit großer Energie (vermutlich also mit größerem Bogendruck?) spielen - das ist geradezu brutal und gewiss alles andere als vornehm britisch.

    Mit einem hast Du Recht, lieber Christian. Das "Markige" trifft Barbirolli sehr gut - und das ist auch nicht vornehm. Aber trotzdem geht das an Mahlers Intentionen m. A. völlig vorbei. Ixion ist jemand, der zur Strafe von den Göttern auf ein brennendes, rollendes Rad gebunden wird. Entscheidend ist hier die Bewegung im Sinne von Ruhelosigkeit, die Tragödie eines Nicht-zur-Ruhe-kommen-könnens. Genau das sagt Mahlers Vortragsanweisung: "Heftig aber markig". Heftig meint natürlich: heftig bewegt. Und warum heißt es: "aber markig?" Das ist als Warnhinweis gemeint, dass die zu entfesselnde Bewegungsdynamik im Sinne eines nicht aufzuhaltenden, sich immer wieder selbst wie das Rad antreibenden Bewegungsflusses die rhythmische Festigkeit, die der Marsch nun mal hat, nicht wegspülen darf. (Wenn das "Heftig" nur auf die große Kraft und Energie hinweisen würde, hätte das "aber" keinen Sinn.) Bei Barbirolli besteht diese Gefahr einfach nicht, weil er den Marschcharakteren von vornherein die Heftigkeit der vorwärtstreibenden Bewegung einfach raubt. Der semantisch entscheidende Ausdruck von Ruhelosigkeit - er fehlt schlicht bei Barbirolli.

    Dadurch entfesselt der Marsch zwar weniger Bewegung, aber das Schicksalhafte dieses Satzes ist nicht weniger stark, gerade die Langsamkeit in Kombination mit dieser sehr rauen Spielweise betont die Unausweichlichkeit des Motivs.

    Genau da liegt für mich die Fehlinterpretation. Man kann nämlich glaube ich sehr gut zeigen, dass dieser erste Satz überhaupt nichts Schicksalhaftes hat und von der Konzeption der ganzen Symphonie her auch nicht haben kann. Mahlers Symphonien sind als "Finalsymphonien" konzipiert - erst im Finale meldet sich in der 6. das "Schicksal" und nicht schon im Kopfsatz. Das hat Mahler formal damit erreicht, indem er im Finale eine krebsgängige Umkehrung der Reihenfolge Hauptthema-Seitenthema vorgenommen hat. Dann werden die Reprisen des Hauptthemas nämlich erst zum Schicksalsereignis, indem die Wiederkehr der garstigen Marschcharaktere wie ein Damoklesschwert über allem schwebt. Dagegen endet das Allegro energico - das ist eine Parallele zur 1. Symphonie - mit einer Apotheose und einem Triumpf der positiven Kräfte - weil eben im Unterschied zur Schicksalhaftigkeit im Finale das "positive" Seitenthema im Kopfsatz jeweils das letzte Wort hat, über dem eben noch kein Damoklesschwert der schicksalhaften Wiederkehr der destruktiven Marschcharaktere schwebt. ;) :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Man bekommt hier meiner Meinung nach eine der aufregendsten, inspirierendsten und schönsten Mahleraufnahmen der letzten Jahre geboten. Und dabei ist die 6. Sinfonie sicherlich alles andere als leichte Kost: vom vielleicht klassischsten aller mahlerschen Kopfsätze bis hin zum wuchtigen Finale mit seinen berühmten drei Hammerschlägen wird hier von allen beteiligten Musikern alles abverlangt. Mit dem schockierenden Schluss (ich erschrecke trotz wiederholten Hörens immer noch, wenn ich die CD bei voller Lautstärke höre) ist sie außerdem die zweifelsohne tragischste Symphonie. Bei der vorliegenden Aufnahme kommt einem so ziemlich alles zugute, was ich an den Osaka Philharmonikern so lieben und schätzen gelernt habe. Da wäre ihr unvergleichlich schöner und differenzierter Orchesterklang, an den gewaltigen Stellen mächtig aufzutrumpfen, nur um in den zarten Passagen in endlos schönen Klangsinn zu verfallen (man achte nur auf das choralartige Seitenthema im ersten Satz). Da wäre außerdem ihre rhythmische, schneidende Präzision und nicht zu vergessen die klangliche Transparenz und Durchhörbarkeit fast wie bei einem kammermusikalischen Konzert. Und dass trotz aller genannten Vorzüge ein überzeugender Bogen über das ganze Werk gespannt ist, die Sinfonie vom Anfang bis zum letzten Hauch aus sich lebt und atmet, ist vielleicht auch der Live-Atmosphäre in der Festival Halle zu verdanken und vor allen Dingen einem Dirigenten, der in solchen Momenten zu Höchstform aufblüht und animiert, wie kaum ein zweiter heutzutage.

    Liebe Grüße

    Patrik

    Über A... Japan ist die Aufnahme noch verfügbar.

    B000A1381M

    Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie. Wem meine Musik sich verständlich macht, der muß frei werden von all dem Elend, womit sich die anderen schleppen.

    Ludwig van Beethoven


    Bruckner+Wand So und nicht anders :)

  • Takashi Asahina, der berühmte japanische Bruckner-Exeget, ist tatsächlich auch in Sachen Mahler für uns Europäer ein exotischer Geheimtipp. Bedauerlicherweise sind die Aufnahmen selbst im Internet-Zeitalter relativ schwer zu bekommen. Ich frage mich, wieso die diversen japanischen Labels (hier Green Door), die sehr umtriebig sind, ihre älteren, teils schon vergriffenen Einspielungen nicht leichter mittels diverser Streaming-Dienste oder als (kostenpflichtige) Downloads in bester Klangqualität zur Verfügung stellen. Nun, vielleicht kommt das ja alles noch. Bis dahin wird der Hinweis auf Asahinas Mahler hier wohl nur die wenigsten interessieren, was schade ist. Ich finde diesen nämlich ebenfalls ausgezeichnet. Soweit ich im Bilde bin, hat er beinahe alle Symphonien in seiner Diskographie, ausgenommen die Erste und die Fünfte.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Eine interessante Biographie:


    Takashi Asahina – Wikipedia


    Er ist Furtwängler begegnet und entdeckte so Bruckner für sich. Das Orchester hat er 1947 selbst gegründet. Mit ihm muss ich mich tatsächlich mal beschäftigen! :)


    Das Reinhören in die Aufnahme der 6. ist jedenfalls vielversprechend: ganz hervorragend!!!


    Schöne Grüße

    Holger

  • Mahler.. schon wieder, während ich vor ein paar Monaten die 3. rauf- und runterhörte, ist es gerade die 6., die mich Tag und Nacht verfolgt. Einziger Kritikpunkt an Adam Fischers Einspielung - er spielt das Andante im 2. Satz. Weil man sich bei der Aufnahme an der Fassung der Uraufführung orientiert (gibt es diesbezüglich mehr zu beachten, als Reihenfolge und Hammerschläge?), kann ich damit leben (sonst auch).



    Nebenbei hab ich in den ersten Satz von Currentzis Aufnahme reingehört und dann abgebrochen - dem Mann fehlt es offenbar an Gespür für das ach so lyrische, idyllische Motiv des ersten Satzes. Nicht nur, dass es beinahe untergeht, es fehlt ihm auch alles liebevolle. Dann lieber Bernstein mit den Wiener Philharmonikern oder Abbado mit den Berlinern:

    „Puccini ist der Verdi des kleinen Mannes, und Lehár ist dem kleinen Mann sein Puccini.“

  • ...wobei Abbado freilich das "Andante" auch vor dem "Scherzo" spielt.

    ja, aber es ging mir mehr um die Interpretation insgesamt.


    Die Reihenfolge ist ja quasi state of the art.

    „Puccini ist der Verdi des kleinen Mannes, und Lehár ist dem kleinen Mann sein Puccini.“

  • Die Reihenfolge ist ja quasi state of the art.

    Zumindest gibt es etliche berühmte Dirigenten, die diese Reihenfolge wählen. Daher verstehe ich auch nicht, weshalb es dann bei Fischer ein "Kritikpunkt" ist, wenn es so aufgeführt wird.

  • Immer wieder sehr interessant hier zu lesen,


    bin jetzt ein paar Tage weg, aber danach werde ich mich der sechsten widmen. Habe ja mit Abbado, Szell, Bernstein (Wiener ) und Solti keine schlechte Auswahl.

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Zumindest gibt es etliche berühmte Dirigenten, die diese Reihenfolge wählen. Daher verstehe ich auch nicht, weshalb es dann bei Fischer ein "Kritikpunkt" ist, wenn es so aufgeführt wird.

    Das war mehr mit Augenzwinkern verfasst - deshalb schrieb ich auch, dass ich mit beiden Versionen leben kann. Ich finde die von mir präferierte Reihenfolge schlüssiger. Das Andante ist so wunderschön und ein Highlight der ganzen Sinfonie - wenn es im 2. Satz gespielt wird, komme ich früher in seinen Genuss.

    „Puccini ist der Verdi des kleinen Mannes, und Lehár ist dem kleinen Mann sein Puccini.“


  • welche Einspielung der 3. kannst denn empfehlen?

    Servus Michael! Ich liebe die von Heinz Rögner und dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (Christuskirche) mit Jadwiga Rappé.

    „Puccini ist der Verdi des kleinen Mannes, und Lehár ist dem kleinen Mann sein Puccini.“

  • Bei mir sieht das Cover anders aus aber das ist sie:


    „Puccini ist der Verdi des kleinen Mannes, und Lehár ist dem kleinen Mann sein Puccini.“

  • ja die 3. habe ich gefunden, die Box leider nicht..


    @moderatoren

    Wenn es den Fluss stört, kann es ruhig gelöscht werden da es ja hier um die 6. geht

  • Die Sechste mit Szell ???

    Habe ja mit Abbado, Szell, Bernstein (Wiener ) und Solti keine schlechte Auswahl.

    Hallo Kalli,


    wenn man meine Beiträge verfolgt, wird schnell klar, dass ich ein absoluter Szell-Fan bin.

    Habe praktisch auf SONY/CBS alles Sinfonische und Konzertante vorliegen, was Szell vorgelegt hat (natürlich das was mich davon interessiert) !


    Es ist bei der Mahler 6 in meinen Augen/Ohren ein Sonderfall - mit Szell Interpretation kann ich mich einfach nicht anfreunden.

    Die Aufnahme klingt mir zu klassisch konservativ ...... er legt im Prinzip eine feine detailtreue Sichtweise vor, aber zündet bei mir nicht (mehr). :| Die SONY - CD steht bei mir in einer noch kleinen noch übrigen Reihe der CDs, die aussortiert werden.

    Kann gut sein, dass ich für die Sechste im positiven Sinne verdorben bin, denn ich bin bei die Sinfonie Nr.6 absolut geprägt von Solti (Decca) ... selbst Bernstein/Wiener (DG) auf DVD und auf CD (CBS), erreicht mich hier nicht in dem Maße, wie der Solti-Wahnsinn !!!


    :hello:Mich würde interessieren, wie andere Taminos und Du Kalli die Szell - Aufnahme der Sechsten beurteilen !?!

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zumindest gibt es etliche berühmte Dirigenten, die diese Reihenfolge wählen. Daher verstehe ich auch nicht, weshalb es dann bei Fischer ein "Kritikpunkt" ist, wenn es so aufgeführt wird.

    Es gibt drei Versionen der 6. Sinfonie. Mahlers spätere Varianten mit der Auswechselbarkeit des "Andante" in der Satzfolge beruhen offenbar auf die Erkenntnis einer geringeren sinfonischen Relevanz dieses Satzes. In der Erstfassung und der Uraufführung in Essen ist das Scherzo der zweite Satz. Zeitweilig hat Mahler in der 2. und 3. Fassung diese Reihenfolge widerrufen und das Andante an die zweite Stelle gerückt. Allerdings soll das in keiner von ihm selbst autorisierten Revision des Werkes geschehen sein. Indem das Andante an die dritte Stelle rückt, folgte der Komponist auch dem Beispiel von Bruckners letzten Sinfonien und von Beethovens Neunter. Ich meine, es ist Auffassungssache des jeweiligen Dirigenten, wie er das handhaben will. So auch wie bei einigen Bruckner-Sinfonien unterschiedliche Fassungen ausgewählt werden.

    :hello:

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • In der Erstfassung und der Uraufführung in Essen ist das Scherzo der zweite Satz.

    Mahler hat in Essen nach der Probe aber umgestellt und tatsächlich das Andante - abweichend vom Programmheft - als zweiten Satz gespielt.


    Zur Satzreihenfolge empfehle ich weiter oben den Beitrag #40 des renommierten Musikwissenschaftlers Benjamin Cohrs (leider hier nicht mehr aktiv) zu beachten und die sich daran anschließende, lesenswerte Diskussion.


    Der Charakter der Symphonie ändert sich durch die Umstellung meines Erachtens doch erheblich


    Viele Grüße

    Christian

  • Mahler hat in Essen nach der Probe aber umgestellt und tatsächlich das Andante - abweichend vom Programmheft - als zweiten Satz gespielt.

    Das steht in den Erläuterungen meiner Studienpartitur (Eulenburg) anders. Ich war bei der Uraufführung nicht dabei. :D

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Hallo timmiju,


    das ist interessant! In welchem Jahr ist die Partitur herausgegen worden?


    Dass Mahler die Reihenfolge der Binnensätze nochmal umgestellt hat und sich dann bei allen Aufführungen daran gehalten ist (siehe Beitrag #40 von Cohrs), ist erst spät von der Forschung entdeckt worden (ich glaube Anfang des 21 Jh.).


    Allerdings scheine auch Dirigenten zu schwanken. So hält sich Mariss Jansons in seiner famosen Live-Einspielung mit dem LSO (und auch in der glatteren mit dem Concertgebouw) an diesen Forschungsstand, in seiner letzten Aufnahmen aus München, die kürzlich etwas versteckt in der Gesamtaufnahme der Mahler-Symphonien mit dem BR-Orchester herausgekommen ist (mit tollen Probenmitschnitten!), spielt er jedoch wieder Scherzo - Andante!


    Ich wüsste zu gerne, was zu diesem Sinnenswandel beigetragen hat?



    Viele Grüße

    Christian


    Nachtrag: Der Vollständikeit halber zitiere ich hier noch einmal Beitrag #40:


    "Die Reihenfolge der Sätze in der 6. Symphonie von Gustav Mahler wird folgendermaßen bestimmt:

    I. Allegro energico, ma non troppo (22 min.)

    Heftig, aber markig

    II. Andante moderato (14 min.)

    (in der kleinen Partitur als dritter Satz bezeichnet)

    III. Scherzo (11 min.)

    (in der kleinen Partitur als zweiter Satz bezeichnet)

    IV. Einleitung und Finale (30 min.)

    C. F. Kahnt Nachfolger."


    Diese Mitteilung ließ Gustav Mahler in das Programm der Uraufführung des Werkes (27. Mai 1906 in Essen) einfügen. Entgegen allen anderslautenden Angaben hat Mahler das Werk niemals in einer anderen Gestalt aufgeführt und diese Änderung niemals zurückgenommen.


    Dr. Reinhold Kubik

    Vize-Präsident

    Editionsleiter der Kritischen Gesamtausgabe

    Oktober 2003"

  • Das steht in den Erläuterungen meiner Studienpartitur (Eulenburg) anders. Ich war bei der Uraufführung nicht dabei.

    Mahler hat die Symphonie dreimal aufgeführt: am 27.6.1906 in Essen, am 8.11.1906 in München und am 4.1.1907 in Wien, jedesmal mit dem Andante als zweitem und dem Scherzo als drittem Satz. Die umgekehrte Reihenfolge aus dem Autograph und aus der ersten Auflage der Erstausgabe (Dirigier- und Studienpartitur) wurde noch 1906 in einer zweiten Auflage korrigiert. In Mahlers Abzug ("Bürstenabzug") dieser Neuflage, der dann als Stichvorlage diente, finden sich zahlreiche handschriftliche Korrekturen und Eintragungen, die aber nicht alle in den Druck gingen. Es muss also vor dem Druck einen weiteren Korrekturdurchgang gegeben haben, zu dem aber keine Dokumente erhalten sind. Mahler notierte auf dem Titelblatt der Stichvorlage die Zeitdauern der Sätze zuerst in der Reihenfolge Andante-Scherzo, änderte sie dann aber zu Scherzo-Andante, was nicht in den Druck kam. Es ist also möglich, dass er vor dem Druck doch noch eine "Revision der Revision" vornahm, aber es kann genauso gut sein, dass er nach dem Druck doch wieder zur alten Reihenfolge zurückkehrte. Willem Mengelberg hat in seiner Partitur notiert "Nach Mahlers Angabe II erst Scherzo dann III Andante", was seither meines Wissens in allen Neuausgaben berücksichtigt wird. Die Quellenlage ist aber nach wie vor unsicher.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • Der Charakter der Symphonie ändert sich durch die Umstellung meines Erachtens doch erheblich

    Ja schon, aber eigentlich kein Problem.

    Wenn man es schätzt, wie in den meisten Aufnahmen auch gegeben, das Andante an 2.Stelle zu hören, dann kann man den Hördurchgang von der CD ja locker mit der FB so regeln wie gewünscht.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Es ist also möglich, dass er vor dem Druck doch noch eine "Revision der Revision" vornahm, aber es kann genauso gut sein, dass er nach dem Druck doch wieder zur alten Reihenfolge zurückkehrte. Willem Mengelberg hat in seiner Partitur notiert "Nach Mahlers Angabe II erst Scherzo dann III Andante", was seither meines Wissens in allen Neuausgaben berücksichtigt wird. Die Quellenlage ist aber nach wie vor unsicher.

    Vielen Dank für die Infos!


    In der kritischen Ausgabe von 2010 (Edition Peters) ist die Reihenfolge Andante - Scherzo.


    https://www.edition-peters.de/…roduct/defaultproduct.jpg


    Es gibt ja beide Versionen auf dem Markt, insofern kann jeder für sich entscheiden.

    Eine Umprogrammierung der Reihenfolge beim Abspielen ist für mich aber keine Lösung!

    Die meisten Dirigenten nehmen das Andante etwas langsamer, wenn es an dritter Stelle steht.

    Vermutlich um der brachialen Wucht der ersten beiden Sätze etwas entgegenzusetzen.


    Ich finde die Frage der Reihenfolge immer wieder spannend, da die Wirkung doch eine völlig andere ist.

    Eine gute Gelegenheit, in neue Aufnahme reinzuhören!

    Jansons mit dem BR-Orchester erscheint mir im Vergleich zum LSO aber etwas glatter und harmloser.


    Viele Grüße

    Christian

  • Ich bin gespannt, welche Lösung Breitkopf & Härtel für den Druck der Neuen Mahlerausgabe gewählt haben wird, wenn die 6. Sinfonie erscheint.

    Der Editionsplan enthält keine Information zur Planung über das als nächstes erscheinende Werk hinaus (die 9. in der zweiten Hälfte dieses Jahres). Es könnte mit dem bisherigen Timing 2025 werden.

    „In sanfter Extase“ - Richard Strauss (Alpensinfonie, Ziffer 135)

  • So,


    jetzt habe ich mal meine sechsten angehört. Tatsächlich fällt Szell ab, Solti und Abbado ( BP ) sehe ich gleichauf obwohl unterschiedlich, knapp dahinter dann Bernstein WPO. Und der auch von mir so hochverehrte Szell gefällt mir tatsächlich nicht soo schlecht, aber eben deutlich weniger als die anderen. Früher hätte ich das anders gehört. Und eine Aufnahme habe ich noch gefunden : Mariss Jansons LSO Live.


  • Live: 19:08 - 14:00 - 12:08 - 29:23
    Studio: 21:23 - 16:02 - 13:56 - 32:45

    Sir John Barbirolli wurde im Thread zurecht schon häufiger erwähnt. Seine Interpretation der Sechsten von Mahler hat Geschichte geschrieben und Generationen geprägt. Neben der EMI-Studioeinspielung (Kingsway Hall, London, 17.-19. August 1967) gibt es auch den Live-Mitschnitt der BBC vom Vortag aus der Royal Albert Hall (bei Testament erschienen), der sich tempomäßig deutlich unterscheidet und beinahe zehn Minuten flotter daherkommt (knapp 75 Minuten). Diesen habe ich mir kürzlich angehört. Den Klang würde ich als akzeptables Rundfunkstereo bezeichnen, gewiss keine audiophile Angelegenheit und so gerade noch zufriedenstellend. Die künstlerische Leistung ist natürlich erhaben und unterstreicht Barbirollis Ruf in diesem Repertoire. Vor nicht allzu langer Zeit erschien eine neu remasterte Warner-Box der Studioaufnahmen, wo natürlich auch die Sechste enthalten ist. Im Direktvergleich ist diese EMI-Einspielung klanglich unbestreitbar überlegen und kann sogar mit modernen Aufnahmen locker mithalten. Die langsameren Tempi sagen mir persönlich eher zu (84 Minuten). Das Werk selber ist m. E. wahrlich nichts für alle Tage, was mir wieder bewusst wurde. Es sei noch hinzugefügt, dass Barbirolli die Satzreihenfolge Andante-Scherzo wählt (in der Studioaufnahme von EMI auf LP einst gegen die Intention des Dirigenten umgedreht, mittlerweile aber korrigiert).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose