Sinn und Unsinn von Hosenrollen

  • Soll wohl nicht sein... Also geh' mal auf: Teyte- Cherubino.jpg
    Und da ich noch einmal bei Pinterest den Link recherchieren musste, weiß ich jetzt auch, woher das Bild stammt...

  • Vielleicht möchtest du ja das Bild hier einstellen? Deine Medien sind sicherlich nicht so vorsintflutlich... So, jetzt Lehne ich mich aber erst einmal zurück und schaue dein Video...

  • Finde ich nicht wirklich gelungen... Schon irgendwie merkwürdig, wie bereitwillig er sich vor den Augen der Gräfin Stiefel und Hosen ausziehen lässt- um dann für den Rest der Arie nur noch peinlich berührt dazustehen. Und ich habe darauf gewartet, dass Susanna ihm endlich Rock oder Kleid überzieht und ihn damit aus dieser für ihn unangenehmen Situation befreit!
    Außerdem wirkte dieser Cherubino viel zu jung! Gerade bei den beiden VIPs der Hosenrollen Cherubino und Octavian kommt es schon sehr auf den Größenunterschied zwischen den Darstellern an- nicht nur, weil Cherubino ja als Susanna durchgehen soll und dieser Plan dann sehr unglaubwürdig wirkt.
    Da Cherubino hier sehr klein und zierlich ist, erweckt er eher den Eindruck, als sei er eher "Hänsel"-Alter.
    Und ein Octavian, der von der Frau Marschallin zu sehr überragt wird, macht auch sch ell unfreiwillig den Eindruck, als würde sie sich an einem Kind vergreifen...

  • Aber, mal so am Rande, Hosenrolle 1! Ich hätte das ein winziges bißchen anders ausgedrückt als Stimmenliebhaber, aber wenn ich zwischen den Zeilen lese, so denke ich, dass er dir sagen wollte, es könne sich durchaus lohnen, sich den "Rosenkavalier" noch einmal genauer anzusehen- gerade, wenn du auf sozialkritische Aussagen Wert legst.

    Das würde ich so unterschreiben, ja. :)



    Aber @ Stimmenliebhaber: Dein Alter würde mich auch interessieren! Ich habe nämlich zu Euch beiden bereits gedanklich entsprechende Prognosen aufgestellt....

    Er zuerst, ich habe schließlich zuerst gefragt! :D

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Schon irgendwie merkwürdig, wie bereitwillig er sich vor den Augen der Gräfin Stiefel und Hosen ausziehen lässt- um dann für den Rest der Arie nur noch peinlich berührt dazustehen. Und ich habe darauf gewartet, dass Susanna ihm endlich Rock oder Kleid überzieht und ihn damit aus dieser für ihn unangenehmen Situation befreit!


    Ich fand die Personenregie und die Szene im Großen und Ganzen auch recht einfallslos und ungünstig gelöst.


    Was ich gut fand war, dass sich die Szene recht genau an das Libretto gehalten hat, und vor allem der Verzicht auf irgendwelche Slapstickeinlagen. Ich glaube - und das ist die gute Idee, von der ich sprach - dass der Regisseur hier ein Mittelding auf die Bühne bringen wollte: einerseits sich an das Libretto halten und Cherubino nicht verkleiden, andererseits ihn irgendwie, sozusagen als Ersatz für die fehlende Verkleidung, doch weiblicher machen als vorher.
    Ich finde, dass ihm das gut gelungen ist: zuerst trägt er Hose und Stiefel - da ist er "männlich". Dann zieht ihm Susanna selbige aus, und man sieht darunter, in blickdichten Strumpfhosen, ganz deutlich Frauenbeine, und er wirkt hier alleine dadurch noch graziler.


    Sozusagen eine Verkleidung ohne Verkleidung, ein Wechsel von männlich zu weiblich ohne die übliche Maskerade.


    Problematisch ist halt, wie du auch zurecht bemängelst, dass dann nichts mehr weiter passiert. Fraglich ist, ob es von Susanna hier so gedacht war, dass Cherubino so bleiben soll, dass er aufgrund seines jetzt freigelegten weiblichen Aussehens keine Verkleidung mehr braucht.
    Aber dennoch, die Figuren stehen hier nur untätig herum, als hätten sie keine Regieanweisungen erhalten und wüssten nicht, was sie noch tun sollen.



    Außerdem wirkte dieser Cherubino viel zu jung!


    Meinst du? Ich fand ihn gerade wegen seiner Größe und seinem jungen Aussehen ganz glaubwürdig, keineswegs so wie eine reife Diva, die einen auf kleiner Junge macht, aber auch nicht zu erwachsen in der Darstellung.




    LG,
    Hosenrolle1

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  • Komisch...Wenn ich auf den Link gehe, bekomme ich das richtige Bild angezeigt... Wenn es einen Gott der Technik gibt, dann hasst der mich, glaube ich!!!

  • Genau, das ist es!!! Ist allerdings keine fiktive Darstellung, sondern nach einer realen Vorlage gezeichnet. Das Mädel stand um 1910 herum in Großbritannien als Cherubino auf der Bühne.
    Dein Urteil?

  • Hmm, schwer zu sagen ... schaut auf jeden Fall jung aus, vielleicht ein bisschen zu damenhaft für meinen Geschmack, was aber auch an der Perücke liegen könnte. Aber wer weiß wie nahe die Zeichnung am Original dran ist.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Ich finde "ihn" hier eher weniger weiblich! Wie gesagt dachte ich an eine fiktive Darste llung... Meiner Meinung nach eine gute Mischung: jung und hübsch, noch ein wenig Kindchenschema ( oder "Babyspeck", wie du es gerne nennst...), aber auch nicht mehr zu viel, so, dass es durchaus vorstellbar ist, dass auch eine Frau in den Dreißigern ihn attraktiv finden könnte!
    Ich hätte hier noch einen Kandidaten um den Platz des perfekten Cherubino am Start! Die/ den kann ich dir aber leider nur als Octavian präsentieren... Laut Internet "kann" sie auch Cherubino, aber ich habe kein einziges Video davon im Internet gefunden!!!
    Aber wenn dir die Strauss'sche Walzer(rühr)seligkeit zu sehr auf den Keks geht, kannst du ja den Ton wegschalten...
    Sie wäre als Cherubino schon sehr dicht am Ideal, finde ich! Als Octavian etwas grenzwertig, weil sie doch noch sehr jung aussieht...
    Und dann würde mich noch deine Meinung zur Darstellung interessieren! Ich finde, man hat hier mit ganz dezenten Mitteln geschafft, dass diese Szene weder zu spießig noch zu vulgär 'rüberkommt.
    Jetzt muss ich allerdings zu primitivsten Mitteln greifen: Gib doch mal bei google "viktoria mester octavian wie du warst" ein, dann müsstest du es finden!

  • Ach schön, Mme. Cortese ist hier! Dich wollte ich gerne etwas fragen: Du hast vor kurzem ein wenig über Cherubinos Position als Schlosspage berichtet... Weißt du darüber eventuell noch etwas Genaueres? Mich würde vor allem interessieren, in welchem Alter die Jungen an den Hof kamen und was so ihre Aufgaben waren. Cherubino wird ja sicherlich nicht den ganzen Tag nur um "die Frauengemächer herumschleichen", denke ich mal...
    Man findet da weder in Büchereien noch im Internet Genaueres darüber! Da geht's bei dem Begriff "Page" in erster Linie um die Ritter pagen im Mittelalter...


    Dankeschön von der Dritten Dame

  • (oder "Babyspeck", wie du es gerne nennst...)


    Das stimmt ... damit meine ich natürlich nicht, dass das Gesicht aussieht wie das eines 2 jährigen :D
    Nein, ich will bzw. wollte damit zum Ausdruck bringen, dass das Gesicht noch nicht kantig wirkt, dass da beispielsweise auch keine Hohlwangen sind, sondern es quasi noch ein bisschen eine "Rundlichkeit" hat.
    Ich habe dir ja das Bild von Suzi Quatro gepostet, wo ich meinte, dass das Gesicht für mich als Cherubino super wäre. Da finde ich auch diese Mischung: das Gesicht wirkt nicht "erwachsen", aber es wirkt auch nicht mehr wirklich kindlich, sondern an der Schwelle, ja auf der Schwelle zum Jugendlichen.



    Und dann würde mich noch deine Meinung zur Darstellung interessieren! Ich finde, man hat hier mit ganz dezenten Mitteln geschafft, dass diese Szene weder zu spießig noch zu vulgär 'rüberkommt.


    Ich habe mir das Video jetzt komplett angesehen, auch mit Ton, weil ich die Stimme hören wollte. Ich kann jetzt natürlich schlecht darüber urteilen, ob ihre Darstellung werktreu ist, welche Vorstellungen H.v.Hoffmansthal oder Strauss hatten, ob es da etwa belegte Zitate gibt, wo gesagt wird, wie Octavian sein soll. (Ich erinnere hier etwa an entsprechende Äußerungen von Strauss bgzl. der Salome, wo er etwa meinte, dass Salome nur mit äußerster Dezenz gespielt werden dürfe, oder Herodes nicht zu viel herumrennen darf, sondern ruhiger sein muss, etc.; vielleicht gibt es auch entsprechende Aussagen zum Octavian, die mich - auch wenn ich diese Oper ablehne - dennoch interessieren würden).


    Aber unabhängig davon fand ich sie sehr interessant zum zuschauen, besonders in den Szenen, wo sie im Raum herumgeht oder läuft. Hosenrollen sind eine große Herausforderung, denn die Frage ist, wie verkörpert man sowas? Soll man "total männlich" gehen, darf da noch etwas weibliches in der Bewegung sein? Eine "Gefahr" kann ja sein, dass man sich ZU weiblich bewegt, dann wirkt das Kostüm vielleicht völlig unpassend. Das andere Extrem wäre, dass eine Sängerin zu sehr versucht, "männlich" zu sein, und sich dann ziemlich grobschlächtig bewegt, dass da mehr getrampelt als gegangen wird, was dann zu forciert wirkt.


    Darauf habe ich bei den Laufszenen in deinem Video geachtet. Ich finde, dass die Mischung ganz gut gelungen ist, es wirkt schon jugendlich und lebhaft, "stürmischer", wobei die Bewegungen, wie ich finde, eher ins weibliche tendieren, aber nicht ausschließlich.


    Nur die Regie fand ich hier ein bisschen zu übertrieben, die Szene wirkte auf mich zu choreografiert, ständig wurden neue Posen und eingeübte Bewegungsabläufe "abgespult". Natürlich sollen die beiden nicht starr herumliegen oder stehen, aber wenn dauernd was passiert, ohne dass man mal kurz Pause macht und sich nicht bewegt, wäre mir das schon zu viel. Aber das nur am Rande.


    Einen Cherubino von ihr würde ich gerne sehen!


    Ich würde dann auch noch einmal auf deine Frage eingehen, ob die Szene mit dem Tuch, das Susanna in Cherubinos Rock steckt, bei einem Mann anders gewirkt hätte.


    Darauf bin ich gespannt :)




    LG,
    Hosenrolle1

  • Wem sagst du das, ich habe schon alles mögliche eingegeben, konnte sie als Cherubino aber nirgendwo finden! Mich würde auch die gesamte Aufführung interessieren, vor allem die Szene, in der Octavian den Degen gegen den Baron von Ochs zieht, um Sophie zu verteidigen. Wenn Octavian nämlich zu jung wirkt, kann das auch schnell mal albern rüberkommen...
    Hatte nicht auch irgendjemand während der Diskussion mal gefragt, ob Octavian lieber von einem jungen Mann gesungen werden sollte?
    Das ist bei ihm echt grenzwertig!
    Bei Cherubino bin ich ganz klar für eine Frauenstimme, ohne Wenn und Aber...
    Octavian finde ich auch mit einem Mezzo wunderbar besetzt- aber da gibt es diese eine Szene am Ende des zweiten Aktes, an der ich beinahe jedes Mal spontan denke: Jetzt würde eine Männerstimme besser passen: und zwar, wenn er den Baron von Ochs zum Zweikampf herausfordert, der ja ein Feigling ist und sich darauf nicht einlassen will. Octavian wird immer wütender, redet bzw. singt sich immer mehr in Rage und das hat dann durch die hohen Töne manchmal etwas unfreiwillig komisches... Wie ein wütender kleiner Terrier, der einfach nicht aufgeben will!

  • Mich würde auch die gesamte Aufführung interessieren, vor allem die Szene, in der Octavian den Degen gegen den Baron von Ochs zieht, um Sophie zu verteidigen. Wenn Octavian nämlich zu jung wirkt, kann das auch schnell mal albern rüberkommen...


    Manche Regisseure werden da wahrscheinlich sowieso Alternativen finden, Pistolen oder ähnliches, oder gleich darauf verzichten und am Text vorbeiinszenieren.
    Du hast sicher mehr Aufführungen gesehen, zieht er überall einen Degen?



    Octavian finde ich auch mit einem Mezzo wunderbar besetzt- aber da gibt es diese eine Szene am Ende des zweiten Aktes, an der ich beinahe jedes Mal spontan denke: Jetzt würde eine Männerstimme besser passen: und zwar, wenn er den Baron von Ochs zum Zweikampf herausfordert, der ja ein Feigling ist und sich darauf nicht einlassen will. Octavian wird immer wütender, redet bzw. singt sich immer mehr in Rage und das hat dann durch die hohen Töne manchmal etwas unfreiwillig komisches... Wie ein wütender kleiner Terrier, der einfach nicht aufgeben will!


    Das ist auch etwas, was mich beim Fidelio von Beethoven gestört hat (wenngleich die Figur tatsächlich eine Frau ist, die sich nur verkleidet): die Stimme ist einfach zu hoch, und jeder müsste sich dort wundern, dass ein Mann Sopran singt :D


    Aber ich glaube, dass man bei solchen Dingen eher drüberweg sehen sollte, weil es auch viele andere Opernszenen gibt, die eher unfreiwillig komisch wirken, und Texte, die eher grenzwertig sind. Ich bin mir auch sicher, dass Strauss gut wusste, wie die Szenen auf der Bühne wirken würden, wenn sie von einer Frau gespielt werden, und glaube nicht, dass er diese Figur ausschließlich wegen der Stimme mit einer Sängerin besetzt hat. Wie gesagt, falls jemand eigene Aussagen von Strauss darüber kennt, bitte her damit!


    Achso, zu deinem Octavian-Video wollte ich noch etwas ergänzen. Du meintest, dass die Szene hier nicht zu spießig, aber auch nicht zu vulgär rüberkommt. Über die Regie und die m.E. zu vielen Bewegungen habe ich schon was gesagt, aber ansonsten schließe ich mich dem an, was du da gesagt hast. Ich glaube nicht, dass man in den 50ern (ich denke da nur an diesen Film mit Schwarzkopf und Jurinac ...) so etwas hätte zeigen dürfen, etwa wie Octavien hier auf der Gräfin "sitzt". Andererseits ist es eben auch nicht vulgär, kein Softporno, der "schocken" soll, nach dem Motto "Schaut her, was wir uns trauen".




    LG,
    Hosenrolle1

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  • Zu der Sache mit dem Degen: Ich bin, was moderne Inszenierungen angeht, grundsätzlich aufgeschlossen, obwohl ich eher das Traditionelle vorziehe. Ich habe mir sogar die Harnoncourt- Aufführung vom Figaro von den Salzburger Festspielen 2006 angetan. Die war sehr umstritten, was ich verstehen kann. Aber die Ideen an sich waren eben interessant. Die können wir später auch gerne mal anreißen, weil gerade der Cherubino dort eine zentrale Rolle spielt...
    Trotz aller Aufgeschlossenheit stört es mich aber doch, wenn im Text eindeutig etwas auftaucht, das dann entweder völlig unterschlagen oder durch etwas komplett anderes ersetzt wird- wie in der "Wolfsschlucht"- Szene aus dem Freischütz, die du vorhin erwähnt hast. Wette, der Regisseur hatte noch mehr solcher kreativer Ideen, stimmt's?!
    Nun taucht der Degen aber öfter auf, wenn du dich erinnerst, gleich zu Anfang, als Octavian seine Sachen zusammen sucht, um sich zu verstecken, den Degen dabei vergisst und sie ihm dafür die Ohren langzieht. ( Für mich übrigens ein deutlicher Hinweis ans Publikum auf Octavians junges Alter. Hätte er den Degen schon länger, so würde er zum "Handwerkszeug" gehören, und er würde nicht ausgerechnet ein dermaßen auffälliges Indiz männlicher Anwesenheit einfach vergessen...)
    Verlegt man nun aber die Handlung in eine andere Zeit, so muss der Regisseur sich etwas einfallen lassen.
    Ich habe eine Inszenierung gesehen, in der Octavian sich unter dem Tisch versteckt, die Marschallin zum Schürhaken am Kamin greift, diesen Octavian zuschmeißt mit ihrer Order "Schmeiß er doch seinen Degen hinters Bett!" (?????)
    Da stimmte dann irgendwie überhaupt nichts mehr. Den Degen als Requisit dezent zu unterschlagen wäre sicher besser gewesen.Ein anderes Beispiel für eine kreative Lösung: Eine Aufführung mit Sophie Koch, in der der Regisseur die Handlung in die Entstehungszeit der Oper verlegt hat- also Anfang 1900, wo die Männer ja auch nicht mehr mit Degen an der Seite herumgelaufen sind.
    In der Anfangsszene wird er einfach elegant weggelassen, die Marschallin spült zwar brav den Text ab, aber er Degen taucht halt nicht auf. Und in der Szene ist halt soviel Bewegung, dass es auch nicht wirklich stört.
    Bleibt noch das Duell am Ende, und die Idee fand ich wirklich gut!
    Da greift Octavian nach zwei Schwertern, die an der Wand hängen und dem Baron das eine davon immer wieder aufzudrängen. Als dieser nicht darauf eingehen will, wirft er ihm das Schwert irgendwann kurzerhand zu, der Baron verletzt sich dabei und Schwupps! haben wir auch hier die Grundlage für den anschließenden Tumult gegeben, der ja gebraucht wird..

  • Zu der Sache mit dem Degen:


    Es gibt ein ganz fabelhaftes Buch über den "Rosenkavalier", in dem jeder Wendung, jedem Requisit etc. nachgespürt wird. Nichts ist zufällig in dieser Oper. Ich kenne kein anderes vergleichbares Werk.



    Marschallin: "Schmeiß Er doch Seinen Degen hinters Bett."


    Dazu der Kommentar: Der Degen verweist auf Louvet de Couvrays "Die Abenteuer des Chevalier Faublas", wo die Marquise ihren Liebhaber Fabulas spielerisch mit seinem Degen bedroht, den er auf dem Lehnstuhl abgelet hatte.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • @ Rheingold: Dankeschön an dich für den Tip!
    Das Buch werde ich mir in jedem Fall besorgen! Wenn man den Figaro gut kennt, entdeckt man auch ständig irgendwelche Anspielungen... So zum Beispiel, wenn Sophie Octavian bei ihrer ersten Begegnung verrät, sie würde ihn schon eine ganze Weile kennen und ihm dann sein Alter ganz genau nennt: "Siebzehn Jahre und zwei Monate!"( Parallele zu Papagenas "18 Jahr und zwei Minuten" )...

  • Ich finde es auch mehr als wahrscheinlich, dass im Rosenkavalier Mozartsche Anspielungen zu finden sind, wenn man bedenkt, wie sehr Strauss ihn verehrt hat (wobei das Libretto von Hoffmansthal stammt, ich weiß nicht wie es da aussieht.



    Dritte Dame: was die Figaro-Produktion von 2006 betrifft, ich fand die auch ganz ansprechend, keine zwangshaften Modernisierungen mit Autos, Lederjacken oder Fernsehern auf der Bühne, eher etwas zeitloses, schlichtes, was den Blick mehr auf die Figuren lenkt. Nur den Engel, der da herumgeistert fand ich deplaziert, speziell bei "Voi che sapete" und "Venite inginocchiatevi" fand ich es völlig unlogisch und unbegründet, dass vor allem Susanna - Liebesengel und Zauberei hin oder her - plötzlich SO ein Interesse an Cherubino hat.
    Speziell letztere Arie war zwar mal was anderes als der so oft gebrachte Slapstick, aber es war völlig am Text vorbei, und auch die Musik lief irgendwie nur nebenher ab, das Geschehen folgte der Dramaturgie der Musik irgendwie nicht. Mir fehlte die Sozialkritik in dieser Inszenierung, das war mir ein bisschen zu romantisch.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Du hast hast beim Harnoncourt- Figaro 2006 die Gesellschaftskritik vermisst?!? Wir reden doch vom Figaro mit Christine Schäfer und Anna Netrebko, oder? Denk einmal an die Soldatenarie, in der Figaro Cherubino auf die Kniee drückt, ihm einem Messer den Arm aufschlitzt, und ihm zu guter Letzt Geldscheine in den Mund stopft, bis er, offenbar kurz vor dem Ersticken, zu Boden geht und dort liegenbleibt...
    Ich weiß nicht, was der Regisseur sich dabei gedacht hat, vielleicht interpretiere ich auch wieder zuviel hinein, aber auch die " Verkleidungsszene", die hier ja gar keine war, habe ich durchaus als sozialkritisch verstanden. Susanna hat hier überhaupt kein emotionales Interesse an Cherubino, die Gräfin ebenso wenig. Die Szene zeigt, wie alle beide, Susanna voran, Cherubino in die Sexualität einführen. Wie gesagt, kann sein, dass ich zuviel interpretiere, aber ich sah da schon eine Gesellschaft gespiegelt, in der Jugendlichen keine Zeit mehr gelassen wird, körperliche Liebe für sich selbst und in ihrem eigenen Tempo zu entdecken, sondern diese von der Erwachsenenwelt sozusagen aufgedrückt wird. Die Initiative geht ja auch nicht von Cherubino aus, sondern gleich zu Beginn ihrer Arie geht sie ihm an die Wäsche und leitet ihn dann an, wie er sie zu berühren hat... Der Text passt sogar teilweise, er hat nur nichts mehr mit der eigentlichen Absicht des Verkleidens zu tun, sondern ist rein erotisch.
    Ich war übrigens froh, dass ich das Ganze nicht auf der Bühne, sondern nur auf DVD gesehen habe. So könnte ich mir zwischendurch eine Pause können, denn ich fsnd die ganze Atmosphäre alptraummäßig und erdrückend. Und das konsequent!

  • Im übrigen ist hier auch niemand Herr seiner eigenen Entscheidungen, sondern alle stehen unter dem Einfluss dieses merkwürdigen Cherubim, der überall die Fäden zieht... Nicht gesellschaftskritisch...?

  • Ich muss das mit der Sozialkritik ein wenig präzisieren. Ich meinte, dass die Kritik, die im Original steckt, mir hier abgeht, also Kritik am Adel. Natürlich ist diese Inszenierung auch irgendwo kritisch, aber eher bei Dingen, die der Regisseur sich ausgedacht hat, zumindest war das meine Auffassung.



    Der Text passt sogar teilweise, er hat nur nichts mehr mit der eigentlichen Absicht des Verkleidens zu tun, sondern ist rein erotisch.


    Welche Textstellen meinst du genau?


    denn ich fsnd die ganze Atmosphäre alptraummäßig und erdrückend.


    Was ich gerade beim Figaro nicht schlecht finde, weil der Stoff eigentlich genau das ist - in einem Haus leben, wo der Hausherr seine Macht missbraucht und sogar Kinder angegraben werden.
    "Sua passion predominante è la giovin principiante." singt Leporello im Don Giovanni über seinen Herrn - passt eigentlich auch irgendwie zu Herrn Almaviva, oder?


    P.S.: was ich dich noch zu dem von dir verlinkten Octavian fragen wollte: wie fandest du die Bewegungen von "ihm", besonders wenn er herumgeht oder läuft? Fandest du die männlich, weiblich, oder beides? Oder was anderes?




    LG,
    Hosenrolle1

  • Okay, dann verstehe ich jetzt, was du mit "Sozialkritik" meinst. Hatte mich schon ein wenig gewundert...
    Habe mir das "Venite inginocciatevi" eben noch einmal angesehen, um sicherzugehen, dass ich es richtig in Erinnerung habe. Dem Text wird weitestgehend gefolgt, doch erhält er durch die extreme Sexualisierung der Szene eine andere Bedeutung!
    Susanna kniet sich vor Cherubino und beginnt mit "Kommen Sie zu mir und Knien Sie nieder",

    zieht ihn zu sich heran, entledigt ihn seiner Hose und zieht ihn zu sich herunter auf die Knie (stimmt also!).
    Nun wendet Cherubino sich der Gräfin zu und die beiden beginnen, herumzuknutschen. Susanna schaut überrascht und etwas pikiert, es geht weiter mit "Schauen Sie mich an! Holla, den Blick zu mir!" während die zwei sich jedoch nicht stören lassen.(Passt also auch!)
    Susanna ergreift nun energisch Cherubinos Kopf, dreht sein Gesicht zu sich und beginnt nun ihrerseits mit ihm zu knutschen, unterbrochen von "Die Herrin ist nicht hier!" (Passt auch.)
    Nun legt sie sich vor ihn und die nächsten Sätze Plätschern ein wenig dahin, konkret wird es dann wieder beim nächsten "Schauen Sie mich an!" , da nähert er sein Gesicht dem ihren.
    Naja, und was bei der Anweisung "Die Hände über die Brust!" passiert, dürfte wohl klar sein.
    Der Rest geht dann wirklich eher am Text vorbei, und auf die Füße kommt Cherubino erst einmal nicht mehr, ist also nichts mit "Schauen wir, wie sie laufen, wenn Sie auf den Füßen stehen!" denn für den Rest der Arie wird sich genüsslich nebeneinander auf dem Boden gewälzt...
    Da hat man den Text doch eigentlich ganz gut verwertet, oder?!

  • Danke für die Erklärung, so habe ich das noch gar nicht gesehen!


    Naja, und was bei der Anweisung "Die Hände über die Brust!" passiert, dürfte wohl klar sein.


    Manchmal wird diese Zeile genutzt, damit Cherubino Susanna schelmisch auf die Brüste greifen darf, was diese allerdings sofort mit einem Klaps auf die Hände o.ä. quittiert. Quasi so, als würde der Junge diese Anweisung missverstehen.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Und endlich gehst du noch einmal auf Octavian ein, ist dir da wirklich nicht mehr an Weiblichkeit aufgefallen, als dieser angedeutete Hüftschwung?
    Okay, ich gebe zu, dass ich da einen Heimvorteil habe, den ich habe dieses Video inzwischen wer weiß wie oft gesehen, weil ich es einfach atmosphärisch total ansprechend finde und mir außerdem Octavian Stimme so gut gefällt.
    Und ja, es ist von vorne bis hinten durchchoreographiert, daran habe ich auch keinen Zweifel! Ich finde allerdings nicht, dass es so wirkt, als würde da etwas auswendig Gelerntes abgespult werden, im Gegenteil. Ich finde, es wirkt schon alles locker und fließend, eben nicht, als hätten die beiden das hundert Mal üben mussten (was sie ja sicher getan haben müssen, damit jede Bewegung so perfekt sitzt und exakt zur Musik passt!).
    Der Regisseur legt ja den Fokus eindeutig auf Octavian, die Marschallin "begleitet" ja eher.
    Und Octavian wechselt nahezu die ganze Zeit zwischen männlichem, weiblichem und kindlichem Verhalten, oft direkt hintereinander.
    Nimm einmal gleich den Anfang.
    Er erhebt sich, sie bleibt aber am Boden und setzt sich lediglich so hin, dass sie ihn anschauen kann, während sie sich unterhalten. Nun wäre es ja naheliegend, wieder auf Augenhöhe zu gehen, wenn man weiter miteinander reden will, was er aber nicht tut.
    Stattdessen geht er langsam auf sie zu und die Art, wie er das macht, hat schon etwas von - wenn auch gemäßigtem) männlichem Imponiergehabe.
    Im nächsten Augenblick geht er in die Knie und setzt sich da mehr oder weniger auf hren Schoß!
    Die Aktion fand ich bereits beim ersten Mal sofort irritierend! Welcher Mann würde bitte auf die Idee kommen, sich bei einer Frau auf den Schoß zu setzen?!? In den meisten Fällen wäre das allein von der Gewichtsverteilung her schon keine besonders gute Idee ;(
    Die beiden nehmen da jetzt eine äußerst intime Position ein, und die von Octavian ist doch eindeutig weiblich, oder? Das würde eine Frau bei einem von ihr geliebten Mann machen, aber nicht umgekehrt!
    Er krabbelt dann im nächsten Moment von ihrem Schoß- was wiederum etwas eher Kindliches hat.
    Und auch in der nächsten Position, die die zwei da einnehmen, ist er irgendwo zwischen Mädchen und Kind, wie er sich da so an sie lehnt.
    Nur am Rande: Octavian hat an dieser Stelle offenbar das dringende Bedürfnis, die ganzen Gefühle, die er da letzte Nacht hatte, bis ins kleinste zu analysieren... Auch eher frauentypisch, oder? Und ein wenig Cherubino am Start...?
    Ich könnte jetzt noch weiter schwafeln, denn es geht munter so weiter!
    Und dieser leichte Hüftschwung, den du erwähnst, als Octavian durch den Raum schlendert, ist sicher kein Zufall... So irgendwo zwischen jugendlich lässig, aber eben auch märchenhaft, stimmt's ?

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