Nellie Melba - ist sie uns tatsächlich so fern?

  • Der Berliner Christian Zwarg ist bekannt für das vortreffliche Restaurieren historischer Sängeraufnahmen. Die Klangergebnisse sind wirklich hervorragend!


    Vollste Zustimmung. :) Der Mann ist wirklich ein Zauberer. Alles, was er in die Hände bekommt, ist auf die die Bewahrung des Originals gerichtet. Er hat immer diesen Respekt vor dem Original. Er hat zum Beispiel auch die große CD-Sammlung der Bayreuther Sänger der Cosima-Ära, die Schallplatten hinterließen, betreut, die für mich ein Maßstab ist. Er arbeitet - weltweit vernetzt - nur mit den am besten erhaltenen Schelllackplatten, greift nie auf Zweit- oder Drittquellen zurück. Diese Platten werden mit originalen Nadeln und möglichst eben solchen Grammophonen übertragen. Dann beginnt - Ton für Ton - die eigentliche aufwändige Arbeit. Zwarg versteht genau so viel von Technik wie von der menschlichen Stimme bzw. den konkreten Sängern. Deshalb gelingen ihm seine Restaurationen so gut. Ich kenne keine besseren aus diesem Bereich. Dass er auch die Melba in seinem Programm hat, war mir entgangen. Danke für den Tipp, lieber Manfred.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Rheingold,


    danke für den schönen Screenshot :D Carsons skeptische Haltung vor dem Grammophontrichter ist zu schön. Das freut mich sehr, dass Du weiterhin Anregung zur Beschäftigung mit Nellie Melba erhalten hast; ich glaube wirklich, dass es die Mühe lohnt.


    Vielen Dank auch an Manfred für seinen wertvollen Hinweis; mir waren diese Aufnahmen noch kein Begriff, ich werde dem auf jeden Fall nachgehen.


    Hier noch ein schönes Video, dass neben ihrer Stimme auch verschiedene Filmschnipsel mit der großen Sopranistin zusammenstellt


  • Nunmehr habe ich, dank der Anregung durch dieses Forum die von Alfred gezeigten Einspielungen gekauft.


    Hier bereits ein paar Eindrücke zu dieser CD:



    Mir fällt auf, dass sie kaum Vibrato verwendet, ohne jedoch dadurch ins Deklamieren zu verfallen; wenn sie es dennoch verwendet, dann sehr sparsam und eng geführt, was sich sehr wohltuend von dem "wobble" abhebt, der so oft moderne Sängerinnen auszeichnet und zu exzessivem tremolo führt. Ganz anders Nellie Melba - sie führt die Stimme sehr geradlinig, besonders zum Beispiel die Mimí, die dadurch besonders anrührend gerät. Anders die glutvolle Tosca - hier wird etwas stärker das vibrato eingesetzt, jedoch immer noch mit Noblesse und Zurückhaltung. Dass diese Art zu singen nicht monochrom oder gar penetrant wirkt, verdankt sich der einmaligen Leuchtkraft der Stimme, die in allen Lagen einen süßen, weichen Schmelz (für mein Ohr zumindest) aufweist.
    Die Aufnahmen lassen sich sehr gut anhören - natürlich ist ein gewisses Rauschen omnipräsent, jedoch gibt es so gut wie kein Knistern, Knacken oder sonstiges übermäßiges Störgeräusch; die Stimme ist hingegen in erstaunlicher Fülle und Plastizität anzuhören - hier wurde von Ward Marston (einmal mehr) hervorragende Arbeit geleistet.
    Wie virtuos sie die ganze Palette sängerischer Ausdrucksformen beherrschte, einschließlich Trillern und Koloraturen, zeigt sich in Massents Sevillana aus Don César de Bazán - ein Bravourstück vom Feinsten.
    Es folgt Lohengrin, wie sich denken lässt, nicht in Originalsprache - als Elsa überzeugt sie mich weniger, hier bewegt sie sich m. E. nach auf für sie ungewohntem Terrain.
    Es folg abermals Puccinis Tosca mit derselben Arie wie zuvor, vissi d'arte, vissi d'amore - hier ist die Intensität wie zuvor sehr hoch, allerdings singt so noch ein wenig verhaltener, inniger, zudem klingt die Stimme noch etwas transparenter und präsenter.


    -Fazit: eine rauschende, allerdings wahrhaft berauschende Aufnahme! Trotz technischer Unzulänglichkeiten zeigt sich hier eine immens schöne, ausdrucksstarke Stimme, der zu folgen sehr beglückend ist.

  • Im Rahmen zu meiner Recherche in Bezug auf diese Aufnahme, konnte ich heute im Rahmen einer Nachfrage im Internet nach der Herkunft des Deserts "Pfirsich Melba" folgendes lesen: "Nellie Melba ist fast vergessen, aber das ihr gewidmete Dessert begeistert noch heute."
    Glücklicherweise ist dies nicht ganz so der Fall wie die Einschaltquote für diesen Thread, die immer noch existierenden Einspielungen zeigen. 6905 Seitenaufrufe sind anbetrachts der Zeit, die seit ihrem Tod vergangen sind, mehr als beachtlich - auch wenn die auf 10 Jahre aufgeteilt sind. Es gibt ja auch keine Neuaflagen mehr, die man vorstellen könnte. Aber halt - das simmt nicht ganz:
    Seit 5. September 2017 ist eine Neuauflage ihres Abschiedskonzerts vom 9 Juni 1926 aus dem Royal Opera House Covent Garden verfügbar. (DECCA) Die Technik der "elektrischen Tonaufnahme" (also über Mikrophon statt Trichter), die derlei überhaupt erst ermöglichte war damals grade mal ein Jahr lang im Einsatz....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • m Rahmen zu meiner Recherche in Bezug auf diese Aufnahme, konnte ich heute im Rahmen einer Nachfrage im Internet nach der Herkunft des Deserts "Pfirsich Melba" folgendes lesen: "Nellie Melba ist fast vergessen, aber das ihr gewidmete Dessert begeistert noch heute."


    Man kommt ja auch herum, aber ein Pfirsich Melba, wie ihn der französische Spitzenkoch Auguste Escoffier für die Sängerin gelegentlich ihres Aufritts als Elsa in "Lohengrin" kreiert haben soll, ist mir noch nicht untergekommen. Was so alles unter diesem Namen angeboten (wenn überhaupt), in Kochbüchern oder im Netz verbreitet wird, grenzt an Zumutung. :no: Meist läuft es auf eine Pfirsichhälfte aus dem Glas auf einer Kugel Vanilleeis hinaus. Oder ist es bei euch in Wien, wo ja noch sehr gut gegessen werden kann, etwa anders, lieber Alfred? Du kennst Dich doch auch aus auf diesem Gebiet.


    Wie betörend die Melba als Elsa gewesen sein muss, offenbart ihre Aufnahme des so genannten Traums von 1910 in Italienisch. Das ist wirklich ein Traumgesang:



    https://www.youtube.com/watch?v=GaXiGG6Pz5E

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent