Das kann ich nur allzugut verstehen, Norbert. Der Zugriff Levines ist aussergewöhnlich dramatisch und zugespitzt. Bereits der Einsatz der tiefen Streicher am Anfang kommt mit ungewohnter Drastik und Heftigkeit. So habe ich mir das immer vorgestellt. Nahezu alle anderen Dirigenten enttäuschen hier. Allenfalls Segerstam aus Helsinki kommt da dran. Bei Levine läuft das Werk nicht so seltsam geradlinig und langweilig ab wie so oft, sondern mit Unebenen, Härten, Tiefen, Höhen. Eine einmalige Aufnahme. Die Berliner sind in Topform.
So ist es, Agon.
Es ist wahrscheinlich die Intensität, die mich bei Levine so anspricht.
Auch bei allen anderen herausragenden Sibelius Interpreten (z.B. Berglund [Bournemouth], Inkinen, Barbirolli, Bernstein [New York], Davis, Sanderling, Vänskä) lässt mich die 4. Sinfonie "kalt".
Auch bei der 6. Sinfonie war es eine "extreme" Interpretation, die mich zu dem Werk finden ließ:
Thomas Zehetmair wartet mit vielen Rubati und scharfen Akzentuierungen auf und liefert so eine Sichtweise, die mich aufhorchen ließ. Und nach und nach wurde die Sinfonie auch in anderen Interpretationen "hörbar".
Leider hat James Levine neben den beiden auf dieser CD enthaltenen Sinfonien nur noch die 2. aufgenommen. Das ist schade, denn mit so viel "Feuer" hört man Sibelius selten.