Was wäre wenn? Wie Opern im richtigen Leben weiter gehen könnten

  • Figaro und Susanna wandern aus nach Mallorca und eröffnen dort ein Sonnenstudio.


    Nicht schlecht, dieser Gag, lieber Rodolfo! Aber thematisch: Darf man an dieser Stelle an Ödön von Horvath und Giselher Klebe erinnern? "Figaro lässt sich scheiden" ist doch eine vorstellbare Version - und wäre als Oper sicher erfolgreich, wenn Klebe dazu eine publikumswirksame Musik gefunden hätte. Leider, und das ist meine Sichtweise nach Hineinhören in "Schnipsel", ist die Musik für eine "ernste Komödie" völlig ungeeignet.


    :no:

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    MUSIKWANDERER

  • Darf man an dieser Stelle an Ödön von Horvath und Giselher Klebe erinnern? "Figaro lässt sich scheiden" ist doch eine vorstellbare Version - und wäre als Oper sicher erfolgreich, wenn Klebe dazu eine publikumswirksame Musik gefunden hätte. Leider, und das ist meine Sichtweise nach Hineinhören in "Schnipsel", ist die Musik für eine "ernste Komödie" völlig ungeeignet.


    Danke für den Hinweis, lieber musikwanderer. Der Einfachheit halber zitiere ich mal die Inhaltsangabe der Klebe-Oper aus dem entsprechenden Wikipedia-Artikel:


    "Die Geschichte spielt zur Zeit „der Revolution", wahrscheinlich der Französischen, doch ist die Handlung auch im Kontext des zeitgenössischen Problems des Nationalsozialismus zu sehen: Horváth beschreibt das Schicksal des Einzelmenschen und seine Anpassung an die Gesellschaft und warnt dabei vor dem Aufgeben menschlicher Werte.


    Das Theaterstück beginnt mit der Flucht Graf Almavivas, seiner Frau, Figaros und dessen Frau Susanne vor der Revolution. Die Flucht gelingt ihnen; sie leben als Emigranten. Der Graf kommt damit allerdings überhaupt nicht zurecht; er will nicht auf seinen Luxus verzichten und leistet sich diesen, obwohl er keinerlei Einkünfte vorzuweisen hat. Wie vorherzusehen war, folgen finanzieller Ruin und sozialer Abstieg; der Graf landet als Betrüger im Gefängnis. Im Gegensatz zum Grafen weiß Figaro, was auf ihn zukommt und wie er sich zu helfen hat. Er macht sich mit einem Friseurgeschäft in einem Privinzort selbstständig. So erfährt er Anerkennung durch sein Handwerk, allerdings basiert das weniger auf seinem Können, sondern eher darauf, dass er redet, wie es den Kunden gefällt. Für seine Frau Susanne ist er zu einem heuchlerischen Spießer geworden, der es jedem rechtmachen will außer ihr, denn er verweigert ihr das sehnlichst gewünschte Kind und gibt als Begründung die "unsichere" Zukunft an. Susanne betrügt Figaro in ihrer Unzufriedenheit mit einem Kunden. Die Ehe zerbricht an diesem Seitensprung und Susanne geht zurück zu den Almavivas. Figaro muss sein Geschäft aufgeben, da er all seine Kunden auf Grund des Geredes der Leute verliert. Susanne hat inzwischen Arbeit als Kellnerin in einem "Emigrantencafé" gefunden; als allerdings ihre Arbeitserlaubnis abläuft, geht sie, gemeinsam mit dem Grafen, dessen Frau gestorben ist, zurück in ihre Heimat und zurück zu Figaro. Der ist inzwischen Verwalter auf dem ehemaligen Besitz des Grafen geworden, in dem nun ein Kinderheim untergebracht ist. Die beiden Eheleute finden wieder zueinander."


    rodolfos Sonnenstudio-Perseltive auf Mallorca ist gar nicht so weit weg. ;)


    Beim NDR wurden mal der Mozartsche "Figaro" und die Klebe-Version mit denselben Sängern in den Hautpartien eingespielt. Clara Ebers war die Gräfin. Nähere Angaben müsste ich noch heraussuchen.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber musikwanderer, nun warst Du wieder so bescheiden! :) Und ich Trottel vergesse, was ich vor zwei Jahren gelesen und geschrieben hatte. :( Muss es mir nun peinlich sein, dass ich nicht gleich im Opernführer nachgesehen habe? Immer diese Wikipedia-Hörigkeit, der ich offenbar auch zunehmend anheim falle. ;)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ach was, lieber Rheingold, peinlich muss Dir nichts sein und sich die Bezeichnung Trottel zu geben, ist auch völlig deplatziert.


    :hello:

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    MUSIKWANDERER

  • Es gab schon mal einen Thread mit ähnlichem Thema. Dort habe ich zwei Beiträge verfasset. Da ein Zusammenlegen nicht funktionieren würde (die Beiträge würden zeitlich zueinander geordnet , aber nicht logisch) erlaube ich mir, meine Beiträge von März 2012 hier zu wiederholen.


    Zuerst FIDELIO:
    Ich habe diesem literarisch schwachen Werk aus der Mottenkiste aller Freiheitdramen einen überzeugenden 2. Teil spendiert, der das Werk um etwa 600% aufgewertet hat. Ich bin mit Beethoven im Jenseits via Rosemary Brown in Verhandlungen wegen der Vertonung - aber die Verhandlungen mit diesem schwerhörigen, eigenbrötlerischen und geldgierigen alten Mann gestalten sich als derart schwierig, daß ich überlege, ob ich nicht Andrew Lloyd Webber den Vorzug geben soll....


    Hier nun die Handlung des 2. Teiles, die meinen Ruf als gestandener Librettist nun auch in die letzten Winkel des Forums tragen wird:
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    Florestan wird vorerst vom König an den Hof geholt, aber dort erkennt dieser das revolutionäre Potential seines Günstlings, und überlegt, ob es nicht klüger gewesen wäre ihn letztendlich doch im Kerker verschmachten zu lassen. Aber dafür ist es natürlich zu spät, denn ein König irrt nicht, darf nicht irren (Er wird sich das aber merken und in Zukunft vorsichtiger agieren)
    Deshalb ernennt er Florestan zum Botschafter in Russland und ist persönlich anwesend, als dieser mit Leonore im Gefolge die Kutsche mit Ziel Sankt Petersburg besteigt. -Eine Laus im Pelz weniger ......


    Der Minister, der in der Geschichte an vorderster Linie mit dabei war - hat - zur Freude des Königs - demissioniert und sich auf sein Landhaus in Kastillien zurückgezogen


    Rocco wurde "für seine Verdienste" in den "wohlverdienten Ruhestand geschickt mit einer erklecklichen Abfindung für "treue Dienste zum Wohle des Staates" . Er hat sich einen Bart wachsen lkassen, um nicht erkannt zu werden, denn hin und wieder kam es schon vor, daß ihm jemand auf der Straße leise das Wort "Henkersknecht" oder "Scherge" zuflüsterte.
    Generell konnte ihn das aber nicht deprimieren, wenn er seine Dublonen zählte und eine Flasche besten spanischen Rotweins vor sich hatte....


    Marzelline die ungetreue Seele möchte nun doch ihren Jaquino heiraten. Der aber hat es sich inzwischen anders überlegt und vermarktet seine männlichen Reize bei adeligen Damen. Daraufhin verzweifelt Marzelline und geht in ein Kloster - ihr Lebenslauf kann nicht weiter verfolgt werden.......


    Leonore verbringt viele Jahre mit ihrem Mann in St. Petersburg, wo sie sich tödlich langweilt und das Klima schlecht verträgt. Sie beginnt ein Verhältnis mit einem hübschen russischen Höfling - und wie der Hofklatsch berichtet, soll es nicht nur bei dem einen geblieben sein.. :stumm:


    Don Pizarro bekommt eine Audienz beim König, und anschliessend einen gut dotierten Posten als Generalgouverneur auf Gran Cotubua, einer entfernten Südseeinsel denen 4 weitere, nämlich Porgu-Tumi, Corru-Pti, Cani-Bali und Terra-negra verwaltungstechnich zugeordnet sind. Der Gouverneur weiß einfach zu viele innen- und außenpolitische Details, als dass man ihn wegen seiner Vergehen zur Rechenschaft ziehen könnte. Hochrangige Vertreter des Adels, der Geistlichkeit, ja selbst der König ist anwesend, als der frischgebackene Generalgouverneur und ein hoher geistlicher Würdenträger, ein gewisser Kardinal Don Basilio das Schiff besteigt, das ihn, nach Gran Cotuboa bringen soll.....


    Der Schlußchor "Pizarro Dir sei Heil und Segen - Du bist ein Ehrenmann" beschließt das wunderbare Werk, in dem Verdienste gewürdigt, und kleinere Entgleisungen verziehen werden.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred


    * Diese wahre Geschichte wurde aufgezeichnet von Alfred Schmidt
    und unterliegt dem Copyright des Tamino Klassikforum Wien (c 2012)

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Beim Film gibt es doch neben den sequels auch prequels, z.B. Star Wars. Das ginge bei Opern auch.
    Z.B. Hänsel und Gretel: Hänsel und Gretel verstehen sich nicht mit den Eltern; die Kinder werden vom Vater missbraucht, und die Mutter unternimmt nichts. Da beschließen sie, zu der gutmütigen alten Kräuterfrau in den Wald zu gehen. Als Vorwand schlagen sie den letzten Topf entzwei.
    Übrigens gibt es das schon, und zwar bei Marthalers Sache Makropulos. In unserem Opernführer findet sich von mir eine kleine Satire und Besprechung dieser (Un)Tat.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Hier nun der angedroh.... ähhhh versprochene zweite Beitrag aus dem Jahre 2012, den ich hierher retten möchte :
    er geht hier um die Fertigstellung des Torsos "Zauberflöte" durch einen 3. Akt:
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    Zahlreiche Leserbriefe aus der Opernszene haben mich gebeten das unvollkommene und durch und durch unlogische Werk Emanuel Schikaneders auf eine gesunde Basis zu stellen, was ich hiermit tue - widerwillig aber doch.
    Widerwillig - weil es eine undankbare Aufgabe ist. Puristen, Engstirnige und Kleinkrämer werden vermutlich den Logikgewinn nicht als solchen wahrnehmen - und mir eine Verunstaltung des Werkes vorwerfen. Seis -drum - ich hab jedenfalls mein Bestes gegeben:


    "Die Zauberflöte": durch hinzufügen eines 3. Aktes perfektioniert durch
    den certifizierten "Hofdichter der Europäischen Union" Alfred O. Schmidt
    nach einer torsoähnlichen Vorlage von Emanuel Schikaneder
    unter Wahrung der Einheit von Raum und Zeit
    und unter Vermeidung von zeitgeistigen Modernisierungen.



    3. Akt.


    Eine anscheinend neue Figur erscheint auf der Bühne, es ist der hübsche junge Prinz Bellanotte, Ambassador der Königin der Nacht, den wir im ersten Akt als Mohren Monostatos kennengelernt hatten. Er hat sich die schwarze Farbe abgewaschen und singt stets in der Nähe von Pamina, sehnsuchtsvolle Lieder, wobei er sich auf der Laute begleitet.
    Pamina fühlt sich zu dem schmucken Burschen hingezogen, nicht zuletzt auch, da Tamino ihr zwei Jahre nach der bestandenen Feuerwasserprobe noch immer keinen Heiratsantrag gemacht hat.
    Tamino fühlt sich mehr zu Sarastros Priesterbund hingezogen, die „warme Menschlichkeit“ dort behagt ihm sehr –mehr als die etwas einfallslose Pamina - und die hohlen Floskeln ihres selbstgefälligen Oberhaupts sind angenehm zu wiederholen: „Ein Weib tut wenig – plaudert viel“ summt Tamino immer wieder vor sich hin- und ist glücklich wie nie zuvor. Jeden Abend treffen sich die Priester zur Andacht, wo sie: „Bewahret Euch vor Weibertücken“ singen und sich dem Genuss edler Weine und anderer Laster hingeben. Taminos helle Stimme ist hiebei die lauteste….


    Plappergeno, äh Papageno… widmet sich ganz der Aufzucht seiner Kinder, die er gemeinsam mit Papagena hat. Eigentlich hat er sich das alles ganz anders vorgestellt – aber er macht gute Miene zum bösen Spiel – und tut so als ob er das Kindergeplärr gar nicht hörte…..
    Wenigstens ist der lästige Tamino ausser Sichtweite, der stets auf seinem Prinzsein beharrte und immer unangenehme Aufgaben für Papageno bereit hatte….


    Die Königin der Nacht hat in einem alten Buch das Gegenstück zum Sonnenkreis gefunden, nämlich den Mondkreis . Dieser ist an Macht dem Sonnenkreis ebenbürtig, man muss ihn nur richtig zu benutzen wissen. Die Königin schaut in der Bedienunganleitung nach und singt dann eine Arie, die sie sich aus einer anderen Mozart-Oper geliehen hat (durchaus üblich in jener Zeit):
    „OH wie will ich triumphieren !!! „
    Sarastro wird vermutlich nicht viel zu lachen haben in nächster Zeit…….


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred


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    Zum Werk:
    Wie der geneigte Leser unschwer feststellen kann hat sich vieles zum Guten gewendet, bzw geklärt. Das Hauptproblem jedoch – der Konflikt zwischen Tag und Nacht bleibt bestehen.. Somit kann das Publikum nach Ende der Oper …noch weiter phantasieren….
    Euch allen aber wünsche ich einen guten TACH.....

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !