Tamino Opernkanon

  • Ich halte Janacek auch für einen Opernkomponisten der im Rang nicht hinter Puccini oder Strauss zurückgesetzt werden kann.


    Ursprünglich war ich der Meinung, drei, maximal vier Janáček-Opern seien ausreichend. Aber dem Argument von Caruso kann ich nicht ernsthaft widersprechen, also schließe ich mich den Vorschlägen an, folgende Werke in den Kanon aufzunehmen:


    Janáček - Jenůfa - 14
    Janáček - Káťa Kabanová - 5
    Janáček - Das schlaue Füchslein (Příhody lišky bystroušky) - 5
    Janáček - Die Sache Makropulos (Věc Makropulos) - 4
    Janáček - Aus einem Totenhaus (Z mrtvého domu) - 4


    Bei Weinbergers „Schwanda“ habe ich hingegen weiterhin große Bauchschmerzen. Im Gegensatz zu Knusperhexe finde ich Carusos Ausführungen dazu alles andere als bestärkend. Der Eklektizismus des Werks wird übrigens auch von Schreiber moniert, der aber immerhin eine „bemerkenswerte Orchestervirtuosität“ u.a. von Ouvertüre und Zwischenspielen attestiert. Aber reicht das für die Aufnahme in einen Kanon? Welches der Kriterien ist denn wirklich erfüllt? Hier käme doch wohl allenfalls das erste Kriterium in Betracht, also die sehr hohe Qualität des Werkes, der Status als Meisterwerk, bei dem ich doch arge Bedenken habe.


    Auch bei Kodálys Singspiel „Háry János“ habe ich noch meine Zweifel, ob das wenige von Caruso dazu Gesagte einen Aufnahme in den Kanon rechtfertigt. Ulrich Schreiber erkennt die Novität an, dass hier wohl zum ersten Mal die Gesänge der Heimat auf der Bühne des Opernhauses erklangen, kritisiert aber auch, dass die Substanz der „in ihrer vokalen Einstimmigkeit […] nicht sehr abwechslungsreichen Musik“ bis auf zwei Arien nicht über die Orchestersuite hinausgehe. János‘ Bühnenwerke basierten weitgehend auf folkloristischem Material, das „in einfache Formen gegossen“ sei. Das hört sich nicht unbedingt nach einem Werk an, das in einen Kanon gehört. Von den Kriterien scheint mir hier allenfalls die Abdeckung der ungarischen Opern-Tradition in Frage zu kommen.


    Mehr als dieses Buchwissen kann ich zu den beiden Werken leider nicht beitragen, weil ich sie nicht kenne.


    Über Szymanowskis „Król Roger“ haben wir noch nicht eingehender gesprochen. Im Gegensatz zu den vorgenannten Stücke kenne ich es recht gut und sehe nach einigem Erwägen die hohe Qualität eindeutig gegeben, was natürlich noch zu begründen wäre, wenn es in Zweifel gezogen wird. Wichtig für die Operntradition Polens ist es auch. Daher unterstütze ich Carusos Plädoyer für eine Aufnahme in den Kanon. Vielleicht kann noch jemand etwas dazu sagen? So ganz unbekannt kann die Oper ja inzwischen nicht mehr sein, wo doch Szymanowski in der letzten Zeit eine bemerkenswerte Wiederentdeckung erfahren hat.


    Bei 7 Opern Puccini kann man schon 5 Janacek nehmen.


    Wieso, wir haben doch bei Puccini nur 5 Werke ausgewählt. :D


    Aber mit den angestrebten 150 wirds so nichts ...


    Vielleicht wäre das wirklich die beste Lösung: von 150 auf 250 Werke zu gehen.


    Mal sehen, ich habe bewusst noch nicht alle bisher ausgewählten Opern zusammengetragen und lasse mich dann überraschen, wie viele es sind. Wir sollten aber nicht vergessen, dass die Beschränkung auch eine disziplinierende Wirkung hat.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Über Szymanowskis „Król Roger“ haben wir noch nicht eingehender gesprochen. [...] Vielleicht kann noch jemand etwas dazu sagen?


    Die oben "kritisierten" eklektizistischen Elementen wird man auch bei Król Roger finden; die Musiksprache, insbesondere die üppige Harmonik, verschmilzt deutsche Spätromantik (Szymanowskis erste Oper war eine Salome-Hommage), französische Prämoderne (Debussy, aber auch d'Indy oder Dukas) mit Strawinsky sowie mit zeittypischem Exotismus. Im Vergleich mit Puccini geht Szymanowsky aber mit grösserem Ehrgeiz an die Adaption asiatischer/orientalischer Motivik, ohne freilich "bartóksche" Systematik zu erreichen. Die in der Literatur hervorgehobenen metrischen Referenzen an die "Tatra-Musik" vermag ich anhand von Szymanowskis entsprechenden Klavier-Adaptionen oder ethnologischen Feldaufnahmen kaum wahrzunehmen. Vielleicht überhöre da etwas - und Król Roger würde eine geschickte, moderne Variante der romantischen Nationaloper darstellen. Allerdings erreichte sie auch in diesem Fall nicht die musikalische oder dramaturgische Distinktion Janáčeks. Sicherlich eine der besseren Exotik-Opern dieser Zeit, die zudem einige potentielle Schlager wie den Hagios-Chor oder Roxannas Lied enthält, dennoch bedürfte die Kanonisierung eines "Natio-Bonus".

  • Während ich mir gerade soeben Pfitzners " Rose", die soeben auf cpo erschienen ist, anhöre, wundere ich mich doch sehr, welche Werke des Kanons für würdig befunden wurden, insbesondere wie viele Werke von Strauss! Von Pfitzner nur der " Palestrina"?

  • Während ich mir gerade soeben Pfitzners " Rose", die soeben auf cpo erschienen ist, anhöre, wundere ich mich doch sehr, welche Werke des Kanons für würdig befunden wurden, insbesondere wie viele Werke von Strauss! Von Pfitzner nur der " Palestrina"?


    Und fünfmal (!) Janáček. Da muss ich wirklich aussteigen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Caruso ist mit seinem Urteil, dass Janáček im Rang nicht hinter Puccini oder Strauss zurücksteht, ja nun keineswegs allein. Allerdings sind auch Rossini, Bellini oder Donizetti Opernkomponisten von erstem Rang, und wir haben von denen keine fünf Opern in der Liste. Einen konsistenten Bewertungsmaßstab durchzuhalten ist gar nicht so einfach. :|


    Ein Vorschlag von mir wäre es, eine der fünf Janáček-Opern mit einem Fragezeichen zu versehen. Allerdings tue ich mich schwer damit, eine auszuwählen. Vielleicht noch am ehesten die "Káťa Kabanová", obwohl ich Dein Urteil, lieber Joseph, in keiner Weise teile (ich höre die Oper gerade): "Ein stellenweise interessantes Werk", "in gewisser Weise wie ein harmloser Vorläufer von Schostakowitschs 'Lady Macbeth von Mzsensk'", "Wo Janácek bemüht klang, war Schostakowitsch schlichtweg genial" - da kommt es mir vor, als hättest Du ein anderes Stück gehört als ich.


    Von Pfitzner nur der " Palestrina"?


    Eine andere Oper von Pfitzner wurde überhaupt nicht nominiert, lieber Marcel, auch von Dir nicht. Also jetzt nicht hinterher beschweren. ;)

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  • Alles klar! Ich hättte auch noch den armen Heinrich genannt vor den Strauss-opern, habe aber wegen der Cancenlosigkeit darauf wegen darauf verzichtett. Wenn ich aber die Janacek Nominiernungen sehe ....

  • Wie gesagt: Ich sah "Katja Kabanowa" und "Lady Macbeth von Mzensk" in der Abfolge von nur zwei Tagen beide live an der Wiener Staatsoper. Ich müsste lügen, würde ich ersterer Oper denselben Rang wie letzterer zubilligen. Meine Begleitung sah das übrigens ganz ähnlich. Sicherlich eine gute Oper, das stelle ich ja gar nicht in Abrede, aber für mich nicht exzeptionell. Das empfinde ich beim Schostakowitsch dagegen ganz eindeutig.


    Jedenfalls dachte ich, dass Janáček mit zwei Nominierungen im Kanon gut bedient wäre. Aber wenn es denn fünf sein sollen, meinetwegen. Am Ende werden wir aussortieren (müssen).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    ... Wenn ich aber die Janacek Nominiernungen sehe ....


    Auch ich kann an Janaceks Opern nicht viel finden, was mir gefällt. Aber ich habe Verständnis für 2 Opern von ihm in den Kanon. Aber gleich 5 Opern, das führe ich unter "Merkwürdiges aus dem Forum".

    W.S.

  • Ich glaube es führt uns nicht weiter, an der Stelle, an der dieser Kanon nun angekommen ist, die Urteilsfindung von Mitstreitern infrage zu stellen. Es gibt immer etwas für und etwas gegen eine Sache. Das ist auch bei der Erarbeitung dieses Projekts zu beherzigen. Niemand hat das Maß der Dinge zur Hand. Das wäre auch ganz schrecklich. Unser Kanon kann und sollte auch individuell gefärbt sein. Je länger ich darüber nachdenke, sehe auch ich in der Nominierung von fünf Janacek-Opern die Proportionen verschoben. Ich nehme mir diese Bemerkung heraus, weil ich nur zwei ("Jenufa" und "Makropulos") nominiert habe. Bei Anerkennung der Bedeutung der übrigen Titel genügt mir das, weil beide Werke nach meiner Überzeugung Faszination, Bedeutung und Stil des Komponisten hinreichend erfassen. Ich hätte nichts dagegen, einzelne Kapitel und Pakete wieder zu öffnen, wenn es denn notwendig erschiene. Niemand drängt uns. Weil das neulich so von mir verstanden werden musste: Ich kenne auch den Schluss des "Füchslein" hinreichend gut, habe die Oper auch nicht nur einmal gesehen und bin mir ihrer Genialität sehr wohl bewusst. Dass Rattle das Finale gemeinsam mit Mahlers "Lied von der Erde" auf ein Konzertprogramm setzte, ist mir allerding als Argument für den Rang dieses Werk nicht genug. So schön das auch gepasst haben mag, entzieht sich doch gerade das "Füchslein" einer konzertanten Darbietung. Wie soll man verstehen, welchen Gedanken der Förster nachhängt, wenn man zuvor nicht die ganze Geschichte erlebte. Dazu noch in tschechischer Sprache.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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  • Ich habe für das "Füchslein" versucht, Argumente anzudeuten, warum das ein bedeutendes Werk ist. Ich kann das gerne auch für die anderen zur Diskussion stehenden Opern Janaceks noch machen.. Aber auf Argumente geht ja sowieso kaum jemand ein. Es geht nur um "mag ich" oder "mag ich nicht"!


    Bertarido möchte ich ausdrücklich danken, weil er sich so sehr um unseren Prozess bemüht und immer wieder auf Begründungen drängt. Ohne ihn wäre wir längst vor die Wand gefahren.


    Dann will ich auch den Skeptikern gegenüber Janacek noch entgegen kommen: ich hatte ja schon gesagt, dass ich auf die Katja verzichten würde, wenn denn nur vier Opern von Janacek in den Kanon aufgenommen werden sollten. Ausdrücklich aber sage ich, dass dies nicht geschieht, weil ichdie Katja für ein weniger bedeutendes Werk halte als die Jenufa. Sie ist vielleicht sogar noch bedeutender. Aber zur Jenufa findet ein breiteres Publikum eher einen Zugang!
    Der Vergleich mit der "Lady Macbeth" steht ja überhaupt nicht zur Debatte. Sonst würde ich schon dafürhalten, dass die Oper/Opern von Janacek allemal keinen Vergleich scheuen müssen - Zu allerletzt einen Vergleich mit Schostakovitschs Opern.


    Caruso41


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    Von meinem iPhone gesendet
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    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Gut, die Zahl von Teilnehmern, die fünf Janáček-Opern für unverhältnismäßig halten, ist inzwischen stark angewachsen. Und diese Stimmen sollten wir nicht einfach übergehen, wenn wir nicht den Prinzipien untreu werden wollen, die die Auswahl für diesen Kanon bislang geleitet haben. Daher schlage ich nun doch vor, zumindest eine der Opern aus der Liste zu streichen. Das "Füchslein" könnte ich am ehesten verschmerzen, aber ich sehe auch, dass es den Janáček-Freunden besonders am Herzen liegt. Daher schlage ich vor, auf die "Katja Kabanowa" zu verzichten. Das fällt mir nicht leicht, weil ich gerade eine ganz hervorregende Aufführung diese Stücks auf DVD gesehen habe und von dessen Qualität überzeugt bin, aber einen Kanon ohne "Jenufa" und "Aus einem Totenhaus" kann ich mir gar nicht vorstellen, und "Die Sache Makropulos" ist auch zu wichtig. Also mein Vorschlag:


    Janáček - Jenůfa - 14
    Janáček - Káťa Kabanová - 5
    Janáček - Das schlaue Füchslein (Příhody lišky bystroušky) - 5
    Janáček - Die Sache Makropulos (Věc Makropulos) - 4
    Janáček - Aus einem Totenhaus (Z mrtvého domu) - 4


    Ergänzung: Ich sehe gerade, dass auch Caruso auf die "Katja" am ehesten verzichten würde. Und ich hoffe, dass wir auch dr. pingel da noch ins Boot holen, ohne dass er weitere Blutstropfen opfert ;)

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  • Zitat

    Aber auf Argumente geht ja sowieso kaum jemand ein. Es geht nur um "mag ich" oder "mag ich nicht"!


    Genauso unverständlich für mich, wenn von Erkel nur eine Oper, "Bank Ban" anerkannt wird. Wo sind da Argument oder die Verhältnismäßigkeit?

    W.S.

  • So schön das auch gepasst haben mag, entzieht sich doch gerade das "Füchslein" einer konzertanten Darbietung.

    Ist das so? Herr Rattle sieht das anders und bringt das "Füchslein" in der kommenden Spielzeit konzertant in der Berliner Philharmonie, ganz komplett. Und es gibt nur wenige Opern, die ich häufiger und lieber höre und mir die Szene dazu selbst vorstelle als "Füchslein". "Jenufa" auch häufig, die anderen Janacek-Opern kaum. Gerade "Füchslein" hat mit seinen vielen Instrumentalpassagen (Janacek hat ja auch eine Suite daraus gemacht), bei der sich die Musik beinahe wie bei Mozart von der Szene emanzipiert und einen ganz eigenen Wert eintwickelt, absolute Musik und Musikdrama in einem, wie bei Mozarts da-Ponte-Opern. "Katja", "Makropulos" und "Totenhaus" kann ich diesen musikalischen Rang losgelöst und von Szene und Handlung nicht zubilligen.


    In meinen Kanon gehören "Jenufa" und "Füchslein", beides Top-10 und absolut unverzichtbar. Alle anderen Bühnenwerke von Janacek haben für mich keine kanonische Bedeutung.



    Genauso unverständlich für mich, wenn von Erkel nur eine Oper, "Bank Ban" anerkannt wird. Wo sind da Argument oder die Verhältnismäßigkeit?

    Willst du tatsächlich Erkel mit Janacek vergleichen und einen ähnlichen Rang behaupten? Janacek war vielleicht der größte Musikdramatiker seiner Zeit (neben Puccini und Berg), im Vergleich dazu halte ich Erkel für komplett entbehrlich! Und nun werden wieder alle aufheulen, wenn ich darauf hinweise, wie viel Janacek gespielt wird - und zugleich kaum Erkel, wenn überhaupt. Und für beides gibt es gute Gründe!!!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber Rheingold!

    Dass Rattle das Finale gemeinsam mit Mahlers "Lied von der Erde" auf ein Konzertprogramm setzte, ist mir allerding als Argument für den Rang dieses Werk nicht genug. So schön das auch gepasst haben mag, entzieht sich doch gerade das "Füchslein" einer konzertanten Darbietung. Wie soll man verstehen, welchen Gedanken der Förster nachhängt, wenn man zuvor nicht die ganze Geschichte erlebte. Dazu noch in tschechischer Sprache.


    das ist jetzt aber unfair: Ich hatte mein Argument für das "Füchslein" ja doch deutlich auf die schlichtweg geniale Relation von Thema, Text und Musik bezogen, die für mich das Außergewöhnliche der Oper ausmacht. Dass ich dann auf das Rattle-Konzert verwiesen habe, war eher als zusätzlicher Hinweis gedacht, nicht als Argument. Wie auch immer: wer in dem Konzert war, hat glaube ich begriffen, warum Rattle die Werke in einem Konzert kombiniert hat. Stimmenliebhaberhat dazu ja heute nacht auch was gesagt!


    Lieber Wolfgang!

    Genauso unverständlich für mich, wenn von Erkel nur eine Oper, "Bank Ban" anerkannt wird.


    Seien wir nicht unbescheiden! Ich denke: wie können froh sein, dass wenigstens der "Bank Ban" eine Chance hat, in den Kanon zu kommen.
    Dass in dem Werk etwas für die Musikgeschichte Außergewöhnliches geleistet wird - nämlich die Konstruktion einer Nationalmusik, die nicht einfach (wie bei Smetana oder Moniuszko) Volkslieder und -tänze verwenden kann - ist von manchen Taminos im Forum als Argument nicht akzeptiert worden! Die Musik mit ihrer Kraft und Schönheit hat zudem einfach kaum einer mal wirklich gehört.


    Lieber Stimmenliebhaber!

    Willst du tatsächlich Erkel mit Janacek vergleichen und einen ähnlichen Rang behaupten? Janacek war vielleicht der größte Musikdramatiker seiner Zeit (neben Puccini und Berg),


    Das hat auch keiner gesagt! Wolfgang zumindest nicht!
    Ich habe zum Rang Janaceks ja deutlich bemerkt, dass er meiner Meinung nach als Opernkomponist nicht hinter Puccini und Strauss zurückstehen muss. Und dazu stehe ich. Das Interessante und Faszinierende ist ja gerade, dass er nicht durch ein oder zwei seiner Werke gleichsam vollständig repräsentiert werden kann. In jedem Werk offenbaren sich andere Qualitäten! Darum ist es berechtigt neben "Jenufa" und "Füchslein" auch "Totenhaus" und "Makropoulos" in den Kanon aufzunehmen. Aber wem sage ich das?


    Beste Grüße euch dreien


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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  • das ist jetzt aber unfair: Ich hatte mein Argument für das "Füchslein" ja doch deutlich auf die schlichtweg geniale Relation von Thema, Text und Musik bezogen, die für mich das Außergewöhnliche der Oper ausmacht. Dass ich dann auf das Rattle-Konzert verwiesen habe, war eher als zusätzlicher Hinweis gedacht, nicht als Argument. Wie auch immer: wer in dem Konzert war, hat glaube ich begriffen, warum Rattle die Werke in einem Konzert kombiniert hat. Stimmenliebhaberhat dazu ja heute nacht auch was gesagt!


    Lieber Caruso, ich hatte ganz bewusst Deinen Name in diesem Zusammenhang nicht genannt. Damit wollte ich alles, was nach Mäkelei an Deinen fachlich unschlagbaren und schlüssigen Darlegungen hätte aussehen können, vermeiden. Du hast hier nach meiner Beobachtungen wirklich die interessantesten Wortmeldungen abgegeben, Du bist nun mal der Janacek-Kenner. Ich bin höchsten ein Janecek-Verehrer, - Hörer und -Seher. Mehr nicht. Das Letzte, was ich mir würde herausnehmen wollen, ist, Dir unfair zu begegnen. Wenn es denn notwendig erscheint, bitte ich auch noch um Vergebung. Es wird wohl schwieriger mit dem Janacek im Kanon. Deshalb beende ich mal für mich dieses Thema und überlasse es jenen, die sich besser darauf verstehen. Und damit ist ein grundsätzliches Problem angeschnitten, das der unterschiedlichen Kompetenzen. Ich könnte nachvollziehen, wenn Du Dich mitunter unverstanden fühltest im Kreis von schlichten Laien wie mir. Aber in einem Forum wie Tamino ist das nun mal so.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


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  • Berg
    Ach du meine Güte! :wacko:


    Dass Du Berg nicht magst, kann ich verstehen. Aber zu bestreiten, dass er ein großer Musikdramatiker war und zwei der bedeutendsten Opern des 20. Jahrhunderts geschrieben hat, das würde sich (nicht nur) meinem Verständnis entziehen.


    Aber hier geht es ja (noch) nicht um Berg, sondern um Janacek.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • ieber Caruso, ich hatte ganz bewusst Deinen Name in diesem Zusammenhang nicht genannt. Damit wollte ich alles, was nach Mäkelei an Deinen fachlich unschlagbaren und schlüssigen Darlegungen hätte aussehen können, vermeiden. Du hast hier nach meiner Beobachtungen wirklich die interessantesten Wortmeldungen abgegeben, Du bist nun mal der Janacek-Kenner. Ich bin höchsten ein Janecek-Verehrer, - Hörer und -Seher. Mehr nicht.


    Lieber Rheingold!


    Natürlich trage ich Dir nichts nach. Ich weiß ja. dass Du es nicht so gemeint hast.


    Dass Du mich jetzt zum Janacek-Experten kürst, ist wirklich zu viel der Ehre. Ich bin ebenso ein Laie wie Du. Ich bin ja Historiker und Soziologe. In den letzten Jahrzehnten habe ich in der Konflikt- und Friedenforschung gearbeitet. Musik war immer nun mein Hobby. Allerdings schon ziemlich lange. Dabei habe ich mich vor allem für Oper, Geistliche Musik, Sinfonische Musik und Lieder interessiert. Allerdings ohne eine besondere Spezialisierung.


    Meine erste Begegnung mit Janacek war "Jenufa" in der Städtischen Oper Berlin mit Elfride Trötschel, Irene Dalis, Ludwig Suthaus und Sandor Konya! Das hat mich einfach umgehauen. Seither habe ich Janacek wo immer ich konnte, gehört. In der Oper und im Konzertsaal. Meistens auf den Partiturplätzen, wo man fast nichts von derBühne sieht, aber die Möglichkeit hat, eine Partitur oder einen Klavierauszug mitzulesen. Da bildet man denn so im Laufe der Zeit Kenntnisse und Meinungen. Ein bisschen habe ich natürlich auch gelesen über Janacek. Dass er aber ein Komponist wäre, über den ich mir systematisch eine Expertise angeeignet hätte, kann ich wirklich nicht sagen.


    Also: bitte stelle Dein Licht nicht unter einen Scheffel! Du bist ja nun wirklich nicht weniger kompetent!


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Zitat

    Aber zu bestreiten, dass er ein großer Musikdramatiker war und zwei der bedeutendsten Opern des 20. Jahrhunderts geschrieben hat, das würde sich (nicht nur) meinem Verständnis entziehen.


    Hallo, Bertario!


    Ich bestreite dies ja nicht, aber ich höre lieber dreimal Erkel als einmal Berg. :yes: Aber diskutiert bitte weiter über Janacek. :thumbup:

    W.S.

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  • Das hat auch keiner gesagt! Wolfgang zumindest nicht!

    Doch, zumindest indirekt hat er genau das gesagt. Janacek gehört unstrittig in einem solchen Opernkanon. Dass Erkel ähnlich unentbehrlich ist, bestreite ich weiter hartnäckig!





    Berg
    Ach du meine Güte! :wacko:

    Ja, genau, Alban Berg! "Wozzeck"! Die vielleicht genialste Oper des 20. Jahrhunderts, aber in jedem Fall ein epochales Werk, mehr als die allermeisten anderen, die hier aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts bislang genannt wurden.




    Hallo, Bertario!


    Ich bestreite dies ja nicht, aber ich höre lieber dreimal Erkel als einmal Berg. :yes: Aber diskutiert bitte weiter über Janacek. :thumbup:

    Das mag ja sein, aber dennoch gehört Bergs "Wozzeck" zwingend in solch einen Kanon, weit zwingender als Erkel und die anderen Meister der zweiten und dritten Reihe...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Hier ein Versuch, mit diesem Teil zu Ende zu kommen:


    XXVI. Mittelosteuropa vor 1930


    Janáček - Jenůfa - 14
    Janáček - Das schlaue Füchslein (Příhody lišky bystroušky) - 5
    Janáček - Die Sache Makropulos (Věc Makropulos) - 4
    Janáček - Aus einem Totenhaus (Z mrtvého domu) - 4


    Bartók - Herzog Blaubarts Burg - 13


    Szymanowski - Król Roger - 3 (?)


    Den "Dudelsackpfeifer" sehe ich einfach nicht im Kanon, außer Knusperhexe hat sich auch niemand dafür ausgesprochen. Wenn wir den streichen, dann wäre ich auch bei "Háry János" konsequent und würde das Stück nicht hineinnehmen. Auch der "Nationalbonus" zieht hier nicht, weil wir mit Bartoks "Blaubart" schon eine ungleich bedeutendere ungarische Oper aus dieser Zeit haben. "Król Roger" würde ich angesichts von Gomberts Ausführungen mit Fragezeichen aufnehmen.


    Ich hoffe, diese Liste ist zumindest mehrheitsfähig, auch wenn nicht alle damit glücklich sein werden.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • also wenn man nur eine oper aus dem 20. jahrhundert wählen müsste, wär's wohl der wozzeck.
    im 19. würde ich auf den tristan tippen.
    aber wir dürfen ja ein paar mehr nehmen ...

  • Ausgerechnet bei diesem Thema ging mein Computer kaputt. Jetzt geht er wieder. Vielleicht bin ich doch hier derjenige, der Janacek am meisten gehört hat. Und da ist die musikalische Qualität auch von der Katja immer gleich. Ich sehe nicht ganz ein, nach welchen Kriterien ihr da Unterschiede machen wollt, die zum Ausschluss der Katja führen. Es ist wohl eher ein Unbehagen, dass man von einem Komponisten, den man kaum kennt, gleich 5 Opern nominieren soll. Monteverdi, Cavalli, Händel, Mozart, Verdi, Puccini, Strauss: in diese Kategorie gehört Janacek. Wenn es nach mir ginge, müssten auch Osud und der Broucek noch rein.
    Ich habe mich bei Verdi rausgehalten, sonst hätte ich dort auch nur die Traviata und Don Carlos nominiert. Da ich aber nicht der große Verdi-Experte bin, habe ich mich hier auf die Kenner verlassen.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Und da ist die musikalische Qualität auch von der Katja immer gleich. Ich sehe nicht ganz ein, nach welchen Kriterien ihr da Unterschiede machen wollt, die zum Ausschluss der Katja führen


    Lieber dottore, ich verstehe Deinen Punkt, aber es gab eine klare Mehrheit, die gegen fünf Opern von Janacek protestiert hat (und wahrscheinlich auch vier noch für zwei zuviel hält). Deswegen scheint mir der Verzicht auf die "Katja Kabanova" ein vernünftiger Kompromiss zu sein. Oder würdest Du lieber eine der anderen vier streichen, die jetzt noch in der Liste sind?

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  • Nein, wir machen es so. Mit den vieren bin ich zufrieden. Mir selbst kann ja die Katja, Osud und den Broucek niemand nehmen.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Mangels weiterer Kommentare nehme ich an, dass wir den Bereich nun abschließen können. Damit kommen wir zu den letzten Werken, die ich gerne noch im allgemeinen Teil unterbringen würde. Neben Frankreich, wo wir noch die Opern vom Beginn des 20. Jahrhunderts diskutieren müssen, kommen zwei Länder in den Blick, die lange nicht (England) oder noch gar nicht (Spanien) vorkamen. Ob im Hinblick auf Spanien das komplette Fehlen der Gattung Zarzuela ein Versäumnis ist, das noch behoben werden muss, könnten wir an dieser Stelle vielleicht auch noch besprechen.


    Bei den Russen wollte ich Prokofjew und Strawinski in der Abteilung Moderne behandeln, obwohl etliche der Opern vor 1930 entstanden. Kann man auch anders machen, da bin ich ganz offen. Es geht dabei ja nicht um etwas Inhaltliches, sondern nur um die Frage, ob diese Werke sich unter den 100 "allgemeinen" oder den 25 "modernen" behaupten müssen.


    XXVI. Frankreich vor 1930


    Fauré - Pénélope - 1
    Chausson - Le Roi Arthus - 2
    Charpentier G. - Louise - 1
    Debussy - Pelléas et Mélisande - 13
    Dukas - Ariane et Barbe-Bleue - 2
    Roussel - Padmâvatî - 1
    Ravel - L’Heure espagnole - 2
    Ravel - L’enfant et les sortilèges - 2


    Wieder ein sehr heterogenes Feld: vom Wagnerianer Chausson über den Anti-Wagnerianer Debussy, den Veristen Charpentier und Roussels Exotik-Oper bis hin zu Ravels schon sehr modernem Stück "L'enfant et les sortilèges" mit Jazz-Elementen und Bitonalität.


    "Pelléas et Mélisande" ist gesetzt. Für Charpentiers "Louise" haben sich schon an anderer Stelle leidenschaftliche Befürworter zu Worte gemeldet. Mindestens ein Werk von Ravel sollte m.E. auch dabei sein. Und sonst?



    XXVII. England im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert


    Sullivan - Ivanhoe - 1
    Delius - A Village Romeo and Juliet - 3
    Vaughan Williams - Riders to the Sea - 1
    Vaughan Williams - Sir John in Love - 2


    "Ivanhoe" ist als romantische Oper noch ein Relikt aus dem 19. Jahrhundert, für das sich bisher keine passende Stelle fand. Braucht man eher nicht, oder? Delius' Werk könnte ich mir hingegen im Kanon vorstellen, während ich Vaughan Williams Opern (trotz meiner Vorliebe für diesen Komponisten) eher verzichtbar finde.



    XXVIII. Spanien zu Beginn des 20. Jahrhunderts


    Granados - Goyescas - 1
    de Falla - La vida breve - 2


    Die "Goyescas" kenne ich nicht. "La Vida breve" hätte es m.E. verdient, in den Kanon aufgenommen zu werden, sowohl aufgrund der Qualität als auch wegen der Präsenz der spanischen Oper.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

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