Tamino Opernkanon

  • Nun kommen wir zu einer Phase der Operngeschichte, die von einigen schon sehnlichst erwartet wird. Sortieren musste ich hier nicht viel, ich habe lediglich jeweils die komischen und die ernsten/tragischen Opern zusammen gruppiert.


    X. Rossini


    Rossini - Il barbiere di Siviglia - 14
    Rossini - La Cenerentola - 7
    Rossini - L’italiana in Algeri - 5
    Rossini - Il turco in Italia - 1


    Rossini - Semiramide - 1
    Rossini - Semiramide (oder eine der anderen Opere serie) - 1


    Rossini - Le comte Ory - 1
    Rossini - Guillaume Tell - 11


    Interessant, dass von den 39 Opern, die Rossini schrieb, nur eine recht kleine Auswahl genannt wurde. Von den Opere buffe dürfte der „Barbiere di Siviglia“ unvermeidlich sein. An zweiter Stelle hinsichtlich der Zahl der Nennungen steht das Dramma giocoso „La Cenerentola“, dessen Aufnahme in den Kanon zu erwägen wäre.


    Sinnbildlich für die geringe Wertschätzung von Rossinis ernsten bzw. tragischen Opern: nur eine davon wurde überhaupt genannt, und das auch nur zweimal. Ich finde natürlich, dass die „Semiramide“ in den Kanon gehört, um auch diesen Teil seines Oeuvres abzudecken.


    Von den Opern, die für Paris geschrieben wurden, ist der „Guillaume Tell“ sicherlich gesetzt. „Le comte Ory“ ist aus meiner Sicht dann nicht mehr unbedingt erforderlich.
    3-4 Werke von Rossini im Kanon wären m.E. seinem Rang angemessen.


    XI. Bellini


    Bellini - I Capuleti e i Montecchi - 3
    Bellini - La sonnambula - 5
    Bellini - Norma - 13
    Bellini - I Puritani - 6


    „Norma“ ist keine Frage. Als zweite würde ich dann „La sonnambula“ oder „I Puritani“ nehmen, mehr als zwei müssen es aus meiner Sicht nicht sein.


    XII. Donizetti


    Donizetti - Anna Bolena - 6
    Donizetti - Maria Stuarda - 1
    Donizetti - Lucrezia Borgia - 2
    Donizetti - Lucia di Lammermoor - 12
    Donizetti - Roberto Devereux - 3


    Donizetti - L’Elisir d’Amore - 10
    Donizetti - La fille du régiment - 7
    Donizetti - Don Pasquale - 6
    Donizetti - Eine der drei Opern L’Elisir d’amore / Don Pasquale / La fille du régiment nach Wahl - 1
    Donizetti - Linda di Chamounix - 2


    Donizetti - La Favorite - 3
    Donizetti - Dom Sébastien - 1


    Donizetti sehe ich von der Bedeutung her auf einer Stufe mit Bellini, nur hat er mehr und verschiedenartigere Opern geschrieben. „Lucia di Lammermoor“ ist gesetzt und reicht m.E. stellvertretend für seine tragischen Opern aus. Von den komischen den „Liebestrank“ oder die „Regimentstochter“? Und wie bedeutend Donizettis Versuche französischer Opern im Stil der Grand opéra waren, das mögen die Donizetti-Experten beurteilen, zu denen ich nicht gehöre.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Wenn bei Lortzing eine Oper genügt, mag Donizetti mit zwei Opern zufrieden sein - wiewohl das seine Prominenz in den Opernspielplänen keineswegs abbildet. Sollten sich die Lortzing-Fans mit zwei Opern durchsetzen, wären bei Donizetti drei bis vier anzusetzen.

  • Wenn bei Lortzing eine Oper genügt, mag Donizetti mit zwei Opern zufrieden sein - wiewohl das seine Prominenz in den Opernspielplänen keineswegs abbildet. Sollten sich die Lortzing-Fans mit zwei Opern durchsetzen, wären bei Donizetti drei bis vier anzusetzen.


    Ich gehe davon aus, dass Lortzing mit einer Oper (Zar und Zimmermann) vertreten ist. 3 x Donizetti finde ich angemessen, weil sein Oeuvre doch recht vielfältig ist.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Auch „Fierrabras“ sehe ich da nicht. So groß Schuberts Rang auf anderen Gebieten auch ist, in der Oper hat er m.E. keine bleibenden Spuren hinterlassen.


    Leider habe ich es aus zeitlichen Gründen bis jetzt nicht geschafft, die Zusammenstellung des Tamino Opernkanon so zu verfolgen, wie ich es eigentlich gerne würde. Aber auch, wenn der Teil VIII. Die deutsche Oper der Frühromantik bereits abgeschlossen ist, möchte ich hierzu doch etwas sagen, da ich, soweit ich es erinnere, Schuberts Fierrabras nominiert habe:


    Eine der wesentlichsten Fragen, die ich mir bei der Zusammenstellung meiner Vorschlags-Liste gestellt habe, war die nach dem Sinn und Zweck eines solchen Kanons. Nach und nach bin ich dabei zu dem Schluß gekommen, dass es sich auch um einen Kanon handeln sollte, den man (einigermaßen chronologisch, gerne auch Abschnittsweise) durchhören können sollte um dabei nicht nur die wichtigsten Werke einer Epoche bzw. Gattung kennenzulernen, sondern auch um auf musikalische und musikhistorische Zusammenhänge und Besonderheiten aufmerksam gemacht zu werden - der eigene Forschertrieb sollte bei entsprechendem Interesse dann sein übriges tun. Insofern, aber das nur als Randbemerkung, halte ich es nicht für zwingend notwendig, neben dem Don Giovanni sowohl Le nozze di Figaro, als auch Così fan tutte in den Kanon aufzunehmen; mir würde Le nozze di Figaro reichen, auf Così fan tutte wird der interessierte Hörer dann schon selber kommen.
    Vor diesem Hintergrund halte ich Fierrabras aus verschiedenen Gründen für relevant, denn immerhin hat Schubert eine nicht gerade kleine Zahl an Opern- bzw. Singspiel-"Versuchen" unternommen und man sollte sich natürlich fragen, warum jemand, der auf dem Gebiet des Liedes, der Kammermusik, aber auch der Kirchenmusik so Großes geleistet hat, auf dem Gebiet der Oper so scheitern konnte? Und Fierrabras könnte eben der Auslöser sein, sich mit dieser Frage näher zu befassen. - Etwas anders formuliert verhält es sich genauso, wie wenn ich einen entsprechenden Kanon für Filme zusammenstellen würde: Wenn ich Tim Burtons Ed Wood für relevant halte, sollte ich auch Ed Woods Plan 9 from Outer Space in meinen Kanon aufnehmen.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.


  • Leider habe ich es aus zeitlichen Gründen bis jetzt nicht geschafft, die Zusammenstellung des Tamino Opernkanon so zu verfolgen, wie ich es eigentlich gerne würde. Aber auch, wenn der Teil VIII. Die deutsche Oper der Frühromantik bereits abgeschlossen ist, möchte ich hierzu doch etwas sagen, da ich, soweit ich es erinnere, Schuberts Fierrabras nominiert habe:


    Lieber Michael, schön, dass Du Dich zu Wort gemeldet hast - ich hoffe, Du bleibst nun dabei!



    Eine der wesentlichsten Fragen, die ich mir bei der Zusammenstellung meiner Vorschlags-Liste gestellt habe, war die nach dem Sinn und Zweck eines solchen Kanons. Nach und nach bin ich dabei zu dem Schluß gekommen, dass es sich auch um einen Kanon handeln sollte, den man (einigermaßen chronologisch, gerne auch Abschnittsweise) durchhören können sollte um dabei nicht nur die wichtigsten Werke einer Epoche bzw. Gattung kennenzulernen, sondern auch um auf musikalische und musikhistorische Zusammenhänge und Besonderheiten aufmerksam gemacht zu werden - der eigene Forschertrieb sollte bei entsprechendem Interesse dann sein übriges tun.


    Das trifft auch größtenteils die Absicht, die ich mit der Idee dieses Kanons verfolgt habe.



    Insofern, aber das nur als Randbemerkung, halte ich es nicht für zwingend notwendig, neben dem Don Giovanni sowohl Le nozze di Figaro, als auch Così fan tutte in den Kanon aufzunehmen; mir würde Le nozze di Figaro reichen, auf Così fan tutte wird der interessierte Hörer dann schon selber kommen.


    Wir haben ja schon verschiedene Male einzelne Werke beispielhaft für eine Werkgruppe oder Schaffensphase eines Komponisten genannt, etwa bei Cavalli, Rameau und Händel. Bei Mozart hätte man sicherlich auch einer der Da Ponte-Opern beispielhaft für alle drei nehmen können. Aber wenn es der Anspruch sein soll, die wichtigsten Werke aufzuführen, dann gehören meiner Meinung nach alle drei in einen Kanon, denn es handelt sich dabei nun mal um herausragende Meisterwerke. Und mit sechs Werken insgesamt ist ein Komponist mit einer solchen Bedeutung für die Geschichte der Oper auch angemessen repräsentiert. Hätte Mozart zehn Opern von der Qualität des "Don Giovanni" geschrieben, dann hätte man notgedrungen eine Auswahl treffen müssen.



    Vor diesem Hintergrund halte ich Fierrabras aus verschiedenen Gründen für relevant, denn immerhin hat Schubert eine nicht gerade kleine Zahl an Opern- bzw. Singspiel-"Versuchen" unternommen und man sollte sich natürlich fragen, warum jemand, der auf dem Gebiet des Liedes, der Kammermusik, aber auch der Kirchenmusik so Großes geleistet hat, auf dem Gebiet der Oper so scheitern konnte? Und Fierrabras könnte eben der Auslöser sein, sich mit dieser Frage näher zu befassen. -


    Relevant vielleicht, aber nicht eher für Schubert-Forscher oder -Liebhaber als für allgemein an der Oper Interessierte? Ich halte den "Fierrabas" weder für eine besonders gelungene Oper, noch hat er meines Wissens besondere Auswirkungen auf die weitere Entwicklung der Oper gehabt. Hätte das Stück jemand anderes als Schubert geschrieben, dann wäre es wahrscheinlich nicht der Vergessenheit entrissen worden. Die von Dir angesprochene Frage, warum ein so großer Komponist wie Schubert gerade auf dem Gebiet der Oper gescheitert ist, ist natürlich hochinteressant, rechtfertigt aber meiner Meinung nach nicht, das Werk in einen Kanon der wichtigsten, jedem Opernfreund zur Kenntnis empfohlenen Werke aufzunehmen. Aber natürlich kann man das auch anders sehen.



    Etwas anders formuliert verhält es sich genauso, wie wenn ich einen entsprechenden Kanon für Filme zusammenstellen würde: Wenn ich Tim Burtons Ed Wood für relevant halte, sollte ich auch Ed Woods Plan 9 from Outer Space in meinen Kanon aufnehmen.


    Ich kenne leider beide Filme nicht :untertauch: .

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  • Ed Woods "Plan 9 from Outer Space" gilt als schlechtester Film aller Zeiten, sein Regisseur als schlechtester Regisseur aller Zeiten. "Plan 9" lief einmal im Fernsehen, da haben wir Tränen gelacht, obwohl alles ernst gemeint war. Ein Beispiel: die Raumschiffe oder fliegenden Untertassen waren deutlich als Auto-Radkappen zu erkennen. Den Film "Ed Wood" kenne ich leider nicht.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Ich staune: Nun sind wir bei einem Bereich angekommen, den viele Opernfreunde endlich als "richtige Oper" betrachten, und niemand beteiligt sich mehr. :( Ermüdungserscheinungen? Oder ist es bei den drei genannten Komponisten zu offensichtlich?


    Ich versuche einmal, die Diskussion in Gang zu bringen: Nachfolgend die Werke, die ich in den Kanon aufnehmen würde. Vielleicht führt das zu einer Reaktion, sei es Zustimmung, sei es Protest.


    X. Rossini
    Rossini - Il barbiere di Siviglia - 14
    Rossini - La Cenerentola - 7
    Rossini - Semiramide - 2
    Rossini - Guillaume Tell - 11


    XI. Bellini
    Bellini - Norma - 13
    Bellini - I Puritani - 6


    XII. Donizetti
    Donizetti - Lucia di Lammermoor - 12
    Donizetti - L’Elisir d’Amore - 10
    Donizetti - La Favorite - 3

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Rossini muss natürlich drin sein, besonders mit dem Barbier, aber auch Cenerentola ist sehr sehens-und hörenswert. Bei Bellini und Donizetti halte ich mich raus, obwohl mir der Liebestrank immer sehr gut gefallen hat.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Ich breche hier nochmal eine Lanze für Bellinis "I Capuleti e i Montecchi". Mir gefiel sie vom ersten bis zum letzten Takt, was ich so nicht für möglich gehalten hätte. Jedenfalls viel besser als Donizettis "L'elisir d'amore", das als eine seiner besten Würfe gilt. Ist es fair, nur weil Rossini und Donizetti viel mehr Opern hinterlassen haben (dank längeren Lebens), Bellini als einzigen nur mit zweien vertreten sein zu lassen?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Rossini muss natürlich drin sein, besonders mit dem Barbier, aber auch Cenerentola ist sehr sehens-und hörenswert. Bei Bellini und Donizetti halte ich mich raus, obwohl mir der Liebestrank immer sehr gut gefallen hat.


    Da ich mit den meisten komischen Opern wenig anfangen kann, kenne ich auch die von Donizetti nicht besonders gut, mehr als zwei bis dreimal gehört habe ich die alle nicht. Deshalb habe ich auch keine Ahnung, ob nun der "Liebestrank" die beste von denen ist (hat die meisten Stimmen bekommen) oder doch die "Regimentstochter" oder der "Don Pasquale". Ich habe deswegen auch vorgeschlagen, eine der drei zur freien Auswahl in den Kanon aufzunehmen.


    Ich breche hier nochmal eine Lanze für Bellinis "I Capuleti e i Montecchi". Mir gefiel sie vom ersten bis zum letzten Takt, was ich so nicht für möglich gehalten hätte. Jedenfalls viel besser als Donizettis "L'elisir d'amore", das als eine seiner besten Würfe gilt. Ist es fair, nur weil Rossini und Donizetti viel mehr Opern hinterlassen haben (dank längeren Lebens), Bellini als einzigen nur mit zweien vertreten sein zu lassen?


    Darüber kann man natürlich diskutieren. Ich habe ja schon gesagt, dass ich Bellini und Donizetti gleichrangig sehe, so dass ich es auch vertretbar fände, drei Werke von Bellini aufzunehmen. Es ist aber nicht zu leugnen, dass es in der Popularität seiner Opern einen deutlichen Abstand zwischen "Norma" und den übrigen gibt, während sich bei Donizetti die "Lucia" und die drei komischen Opern "L’Elisir d’amore", "Don Pasquale" und "La fille du régiment" nach meiner Wahrnehmung allesamt einer dauerhaften Beliebtheit erfreuen. Ob das ein Spiegel der Qualität ist, darüber will ich kein Urteil wagen.


    Würdest Du "I Capuleti e i Montecchi" noch vor "La sonnambula" und "I Puritani" sehen, die beide mehr Stimmen bekommen haben?


    Rossini scheint mir insbesondere operngeschichtlich doch noch etwas wichtiger zu sein. Er war von enormen Einfluss auf die Entwicklung der italienischen Oper, wurde zu Lebzeiten als deren Erneuerer gesehen und war höchst populär in der ganzen Welt. Die oft zitierten Worte Stendhals geben einen Eindruck davon: "Napoleon ist tot; aber schon hat sich ein neuer Eroberer der Welt gezeigt: und von Moskau bis Neapel, von London bis Wien, von Paris bis Kalkutta ist sein Name ständig in aller Munde." Die komischen Opern Rossinis waren die ersten Stücke, die über längere Zeit fester Bestandteil des Repertoires blieben. Das gilt zugegebenermaßen nicht für seine ernsten Opern, die erst wiederentdeckt werden mussten und auch heute noch im Schatten der komischen stehen. Trotzdem finde ich es wichtig, diesen Teil seines Werkes zur Kenntnis zu nehmen, und die "Semiramide" ist da sicher eine gute Wahl. Immerhin war die Wiederaufführung dieser Oper 1990 an der MET, ungefähr 100 Jahre nach der letzten Aufführung, ein wichtiger Schritt im Rossini-Revival. Und am "Tell" führt sowieso kein Weg vorbei.

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  • Nach meiner unmaßgeblichen Meinung sollte man doch Donizetti und Bellini nicht zu unterschiedlich sehen.


    Ich persönlich finde die Puritaner deutlich stärker als die Norma. Letztere wird häufig auf die "Casta Diva" fokussiert, das ist seit der Callas ein Dauerbrenner. Die Puritaner bieten ähnliches, wie z.B. die Tenorarie "A te o cara" (für mich von Corelli am eindrucksvollsten interpretiert, obwohl man ihm lyrischen Gesang nicht zutraut), aber auch das Duett der beiden Baritone ist mitreißend, die Wahnsinnsszene der Elvira steht der der Lucia bei Donizetti in nichts nach. Die ganze Oper ist voller Dramatik, toller Ensembleszenen und ist trotz ihrer frühen Entstehung (1835) mehr als ein Vorgriff der 15 Jahre später einsetzenden Verdi-Manie. Für mich sind die Puritaner Bellinis stärkste Oper. Leider wurde er nur 34 Jahre alt.


    Ich würde also die Puritaner (trotz des wohl miserablen Librettos, aber wenn italienisch gesungen wird, ist mir das egal) im Kanon sehen wollen, ebenso die Norma, aber als dritte Oper die Capuleti ed i Montecchi. Und muß die Nachtwandlerin vor der Tür lassen.


    Von Donizetti mag ich die "komischen" Opern weniger. Auch er wurde ja nur 51 Jahre alt, die "Franzosenkrankheit" war damals sehr beliebt bei Künstlern. Da sehe ich die Lucia eindeutig vorn, aber wenn er schon 3 Opern bekommen soll, dann wären meine Favoriten Anna Bolena und Linda di Chamonix. Sicher steh ich unter dem Eindruck von Editha Gruberova, die ich in 5 Donizetti- und 3 Belliniopern live und zum Glück konzertant erleben durfte.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Rossini gehört wohl in den Kanon. Leider gefällt mir von seinen Opern keine so richtig, nicht einmal die Cenerentola und nicht der Barbier. Mir sagen die Koloraturen nicht zu, tut mir leid, nennt mich Banause oder sonst was. Natürlich gehört der Barbier in den Kanon, seine Beliebtheit muß ja Gründe haben. Mir persönlich gefällt allerdings Otello (vor Jahren in Weimar gesehen) etwas besser, auch Moses in Ägypten hat mich im Radio sehr beeindruckt. Tell habe ich nie erlebt, nur mein erstes Gewitter im Orchester habe ich mit der Tell-Ouvertüre im Rahmen eines Jugendkonzertes 1956 gehört.


    Beim Namen Rossini fallen mir zuerst mind. 10 Ouvertüren ein, immer nach dem gleichen Muster gestrickt, aber voller musikalischer Einfälle. Schon deshalb sollte er im Kanon seinen Platz bekommen.


    Herzlichst La Roche


    PS Ich betone, daß das meine persönliche Meinung ist und ich gönne es jedem, bei Rossini Vergnügen zu empfinden!!

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    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Würdest Du "I Capuleti e i Montecchi" noch vor "La sonnambula" und "I Puritani" sehen, die beide mehr Stimmen bekommen haben?


    Es ist keine Frage, dass "Norma" und "I Puritani" in der öffentlichen Wahrnehmung ganz vorne stehen. Sie wurden auch viel häufiger eingespielt. Die sind als gesetzt nicht zu hinterfragen. Allerdings würde ich noch für eine dritte Oper plädieren. La Roche hat es bereits wunderbar formuliert, daher zitiere ich ihn:


    Ich würde also die Puritaner (trotz des wohl miserablen Librettos, aber wenn italienisch gesungen wird, ist mir das egal) im Kanon sehen wollen, ebenso die Norma, aber als dritte Oper die Capuleti ed i Montecchi.


    Die Thematik der "Capuleti e i Montecchi" erscheint mir allemal spannender als die der "Sonnambula". Vielleicht könnten sich ja noch einige Bellini-Kenner zu Wort melden, bevor wir uns hier endgültig festlegen.

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    – Luís de Camões

  • Wenn man die zwei oder drei besten oder wichtigsten Werke von Bellini nennen will, gehört "Capuleti" da nicht rein. "Norma", "Puritani" und auch "Sonnambula" sind bedeutender - und das nicht nur, weil der "Romeo"-Stoff m.E. von einem gewissen Gounod noch einmal überzeugender vertont wurde.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Meine Erfahrung ist die, dass man Rossini auch leibhaftig sehen muss. Die Rossini-Reihe früher in Düsseldorf von Ponnelle hat das Publikum, mich eingeschlossen, in Verzückung versetzt. Der letzte Rossini, den ich gesehen habe, war die "Reise nach Reims" in Gelsenkirchen. Wir haben die Musik genossen und Tränen gelacht. Rossini nur über Lautsprecher als CD zu hören, das geht bei mir nicht, da springt der Funke nicht über. Bei Rossinis Musik mochte ich immer die Steigerung, das Tempo und die Ensemblesätze, drei Faktoren, zu denen ein anderer Komponist mir nicht einfällt.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • und das nicht nur, weil der "Romeo"-Stoff m.E. von einem gewissen Gounod noch einmal überzeugender vertont wurde.

    Da gebe ich Dir recht. Aber die Diskussion zur französischen Oper ist noch nicht eingeleitet.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Da gebe ich Dir recht. Aber die Diskussion zur französischen Oper ist noch nicht eingeleitet.


    La Roche


    Dass jemand anderes den Stoff einer Oper noch überzeugender vertont hat, sehe ich überhaupt nicht als Argument. Ganz abgesehen davon, dass wir dann auch Nicolais "Lustige Weiber von Windsor" nicht hätten nehmen dürfen.


    Halten wir fest: Bei Bellini mehren sich die Stimmen, die drei Opern von ihm im Kanon sehen wollen. "Norma" und "I Puritani" sind unumstritten, bei der dritten scheiden sich die Geister zwischen "I Capuleti e i Montecchi" und "Sonnambula". Wenn sich keine Einigung ergibt, müssen wir abstimmen.


    Bei Donizetti muss neben der "Lucia" eine der komischen Opern auf jeden Fall in den Kanon, ob man sie nun mag oder nicht. Welche der drei am häufigsten genannten (Liebestrank, Pasquale, Regimentstochter) das sein soll, dazu hat sich leider noch keiner geäußert.


    Die von La Roche bevorzugte "Linda di Chamonix" (eine Semiseria) hat deutlich weniger Stimmen bekommen, und ich sehe auch sonst keine Gründe, sie gegenüber diesen dreien zu bevorzugen.


    Ebensowenig hat sich jemand zu Donizettis französischen Opern geäußert. "La Favorite" haben Sixtus, Caruso41 sowie (in der italienischen Fassung) m.joho vorgeschlagen, den "Dom Sébastien" Joseph II...


    Bei Rossini habe ich zumindest keinen Protest gegen meinen Vorschlag gehört. Ich mag übrigens die Koloraturen-Feuerwerke bei Rossini auch nicht besonders, aber darum geht es ja hier nicht.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Lieber Bertarido!
    ich bin zwar wieder zu Hause, muss aber erste mal einige dringliche Arbeiten erledigen, die während meiner Abwesenheit liegen geblieben sind. Deshalb nur ganz kurz:

    Halten wir fest: Bei Bellini mehren sich die Stimmen, die drei Opern von ihm im Kanon sehen wollen. "Norma" und "I Puritani" sind unumstritten, bei der dritten scheiden sich die Geister zwischen "I Capuleti e i Montecchi" und "Sonnambula". Wenn sich keine Einigung ergibt, müssen wir abstimmen.


    Ich weiß nicht, ob unbedingt eine dritte Oper neben "Norma" und "I Puritani" aufgenommen werden muss. Wenn das aber gewünscht wird, würde ich für "Sonnambula" votieren.


    Bei Donizetti muss neben der "Lucia" eine der komischen Opern auf jeden Fall in den Kanon, ob man sie nun mag oder nicht. Welche der drei am häufigsten genannten (Liebestrank, Pasquale, Regimentstochter) das sein soll, dazu hat sich leider noch keiner geäußert.


    Donizetti hat viel geschrieben und da gibt es wunderbare Werke, aber keine seiner Opern halte ich für so bedeutend wie Bellinis "Norma" und "I Puritani". (Das könnte ich auch ausführlicher begründen, wenn das nötig wäre). Deshalb scheint es mir sinnvoll, von ihm nur zwei Werke in den Kanon aufzunehmen! Da sollte sicher die "Lucia" gesetzt sein! Dazu eine komische Oper. Das macht Sinn, weil die komischen Opern häufiger gespielt werden und einfach auch über weite Strecken inspirierter sind als die ernsten! Die "Fille du Régiment" ist eine typisch französische Oper und auf der Bühne sehr unterhaltsam! Ihre Musik aber finde ich nicht so genial wie die in den italienischen Opern "Pasquale" oder "L'Èlisir".
    Welche der beiden nun in den Kanon aufgenommen werden sollte, möchte ich offen lassen. Da habe ich keine stichhaltigen Kriterien für die eine und gegen die andere. Lass die Mehrheit entscheiden, aber nimm nicht beide!


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Lieber Caruso,


    vielen Dank für Deinen Beitrag zu Bellini und Donizetti, bei denen wir uns nun schon viel zu lange aufhalten. Allerdings hast Du mit Deinem Plädoyer, von diesen nur je zwei Opern aufzunehmen, die Sache auch nicht einfacher gemacht. Bevor ich einen Vorschlag mache, um das Thema dann hoffentlich abzuschließen: Könntest Du noch etwas zu Donizettis "La Favorite" sagen, die Du ja selbst nominiert hast?


    Und was hältst Du von der Rossini-Auswahl, die ich favorisiere?


    Rossini - Il barbiere di Siviglia - 14
    Rossini - La Cenerentola - 7
    Rossini - Semiramide - 2
    Rossini - Guillaume Tell - 11


    Das Interesse an Rossini scheint hier im Forum gering zu sein, jedenfalls gab es dazu außer von dr.pingel gar keine Stellungnahmen. Wer hätte das gedacht?

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.



  • Lieber Bertarido!
    Donizettis FAVORITE ist ein zugleich großartiges Werk und ein merkwürdig problematisches. Das hängt natürlich mit der besonderen Entstehungsgeschichte zusammen. Darauf kann ich HIER nicht eingehen. Von der Anlage her ist es eine Grand Opera aber Donizetti bringt in vielen Nummern etwas vom Belcanto des italienischen Melodramma ein. Das ist etwas Neues - und auch oft nicht immer überzeugend Vermitteltes bzw. Gelungenes. Aber genau das ist der Grund, warum ich das Werk in meinen Kanon aufgenommen hatte.
    LA FAVORITE ist gleichsam ein Werk an der Bruchlinie zweier Welten der Oper. An ihm kann man die je spezifischen Eigenheiten und Unterschiede dieser zwei Welten geradezu idealtypisch studieren. Und für die weitere Entwicklung der Gattung hatte LA FAVORITE einfach eine ungeheure Wirkung. Natürlich bis hin zu Verdi!!!
    Wenn Donizetti mit drei Opern vertreten sein kann, dann solle LA FAVORITE sicher die dritte sein.


    Deine Rossini-Auswahl ist überzeugend.
    Ob man allerdings vier Opern von ihm im Kanon haben sollte, weiß ich nicht recht. Nähme man nur drei, fiele wohl SEMIRAMIDE raus. Das ist ja gewissermaßen der Schlusspunkt der Opera Seria. Einfach die letzte der ganzen Gattung. Sollen wir die nicht im Kanon haben? Wäre schon schade. Andererseits ist eine Opera Seria zu der Zeit schon ein sonderbarer Anachronismus.


    Vielleicht sollten dazu noch mal andere Meinungen eingeholt werden?
    Beste Grüße
    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

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  • Vielleicht sollten dazu noch mal andere Meinungen eingeholt werden?


    Lieber Caruso, leider hat sich auch auf mehrfache Nachfrage niemand dazu geäußert. Daher wähle ich ich jetzt den Ausweg, in einer vorläufigen Liste wieder einmal Fragezeichen für die Werke zu verwenden, die später ggf. noch einmal zur Disposition gestellt werden. Dazu gehört dann auch Rossinis "Semiramide".


    Bei den komischen Donizetti-Opern hat der "Liebestrank" die meisten Nominierungen bekommen, also kommt dieses Werk mangels anderer Meinungsbekundungen in die Auswahl. "La Favorite" wird mit Fragezeichen aufgenommen.


    Und weil bei der mehrfach gewünschten dritten Bellini-Oper auch kein klares Meinungsbild zu erkennen ist, nehme ich auch hier die mit den meisten Nominierungen: "La sonnambula", ebenfalls mit Fragezeichen.


    Somit haben wir dann folgende vorläufige Liste:


    Rossini - Il barbiere di Siviglia - 14
    Rossini - La Cenerentola - 7
    Rossini - Guillaume Tell - 11
    Rossini - Semiramide - 2 (?)


    Bellini - Norma - 13
    Bellini - I Puritani - 6
    Bellini - La sonnambula - 5 (?)


    Donizetti - Lucia di Lammermoor - 12
    Donizetti - L’Elisir d’Amore - 10
    Donizetti - La Favorite - 3 (?)


    Als nächstes kommen dann wieder die Franzosen an die Reihe.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • (Zitat von Caruso) Deshalb scheint es mir sinnvoll, von ihm nur zwei Werke in den Kanon aufzunehmen! Da sollte sicher die "Lucia" gesetzt sein! Dazu eine komische Oper.




    Als ich das letzte Mal die Lucia in Duisburg gesehen habe, fand ich sie sehr lustig 8-) ("Vom Erhabenen zum Lächerlichen ist nur ein Schritt!"). :untertauch:

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Bevor wir uns mit Wagner und Verdi den beiden Giganten der Oper der Romantik widmen, machen wir noch einen Abstecher nach Frankreich. Dort hat sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, historisch zu verorten zwischen dem Sturz Napoleons und dem zweiten Kaiserreich, auch einiges auf dem Gebiet der Oper ereignet: Die Fortentwicklung der Opéra comique, die Entstehung der Grand opéra und als Solitär der nirgendwo so richtig einzuordnende Berlioz.


    XIII. Opéra comique


    Boieldieu - La dame blanche - 1
    Auber - Fra Diavolo - 4
    Adam - Le postillon de Lonjumeau - 3
    Thomas - Mignon - 2


    Thomas' „Mignon“ habe ich hier einsortiert, obwohl auch diese Oper lange Zeit in der italienischen Fassung mit Rezitativen statt gesprochener Dialoge und einem veränderten Schluss bekannter war als in der französischen Erstfassung.


    Im Kanon präsent sein sollten diese Werke sicherlich. Zwei halte ich dabei für angemessen. Die Zahl der Nennungen lässt hier noch Spielräume.


    XIV. Grand opéra


    Auber - La muette de Portici - 4
    Meyerbeer - Les Huguenots - 12
    Meyerbeer - Le Prophète - 5
    Meyerbeer - L’Africaine - 1
    Halévy - La Juive - 5


    Bemerkenswert, dass die „Hugenotten“ so viele Nennungen bekommen haben. Vielleicht ein Zeichen dafür, dass Meyerbeer, wie die Grand opéra allgemein, in letzter Zeit auch in Deutschland wieder mehr Aufmerksamkeit erfährt, was sich ja auch in der Zahl der Aufführungen widerspiegelt. Auch hier halte ich zwei Werke für angemessen, lasse mich aber gerne von den Experten eines Besseren belehren.


    XV. Berlioz


    Berlioz - Les Troyens - 12
    Berlioz - La Damnation de Faust - 1


    Noch erfreulicher als bei Meyerbeer finde ich die hohe Zahl der Nennungen bei „Les Troyens“, denn der Rang dieser Oper wurde lange Zeit nicht angemessen gewürdigt. Auch hier mögen die vermehrten Aufführungen in den letzten Jahren ihre Wirkung gehabt haben. Die anderen beiden „richtigen“ Opern von Berlioz, „Benevenuto Cellini“ und „Béatrice et Bénédict“, fristen hingegen noch ein Schattendasein und wurden überhaupt nicht nominiert


    „La Damnation de Faust“, vom Komponisten als „légende dramatique“ bezeichnet, ist ein Berlioz-typischer Zwitter, irgendwo zwischen Oper und Kantate angesiedelt und wahrscheinlich öfter im Konzertsaal aufgeführt als szenisch im Opernhaus. Ist das Werk für die Kunstform Oper so wichtig, dass es in einem Kanon vertreten sein muss? Ich meine nicht.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • "Faust" ist mein Lieblingswerk von Berlioz und ich halte es für eines seiner besten Stücke (wobei ich zugeben muss, Les Troyens nur oberflächlich, die anderen Opern gar nicht zu kennen), aber ich sehe es auch nicht unbedingt im Opernkanon, da es nun einmal keine szenisch gedachte Oper ist. Keine Meinung zu den anderen Stücken, von denen ich praktisch nichts (bzw. höchstens einzelne Arien) kenne, wobei ich von der "Weißen Dame" letztes Jahr im Theater eher positiv überrascht gewesen bin.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Die Auflistung ist sehr gut und breit gefächert. :hail:


    Ich nehme mal stark an, dass Gounods "Faust" (1859) später noch folgen wird, da Du ja die Zeitspanne von 1815 bis 1852 abdecken wolltest (wobei "Les Troyens" mit 1858 und "L'Africaine" mit 1865 ja eigentlich zeitlich auch bereits im Second Empire entstanden - auch wenn ich schon verstehen kann, wieso sie bereits jetzt aufgeführt wurden).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich nehme mal stark an, dass Gounods "Faust" (1859) später noch folgen wird, da Du ja die Zeitspanne von 1815 bis 1852 abdecken wolltest (wobei "Les Troyens" mit 1858 und "L'Africaine" mit 1865 ja eigentlich zeitlich auch bereits im Second Empire entstanden - auch wenn ich schon verstehen kann, wieso sie bereits jetzt aufgeführt wurden).


    Stimmt, da habe ich nicht genau hingeschaut. Die Grenzen sind ja doch immer etwas willkürlich. Gounod kommt natürlich noch, zusammen mit Saint-Saëns, Bizet, Massenet. Aber jetzt warte ich erst einmal auf weitere Kommentare zu diesen Werken.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Mein Senf zu den zuletzt genannten 3 Gattungen:


    Bei allen 3 Gattungen fällt mir mangels praktischer Erfahrungen schwer, eine Einstufung vorzunehmen. Jeder Opernfreund kennt die Arie "Komm, oh holde Dame", ob nun mit Traxel oder Simoneau, Rosvaenge habe ich oft gehört, später den für mich besten Tenor in dieser Rolle, Fritz Wunderlich. Aber reicht diese eine Arie zur Aufnahme in den Kanon? Wer hat die weiße Dame schon live gesehen, oder per Fernseher? Eine sicher schöne Oper. Aber Fra Diavolo oder den Postillion würde ich vorziehen und eigentlcih nur diese beiden einbeziehen wollen.


    Ist Mignon eigentlich eine Opera comique? Ich weiß es nicht. Thomas hat 2 Fassungen geschrieben, in der späteren davon läßt er Mignon sogar sterben, nicht komisch. Aber musikalisch würde ich sie vor den Postillion placieren. Nicht nur wegen der blühenden Zitronen und der Titaniaarie. Sie bietet auch schöne Duette. Und schließlich geht es um Goethe, unseren Größten!!


    Mit Meyerbeer kann ich nicht so dienen, habe aber die Hugenotten und die Afrikanerin gesehen, und den Propheten gehört. Seine Bedeutung für die französische Oper ist unbestritten, manchmal könnte man bedauern, daß er nicht in Deutschland geblieben ist. Er war überaus erfolgreich, leider die Jahre bis etwa 2000 vernachlässigt. Die Wiederentdeckung der Afrikanerin unter dem Titel Vasco da Gama in Chemnitz hat mich nicht begeistert, es wäre besser gewesen, einige Kürzungen vorzunehmen. Die Aufführung erreichte Wagnersche Längen, und das Publikum war "nicht amüsiert" , so daß am Ende deutlich weniger Zuschauer im Saal saßen als zu Beginn. Das muß keine Wertung sein. Ich würde aber die Hugenotten reinnehmen, und die Stumme von Portici (wobei ich mich fragen muß, ob das nun wieder eine Grand Opera ist). Die Jüdin hat herrliche Musik, ich kenne sie aber als Gesamtwerk nicht, also lasse ich sie raus.


    Bei Berlioz ist Fausts Verdammnis bei mir vorn. Die Trojaner sind mir zu lang, sie wurde ja auch oft in 2 Abende geteilt. Ich habe mir vor Kurzem Benvenuto Cellini ansehen wollen (kam irgendwann nachts, hatte sogar aufgenommen), aber mich hat die Inszenierung so abgestoßen, daß ich die Löschtaste bestätigt habe. Wikipedia bezeichnet die Oper als Opera comique. Für mich gehört sie nicht in den Kanon.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Na ja, Opéra comique bedeutet doch m. W. erstmal nur, dass statt Rezitativen Dialoge verwendet werden. Cherubinis "Médée" ist formal gesehen eine Operá comique, aber alles andere als komisch. Man sollte sich nicht von diesem Begriff täuschen lassen.


    "La Dame blanche" gehört m. E. auf jeden Fall hinein, weil sonst Boieldieu gar nicht im Kanon enthalten ist, was mir angesichts der starken Präsenz anderer Komponisten unangemessen erschiene. Ein Bekannter hat diese Oper sogar vor einiger Zeit tatsächlich live erlebt und war sehr angetan. Wikipedia schreibt: "gilt als eine der wichtigsten französischen Opern".


    Und ja, "La Muette de Portici" gilt sogar gemeinhin als die erste Grand Opéra (1828).


    Bei Thomas könnte man neben der nominierten "Mignon" sogar auch an den "Hamlet" denken. Der wurde allerdings scheinbar überhaupt nicht genannt. Was sagen die Experten?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Bei Thomas könnte man neben der nominierten "Mignon" sogar auch an den "Hamlet" denken. Der wurde allerdings scheinbar überhaupt nicht genannt. Was sagen die Experten?

    Ich kenne den "Hamlet" von Thomas gar nicht, werde ihn mir aber ansehen, wenn er in der übernächsten Spielzeit an der Deutschen Oper Berlin kommt.
    "Mignon" habe ich ein paar Mal gessehen und schätze diese Oper sehr. Thomas muss sicherlich nicht zwei Mal auftauchen, sondern wie Boieldieu ("Weiße Dame", die mich live nicht vom Hocker gehauen hat) und Adam (mit dem "Postillon") nur einmal. Die beste komische Oper Frankreichs ist für mich ganz klar "Fra Diavolo" von Auber, dem Großmeister der Opéra comique", der mit der "Stummen von Portici" in der Tat die erste bedeutende Grande Opéra geschaffen hat. An beiden Werken kommt man nicht vorbei, ebenso wenig an Halevys "Jüdin" und mindestens zwei Opern vom epochalen Meyerbeer: "Hugenotten" sind Pflicht, ansonsten noch dazu "Prophet" oder "Vasco". "Dinorah" hat zwar auch was, für dieses Genre ist Meyerbeer aber nicht repräsentativ, er steht wie kein zweiter für die Grande Opéra.
    Die hier von Johannes erwähnten Trojaner haben mich (2x) in der Deutschen Oper Berlin beeindruckt, weshalb ich mir jetzt Karten für die Premiere an der Semperoper Dresden besorgt habe. Für mich ist das schon eine der zehn wichtigsten französischen Opern.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Na ja, Opéra comique bedeutet doch m. W. erstmal nur, dass statt Rezitativen Dialoge verwendet werden. Cherubinis "Médée" ist formal gesehen eine Operá comique, aber alles andere als komisch. Man sollte sich nicht von diesem Begriff täuschen lassen.


    Genauso ist es gemeint. Die Gattungsbezeichnung Opéra comique lässt sich nur historisch verstehen, von ihren Ursprüngen in den volksnahen Vaudevilles und der Etablierung als Oper der Bürger, denen nur das "Komische" blieb, weil die ernste Tragédie lyrique die Oper des Adels war. Die Stoffe haben sich im Laufe der Zeit immer wieder verändert, waren aber nie auf das Komische beschränkt. Formal ist die Opéra comique dadurch gekennzeichnet, dass sie gesprochende Dialoge hat und in Paris im gleichnamigen Opernhaus aufgeführt wurde.


    Die bekannteste Opéra comique ist eine handfeste Tragödie: Carmen!

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

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