Monteverdis großer Nachfolger: Cavalli

  • Lieber Bertarido, du weißt gar nicht, was du da gemacht hast, denn die DVDs, die du da vorgestellt hast, habe ich alle noch nicht, ich bin eher bei CDs gut bestückt.
    Was du gemacht hast: ich werde sehr viel Geld ausgeben! Und ich habe schon die Weihnachtsgeschenke für mich! Also tausend Dank!
    Übrigens, kennst du schon das Verdikt von René Jacobs, ja auch ein großer Cavalli-Kenner. Er sagte, dass Cavalli der letzte anständige Opernkomponist war, bevor die Pest begann, in der Oper zwischen Arien und Rezitativen zu trennen. Und das stimmt ja tatsächlich, wie elegant bei Cavalli die Übergänge sind. Noch ein seltsamer Gedanke: das Verhältnis von Monteverdi zu Cavalli scheint mir dasselbe zu sein wie zwischen Verdi und Puccini. Zum Schluss: "Pur ti miro" ist wahrscheinlich von Cavalli. Auf der von mir vorgestellten DVD von Christina Pluhar wird das gesungen von Nuria Rial und Philippe Jaroussky.


    Nun habe ich ein schlechtes Gewissen wegen Deines Geldbeutels. ;)


    Die Calisto-Aufführung mit Rene Jacobs gibt es natürlich auch auf DVD, die hatte ich noch vergessen:



    Die sich nach Cavalli herausbildende Opera seria mit ihren Secco-Rezitativen würde ich nicht so kritisch beurteilen wie Rene Jacobs. Allerdings finde ich es ziemlich langweilig, Rezitativen nur zuzuhören - ein Grund, warum ich Opern selten auf CD höre. Wenn sie auf der Bühne von einer entsprechenden Interaktion der Figuren begleitet werden, können sie sehr spannend sein.


    Eine Neuentdeckung für mich in der letzten Zeit waren übrigens Lully und andere Komponisten der Tragédie lyrique, auch wunderschön. Cavallis Versuch, in Paris mit Ercole amante zu reüssieren, hat mich allerdings nicht vollauf überzeugt, Lully hat dazu ja einige der obligatorischen Ballette beigetragen. Aber vielleicht liegt es auch an der auf der DVD gezeigten Aufführung, dass diese Oper mich am wenigsten gepackt hat. Ich bin gespannt, wie Du als Experte diese Aufnahmen beurteilst.


    Auf jeden Fall sind in der Oper dieser Epoche noch viele Entdeckungen zu machen :jubel:

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Wo du Lully erwähnst: die französische tragédie lyrique ist auch frei von den Seccorezitativen und kann einen süchtig machen. Hier empfehle ich neben Lully die Opern von Rameau. Meine Lieblingsoper ist da "Zais" (auf dem i ist ein Trema), eine Oper in der René Jacobs singt und Gustav Leonhardt dirigiert. Deine Idee mit den Seccorezitativen (gut, auch zu sehen, schlecht, nur zu hören) finde ich sehr einleuchtend. Ich habe das so praktiziert, dass ich mir von "Zais" eine eigene, rezitativlose Fassung hergestellt habe.
    La Calisto als DVD habe ich auch, aber sie scheint vergriffen zu sein. Vor langer Zeit wurde "La Calisto" in Gelsenkirchen gezeigt, in einer großartigen Aufführung unter Samuel Bächli. Leider folgte darauf kein Cavalli mehr. "Ercole amante" ist so schlecht nicht, ich habe da eine CD unter der Leitung von Michel Corboz, mit sehr guten Sängern, etwa den dänischen Bassisten Ulrik Cold, mal ein richtiger Bass und nicht nur ein vorgetäuschter. Ich frage mich übrigens nach jedem Anhören von La Calisto, wieso Marcello Lippi, der den Giove singt, nicht ein in der ganzen Welt berühmter Bassbariton ist, der Figaro und Giovanni besser singt als viele, die es heute tun.
    In den 70ern gab es in Düsseldorf eine Cavalli - Reihe, in der vor allem der "Ormindo" in einer sehr ansprechenden Aufführung vorgestellt wurde. Auch diese Reihe wurde leider nicht fortgesetzt.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Wo du Lully erwähnst: die französische tragédie lyrique ist auch frei von den Seccorezitativen und kann einen süchtig machen. Hier empfehle ich neben Lully die Opern von Rameau.


    Der Sucht bin ich bereits verfallen, aber zum Glück führt diese zu keinen körperlichen oder geistigen Schäden, sondern zu vielen beglückenden Erlebnissen. Rameau mag ich auch sehr, seine Opern werden ja erfreulicherweise in der letzten Zeit immer mal wieder aufgeführt. Leider war es mir noch nicht vergönnt, einer solchen Aufführung beizuwohnen. Obwohl ich mich damit wahrscheinlich ins musikgeschichtliche Abseits stelle, bekenne ich allerdings, dass mir Lully noch mehr am Herzen liegt als Rameau. In diesem Thread, der vom Lullisten erstellt wurde, darf man das wohl sagen. Aber eigentlich soll es ja hier um Cavalli gehen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Im Moment gibt es im Tamino-Hauptprogramm (Oper, Italien, 19. Jahrhundert) mal wieder ein Thema, das versucht Drama und Belcanto zu vereinbaren. Der Urvater der Belcanto-Oper ist natürlich hier unser Schutzpatron, Cavalli, der aber aus diesem Thema ausgeschlossen wurde. Das ist so, als wenn man im Alten Testament die Väter wie Isaak, Jakob und Josef bespricht, aber Abraham einfach ignoriert.
    Da ist es ein Glück, dass der Biograph von Cavalli, Olivier Lexa (sein Buch ist bei Amazon zu haben), eine wunderbare Beschreibung der Cavallischen Musik abgibt, die all das ausdrückt, was ich auch angesichts von Cavalli-Musik empfinde und angesichts derer ich Komponisten wie Donizetti, Bellini, Giordano, Alfano und Cilea als sehr zweitrangig empfinde. Der Text ist meiner momentanen Cavalli-Lieblings-CD und DVD, "L´Amore innamorato" von Christina Pluhar entnommen.
    "Mit seinen kurzen Arien, die auf Anhieb verzaubern und seiner unnachahmlichen Kunst des Rezitativs war er einer der wenigen Musiker des Seicento, die in einem ihnen eigenen, sofort erkennbaren Stil komponierten. Die Flüssigkeit, die sein Markenzeichen ist, die verblüffende Leichtigkeit, mit der er vom recitar cantando über das arioso zur aria übergeht, aber auch die tragische Grundstimmung in den urkomischsten Szenen in ein und demselben Werk führten dazu, dass seine Musik dem Theater nie hinderlich war..."
    "Seine atemberaubenden lamenti über ostinatem Bass inspirierten zahlreiche Komponisten, darunter Purcell in seiner berühmten Arie Didos "When I am laid in earth". Die Schlummerszenen (Atys von Lully), Höllenszenen (Rameau), die Arien mit Trompete (Händel) und, über die Barockzeit hinaus, der Buffo-Diener (Leporello), die Travestie (Cherubino), das Liebesduett (Tristan und Isolde), die Wahsinnszene (Lucia di Lammermoor), die Briefszene (Tatjana in Eugen Onegin), die Anrufung dunkler Mächte (Ulrica im Maskenball) - all das geht auf Cavalli zurück.

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    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Ich bin noch einmal durch dieses ganze Thema gegangen und habe festgestellt, dass Cavalli bis 2010 hier im Forum eine größere Bedeutung als heute hatte. Die Verfasser sind aber fast alle mit dem kleinen gelben Schloss versehen. Soweit ich sehe, sind wir hier zu dritt: außer mir noch William (William: wo bist du nicht? Wann schläfst du 8-) ?) und Bertarido, deren Beiträge ich auch sonst sehr schätze.
    Der Anlass dieses Textes ist meine Beschäftigung mit der DVD der "Calisto", die ich aber kaum noch in Erinnerung hatte.



    Diese Aufnahme von René Jacobs mit Maria Bayo und Marcello Lippi habe ich auf einer Spanienreise mitgenommen und 4 Wochen immer gehört. Mein Eindruck dieser CD war, dass es sich um eine opera seria handelt. Der Grund: Cavalli-Biograph Olivier Lexa sagte sinngemäß, dass Cavallis atemberaubende Lamenti über einen ostinaten Bass viele spätere Komponisten inspiriert hat. Das hat mich hellhörig gemacht, und in der Tat, diese Lamenti finden sich in allen Opern Cavallis. Und die Königinnen, die das herzzerreißend singen, heißen Maria Bayo, Nuria Rial und Hana Blazikowa. Von den Sängern hat mich vor allem Marcello Lippi überzeugt, vor allem sein samtweicher Bass, dazu auch, dass er ganze Partien im Falsett singt (also Sopran), weil er sich in Diana verwandelt hat. Bei den Sängern gab es praktisch keinen Ausfall, und das Orchester spielte lebendig und farbenreich.



    Von der DVD war ich verblüfft; die Sänger waren in etwa geblieben, aber sie sangen deutlich schlechter und angestrengter als auf der CD; besonders galt das für Marcello Lippi. Nur Maria Bayo hatte ihre Form gehalten. Nachdem ich das "making of" gesehen hatte, war mir klar, dass es an der Inszenierung lag. Diese war beileibe überhaupt kein Regietheater, aber es war eine commedia dell´arte, um nicht zusagen ein Opernzirkus. Immer flitzen irgendwelche malerisch kostümierte Personen über die Bühne. Im "making of" konnte man sehen, dass Wernicke, der Regisseur, das Werk auf drei Ebenen angesiedelt hatte: Unterwelt, Erde, Himmel. Und die Sänger waren die ganze Zeit im Laufschritt unterwegs, hin und her, hoch und runter. Marcello Lippi wirkte sehr angestrengt. Außerdem sagte er: "Ich muss hier alles singen außer meinem angestammten Bariton!" (Die Rolle des Giove weist ihm tiefe Basstöne und Falsettsoprantöne zu).
    Im Interview sagten Wernicke und René Jacobs, dass sie in dieser Oper den Schwerpunkt auf das Spiel gesetzt hätten, die Musik sei zweitrangig. Diese Einstellung hat nach meiner Meinung dazu geführt, dass "mein" Cavalli, der melancholische, weniger Gewicht hatte als der turbulente.
    Eine Diskussion, die auch Jakobs und Wernicke kurz streiften, ist der alte Streit über "prima la musica e poi le parole". Bei Wernicke war es klar: erst Text und Spiel, dann die Musik. Ich war sehr erstaunt, dass das René Jacobs so mitgemacht hat. Und darum ist meiner Meinung nach die CD besser gelungen als die DVD!
    Nachbemerkung: das booklet der DVD ist eine Meisterleistung, sowohl von den Bildern her wie vom Layout.
    Ein Cavalli-Liebhaber muss natürlich beides haben, wobei die DVD schon mal 150 Dublonen kostet.

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    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

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  • Ich muß zu meiner Schande gestehen, daß ich Cavalli bislang dem Namen nach kannte, aber da mein Archiv an Barockopern sich nur auf das Allerallernotwendigste beschränkt (Liebhaber der Barockoper werden die Nase rümpfen und sagen sagen: "Nicht mal das"), ist es dabei geblieben. Da ich im Moment dabei bin, auszuloten wie interessant der Bereich "frühe, neue, Ranaissance- und Barockmusik für die Forianer und allfällige zukünftige Mitglieder sein könnte, bin ich auf diesen Thread gestoßen und habe soeben Musik aus Cavallis Opern erstmals bewusst gehört. Für Oktober ist mein Kontingent an neuen CDs bereit nicht nur erfüllt, sondern um den Faktor 2 überzogen. Daher wird meine erste CD mit einer Cavalli Oper (den DVDs traue ich nicht so recht, es könnten moderne Inszenierungen sein) im November mitbestellt. Aller Voraussicht nach wird es die in Beitrag Nr 1 vom Lullisten gelobte aber als als gestrichen gemeldete Aufnahme von "Giasone" sein. Ich hoffe, meine Begeisterung wird sich in Grenzen halten, sonst werde ich der Armut anheimfallen. 30 Opern sind angeblich überliefert, wie viele davon in brauchbarer Qualität aufgezeichnet wurden ist eine weitere Frage.



    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred, ich habe nicht schlecht gestaunt, als heute morgen deinen Beitrag gelesen habe. Aber natürlich hat es mich total gefreut. Für Cavalli schlage ich dir folgendes vor.
    Zum Kennenlernen würde ich dir als Einstieg diese CD empfehlen:



    Du bekommst einen gewissen Überblick, vor allem aber hörst du dich in den spezifischen Cavalli-Ton ein. Den treffen René Jacobs und die Sopranistinnen Nuria Rial und Hana Blazikova ganz wunderbar. Wir wissen ja, dass große Komponisten ihren spezifischen Ton haben, jedenfalls kenne ich den von Schütz, Bach, Brahms, Mahler und Janacek (und noch ein paar mehr).
    Ich empfehle dir übrigens die deLuxe-Ausgabe mit der DVD, die noch eine großartige Geschichte von L´Arpeggiata enthält. Auf der DVD sind auch einige Cavalli-Stücke drauf; man sieht das ganze reiche Instrumentarium und sieht, wie wunderbar die beiden Solistinnen sich da einfügen.


    Als nächstes solltest du dir "La Calisto" vornehmen, und zwar die CD, nicht die DVD. Über die Gründe habe ich ja oben geschrieben. Die Musik bei Cavalli reicht erstmal.
    Danach wäre der "Giasone" dran. Zu diesem Werk liegt demnächst was in deinem Briefkasten.

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    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Von der DVD war ich verblüfft; die Sänger waren in etwa geblieben, aber sie sangen deutlich schlechter und angestrengter als auf der CD;


    Lieber Dottore, vielen Dank für die aufschlussreiche vergleichende Besprechung. Da ich nur die DVD besitze, habe ich aufgrund des gleichen Covers bislang angenommen, dass es sich bei der CD um dieselbe Aufnahme handelt und stelle nun verblüfft fest, dass dem nicht so ist. Trotz der offenbar besseren sängerischen Leistungen werde ich mir allerdings die CD nicht auch noch zulegen, weil ich Opern nicht ohne Bild hören mag.


    Deine Einschätzung der Callisto-Inszenierung teile ich, mir ist sie zu zirkushaft. Die Inszenierungen bei den anderen hier vorgestellen DVDs gefallen mir besser.


    Eine (hoffentlich) gute Nachricht für Cavalli-Liebhaber: das Glyndebourne Festival zeigt 2017 eine Neuproduktion von "Hipermestra", William Christie wird das Orchestra of the Age of Enlightenment dirigieren, Regisseur ist Graham Vick. Mir ist dieses Werk völlig unbekannt, umso mehr freue ich mich darauf. Vielleicht wäre das ja auch etwas für Dich, lieber Pingel. Karten könnte ich besorgen, als Mitglied der Glyndebourne Society habe ich ein Vorkaufsrecht (aber auch nur zum vollen Preis).


    Hat übrigens jemand eine Aufführung von "Veremonda" bei den diesjährigen Schwetzinger Festspielen bzw. danach in Mainz gesehen? Mir schien das kein großer Wurf gewesen zu sein, aber aus der Ferne lässt sich das natürlich nicht valide beurteilen.

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  • Lieber Bertarido, ich freue mich über jeden Cavalli-Kenner.
    Ich weiß nicht, ob du TZI-Methode kennst. Dort werden die Menschen nach Typen eingeteilt. Der erste Typ ist der visuelle Typ, der natürlich das Theater braucht. Dann gibt es den haptischen Typ, der alles "be-greifen" muss, um zu begreifen. Dann der dritte Typ, das ist der auditive, der die Welt durchs Ohr vernimmt. Dieser Typ ist der seltenste, aber ich gehöre dazu, und daher muss ich für die Oper kein Bild haben. Ich stamme aus Düsseldorf und kann natürlich noch perfekt Rheinisch hören und sprechen. Es geht aber noch weiter: ich kann fast jeden deutschen Dialekt sofort hören, und im Rheinland kann ich hören, ob die Leute aus Düsseldorf, Köln, Bonn, Aachen oder Wuppertal kommen. Das Auditive hat mich immer befähigt, in Vokalensembles zu singen, obwohl meine Künste, vom Blatt zu singen, bescheiden sind. Aber ich höre genau von meinem Nebenmann und speichere das dann im Gehirn ab.
    Nach Glyndebourne kann ich aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen; aber vielleicht gibt es hinterher eine DVD,

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    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Lieber Bertarido, ich habe mir jetzt noch einmal die Audio-CD von "La Calisto" angehört. Es ist eine ganz andere Oper, erheblich besser als der Zirkus auf der DVD. Einen Regisseur, der auf diese Art durch seine Inszenierung die Musik verdunkelt, darf man trotz gelungener Einzelheiten getrost als Stümper bezeichnen. Auch René Jacobs hat bei der DVD versagt. Er müsste dafür sorgen, dass die Sänger ihren Part in Haltungen abliefern, die dem Singen nicht abträglich sind. Im making of konnte man sehen, wie die Sänger im Laufschritt durch drei Stockwerke hetzten. Vor allem Marcello Lippi, der das auch ziemlich deutlich kritisiert, konnte sich nicht so entfalten wie auf der CD.
    Wenn ich dir eine mp3 von der Audio-CD schicken soll, versuch über Alfred oder William oder Gerhard meine E-Mail-Adresse herauszukriegen!

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    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

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  • Die von mir mehrfach vorgestellte CD+DVD (z.B. in Beitrag 37) hat einen Vorläufer in einem Konzert in Utrecht, das bei YouTube in ganzer Länge zu sehen ist. Die 2. Sopranistin neben Nuria Rial wird nicht genannt, sie ist auch auf der CD durch Hana Blazikova ersetzt worden (wobei sie durchaus nicht schlechter war).

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    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)


  • Diese relativ neue Cavalli-CD ist von La Venexiana unter Claudio Cavina, was immer eine Empfehlung ist. Verglichen mit der Cavalli-CD von L´Arpeggiata würde ich bemerken, dass Christina Pluhar mehr Zupfinstrumente einsetzt, was den Klang reicher macht. Bei Cavina fällt mir auf, dass das Cello im Orchester zu stark ist. Die Sopranistin Giulia Semenzato ist sehr gut, erreicht aber nicht die Klasse von Hana Blazikova oder Nuria Rial. Ein großartige Überraschung ist der junge Counter Raffaele Pe. Dieser Sänger wird in Carusos thread Neue Stimmen ausführlich vorgestellt. Die Auszüge aus den Opern haben mich ins höchste Entzücken versetzt, weil sie aus Opern Cavallis stammen, die ich noch nie gehört habe.
    In meinem Thema Bellezza werde ich aus dieser CD einige Stücke vorstellen.
    Noch eins: sehr sorgfältig und fantasievoll ist das Booklet gestaltet. Fotos der Mitwirkenden, ein Essay des Cavalli-Biographen Olivier Lexa und alle Texte in Italienisch und Englisch. Eine perfekte CD!

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    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Noch eins: sehr sorgfältig und fantasievoll ist das Booklet gestaltet. Fotos der Mitwirkenden, ein Essay des Cavalli-Biographen Olivier Lexa und alle Texte in Italienisch und Englisch. Eine perfekte CD!

    Die Hervorhebung ist von mir, denn deswegen muss ich widersprechen, wenngleich es ohne Folgen bleiben wird. Folgen für den deutschen Markt, meine ich. Es gibt offensichtlich keine Lobby für deutschsprachige Musikliebhaber. Immerhin beherrschen nicht alle eine Fremdsprache und viele (ich gehe da in meinem Bekanntenkreis gedanklich herum) sind nicht mehr fit darin.


    :no:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Die Hervorhebung ist von mir, denn deswegen muss ich widersprechen, wenngleich es ohne Folgen bleiben wird. Folgen für den deutschen Markt, meine ich. Es gibt offensichtlich keine Lobby für deutschsprachige Musikliebhaber. Immerhin beherrschen nicht alle eine Fremdsprache und viele (ich gehe da in meinem Bekanntenkreis gedanklich herum) sind nicht mehr fit darin.


    :no:


    Den gleichen Einwand könnten nun die französisch- und spanischsprachigen Musikliebhaber vorbringen, lieber musikwanderer, von Niederländern, Portugiesen, Dänen, Polen, Tschechen, Ungarn u.v.a. ganz zu schweigen. Die Übersetzungskosten für 1-2 Seiten Text dürften kaum ins Gewicht fallen, die Honorare für Übersetzer sind- leider - erbärmlich niedrig. Aber kein Label wird es sich leisten können, für jedes Land ein anderes Booklet zu produzieren, und die Texte auch nur in den zahlenmäßig wichtigsten Sprachen abzudrucken, würde das Booklet zu dick und wohl auch zu teuer machen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Lieber musikwanderer, wenn du in deinem Bekanntenkreis keinen findest, der Englisch kann, musst du mich vergessen haben.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

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  • Ich kenne alle diese Argumente, ich habe die Ausflüchte über die Kosten wirklich versucht zu verinnerlichen, aber ich akzeptiere sie nicht. Ich gönne aber allen anderen hier gerne i h r e Meinung. Und, an Dich, lieber Dottore, gerichtet, schreibe ich, dass ich natürlich keinem meiner Bekannten (eine gute Bekannte ist nach vierzig Jahren England ins "Rautenreich" zurückgekommen und würde mir [vielleicht] helfen) eine solche Arbeit zumuten würde. Schön fände ich es, wenn man neben Englisch, wie früher üblich, auch Deutsch, Französisch und Italienisch bringen würde.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Lieber musikwanderer, wenn du in deinem Bekanntenkreis keinen findest, der Englisch kann, musst du mich vergessen haben.


    Na, lieber Dottore, wenn Du englisch kannst, dann will ich Dir mal eine Frerunde machen und diese Information weiterleiten:




    A theatrical feast:
    Cavalli's Hipermestra opens the 2017 Glyndebourne Festival



    On 20 May, Glyndebourne will be staging a true theatrical feast: the grandest and most spectacular opera of its era, by one of the most important composers in the history of opera. But you have almost certainly never heard of Hipermestra: this is only its second production since it was composed over 350 years ago, and its second outside Italy. How can this be?


    Perhaps the reasons go back to 5 October 1690, in a wood on the Janiculum hill in Rome, where a group of art and literary critics and theorists held their first meeting. Calling themselves the Accademia degli Arcadi, they set out on a mission to purify and rationalise the arts, in the course of which they were a major influence on the development of opera seria – opera that was expected to transmit noble sentiments from the ancient Greek and Roman poets. Dramatic opera would not recover its full variety and vivacity for another century.


    The Arcadians’ prime target was the opera of the carnival seasons in Venice, pioneered by La Serenissima’s most successful composer/impresario: Francesco Cavalli.


    For opera’s first decades, the compositions of Iacopo Peri, Claudio Monteverdi and others had been performed in the palaces of the nobility. That all changed in Venice in February 1637, when the Teatro San Cassiano presented Andromeda, performed by a small company of (mainly Roman) emigrés headed by the poet Benedetto Ferrari. Cavalli, a pupil of Monteverdi and the only opera composer of his age to also become a successful impresario, saw that the new art form could be brought to a broader public. Two seasons later, Cavalli’s first opera Le nozze di Teti e di Peleo opened at the San Cassiano.


    In a period when the Counter-Reformation was bringing the moralistic shutters down over Europe, the Venice Carnival was a haven of unbridled naughtiness. Lasting from St Stephen’s Day (26 December) until midnight on Shrove Tuesday, people were permitted to wear the now-famous carnival masks, which gave cover for all manner of bad behaviour – namely wine, women and song. Cavalli and his peers provided the musical backdrop, fluidly mixing song with speech, comedy with tragedy. Commedia dell’arte characters and themes abound – the foolish old man, the old nurse, the young squire with the chambermaid – mixing with figures from ancient history and myth.


    Yale University’s Ellen Rosand, who has made a life’s work of Cavalli and is currently part way through a giant critical edition of 14 of his 27 extant operas, argues that Cavalli invented opera as we know it today. Under the commercial pressure of churning out one or more operas each season, he regularised the relationship between composer and librettist. Jane Glover, one of the great conductors of Cavalli, agrees, stating him as a pioneering figure in the development and expansion of the aria, where the world stops for characters to express their feelings, a form which earlier operas had only used sparingly. He popularised the three act structure (introductions, entanglements, resolution), eschewing the lengthy prologues and epilogues that featured so strongly in court performances. He expanded the use of the lament on a descending four chord sequence, which became immensely popular; he introduced into opera the commedia dell’arte relationships between comic servants and their masters. Purcell’s Dido, with her lament “When I am laid in earth”, is a spiritual heir of Cavalli; so are Figaro, Susanna and Leporello.


    In many ways, Hipermestra follows the formula that Cavalli developed through his career. The plot is one of Greek mythology’s customary “trying to avoid a prophecy is a bad idea” stories: King Danao commands his fifty daughters to kill their husbands on their wedding night; all comply except for Hipermestra. There is plenty of predicament and despair, but lightened by plenty of comedy – and the happy ending that was obligatory for Venetian opera of the time.


    However, Hipermestra is on a larger scale. It’s one of the few Cavalli operas that he did not produce himself, having been commissioned outside Venice for what was essentially a royal command. By the 1650s, Cavalli was at the very top of his profession, achieving what Glover describes as “a near-perfect union of music and drama” and his reputation stretched across Italy. The Florentine Cardinal Giovanni Carlo de’ Medici commissioned the poet Giovanni Andrea Moniglia to write a festa teatrale (a larger scale work than the usual dramma per musica, with more lavish staging and extensive dance elements); the libretto was sent to Cavalli and the ensuing work was eventually performed in 1658 in celebration of the birth of the Prince of Spain. The Florentines were delighted by what Cavalli offered: when he received the first act, the castrato Atto Melani wrote to the Medicis that “this is truly miraculous music… the music of this first act is so beautiful that no-one who has heard it has been able to stop singing its praises”. Later, Cavalli’s fame spread to the point where he was invited to Paris to write an opera for the highest profile event of all, the 1660 wedding of Louis XIV and Maria Theresa of Spain.


    So why has this opera – both historically important and, by all accounts, thrilling both musically and dramatically – been sitting for all these years in Venice’s Biblioteca Nazionale Marciana, untouched and unperformed?


    Initially, there was the effect of the Arcadians: a shift in fashion in opera and other art away from the licentiousness and loose fun of the Venetian style. But opera has always been subject to the shifting sands of fashion and other changes were extensions of trends that Cavalli and his peers had started. Increasingly, arias became used as a vehicle for the vocal pyrotechnics of star singers, which became the main attraction of what would become bel canto. The da capo aria, which came to characterise 18th-century opera, was also something that had started in Cavalli’s time.


    In any case, the prevailing assumption in 18th and 19th-century Italian opera was that the works presented would be new or nearly new: the idea of a frozen repertoire of the great works of yesteryear would have seemed bizarre. By the time that idea became current, in the early 20th century, sensibilities had shifted once again, epitomised by hard-hitting works such as Berg’s Wozzeck. It was hardly a promising medium for a free-wheeling, entertaining style: that would wait until the 1960s, when audiences rediscovered Monteverdi. Since there were only three extant Monteverdi operas, Raymond Leppard explored other possibilities and at Glyndebourne, Leppard created groundbreaking stagings of L’Ormindo (in 1967) and La Calisto (in 1970).


    In recent years, with the Baroque revival and the explosion in interest in historically informed performance, Cavalli’s star has risen steeply. The Royal Opera’s 2014 staging of L’Ormindo (in London’s Sam Wanamaker Playhouse, a stunning candlelit replica of a 17th century theatre) was a huge hit, thrilling audiences again in its 2015 revival. La Calisto and Giasone have become regulars, while Eliogabalo moves from Paris in 2016 to Amsterdam next year.


    So what should we expect from Glyndebourne’s Hipermestra? Cavalli’s scores give the editor/conductor a great deal of scope. In particular, the scores only contain limited detail of the accompaniment: in Cavalli’s day, there might have been five or more continuo players, all of whom would have been improvising (we know this from the orchestral salary lists of two performances, which show three harpsichords and two theorbos, as against a single string player per part). It’s too early for the company to be giving out details, but we know that conductor William Christie has impeccable early music credentials and that he is preparing his own edition of the score. And since Graham Vick’s stagings have explored infinite variety over the years, we can only wait to see how he approaches this text: both ancient (at 350 years old) and new (in that it has sat unstaged for so long).


    Raffale Pè, who will sing Linceo at Glyndebourne, is enthused by "the immortal melodies in Hipermestra's arias" and particularly the exquisite words and music of the first scene where Linceo and Hipermestra exchange their love. He also notes that Cavalli's music marks the beginnings of bel canto and is challenging to sing, with extreme ranges, immensely long phrases and fast virtuoso passages.


    In 17th-century Venice, there was an all-too-brief period when opera was fresh, sexy and fun. If Christie and Vick are able to capture the essence of that blessed time, we’re all in for a major league treat. Glover closes her biography of Cavalli by quoting the English traveller Robert Bargrave, visiting Venice during the 1655 Carnival, writing about the operas he saw:


    “Nay I must needs confess that all the pleasant things I have yet heard or seen, are inexpressibly short of the delight in seeing this Venetian Opera; and as Venice in many things surpasses all places else where I have been, so are these operas the most excellent of all its glorious Vanities.”


    Public booking for Hipermestra opens online at 6.00pm on Sunday 5th March with tickets from £10.


    Da musst Du doch schwach werden?


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Da musst Du doch schwach werden?


    Ist er leider nicht! Ich hatte den dottore schon im Herbst, als ich bereits Tickets hätte buchen können, dafür zu begeistern versucht.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Na, da soll er sich mal einen Ruck geben.
    Er wird ja deswegen keine Chorprobe ausfallen lassen müssen!


    :hello::angel::hello:

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Lieber Caruso, das ist ja toll! Gelesen habe ich es noch nicht, aber ausgedruckt; ich hasse es, am Bildschirm zu lesen. Der ideale Ort wird heute abend die Badewanne sein.
    Die Sache mit England hat einen Haken: der betrifft meine Gesundheit, die es mir im Augenblick nicht erlaubt, größere Fahrten zu machen. Finanziell würde es so gerade noch gehen.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

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  • Also, lieber Caruso, der große Renner in meiner Badewanne war diesmal nicht das warme Wasser, sondern der Cavalli-Artikel, aus dem ich einiges gelernt habe, z.B., dass es eine englische Biographie gibt. Ich habe nur eine französische, wobei mein Französisch nicht so gut ist wie mein Englisch. Dann habe ich gemerkt, dass eine der Rollen mit Raffaele Pè besetzt ist, den ich ja mit einer Cavalli-CD entdeckt habe.
    Ich hoffe sehr darauf, dass es davon eine DVD geben wird. So ist z.B. meine Makropulos-DVD aus Glyndebourn mit Anja Silja die beste, die ich habe.
    Also, lieber Caruso, das war wirklich eine große Freude!
    Einen kleinen Seitenhieb kann ich nicht lassen, nämlich gegen die Cavalli-Verächter Stimmenliebhaber und M.Joho. Diese sollten den Artikel auch lesen. Natürlich muss ihnen anschließend die Musik nicht gefallen, aber die Bedeutung dieses großen Komponisten können sie ihm nicht absprechen.

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    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)