Premiere Freischütz Leipzig 04.03.2017

  • Niemals, lieber Misha!! Deine Meinung wird akzeptiert und sicher auch von vielen geteilt werden!!! Ich jedenfalls bin gespannt auf Deine Erfahrungen mit dem Leipziger Freischütz!


    Herzlichst La Roche

    Hallo, Misha
    Der Meinung von "La Roche" schließe ich mich vollinhaltlich an. Laß´Dich nicht entmutigen. Ich selbst lese Rezensionen und Berichte über persönlich erlebte Aufführungen,
    egal ob Oper oder Konzert, mit Dank und Achtung immer gern und interessiert. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob das geschilderte Werk zu meinen Lieblingsstücken zählt
    oder nicht. Zumal ich aus eigener Erfahrung weiß, wie schwierig und zeitaufwendig es ist, solch einen Bericht einigermaßen verständlich und anschaulich für Außenstehende,
    die nicht mit dabei waren, rüberzubringen. Im Voraus wünsche ich Dir für die Vorstellung viel Freude und Genuß.
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Auch ohne x-fach zitierte Zitate von zitierten Zitaten:


    Viel Spaß heute Abend, lieber Misha ! Bin auf deinen Bericht schon sehr gespannt.
    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    Zitat von Knusperhexe: wie gefallen Euch die Impressionen aus Mering?

    Sie sind sehr schön. Was den Bereich der Oper anbetrifft, wäre ich schon zufrieden, wenn das Bühnenbild und die Kostüme Ort und Zeit wie vom Komponisten und seinem Librettisten vorgegeben, erkennen lassen würde, ohne dass es pompös ausgestattet sein müsste, vor allem aber die Handlung der Werke nicht so rücksichtslos, wie heute leider fast nur noch üblich, verhunzt würde. Aber Rücksichtslosigkeit und Zerstörung sind ja an der Tagesordnung, leider auch im Theater bis sogar hin zur Oper.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Zitat Rodolfo: Selbst wenn es eine werkgerechte Inszenierung werden würde, würde doch keiner von euch nach Leipzig fahren um sich den Freischütz live anzusehen.Wartet doch erst mal den Bericht von Misha ab.

    Lieber Rodolfo,


    das glaube ich leider mittlerweile auch. Schon mehrfach habe ich im Forum werkgerechte Inszenierungen, die ich selber besucht habe vorgestellt - jeweils mit Null Reaktion, was ich schade finde. Stattdessen wird lieber immer auf modernen - oft genug wirklich nicht getreuen - Inszenierungen herumgehackt und Streit verursacht.
    Nur als Überblick:
    In den letzten zwei Jahren habe ich nur in meiner Region folgende absolut werkgerechte Inszenierungen gesehen (und ich bin mir sicher, dass es noch viele weitere gibt).


    Detmold: Zar und Zimmermann
    Braunschweig: Anna Karenina (Hubay)
    Braunschweig: Hexenjagd (Ward)
    Hildesheim: Zauberflöte
    Hildesheim: Verkaufte Braut (gab zwar eine Zeitverschiebung, sonst allerdings sehr genau)
    Hildesheim: Don Giovanni
    Magdeburg: Tosca (auch hier mit Zeitverschiebung - der Rest passte)


    Dies nur als Beweis, dass es durchaus noch einige Orte mit den von Euch geliebten Bühnenbildern und Kostümen gibt, besonders das kleine Haus in Hildesheim kann sich einer Vielzahl solch "historischer" Inszenierungen rühmen - aber statt diese wahrzunehmen wird lieber im anderen Lager geschossen. Dieser Thread ist mal wieder ein "gutes" Beispiel dafür - schade. Ihr tut euch damit keinen Gefallen. Und ich hoffe, dass Misha sich auch nicht entmutigen lässt. Ich mag gute moderne Inszenierungen, ich mag gute historisierte Inszenierungen. Und was dabei gut bzw. schlecht gelöst wird kann man m.E. nur im Theater sehen. Und so sehr ich die Bedenken von Gerhardt und Co verstehe - ob eine Inszenierung funktioniert oder nicht erlebt man nur im Theater, daher kann ich Eure Argumente nicht so ernst nehmen, wie die von Holger oder Caruso, die auch noch wirklich in die Oper gehen...


    LG
    Christian

  • Danke für den Hinweis. Habe mich schon total gefreut. Als ich mir jedoch die Fotos ansah kam die Ernüchterung. Bis auf Zar und Zimmermann und Don Giovanni finde ich das alles wenig ansprechend. Dennoch danke.

  • Mir hat heute Nachmittag jemand beim "Otello" in der Semperoper erzählt, dass er in Leipzig in der Generalprobe war und überrascht war, wie konservativ diese "Freischütz"-Inszenierung ausgefallen sei...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Hier zunächst einmal ein Link, mit dessen Hilfe man sich einen besseren Eindruck von der Inszenierung verschaffen kann, als mit dem Trailer auf der Seite der Oper Leipzig:http://www.mdr.de/kultur/video…eischuetz-leipzig100.html


    Mein Eindruck ist zwiespältig.
    Sicherlich ein ganz schöner Opernabend, auf der anderen Seite aber sicherlich auch nicht der „ganz große Wurf“.
    Die Besetzung ist gut, aber nicht außergewöhnlich.
    Am besten gefallen hat mir, wie ich es auch erwartet hatte, Thomas Moor als Max. Er bewältigt die Partie so souverän, dass er, weil er nicht ständig mit den stimmlichen Anforderungen kämpfen muss, in der Lage ist auch gesanglich ein Porträt des Seelenzustandes des Max zu zeichnen. Und an den Stellen, an denen dramatischen Durchschlagskraft verlangt wird, verfügt er mühelos über die nötigen Reserven, um das rüberzubringen, ohne dass es irgendwie angestrengt klingt.


    Gut gefallen hat mir auch Tuomas Pursio als Kaspar, der weniger der schwarze Schurke als der neidische glücklose junge Nebenbuhler ist. Stimmlich sicher im Vergleich zum Beispiel zu dem von mir in dieser Rolle besonders geschätzten Peter Meven ein„leichteres Kaliber“, aber von seinen stimmlichen Möglichkeiten von der Anlage der Figur her in dieser Inszenierung durchaus rollendeckend(während ich ihn noch als Wotan im Rheingold zu leichtgewichtig fand).


    Erwähnen will ich bei den Herren noch Runi Brattaberg, der die kleine aber wichtige Rolle des Eremiten gesungen hat. Ich hatte mich ja schon über seinen Hagen kritisch geäußert. Er ist meiner Meinung nach auch für den Eremiten zu hell timbriert und hat Probleme in der Tiefe.


    Neu im Ensemble Gal James, die Agathe gesungen hat. Das war sicher ordentlich gesungen, ich kann aber nicht sagen, dass es bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Stimmlich sehr zaghaft und blass.


    Den meisten Beifall bekam Magdalena Hinterdobler als Ännchen, das mag insbesondere ihrer Spielfreude geschuldet gewesen sein. Man muss ihr allerdings attestieren, dass ihr die Rolle stimmlich gut liegt und sie keinerlei Probleme mit den Anforderungen hatte.


    Dem gesamten Ensemble muss man bescheinigen, dass ausgesprochen textverständlich gesungen wurde. Nun kenne ich zwar das Libretto recht gut, bin aber trotzdem davon überzeugt, dass man auch ohne Kenntnis des Textes nahezu jedes Wort gut verstanden hat.


    Auch schauspielerisch konnte das Ensemble überzeugen; auf diversen Tonkonserven werden die Texte ja von Doubles gesprochen, weil man Sängern zumindest früher unterstellt hat, dass sie das „ nicht können“; zumindest die Leipziger Truppe belehrt einen hier eines Besseren.


    Der Star der Aufführung war für mich einmal mehr der Chor der Leipziger Oper. Der Chor spielt in dem Stück ja eine sehr wichtige Rolle. Präzision und Fähigkeit zu dynamischen Abstufungen sind schon sehr beeindruckend.


    Das Gewandhausorchester war mal wieder in Bestform. Irgendwelche Ausfälle habe ich nicht gehört und auch die teils heiklen Soli der Bläser zeigten keinerlei Schwächen.


    Trotzdem kann ich nicht sagen, dass mich der musikalische Teil besonders berührt hat. Mein subjektiver Eindruck war eher so, dass das keine besondere musikalische Atmosphäre heraufbeschwor sondern zwar fehlerlos aber merkwürdig unbeteiligt exerziert wurde.


    Zur Inszenierung: Die gesprochenen Texte waren zum Teil behutsam gekürzt, was ich aber nicht für einen Fehler halte und was jemandem, der das Libretto nicht so wie ich kurz vor der Vorstellung noch einmal ganz durchgelesen hat, wohl auch kaum aufgefallen sein dürfte.


    Sicherlich ist der Freischütz nicht leicht zu inszenieren, da er anders als zum Beispiel die wagnerschen Musikdramen (Ausnahme Meistersinger) historisch ganz konkret in der Zeit nach dem 30-jährigen Krieg angesiedelt ist, wofür es ja auch zahlreiche Bezüge im Text gibt. Andererseits bezweifle ich natürlich, dass ein Großteil der Opernbesucher überhaupt mitbekommt, dass von Tilly und vom Altringer die Rede ist oder wissen, um wen es geht und welche Rolle diese Leute in der Geschichte gespielt haben. I
    ch glaube persönlich auch nicht, das es für das Verständnis des Werkes wichtig ist, dass diese zeitliche Verortung in einer Inszenierung beachtet wird.
    Das nächste Problem ist, dass der Freischütz ganz das ein Kind der Zeit seiner Entstehung ist und ein zeitgenössischer Opernbesucher, soweit er sich überhaupt mit diesen Themen befasst hat, nur noch wenig Verständnis für die Mentalität der Menschen hat, die von den Befreiungskriegen und von der nationalen Einigungsbewegung geprägt waren.


    Insoweit finde ich den Ansatz der Regie, den Schwerpunkt auf die zeitlosen inneren Konflikte der Personen zu legen, durchaus plausibel.
    Das Regieteam hat dies auch keineswegs dadurch getan, dass es mit den üblichen Versatzstücken des so genannten Regietheaters gearbeitet hat.
    Zwar wurde die Handlung, was man aus der Ausstattung, Kostümen und so weiter schließen kann, wohl etwa in der Zeit um 18./19. Jahrhundertwende angesiedelt, aber sowohl das Bühnenbild als auch die Kostüme waren durchaus der Handlung angemessen, so dass es nicht die oft albernen Widersprüche zwischen Text, Handlung und Ausstattung gab. D.h., die Jäger waren durchaus angezogen und bewaffnet, wie man es von Jägern in „historischer Zeit“ erwartet und auch das Interieur im Schlafzimmer der Agathe und im Wirtshaus entsprach dem, was man in einer derartigen Oper auch als konservativer Besucher nach meiner Auffassung als adäquat bezeichnen kann.
    Gut, es gab auf der Bühne keinen künstlichen Wald (und leider auch keinen tönenden Wald inm Orchester ;) ), aber zum einen halte ich das was die Wirtshausszene angeht, auch nicht für unbedingt nötig, weil man den Aufbau der Bühne auch als Blick aus dem Freien ins Wirtshaus deuten kann und jedenfalls das Bühnenbild nicht in Widerspruch zum Geschehen stand.
    Dass am Anfang auf ein Glas auf dem Kopf einer Kellnerin geschossen wurde und nicht auf eine Scheibe, und dass es auch sonst leicht alkoholisiert deftig zu ging – ich fand es sogar originell und plausibel; so geht es bei manchem Schützenfest auch heute zu vorgerückter Stunde zu (mit Ausnahme des Schusses á la Tell).
    Die Wolfsschlucht Szene (mit einem realistischen Feuer auf der Bühne) fand im Wesentlichen im Bühnenbild der Schenke statt, wobei allerdings nur der Quergang der ersten Etage und die Treppe als Ersatz für die verschiedenen Ebenen und den Weg nach unten herhalten mussten(das kann man schlecht beschreiben, ist aber in dem Video Ausschnitt oben zu sehen), was ich aber nicht als störend empfunden habe.
    Ansonsten gab es die märchenhafte Elemente wie Totenköpfe, Leichenhaufen und so weiter durchaus, wenn sich auch der Schauereffekt in Grenzen hielt.
    Auch hier sollte ja das Unheimliche, die „Wilde Jagd“, vor allem im Orchester stattfinden und da fehlte es dann allerdings doch etwas.


    Eine ungewöhnliche Idee war es, den Samiel mit einer Tänzerin zu besetzen, die praktisch während des ganzen Stückes präsent war.
    Damit wurde die Rolle natürlich im Vergleich zur Vorlage aufgewertet, das Ganze entspricht aber dem Konzept der Regie, die das Stück vor allen Dingen als Konflikt der handelnden Personen zwischen Gut und Böse, Rationalität und Aberglauben und der Macht der Versuchung, hier als Abwägung, welche Mittel der Zweck(hier die Heirat mit Agathe und der materielle Vorteil der Erbförsterei) heiligt, zeigt.
    Unterdrückte erotische Wünsche als ein Motiv der Handelnden? Wenn es so gemeint war, wurde die Idee nicht konsequent umgesetzt. Andeutungen finden sich in der Wirtshausszene am Anfang, wo es deftig (aber nicht plakativ vulgär!) zugeht, im Verhältnis Agathe/Kaspar, in Ännchens Fantasien vom „schlanken Burschen" (samt Poster eines nackten Adonis) und in den Kontakten der Samiel Tänzerin mit den Protagonisten.


    Ich fand es auch recht gelungen, dass Kaspar nicht nur als finstere Schurke dargestellt wurden, sondern als durchaus attraktiver Mann, der (das entspricht auch dem Libretto) bei Agathe abgeblitzt ist, die immer noch ein gewisses Faible für ihn hat.


    Der Schluss ist vordergründig so, wie ist das Libretto vorschreibt: Der Eremit erscheint als deus ex machina, der Fürst lässt nolens volens Gnade walten, aber so ganz sicher ist man als Zuschauer nicht, dass wirklich alles gut ausgeht:Abgesehen davon, dass der Fürst ein ausgesprochener Unsympath ist, der die Braut meistens so anschaut, als ob er sehr gerne vom ius primae noctis Gebrauch machen würde, und (deswegen?) seinen Zorn über die abgenötigte Milde nur schwer verbergen kann, ist das oder der/die Böse nach wie vor präsent. Max nimmt am Schluss Kaspars Dolch an sich und schaut ihn nachdenklich an.


    Fazit:Eine ordentliche aber keineswegs Herausragende Aufführung.
    Gut musiziert, aber ohne einen besonderen Eindruck zu hinterlassen.
    Eine gute Ensemble Leistung, wenn auch sicher keine Sternstunde.
    Ein herausragender Chor.
    Eine Inszenierung, die keinem wehtut und einige ungewöhnliche Ideen und interessante Ansätze hat.


    Müsste ich insgesamt eine Schulnote vergeben, wäre es ein glattes „befriedigend“.


    Zuletzt bitte ich um Entschuldigung für Fehler im Text: Ich habe (endlich) von Windows zu Mac gewechselt und die Spracherkennung lernt noch.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Lieber Misha,


    wirklich ein toller Bericht! So sachlich und differenziert und persönlich geschrieben - besser kann man das nicht machen. Oper muss man eben doch lebendig erleben!


    Ich bin schon gespannt, wie die Münsteraner Inszenierung aussieht. Darüber werde ich natürlich auch berichten! :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Es geht also doch. Nicht nur Holger, auch andere Taminos können differenzierte, nachvollziehbare, ausgewogene und anschauliche Berichte über eine Inszenierung schreiben. Vielen Dank dafür!

  • Vielen Dank für deinen ausführlichen Bericht. An der Rhein Oper hatten wir jahrelang die Otto Schenk Inszenierung, die sehr schön war.

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  • Auch ich bedanke mich herzlich für den sachlichen Bericht, der mich nicht zum Widerspruch reizt. Im Gegensatz zu den Rezensionen vom Doktor, wo ich mir immer beim Lesen wie bei einer Kaffeefahrt für "Regietheater, es lebe hoch" vorkomme.


    Stimmenliebhaber ich finde es absolut schräg, dass die Leipziger Neuinszenierung bereits als konservativ bezeichnet wird. Die Saat ist wirklich aufgegangen.


    @rodolfo: also erinnert sich doch noch jemand an diese schöne Inszenierung. Als ich sie das letzte Mal vor ca 7 Jahren(?) sah, habe ich den Intendanten gebeten, sie bitte nicht zu verschrotten. Diese wunderbaren Bühnenbilder, die das ganze als Märchen anlegten. Eine Wolfsschlucht mit allen Finessen, märchenhaft beleuchtete Schloss Zimmer und raunende Wälder. Ich habe das fest in meinem Gedächtnis und meinem Herzen verankert..

  • Hallo, Misha
    Chapeau! Vielen Dank für Deine Rezension. Ich lese so etwas immer gern.
    Du hast Deine erlebte Vorstellung sehr interessant, ausführlich und anschaulich geschildert.
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Lieber Misha,


    auch von mir besten Dank für die wirklich gelungene ausführliche Schilderung. Allerdings könnte mich die Inszenierung kaum reizen, da hier wieder einmal die Schauplätze teilweise verdreht wurden. Den Anfang in der Kneipe könnte ich zwar noch akzeptieren, aber welchem Sternlein hat denn Kilian den Rest gegeben? War in dem Glas vielleicht "Stern-Kölsch"? Die Wolfsschluchtszene in der Kneipe, das hat wohl mit einer unheimlichen Wolfsschlucht, wie sie in der Oper geschildert wird, sehr wenig zu tun. Man hat mit Samiel ja auch schon alles Mögliche gemacht, am schlimmsten wohl in Hannover. Ihn als Tänzerin darzustellen, finde ich lediglich lachhaft.
    Der Regisseur konnte also mit dem Libretto wohl wieder nur teilweise etwas anfangen. Es bleibt mir weiterhin unverständlich, warum heutzutage alles umgewälzt werden muss und nicht mehr im Sinne des Komponisten inszeniert werden kann.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Auch von mir vielen Dank für diesen informativen und differenzierten Bericht, den ich gerne gelesen habe. :hello:

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ein Dank, dem ich mich gern anschließe. Ich kann mir nun alles ziemlich genau vorstellen. Bemerkenswert finde ich, dass ein neuer FREISCHÜTZ in Leipzig so große Resonanz findet.


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Bemerkenswert finde ich, dass ein neuer FREISCHÜTZ in Leipzig so große Resonanz findet.

    Noch bemerkenswerter finde ich, wie sehr diese Oper momentan "boomt" und wie viele Neuinszenierungen sie in den letzten zwei, drei Jahren erlebt hat: Berlin, Dresden, Hannover, Hildesheim, Altenburg-Gera, jetzt Leipzig und und und. Das spricht nicht gegen die Qualitäten dieser Oper, obwohl einige ihr diese nur allzu gerne absprechen wollen.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Das habe ich auch so registriert wie Stimmenliebhaber. Ich kann mir nur keinen richtigen Vers darauf machen. Offenbar wollen sich Theater mit dieser Oper eine feste Bank sichern, die Zuschauer anlockt. Das scheint mir das entscheidende Indiz für diese Schwemme zu sein. Dagegen ist nichts einzuwenden. FREISCHÜTZ geht immer. Ich lasse nichts über dieses Werk kommen, auch weil es so viele Deutungsmöglichkeiten bietet und so viele unbequeme Wahrheiten enthält. Ob das nun am Ende doch der entscheidende Grund für den Boom ist? Schön wäre es. Interessant finde ich, dass sowohl die Traditionalisten auf ihr Kosten kommen können als auch jene, die den Wald und die Wollfschlucht nicht brauchen, um in die Seelen der Beteiligten blicken zu können, wo sich nach meiner festen Überzeugung die eigentlichen Schluchten und Abgründe auftun. Durch solche Ambivalenz zeichnet sich ein Meisterwerk wie diese Oper aus. Es ist nicht totzukriegen. Auch mäßige Inzsnierungen können ihm nichts anhaben.


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Interessant finde ich, dass sowohl die Traditionalisten auf ihr Kosten kommen können als auch jene, die den Wald und die Wollfschlucht nicht brauchen, um in die Seelen der Beteiligten blicken zu können, wo sich nach meiner festen Überzeugung die eigentlichen Schluchten und Abgründe auftun.

    Das, finde ich, ist eine Aussage, gegen die alle Einwände, die manche gegen bestimmte Arten von Inszenierung, modern oder traditionell, vorbringen, zweitrangig werden.

  • Das, finde ich, ist eine Aussage, gegen die alle Einwände, die manche gegen bestimmte Arten von Inszenierung, modern oder traditionell, vorbringen, zweitrangig werden.


    Das empfindest du leider falsch, Dieter. Ich käme bei dieser Inszenierung nicht auf meine Kosten. Außerdem dürfte jedem mehr oder weniger klar sein, was mit Wolfsschlucht gemeint ist. Und welche Ängste bei max bestehen. In der von mir oben erwähnten Otto Schenk Inszenierung Tat die romantische Bebilderung dem keinen Abbruch. Sie war zudem aber auch für die geeignet, die keinen Wink mit dem Zaunpfahl benötigen. Und für Kinder und Jugendliche sowieso.

  • Im Gegensatz zu den Rezensionen vom Doktor, wo ich mir immer beim Lesen wie bei einer Kaffeefahrt für "Regietheater, es lebe hoch" vorkomme.

    So kommt es Dir halt vor. Es könnte allerdings sein, dass andere Menschen, die einen anderen Geschmack haben, bei dem was hier von Dir und Gleichgesinnten als die einzig wahre Oper gepriesen wird, sich so vorkommen, als seien sie ständig und bis zum Überdruß bei einer Kaffeefahrt unter dem Motto: "Langweiligster und peinlichster Bühnenkitsch, er lebe hoch!" Für Dich wird es wohl nie begreiflich sein, dass es Menschen gibt, welche die für Dich so zentrale Frage nach dem Regietheater schlicht nicht interessiert - und entsprechend auch in einer Rezension nicht.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Ich finde nicht, dass eine Rezension objektiv sein muss, sie spiegelt immer die Meinung und damit auch den Geschmack des Verfassers wieder. Sie sollte allerdings halbwegs neutral beschreiben, was zu hören und zu sehen war, und sie sollte in der Bewertung differenziert sein. Zum Beispiel indem sie versucht, das Konzept eines Regisseurs zu verstehen und zu beschreiben und dann selbstverständlich kritisch zu bewerten und herauszustellen, was davon funktioniert hat und was nicht. Das ist Misha hier sehr gut gelungen, und deswegen hat seine Rezension auch so große Resonanz gefunden. Denn das macht sie interessant für einen Leser. Wenn man hingegen in einer Rezension nur liest, dass die Inszenierung schlecht sei, weil keine historisierenden Kulissen und Kostüme verwendet wurden, verbunden mit den üblichen Invektiven gegen das "Regietheater", dann ist das einfach uninteressant und lohnt die Lektüre nicht.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Lieber Misha,


    vielen Dank für Deine ausführlichen und interessanten Informationen. Jede Rezension ist interessant und spiegelt persönliche Auffassungen wider.


    In meiner Auffassung stehe ich voll auf der Seite von Knusperhexe. Freischütz ohne Wolfsschlucht ist kein Freischütz, Freischütz ohne Wald geht nicht.


    Und damit glaube ich auch nicht daran, daß diese Inszenierung sowohl für als auch wider Traditionalisten als auch Modernisierer ein gangbarer Weg ist. Es allen recht zu tun, ist eben keine Kunst, die jeder kann.
    Schon gar nicht im Theater.


    Aber den Bericht habe ich gründlich gelesen. Auch weil ich leipzigaffin bin. Das sind alle Geraer, da Leipzig nicht nur kulturell, sondern auch als Einkaufsstadt immer das Ziel von uns Gerschen war!


    Herzlichst Ra Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Zitat

    Zitat von La Roche: In meiner Auffassung stehe ich voll auf der Seite von Knusperhexe. Freischütz ohne Wolfsschlucht ist kein Freischütz, Freischütz ohne Wald geht nicht.

    Hier wird doch rücksichtslos gegen das Wesen dieser romantischen Oper, das der Regisseur in seinem Modernisierungswahn wohl nicht verstehen will oder mit dem er sich nicht beschäftigen will, verstoßen. Ich wundere mich, wenn von einigen gesagt wird, der "Freischütz sei schwierig zu inszenieren. Wie viele frühere Regisseure haben das ohne Schwierigkeiten geschafft und sind dabei beim Gehalt dieser Oper geblieben. Aber man muss ja mit der Mode gehen und alles umkrempeln, ob's passt oder nicht (und meistens ist das Zweite der Fall).


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Mishas Rezi halte ich für durchaus objektiv. Zumal er immer wieder seine Sichtweise betont und im Singular beschreibt, was ihm gefallen hat und was nicht. Im Gegensatz zu so vielen Regietheaterjüngern, die Allgemeingültigkeit vermitteln und manipulieren wollen.

  • Ich mag Deine Wortwahl leider nicht und finde Deine Rezis null objektiv. Meine sind es auch nicht.

    Dass man versucht, einer Inszenierung gerecht zu werden (beschreibend, analysierend, wertend), gilt auch in Bezug auf die Bewertung von Rezensionen.


    Was ich (Link, s.u.) ausgeführt habe ist für Dich also "null objektiv" (das ist ein Superlativ und meint: ein willkürlicher, unsachlicher Erguß). Ich nehme an, Du kannst das auch anhand dieser meiner Rezension hieb- und stichfest begründen und selber aufzeigen, was eine "objektive" Rezension gewesen wäre. Ansonsten kann ich Dich schlicht nicht Ernst nehmen und betrachte Deine Kommentare als "null objektiv" und nicht lesenswert:


    Weill/Brecht Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny Premiere Münster 9.4.2016


    Schöne Grüße
    Holger

  • Ich mag Deine Wortwahl leider nicht und finde Deine Rezis null objektiv. Meine sind es auch nicht.

    Liebe Knusperhexe, natürlich kann man eine Rezension und die Wahl der Worte ablehnen, aber eine Rezension gibt immer nur die Auffassung des Rezensenten wieder. D.h. sie kann niemals objektiv sein, sondern ist immer subjektiv.


    Ich finde nicht, dass eine Rezension objektiv sein muss, sie spiegelt immer die Meinung und damit auch den Geschmack des Verfassers wieder. Sie sollte allerdings halbwegs neutral beschreiben, was zu hören und zu sehen war

    Dem stimme ich mal zu. Und jede hier geäußerte Meinung ist auch nie objektiv, sondern die Meinung des Schreibers. Was den Bericht von Misha anbelangt, so muss ich anerkennen, das er sich viel Mühe gegeben hat, das musikalische und auch die Regieleistung zu beschreiben. Mein Kompliment! Man kann nun mitreden. Den Samiel mit Tänzerin zu besetzen, das ist ein schlechter Scherz. Und die Wolfsschlucht aus dem Wirtshaus, nun ja das ist die regieliche Freiheit, die manche, auch hier, ja für gut befinden. Das ist dann auch sehr subjektiv.
    :hello:

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Liebe Knusperhexe, natürlich kann man eine Rezension und die Wahl der Worte ablehnen, aber eine Rezension gibt immer nur die Auffassung des Rezensenten wieder. D.h. sie kann niemals objektiv sein, sondern ist immer subjektiv.

    Dem stimme ich mal zu. Und jede hier geäußerte Meinung ist auch nie objektiv, sondern die Meinung des Schreibers. Was den Bericht von Misha anbelangt, so muss ich anerkennen, das er sich viel Mühe gegeben hat, das musikalische und auch die Regieleistung zu beschreiben. Mein Kompliment! Man kann nun mitreden. Den Samiel mit Tänzerin zu besetzen, das ist ein schlechter Scherz. Und die Wolfsschlucht aus dem Wirtshaus, nun ja das ist die regieliche Freiheit, die manche, auch hier, ja für gut befinden. Das ist dann auch sehr subjektiv.
    :hello:


    Das finde ich nicht. Versierte, uneitle Rezenstenten können auch ein Werk für gut befinden, wenn es ihnen nicht gefällt. Oder umgekehrt: Ein Werk als misslungen beurteilen, auch wenn es ihnen gefällt. Für mich wird es schräg, wenn Rezensenten ihre Meinung als unfehlbar darstellen und damit manipulativ meinungsbildend schreiben. Eine ausgewognene Kritik wägt Für und Wider ab und beinhaltet vor dem Fazit keine Adjektivwahl mit Superlativen. Letzteres kann ich nicht ernstnehmen.


  • Für mich wird es schräg, wenn Rezensenten ihre Meinung als unfehlbar darstellen und damit manipulativ meinungsbildend schreiben. Eine ausgewognene Kritik wägt Für und Wider ab und beinhaltet vor dem Fazit keine Adjektivwahl mit Superlativen.


    Dem würde ich ja gerne zustimmen, wenn nicht ausgerechnet Du dies sagen würdest. Denn eine ausgewogene Kritik habe ich von Dir noch nie gelesen. Wann immer eine Opernaufführung nicht Deinen strikten Anforderungen nach historisierenden Kostümen und Kulissen entspricht, verdammst Du sie samt Regisseur mit meist deftigen, an Beleidigungen grenzenden Worten. Hier in diesem Thread hast Du schon den Stab über den Leipziger Freischütz gebrochen, bevor Du irgendetwas davon gesehen hast. Ich darf mal zitieren:


    Yammi, das wird bestimmt auch ein optischer .... Genuss! Wenn ich die bisherigen Regiearbeiten des Herrn auf Fotos sehe, dann würde mich das bereits von der Premiere fernhalten:


    http://www.christianvongoetz.com/de/inszenierungen/


    Gerade sind Frittenbuden und Wohnwagen immens angesagt bei Neuinszenierungen. Mal gespannt, ob die Leipziger damit auch "beglückt" werden. Und dazu noch schrillfarbene Dirndl und angepinselte Apfelbäckchen. Auch aktuell ein echter Kracher landauf und -ab. Halt uns auf dem Laufenden, lieber Misha!


    Und dann nach Kenntnisnahme des Trailers:


    Lieber Gerhard,


    da hätte ich ja beinahe eine Wette verloren: Kein Wohnwagen, sondern ein neoklassizistisches Treppenhaus! Wahnsinn! Erinnert ein wenig an Königskinder in Dresden. Aber ist ja Wurscht! Hauptsache, es hat nichts mit den Librettoangaben zu tun!


    Hört sich für mich alles weder ausgewogen noch sachlich fundiert an, dafür ziemlich "manipulativ meinungsbildend".


    Ich habe dann mal nach Rezensionen von Dir gesucht, weil ich dachte, vielleicht dort auf eine ausgewogene Kritik zu stoßen. Auch da Fehlanzeige, stattdessen dieses:


    Dass dem Regietheater nichts Neues mehr einfällt, ist ja hinlänglich bekannt. Ist ja auch nicht weiter schlimm. Hat sich eben totgelaufen. Dass man aber jetzt schon aus leiter Faulheit, Dummheit oder Talentlosigkeit dazu übergeht in den eigenen Reihen zu mausern und das dann als Ei des Kolumbus verkauft, das ist schon bitter. Wenn man nichts Neues mehr zu sagen hat, sollte man mal schön den Ball flach halten und lieber die Geschichte so erzählen, wie es im Libretto steht. Aber das ist natürlich zu viel verlangt.


    Jüngstes Beispiel: Für wie blöde hält uns eigentlich die Regisseuse, die uns am vergangenen Sonntag am Aachener Theater, Hänsel und Gretel im üblichen Einheitsbrei der letzten 20 Jahre auftischte? Glaubt sie ernsthaft, es merkt keiner, dass das Bühnenbild des letzten Aktes mitsamt Kinderleichen im Glaskasten voll abgekupfert ist von der scheußlichen Londoner Inszenierung? Ebenso wie das Reinschieben des Miniaturschokohäusleins und der Tortenschlacht auf dem abgetakelten Alutisch der elenden MET-Inszenierung? Den Ofen hat der Bühnenbildner gleich aus seiner Freiburger Produktion mitgebracht. Die Kostüme sind mal eben aus dem Altkleidersack gezaubert und den Wald in Abenteurspielplatzoptik hat man auch schon zig Mal so gesehen. War das Regietheater nicht mal ausgezogen, um mit althergebrachten Sehgewohnheiten zu brechen?????


    Heute bedeutet das wohl nur mehr, eine DVD der letzten tonangebenden Neuinszenierungen reinzuschieben und dann in den Kanon einzustimmen: "Wir verweigern uns jeglicher Poesie." In diesem Zusammenhang ein herzliches guten Morgen an das Schnarchzapfenausstattungsteam: Das "Männlein im Walde" ist eine HAGEBUTTE und kein knautschiger Fliegenpilz. Recherche tut wirklich not. Mir kommt es langsam so vor, dass die Entscheidungsträger immer mehr verdummen. Ohweiha und ihr Nichtwissen geben sie dann an kommende Generationen weiter. Was zum Teufel haben die da auf der Bühne getrieben? Hektisches Rumgehampel, das jedes ruhige Moment zunichte machte. Schon zur Ouvertüre watschelten ein Taumännchen in Donald Duck-Optik und ein nicht minder scheußliches Sandmännchen auf die Bühne und beide starteten blinden Aktionismus. Seht selbst: http://www.theater-aachen.de/i…nt&id_event_date=10776133


    Polemischer, unausgewogener, manipulativ-meinungsbildender und von der Unfehlbarkeit der eigenen Position überzeugter geht es kaum noch. Und von einer Abwägung von Für und Wider vor dem Fazit keine Spur, stattdessen bereits eine Verurteilung im allerersten Satz.


    Da bleibt von Deinem Statement nur noch eins übrig:


    Letzteres kann ich nicht ernstnehmen.


    Zumindest da sind wir uns einig.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Da musst du genauer lesen. Ich habe nirgendwo behauptet zu der Riege der versierten Rezensenten zu gehören. Im Gegenteil, in einem Beitrag weiter oben habe ich ganz klar gesagt, dass meine Rezensionen definitiv nicht unparteiisch sind.

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