Klassik-CDs - die Preise purzeln - Ich weiß nicht was soll es bedeuten

  • Das Thema Preispolitik möchte ich einmal aus einer anderen Perspektive beleuchten. Die Gottlob-Frick-Gesellschaft könnte im Grunde zufrieden sein. Nach wir vor ist der Bassist auch mit ihm gewidmeten CDs. gut am Markt vertreten.
    Nun kommt jedoch ein Billiganbieter sammelt die meisten und die besten Aufnahmen des Sängers und bringt diese in einer 10 CD Kollektion zu einem Verkaufspreis von € 7.00 - 10.00 € heraus. (aktuell € 6.99 bei einem Versender) Selbstverständlich hat diese CD sofort hohe Absatzzahlen. Für die Gottlob-Frick-Gesellschaft, quasi Nachlassverwalter des Sängers, ist dies vordergründig ein Segen. Doch kann man hier getrost Eboli aus "Don Carlos zitieren:"Verhängnisvoll war das Geschenk". Erfahrungsgemäß pumpen diese Firmen zunächst hohe Stückzahlen in den Markt. Ist die Erstproduktion verkauft wird es mit Nachauflagen bereits schwierig. Es wird auch keinerlei werbliche Unterstützung oder Absatzförderung geboten. Nun kommt der Fliuch: Da selbstverständlich dieses im Fall Frick durchaus geschickt zusammengestellte und auch technisch befriedigende Billigangebot fast ausschließlich gekauft wird, streichen die größeren Labels derart vermarktete Aufnahmen aus ihren Katalogen, mit der Folge, dass bedeutende Sänger wie Schock, Metternich, Frick und Hotter kaum mehr in internationalen Katalogen zu finden sind. Am Ende findet dann der Ausverkauf bei den Billiganbietern statt. Und dann - dann sind es nur noch verdiente Spezialanbieter wie Preiser und das Hamburger Archiv für Gesangskunst, die die Historie erhalten und pflegen. Schade, dass dieses verramschen von Aufnahmen der Spitzenklasse und der nachfolgende Ausverkauf überhaupt möglich sind. :cursing:


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Und wie in dem verlinkten Thread mit den Statistiken und Prognosen des Musikindustrieverbandes schon bemerkt, hätte vor 15 Jahren niemand die "Vinylrenaissance" vorhergesagt


    Da sie an Absurdität auch kaum zu überbieten ist. Man produziert heute Musik digital, schiebt alles aufgenommene durch DAWs, Effektprozessoren und Verbesserer, kippt das Ergebnis dann wieder auf analoge Datenträger mit mechanischen Reibungseffekten, und das klingt dann plötzlich besser. Muhahaha.

  • Da sie an Absurdität auch kaum zu überbieten ist. Man produziert heute Musik digital, schiebt alles aufgenommene durch DAWs, Effektprozessoren und Verbesserer, kippt das Ergebnis dann wieder auf analoge Datenträger mit mechanischen Reibungseffekten, und das klingt dann plötzlich besser. Muhahaha.


    Es gibt Leute, die glauben dran :hail:

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.


  • Da sie an Absurdität auch kaum zu überbieten ist. Man produziert heute Musik digital, schiebt alles aufgenommene durch DAWs, Effektprozessoren und Verbesserer, kippt das Ergebnis dann wieder auf analoge Datenträger mit mechanischen Reibungseffekten, und das klingt dann plötzlich besser. Muhahaha.


    Diesen Trend kann ich auch nicht nachvollziehen. Wenn Vinyl, dann doch bitte Vintage. Die alten LPs kommen wirklich aus einer anderer Zeit, atmen einen anderen Geist, haben viel gesehen. Zudem nicht selten im Bestzustand günstiger als diese heutigen Neupressungen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Die alten LPs kommen wirklich aus einer anderer Zeit, atmen einen anderen Geist, haben viel gesehen. Zudem nicht selten im Bestzustand günstiger als diese heutigen Neupressungen.


    Ja, ich besitze einige LP´s, die ich mit keiner vergleichbaren CD tauschen würde. Beste Pflege und ein entsprechendes Abspielgerät vorausgesetzt.

    W.S.

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  • Bei mir stehen noch 80 LP vorwiegend Eterna und Melodia mit Oper- und Konzertinhalten im Schrank, weitere ca. 90 U-Musik (darunter Raritäten wie Amiga-Platten mit Elvis, Bill Haley, Brenda Lee, den Bee Gees, u. div. Lizenzaufnahmen westdeutscher Schlagersänger wie Peter Alexander, Willi Schneider, Peter Maffey uva.)


    Die werden nie im Müll landen, solange ich lebe. Und über meinen Bose bringen sie einen sehr guten Klang und verbergen dennoch das leise Knistern nicht. Nur wird es so unterdrückt, daß es nicht stört. Für mich zeitlose Zeitgeschichte.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Meiner Vermutung nach ist das Vinyl-Revival weit mehr durch das Heraufbeschwören eines "Vintage"-Feelings geprägt als durch die Ansicht, dass die LPs besser klängen. Letzteres betrifft eher die Fraktion, die Vinyl nie aufgegeben hat. Und wenn der Vergleich mp3s aus einem tragbaren Gerät sind und nicht ein hochklassiger CD-Spieler o.ä., dann ist auch nachvollziehbar, dass man den LP-KLang vorzieht. Dazu kommen noch andere Aspekte wie Sammlerwert, die Cover, die DJ-Kultur usw.


    Das ist aber völlig egal für die Leute, die LPs verkaufen wollen. ;) Genauso ist es egal, ob Leute CDs kaufen, weil sie ungern itunes-Guthaben verschenken oder weil sie "etwas in der Hand" haben wollen oder warum auch immer. Hauptsache, sie kaufen welche. Das Vinyl-Revival ist lediglich ein Beleg dafür, dass man nicht davon ausgehen sollte, dass all diese Gruppen bald auf einen verschwindend kleinen Anteil schrumpfen werden, so dass alles nur noch über download (oder eher streaming) läuft.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich bin auch davon überzeigt, daß die derzeitige Vinyl-Begeisterung, die sicher nicht primär von eingefleischten Sammlern und ausgesprochenen LP-Kennern getragen wird, bald den Heldentod sterben wird.
    Es ist ja tatsächlich unsinnig, digital aufgenommene und gemasterte Musik auf LP abzupressen. Eine erstklassige Abspielanlage vorausgesetzt, klingt die LP dann in der Regel ähnlich gut oder schlecht wie das digitale Ausgangsmaterial.
    So zu verfahren, erweckt doch stark den Verdacht, daß die Industrie jede nur irgend mögliche Vermarktungsmöglichkeit nutzt, ohne Rücksicht auf den kulturellen und ästhetischen Hintergrund der Langspielplatte an sich, den -so glaube ich beinahe- nur noch die älteren Semester wirklich zu schätzen wissen, die hiermit musikalisch sozialisiert worden sind.

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

  • Zitat

    Eine erstklassige Abspielanlage vorausgesetzt, klingt die LP dann in der Regel ähnlich gut oder schlecht wie das digitale Ausgangsmaterial.


    Eindeutig schlechter. Es addieren sich die Nachteile BEIDER Techniken und die Vorteile werden egalisiert.


    Wir verlieren Rauscharmut digitaler Aufzeichnungsverfahren, ebenso wie deren Dynamik. Wir bekommen eine schlechtere Übersprechdempfung, Echoeffekte zwischen den Rillen, Verzerrungen und eingeschränkter Frequenzgang gegen Plattenende, (ODER/UND) starke eingeschränkter Frequenzgang gegen Plattenende (weil durch die kleineren Kreisumfänge pro Umdrehung die Abtastgeschwindigkeit sinkt) wir bekommen das altbekannte Rumpeln, Verzerrungen durch die Skatingkraft (sie lässt sich nur teilweise ausgleichen) und natürlich den Spurfehlwinkel bei der Abtastung (Tangentialarme kennen letzteres nicht, sind aber sauteuer, im Amateurbereich kaum eingesetzt, und habe andere Nachteile). Dazu kommen noch Probleme mit der Entzerrung durch den Entzerrer-Vorverstärker, die zwar gern verschwiegen werden, aber - wenn auch selten - doch vorhanden sind. Dazu kommt noch das Problem der Verletzlichkeit von Vinylscheiben, die normale Abnutzung und Probleme mit der dztatischen Aufladung. Der synthetische Beiklang der CD - im Alter hört man ihn kaum mehr - bleibt natürlich erhalten oder wird künstlich eliminiert, wodurch er in der Regel weicher, aber nicht besser (im Sinne von "natürlicher") wird.
    Bei Popmusik sind die Anforderung an einige der genannten Fakten eher vernachlässigbar, aber dann könnte man gleich CDs einsetzen.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Wenn man ein wirklich sorgfältig ausgewähltes, geometrisch mit Messschablonen eingestelltes Equipment verwendet, auf eine geeignete Aufstellunterlage achtet und sich der guten alten Thorens- oder EMT-Geräte (bei regelmäßiger professioneller Wartung) bedient, ferner seine Ersparnisse für ein erstlassiges Tonabmehmersystem opfert (das natürlich auch zum entsprechenden Tonarm passen muß) sind praktisch alle herkömmlichen Klangprobleme beseitigt. Heutige Phono-vorverstärker erlauben teilweise sogar die Voreinstellung einer individuellen Entzerrungskennlinie, da nicht alle Aufnahmen nach gleichem Standard entzerrt worden sind!
    Problematisch bleibt natürlich weiter die "Softwareseite", da mansche LP schlecht gefertigt sind (auch früher schon), man Kratzer auch mit Schallplattenwäsche nicht entfernen kann und bei gebraucht gekauften Platten manchmal die schlechte Einstellung der Abspielanlage des Vorbesitzers den Klanggenuss verdirbt.
    Statische Aufladung gehört bei mit einer Plattenwaschmaschine behandelten Platte der Vergangenheit an, wenn die Waschmixtur stimmt (ich lasse mir in der Apotheke immer ein Eigengebräu zusammenmixen).


    Viele Grüße


    Joachim

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

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  • Zitat

    Wenn man ein wirklich sorgfältig ausgewähltes, geometrisch mit Messschablonen eingestelltes Equipment verwendet, auf eine geeignete Aufstellunterlage achtet und sich der guten alten Thorens- oder EMT-Geräte ( bei regelmäßiger professioneller Wartung) bedient, ferner seine Ersparnisse für ein erstlassiges Tonabmehmersystem opfert (das natürlich auch zum entsprechenden Tonarm passen muß) sind praktisch alle herkömmlichen Klangprobleme beseitigt. Heutige Phono-vorverstärker erlauben teilweise sogar die Voreinstellung einer individuellen Entzerrungskennlinie, da nicht alle Aufnahmen nach gleichem Standard entzerrt worden sind!


    Genauso sehe ich das auch. Meine Plattenspieler werden mit der Wasserwaage genauestens ausbalanciert und das Antiscating eingestellt. Auch nach dem öfteren Systemwechsel (ich teste schon mal verschiedene MM- und MC-Systeme aus) werden diese genauestens justiert. Eine Frage: Wie hören sich denn beschädigte oder mit Kratzern versehene CD an?

    W.S.

  • Eine Frage: Wie hören sich denn beschädigte oder mit Kratzern versehene CD an?


    Lieber Wolfgang aus dem schönen Königswinter,


    die Frage ist schnell beantwortet:
    1. Kratzer oder Beschädigungen befinden sich an meinen CD´s (jedenfalls augenscheinlich) nie. Dazu ist die CD auch viel zu widerstandsfähig, als dass es da zu Problemen kommen könnte.
    2. Die heutigen Fehlkerkorrekturbausteine in CD-Playern sind so gut, das die gelesenen durch Kratzer ausgelösten Bit-Fehler gar nicht vom Hörer bemerkt werden. In der Regel ist also auch eine alte auf dem Boden gelegene zerkratzte CD kein Thema mehr ...
    3. Sollte die Beschädigung an der CD doch so krass sein, dass es zu Aussetzern oder Hüpfern auf eine andere Trackspur kommt, dann sollte man die CD austauschen. ;) Das must Du dann spätestens bei der LP auch.
    Es gibt aber noch eine Rettung: Die Fehlerkorrekturen in PC-DVD-Laufwerken sind heute so ausgefeilt, dass man die defekte CD neu brennen kann und so den Fehler auf der CD-R dann ausgemerzt zur Verfügung hat.


    :) Die CD ist im allgemeinen jedoch so widerstandfähig, dass Du jede als Bierdeckel benutzte CD im CD-Player abspielen kannst ... das könntest Du mit der LP ( :D wo ein grosses Bierglas möglich wäre) dann nicht mehr. ^^ OK den letzten Satz verstehe ich auch mehr als Witz, weil ich mein Bier nicht auf eine CD stelle.


    :hello: Also freu dich auf deine wenigen CD´s, die Dir persönlich genau so viel Spass bringen können, wie Deine zahlreichen Vinylplatten.



    :!: Seit den 80er-Jahren habe ich Fehler durch Aussetzer vieleicht 3mal bei CD´s erlebt - und die konnte ich dann durch die Neuerstellung mit dem PC retten - und das will schon was heissen !!!
    Meine PC-Sammlung habe ich im Laufe der Zeit auf ca. 60LP schrumpfen lassen; höre diese aber nur noch unter Zwang .. oder wenn ich die jeweilige LP-Aufnahme tatsächlich nie anders auf CD bekommen. Meist gibt es dann aber Alternativen ..... auf CD - Yeah !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo, du von der anderen Rheinseite!


    Zitat

    1. Kratzer oder Beschädigungen befinden sich an meinen CD´s (jedenfalls augenscheinlich) nie. Dazu ist die CD auch viel zu widerstandsfähig, als dass es da zu Problemen kommen könnte.
    2. Die heutigen Fehlkerkorrekturbausteine in CD-Playern sind so gut, das die gelesenen durch Kratzer ausgelösten Bit-Fehler gar nicht vom Hörer bemerkt werden. In der Regel ist also auch eine alte auf dem Boden gelegene zerkratzte CD kein Thema mehr ...

    Diese Argumente habe ich schon öfter gehört und wir haben auch persönlich darüber gesprochen. Aber ich habe z. Bsp. von meiner kleinen Tochter schon manche CD wegschmeißen müssen.



    Zitat

    Meine PC-Sammlung habe ich im Laufe der Zeit auf ca. 60LP schrumpfen lassen; höre diese aber nur noch unter Zwang .. oder wenn ich die jeweilige LP-Aufnahme tatsächlich nie anders auf CD bekommen. Meist gibt es dann aber Alternativen ..... auf CD - Yeah !

    Ich kaufe mir nur CD die ich nicht als LP besitze, oder die so rar sind, daß ich sie alternativ noch zusätzlich haben möchte. Übrigens: Bei mir waren schon Taminos zu Gast, die vom Klang meiner LP´s überrascht waren und auch keine Verzerrungen am Ende oder sonstige Nebengeräusche wahrnahmen. Also habe ich doch nicht alleine einen schweren Hörfehler. :pfeif:

    W.S.

  • So zu verfahren, erweckt doch stark den Verdacht, daß die Industrie jede nur irgend mögliche Vermarktungsmöglichkeit nutzt, ohne Rücksicht auf den kulturellen und ästhetischen Hintergrund der Langspielplatte an sich, den - so glaube ich beinahe - nur noch die älteren Semester wirklich zu schätzen wissen, die hiermit musikalisch sozialisiert worden sind.


    Lieber Joachim,


    Dein Beitrag klingt vernünftig, obwohl ich davon überhaupt nichts verstehe. Gleich eine "Liebeserklärung" abzugeben könnte plump wirken. Deshalb habe ich das nach alter Strategie mit anschleichen aufgebaut. Es ist schön, dass Du wieder bei uns schreibst. Bitte mache weiter so. Wir brauchen jeden Tamino aktiv und Dich besonders. :hello:


    Herzlichs
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Operus,


    vielen Dank für die freundliche (Wieder-)Begrüßung.
    Ich habe auch nicht wegen Streit oder als irgendwie beleidigte Leberwurst mit dem Schreiben (nicht mit dem Lesen) pausiert, sondern weil ich in meiner gewissermaßen zweiten Karriere als Sachverständiger und Gerichtsgutachter für mein Fachgebiet stark ausgelastet war und bin. Du kannst ja selbst -vermutlich besser als ich- nachvollziehen, wie es mit der Ruhe im "Ruhestand" so bestellt sein kann.
    Aber jetzt bin ich doch entschlossen, mir die Zeit wieder zu nehmen, um zu interessanten Themen meinen Senf dazuzugeben.


    Viele Grüße


    Joachim

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

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  • So zu verfahren, erweckt doch stark den Verdacht, daß die Industrie jede nur irgend mögliche Vermarktungsmöglichkeit nutzt, ohne Rücksicht auf den kulturellen und ästhetischen Hintergrund der Langspielplatte an sich, den -so glaube ich beinahe- nur noch die älteren Semester wirklich zu schätzen wissen, die hiermit musikalisch sozialisiert worden sind.


    Das halte ich für eine Fehleinschätzung. Erstens sind Leute bis Ende 30 mitunter noch mit LPs sozialisiert worden. Wer von denen ein Fan geblieben ist, hat noch viele Jahrzehnte, in denen er seiner Leidenschaft frönen kann.


    Zweitens kann man gerade für Dinge, für die man zu jung ist, schwärmen. Man nehme die regelmäßigen Mode- und Musikwellen "back to the fifties/seventies/eighties"; das betrifft keineswegs hauptsächlich oder gar nur Leute, die die entsprechende Zeit erlebt haben. Das mag oft ein Strohfeuer sein, aber nicht immer.


    Außerdem ist Klassik weitgehend irrelevant beim LP-Revival. In bestimmten Zonen der Populärmusik waren LPs durchweg nicht unwichtig bzw. in den Zeiten, in denen Vinyl nahezu tot war (Mitte der 1990er bis frühe 2000er) wurden die wenigen LPs oft Sammlerstücke. Überhaupt hat Vinyl aus naheliegenden Gründen (Cover, Single, Maxi, Sonderauflagen usw.) oft einen ganz anderen Sammlerwert als CDs.


    Ich glaube, man verfehlt das Vinyl-Revival weitgehend, wenn man meint, dass das hauptsächlich mit Klangqualität zusammenhinge.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Es ist sicher zutreffend, daß hauptsächlich POP/Rock-Platten das LP-Revival befeuern.


    Wer in diesem Jahr 40 Jahre alt wird, ist 1977 geboren; 1982 wurde die CD eingeführt. Ich glaube daher nicht, daß diese Jahrgänge (40 und jünger) in Anbetracht der rasch einsetzenden CD-Hysterie wirklich mit der LP musikalisch sozialisiert worden sind.


    MfG


    Joachim

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

  • Ich (geb. 1972) kenne diese Leute und habe selbst die CD-Einführung quasi miterlebt (wobei die Durchsetzung eher Ende der 1980er war, anfangs war es den meisten zu teuer). Natürlich ist es nicht die Mehrheit, nur halt genügend, dass ein Vinyl-Revival nicht nur mit vor 1970 Geborenen funktionieren muss. Aber sie erinnern sich eben gerade noch so daran, sind ggf. auch von Eltern und älteren Geschwistern geprägt. Wie gesagt, sind es oft "Szenen" oder Nischen, die man als Klassikhörer kaum kennt. Die Klassik-Vinylisten sind aber auch eine stabile Gruppe, wenn auch sehr klein.


    Wie auch immer, die Details sind gar nicht so wichtig. Entscheidend ist, dass vergleichsweise kleine Nischen ausreichen, um sowohl ein Medium als auch Abspielgeräte nicht verschwinden zu lassen. Man konnte zu jeden Zeitpunkt seit der CD-Einführung problemlos einen Plattenspieler kaufen und musste auch nicht ein extrem teures Gerät anschaffen, selbst wenn die Auswahl natürlich deutlich eingeschränkt ggü. den 70er/80er Jahren gewesen ist. Man konnte freilich viel Musik nicht auf Vinyl neu kaufen. Aber es gab die gesamte Zeit einen Gebrauchtmarkt, auf dem man vermutlich für das Geld, für das man neue CDs gekauft hätte, sehr preiswert, LPs kaufen konnte, mehr als man normalerweise Zeit hat, anzuhören.

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    (Bob Dylan)

  • Man konnte sich in den frühen neunziger Jahren enorm günstig mit LPs eindecken, da viele frühere LP-Sammler sich vollständig auf CD umgestellt hatten.
    Viele Wochenenden habe ich in Kellern und auf Dachböden in Bonn und Umgebung zugebracht, um LPs auszusuchen, die mir die Besitzer, froh, das "altmodische Zeug" endlich loszuwerden, sehr oft ohne Bezahlung quasi nachgeworfen haben.
    Die Qualität von gebrauchten Klassik-LP ist oft recht gut, da diese in der Regel nur selten abgespielt werden (eine Ausnahme sind übrigens Weihnachtsplatten, obwohl es hier einige recht intressante Exemplare gibt).


    MfG


    Joachim

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)