Dr. Pingel´s musikalische Perlen vor Bach

  • Dieses Lied stammt von Petrarca (1304 - 1374), dem großen italienischen Lyriker. Er war einer der ersten Europäer, die einen Berg bestiegen aus Lust an der Natur, den Mont Ventoux (heute regelmäßig ein Etappenziel der Tour de France, auf dem der Engländer Simpson ums Leben kam).
    Das Stück wird hier dargeboten vom österreichischen Ensemble Unicorn, mit dem Counter Bernhard Landauer als Solisten.
    Der Text besingt die Liebe zu einer schönen Jungfrau, wobei sich die Richtung dann in die Jungfrau Maria ins Religiöse wendet. Weitere Kompositionen dieses Liedes folgten, etwa von Cipriano di Rore, aber die von Dufay blieb doch die bekannteste.


    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)


  • Eines der eingängigen Lieder von Ockeghem, der ansonsten zum Hören schon gewöhnungsbedürftig ist.
    Es ist ein Lied über verschmähte Liebe, mit dem ständig wiederkehrenden Kehrvers "s´elle m´aymera je ne scay, maiz je me mettray en Essay" (ich weiß nicht, ob sie mich liebt, aber ich werde jede Anstrengung machen).

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)


  • Das berühmte Stück von Josquin auf den Tod von Johannes Ockeghem (ca. 1500). Gesungen werden zwei unterschiedliche Texte gleichzeitig: einmal das klassische Requiem (Herr, schenke ihnen die ewige Ruhe, und das ewige Licht leuchte ihnen; lateinisch), dann parallel dazu ein Gedicht auf Ockeghems Tod von Jean Molinet (französisch). In diesem Gedicht werden vier Komponisten namentlich genannt: Josquin, Piersson, Brumel und Compère.
    Hier in dem Ausschnitt singt besonders klangschön das Ensemble "Vox luminis", nur Männer, wie es damals üblich war.
    (Lionel Messi ist auch wieder dabei 8-)).

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Hier ist eine der berühmtesten Orgelkompositionen von Jan Pieterszoon Swibbertszoon, der aus unbekannten Gründen ab den 1590er Jahren den Namen der Mutter "Sweelinck" annahm, zu hören, der "Ballo del granducca":



    Die hier vorgestellt Fassung war mir bis zu diesem Zeitpunkt unbekannt, doch gibt es einige bei Youtube abzurufen, darunter auch - allerdings nur für seine Fans ein Muss, ansonsten eher ein no go - eine Klavieraufnahme mit Glenn Gould.


    :hello:

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    MUSIKWANDERER

  • Du stellst wirklich schöne Musik ein, die ich meistens nicht kenne. Natürlich ist mir Sweelinck ein Begriff, vor allem, weil es bei der Deutschen Bahn vor der ICE-Zeit einen Eurocity mit dem Namen "Sweelinck" gab, der von Köln über Duisburg, Oberhausen, Emmerich nach Amsterdam fuhr, den ich oft benutzt habe.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

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  • Delalandes Musik ist überaus eingängig, er wurde von Ludwig XIV zwei Jahre nach Lullys Tod zu seinem Nachfolger bestellt.
    "Sinfonies pour les Soupers du Roy"



    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Du stellst wirklich schöne Musik ein, die ich meistens nicht kenne. Natürlich ist mir Sweelinck ein Begriff, vor allem, weil es bei der Deutschen Bahn vor der ICE-Zeit einen Eurocity mit dem Namen "Sweelinck" gab, der von Köln über Duisburg, Oberhausen, Emmerich nach Amsterdam fuhr, den ich oft benutzt habe.


    Wenn es für Dich etwas neues zu hören gibt (vielleicht auch für andere User?) ist ja der Zweck erfüllt. Dafür war mir die Geschichte mit der ehemaligen Deutschen Bundesbahn eine Neuigkeit. Aber ich biete nun hier ein Jahres- und Kirchenzeitlich passendes Chor- und Instrumentalstück von Michael Schulze, Schulte, Schultheiß oder auch Praetorius mit dem Monteverdi-Chor und dem Monteverdi Ensemble Würzburg unter Matthias Beckert:



    :hello:

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    MUSIKWANDERER

  • Delalandes Musik ist überaus eingängig,


    Ja, das kann man, ohne der Übertreibung verdächtig zu sein, so stehen lassen. Ich sehe vor meinem inneren Auge den ganzen Hof in Versailles ein Fest feiern und Le Roi Soleil irgendeine geschwungene Treppe hinuntersteigen...


    :):hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Lieber Dottore,


    ich möchte mich an dieser Stelle einmal für Deinen Einsatz für die Alte Musik in diesem Forum bedanken. Bei mir rennst Du damit offene Türen ein, aber durch Deine Threads entdeckt vielleicht auch der eine oder andere Musikliebhaber, dessen Fokus bislang auf Wiener Klassik und Romantik gelegen hat und für den die Musikgeschichte erst mit Bach und Händel beginnt, den Reichtum und die Schönheit der Musik von Frühbarock, Renaissance und Mittelalter.


    Ein meiner schönsten Neuerwerbungen der letzten Jahre war diese Platte des französischen Ensembles Les Cris de Paris, das von Geoffroy Jourdain gegründet wurde. Unter dem Titel "Memento mori" versammelt es neben zwei kürzeren Stücken von Monteverdi (darunter das berühmte "Lamento d'Arianna", hier in einer Parodie-Version als Lamento auf den Tod Jesu) zwei Kantaten, die Luigi Rossi zugeschrieben werden. Diese "musikalischen Perlen" waren eine wirkliche Entdeckung für mich. Als Kostproben kann ich nur die Teaser beim Werbepartner anbieten:


    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Und noch etwas eingängiges. Das war ja eigentlich die Intention dieses Threads den Verächtern der Barock- alten und frühen Musik durch Einstellen eingängiger Werke diese Epochen näher zu bringen. Heute bringe ich Konzerte aus op 8 von Giuseppe Torelli (1658-1707) sozusagen aus der Blüte des Barockzeitalters (Bach und Zeitgenossen sind Spätbarock) Wir sind hier mehr als eine ganze Generation VOR Johann Sebastian Bach. Auch wenn Torellis Werke heute weniger bekannt sind, so haben sie indes nichts von ihrem Reiz verloren....



    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Ich danke euch für die Beiträge hier, die mir fremde oder unbekannte Bezirke offenbaren. Besonders muss ich in der nächsten Zeit unbedingt etwas von Luigi Rossi einstellen, einem Komponisten, der völlig unterbewertet und zu Unrecht unbekannt ist. Neben ihm gibt es noch aus der gleichen Zeit Salomone Rossi, der Jude war und Psalmen auf hebräisch komponiert hat. Davon haben wir in den 90ern in meinem Essener Vokalensemble fünf hebräische Psalmen gesungen (auf hebräisch. Bei drei lupenreinen Pastoren im Team geht das).

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Dies ist ein Reißer (genauer: una canzona villanesca alla napolitana) aus dem 16. Jahrhundert, geschrieben von dem Flamen (was man schon am Namen sehen kann) Adrian Willaert. Ich habe im Internet versucht, den italienischen Text zu entziffern, aber die meisten Wörter in diesem Text existieren heute auf italienisch gar nicht mehr. Jedenfalls geht es um ein Spottlied auf alte Schachteln oder Halsabschneiderinnen (gemeint sind alte Frauen). Auch dieses Stück ist sehr beliebt bei vielen Chören, Ensembles oder Einzelsängern, die sich mit Sicherheit die Stücke aussuchen, die sie partout nicht singen können. Ich kenne das Stück aus der CD "La dolce vita", wo "Tragicomedia" unter Stephen Stubbs und die "King´s Singers" sich für neapolitanische Musik des 16. Jahrhunderts vereinen. Allerdings muss ich sagen, dass die King´s Singers dieses Stück auch zu brav singen. Da bin ich mit dem hier vorgestellten Ensemble unter Jordi Savall wieder einmal begeistert.




    Ein freches Nachwort: wen dieses Stück in dieser Interpretation nicht sofort begeistert (na gut, Fußwippen reicht auch), der braucht nie wieder auf diese Seite zu gehen.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Der folgende Eintrag erfüllt Bedingung a) VOR Johann Sebastian Bach
    Bedingung b) vor 1700 wird indes nicht erfüllt
    Denn auf diese Weise käme nie ein Werk von Antonio Vivaldi hier in diesen Thread
    Es war aber meine explizite Absicht hier einen seiner Ohrwürmer vorzustellen. Ich habe mich für eines meiner Lieblingswerke entschieden, nämlich ein Mandolinenkonzert von Antonio Vivaldi. Dabei bin ich auf diese hervorragende Aufnahme gestoßen. Das wird mein erster DGG CD-Kauf seit annähernd 2 Jahren....



    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Lieber Alfred, die Bedingungen hier sind nur Anhaltspunkte; und wenn dann so schöne Beiträge kommen, wie dieser hier, ist man sowieso im Recht. Mandoline ist nicht so mein Instrument. Mein Lieblingsstück ist immer der Mandolinenchor im letzten Bild von Pfitzners "Palestrina". Allerdings beherbergt meine Heimatstadt Mülheim an der Ruhr ein Zupforchester, das regelmäßig in Deutschland wie in Europa erste Preise abräumt und das mir am Herzen liegt, weil da Freunde mitspielen und die auch richtig fetzige Sachen spielen.
    Grundsätzlich muss ich sagen, dass Alfred und ich verschiedene Musiken vor Augen haben und dass ich von seinen Vorschlägen immer sehr angetan bin.
    Die zweite Beobachtung, die ich bei der Alten Musik häufig (so auch hier) mache, ist die, dass die Ensembles der Alten Musik meist gute Laune haben und sich mit Lachen die Bälle zuspielen, worauf die Heiterkeit auch auf die Zuhörer überspringt. Die Konzerte von L´Arpeggiata unter Christina Pluhar sind ein Musterbeispiel dafür. Was mir hier gefiel, war zum einen die Komposition, bei der Vivaldi mit einem Schalk im Nacken offensichtlich die Violinen im pizzicato zu Mandolinen umfunktioniert, und zum zweiten, mit welchem Spaß und welchem Können alle Mitwirkenden bei der Sache sind.
    Da fällt mir nur Theodor Storms Häwelmann ein: "Mehr, mehr, sprach der kleine Häwelmann!"

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  • das in evangelischen Kreisen und auch sonst nur in entschärfter Form gesungen wird. Wie das Original lautet, müsst ihr selbst herausfinden.
    Bei YouTube fand ich diese 4 wohlklingenden russischen "matonas".

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  • Dass es Chöre gibt, die Madrigale (dieses von Nola - es gibt eine wunderschöne Aufnahme der King´s Singers davon) nicht singen können, aber es dennoch tun: das kann ich verstehen. Ich war auch an solchen Aktionen beteiligt. Aber warum müssen sie dann das Dokument ihres Scheitern im Internet mitteilen?
    Der schönste Moment, als vor Beginn eine Frau in der ersten Reihe noch mal die Hose hochzieht. Da habe ich schon befürchtet, dass sie auch mit singt. Zum Glück hat sie sich bald wieder gesetzt.

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  • Nach Dilettantismus nun Perfektion: King´s Singers und Tragicomedia.

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  • Ein weiteres wunderschönes Stück ist von Pedro de Escobar (Portugal, um 1500), es heißt Pasame por dios barquero ("Prayer for safe passage across the water to the underworld"), und die beste Version im Netz ist mal wieder von den King´s Singers.


    , 2:22 bis 5:05 min


    btw: Messi hat ja wirklich eine hervorragende Stimme - und diese Diversität der Talente: Bälle versenkt er, Töne nicht - gg

  • Ein wunderbarer Beitrag, lieber Michael. Die King´s Singers haben ja eine Geschlossenheit, die ihresgleichen sucht. Die Lieder entsprechen den spanischen Ensaladas, die meist witzig und musikalisch sehr gut sind.
    Noch eins: ich denke, vor allem nach Hamis unzeitigem Tod, dass wir das Kriegsbeil begraben und uns wieder der Musik zuwenden sollten. Versuch mal, dir meine E-Mail-Adresse wieder zu besorgen und mir deine zu schicken, damit ich dich wieder mit den Pingelschen Errungenschaften versorgen kann. Daran ist mir wirklich sehr viel gelegen!

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  • Bevor die ersten Opern von Peri, Caccini, Schütz (verschollen) und Monteverdi erschienen, gab es Vorläufer. Dazu würde ich folgende Werke zählen: Orazio Vecchi "L´Amfiparnaso" (gibt es in einer schönen Aufnahme vom Deller-Consort), "Rappresentazione di anima e di corpo" von Emilio de Cavalieri (Aufnahme mit dem Linde-Consort und dem Stockholmer Kammerchor) und "La Pellegrina", ein Theaterstück von Girolamo Bargagli, das von den führenden Renaissance-Komponisten der Zeit zur Hochzeit von Ferdinando I. (Medici, Florenz) und Christine von Lothringen vertont wurde. Diese Komponisten waren zu ihrer Zeit sehr berühmt (noch in Pfitzners Palestrina kommen sie vor, als der Schüler Palestrinas, Silla, sich von ihm abwendet und zum Studium zu Bardi nach Florenz reist): Archilei, Bardi, Malvezzi, Marenzio, Caccini, Peri und Cavalieri.
    Ich gebe hier einen Ausschnitt aus der wunderbaren Aufnahme vom Orchester Capriccio Stravagante, Solisten und dem Collegium Vocale Gent unter Skip Sempé wieder.


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  • Biber war ja bereits inmal hier mit seiner "Missa Salisburgensis vertreten. Heute mal was ganz anderers. Geradezu frech muten einige Stellen seiner ´"Battalia a 10" an...


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Schlachtenmusiken waren in der Alten Musik ein gängiger Topos. Ich erinnere mich, dass in Cavallis Giasone sowas vorkommt. Diesen Biber kannte ich nicht, der ist aber ein sehr fetziges Stück. Hesperion XX unter Savall sorgt natürlich wie immer für Qualität.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

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  • In passione positus ist eine Motette von Juan Navarro, von dem ich noch nie gehört hatte. Er wird hier dargeboten von meinem Lieblingsensemble für diese Musik, "Pro cantione antiqua" unter Bruno Turner, eine reines Männeremsemble, das es leider nicht mehr gibt. Dieses Stück zeigt auch deutlich, dass in der spanischen Musik des siglo de oro die Musiker aus der 2. Reihe den Großen wie Guerrero, Victoria, Encina und Morales nicht nachstanden.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Hier horen wir Recercar 33 von Marco Dall Aquila (1480 bis nach 1538)Es gibt auch CDs von diesem Komponisten, dieses Werk ist indes nicht drauf
    Was für eine glückliche Zeit, wo man Lautenmusik auf historischen oder nachgebauten Lauten auf Tonträger hören kann, Noch vor einigen Jahrzehnten, wurde Lautenmusik dann auf einer Gitarre gespielt.....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Was für eine glückliche Zeit, wo man Lautenmusik auf historischen oder nachgebauten Lauten auf Tonträger hören kann, Noch vor einigen Jahrzehnten, wurde Lautenmusik dann auf einer Gitarre gespielt.....


    Kann man so sehen, muß man aber nicht.


    Aus meiner Sicht ist die Gitarre der Laute klanglich überlegen, sprich: runder, klarer, nicht so nasal: sie hört sich schlicht besser an.

  • Dr. Pingel hatte ja bereits ein Beispiel aus dem Schaffen Giovanni Pierluigi da Palestrinas (1525 - 1594) gebracht, mein Favorit ist dieses Stück, das zudem von einem fast außerirdisch guten Chor gesungen wird:



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