Weibliches Schaffen: Ein Marsch der Frauen

  • Hallo liebe Taminos,


    weihnachtlicher Unistress sowie der Weihnachtsstress treiben mir die Schweißperlen auf die Stirn, dennoch möchte ich mir endlich wieder die Zeit nehmen um einen (hoffentlich) für euch interessanten Beitrag zu verfassen. Im Oktober gab es in Wien wie üblich "Die lange Nacht der Museen", ein tolles Ereignis bei dem sämtliche Museen der Stadt bis 2 Uhr Nachts offen haben. An der Akademie für bildende Künste, an der auch eine liebe Freundin von mir studiert, gab es eine Ausstellung, u.a. über weibliche Komponisten. Da mein Wissensschatz beim Thema "weibliche Komponisten" klein ist, beschloss ich mir das ganze einmal an zu sehen. Es gab verschiedene Hörinseln mit Informationen und musikalischen Kostproben zu verschiedenen Komponistinnen:


    Ethel Smyth
    March of the Women und aus "The Wreckers" Prelude


    Alma Mahler-Werfel
    "Die stille Stadt", "Ansturm" und "Der Erkennende"


    Vally Weigl
    Toccatina für Klavier "Listen" und "All day I hear the noise of Waters"


    Henriette Bosmans
    "Sonate für Violoncello und Klavier/Allegro maestoso und "In den Regen"


    Vitezslava Kapralova
    Ritornel, Op. 25, "Love Carol" und Streichquartett-Leno, Pianoconcerto, Suita Rustica



    Ich war nach der Ausstellung sehr beeindruckt über die Größe des weiblichen Schaffens in der (klassischen) Musik, was mir bisher völlig verborgen war.
    Vielleicht können wir hier ein paar Stücke sammeln, ein paar Videos und gute Aufnahmen speziell von Frauen? Was habt ihr so im Regal, das von Frauen komponiert wurde?
    Wie immer wende ich mich was die Erweiterung des Wissens angeht, ehrfürchtig an die lieben Taminos!


    Lg. Stefan

    Die gute Zeit fällt nicht vom Himmel, sondern wir schaffen sie selbst; sie liegt in unserem Herzen eingeschlossen

    .

  • Eigentlich bin ich kein Freund weiblicher Komponisten. Was ich bislang hörte war durchwegs Mittelmaß, oder sanfter ausgedrückt: vermochte MIR nicht zu gefallen. Man wird hier einwenden, dies sei auf meine Ablehnung von Frauen allgemein zurückzuführen - aber das stimmt nicht. So ziehe ich beispielsweise weibliche Krimiautoren ihren männlichen Kollegen gegenüber oft vor. Aber es gibt auch vereinzelt Frauen, die interessante Werke komponiert haben. Dazu gehört beispielsweise Emilie Mayer (1812-1883), deren Klavierkonzert exakt meinen Geschmack trifft.



    Leider ist es ihr einziges und die einzige derzeit verfügbare Quelle ist Youtube. Die Carl Loewe Schülerin schrieb zudem 8 Sinfonien, 4 Streichquartette, zahlreiche Stücke für Klavier Solo, eine Oper und einige Lieder. Insgesamt hinterliess sie 48 Werke mit Opuszahl und zumindest eben so viele ohne eine solche..... Derzeit ist lediglich EINE CD am Markt, wo ihre Sinfonie Nr 5 zu hören ist....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ein schönes (und wichtiges) Thema. Da findet sich bei mir gerade eine Handvoll Komponistinnen, also beschämend wenig:


    Johanna Beyer (geb. 1888): Dissonanter Kontrapunkt für Klavier; Gebrauchs-Musik für Klavier


    Unsuk Chin (geb. 1961): Fantaisie mecanique für fünf Instrumentalisten; Doppelkonzert für präpariertes Klavier, Schlagzeug und Ensemble; Klavierkonzert; Violinkonzert; Violoncellokonzert; Gougalon. Scenes from a Street Theater für Orchester; Rocaná für Orchester; Su für Sheng und Orchester; Xi für Orchester; Akrostichon-Wortspiel für Sopran und Ensemble; diverse Etüden für Klavier


    Gloria Coates (geb. 1938): Sonate für Violine solo; Lyrische Suite für Klaviertrio; Streichquartette (bisher 9)


    Ruth Crawford Seeger (geb. 1901): Diaphonische Suite Nr. 1 für Flöte; Diaphonische Suite Nr. 1 für Oboe; Diaphonische Suite Nr. 2 für Fagott und Violoncello; Diaphonische Suite Nr. 3 für 2 Klarinetten; Diaphonische Suite Nr. 4 für Oboe und Violoncello; Sonate für Violine und Klavier; Streichquartett; Suite für Bläserquintett; Suite Nr. 1 für 5 Bläser und Klavier; Suite Nr. 2 für Klavier und vier Streicher; etliche Klavierstücke; Die Abenteuer von Thomas Däumling für Klavier und Erzähler; ein paar Lieder


    Sofia Gubaidulina (geb. 1931): Quaternion für vier Violoncelli; Am Rande des Abgrunds für sieben Violoncelli und zwei Aquaphone; De profundis für Akkordeon; In croce für Violoncello und Akkordeon; In croce für Bayan und Violoncello; Silenzo für Bayan, Violine und Violoncello; Streichtrio; Streichquartette (3); Concordanza für Orchester; Fachwerk für Bayan, Schlagzeug und Streichorchester; Fairytale Poem - Märchenbild für Orchester; Pro et Contra für Orchester; Sieben Worte für Violoncello, Bayan und Streicher

  • Hallo!


    Eine Komponistin, die ich sehr gerne höre, ist Louise Farrenc:




    Gruß WoKa

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

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  • Eigentlich bin ich kein Freund weiblicher Komponisten.


    Es gibt eine ganze Reihe ausgezeichneter weiblicher Komponistinnen, z. B. Nadia Boulanger, die ernst zu nehmende Werke hinterlassen hat und deren Wirken vielfach ausgezeichnet wurde. Wir sollten einmal kritisch überlegen, ob Frauen als Komponistinnen und Dirigentinnen nicht von der Männerwelt gezielt aus diesen Bereichen der Musik herausgehalten wurden. Seit Frauen mehr auf diesen Gebieten unterwegs sein können gibt es eine immer grössere Zahl von hervorragenden Repräsentantinnen.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Frauen als Komponisten war bei mir bisher auch kein Thema, wird es vielleicht auch nie werden. Irgendwie ist es mir egal, wer welche Musik schreibt, sie muss mir nur gefallen. Die einzige komponierende Dame, die es bisher in meine bescheidene Sammlung geschafft hat, ist die Fanny, die aus dem Hause Mendelssohn-Bartholdy wohlgemerkt. Vielleicht hätte sie interessanteres komponiert, wenn sie älter geworden wäre, so aber hält sich meine Begeisterung für ihre musikalischen Erzeugnisse arg in Grenzen...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Eigentlich bin ich kein Freund weiblicher Komponisten. Was ich bislang hörte war durchwegs Mittelmaß, oder sanfter ausgedrückt: vermochte MIR nicht zu gefallen.

    Wie kann man den beurteilen ob etwas nur Mittelmaß ist? Selbst mit deinem Wissen/ihrem Wissen halte ich solche Aussagen für reichlich verwegen und sie klingend auch übermäßig pauschalisierend.
    Das sie dir nicht gefallen ist schon wesentlich nachvollziehbarer und natürlich voll in Ordnung, jedem wie es beliebt :)



    Wir sollten einmal kritisch überlegen, ob Frauen als Komponistinnen und Dirigentinnen nicht von der Männerwelt gezielt aus diesen Bereichen der Musik herausgehalten wurden. Seit Frauen mehr auf diesen Gebieten unterwegs sein können gibt es eine immer größere Zahl von hervorragenden Repräsentantinnen.

    Das halte ich für den wichtigsten Punkt des ganzen Themas. Ich begebe mich ja meistens nur ungern (zumeist aus männlicher Bequemlichkeit -> Schande über mich) in die Untiefen feministischer Diskussionen oder Rollendiskussionen, ich denke aber das sie hier wirklich geführt werden muss.
    Alleine wenn man sich die Spielpläne diverser Opernhäuser anschaut gibt es da nicht viel, das Selbe gilt für viele Konzertspielpläne div. Häuser. Dabei gibt es doch genug Komponistinnen die alleine von der Quantität her einen Platz im Spielplan haben müssten. Die Metropolitan Oper hat meines Wissens im letzten Jahr etwas von Ethel Smyth aufgeführt aber viel habe ich auf den Spielplänen nicht gefunden.
    Ich denke da spielt auch die Anziehungskraft auf das Publikum eine Rolle. Große Namen wie Tschaikowsky oder Wagner ziehen nun einmal auch das Publikum an, der Name Ethel Smyth ist da bestimmt nicht so bekannt und holt daher auch weniger Publikum ins Haus.
    Das spiegelt sich ja auch im Angebot an Tonträgern wieder, ehrlich gesagt war ich etwas enttäuscht von der ein oder anderen Seite auf der wir hier sonst immer Musik bestellen, da gab es nämlich nicht viel Material zu den Komponistinnen.


    Das sie damals benachteiligt worden sind, steht für mich außer Frage, war doch Smyth nicht umsonst eine Anhängerin der Suffragetten Bewegung. Wenn Frauen nicht einmal Zugang zum Wahlrecht hatten, wie sollten sie dann in einer von damals rein von Männern besetzten Branche ihre Musik an den Mann/an die Frau bringen können?
    Darauf beruht wohl auch die heute fehlende Popularität gewisser Künstlerinnen, hätte man Wagner mit Auftrittsverboten belegt oder im einfach das Orchester nicht zur Verfügung gestellt wüssten wir heute bestimmt auch nichts von ihm oder weniger als wir es jetzt tun.
    Ich frage mich allerdings warum noch heute die Hörgewohnheiten so verstaubt und konservativ anmuten, dass so wenig weibliche Werke es in den Saal schaffen? Immerhin gibt es ja auch bereits viele weibliche Interpreten in Gesang und Instrumentenspiel die mit ihren männlichen Kollegen mithalten oder diese sogar noch übertreffen.
    Man(n) denke da an Yuja Wang, Anna Fedorovna usw., warum dann nicht auch mehr rein weibliche Kompositionen?

    Die gute Zeit fällt nicht vom Himmel, sondern wir schaffen sie selbst; sie liegt in unserem Herzen eingeschlossen

    .

  • Zitat

    Wie kann man den beurteilen ob etwas nur Mittelmaß ist? Selbst mit deinem Wissen/ihrem Wissen halte ich solche Aussagen für reichlich verwegen und sie klingend auch übermäßig pauschalisierend.

    Das ist ein Argument, das die "Mittelmässigen" (und sich darunter befindlichen) gern für sich beanspruchen, denn sie können nur dadurch ihr Unvermögen kaschieren, indem sie jegliche Wertung in Frage stellen. Es entspricht dem momentanen Zeitgeist, niemandem weh tun zu wollen und Qualitätsansprüche zu hinterfragen und zu nivellieren. Aber ein Kritiker - sei er Profi oder Amateur sollte über Urteilsvermögen verfügen - und die Spreu vom Weizen trennen können (Fehlermöglichkeiten natürlich eingeschlossen - aber sie sollten nicht die Regel sein). Gerade die Anspruchslosigkeit heutiger "Konsumenten" hat Minderwertigem Tür und Tor geöffnet. Das war früher anders - Geradezu UNERBITTLICH fielen Kritiken noch in meiner Jugend aus - allerdings stets von Fachwissen untermauert.
    Hier ein kurzer Ausschnitt einer Kritik aus der rennomierten HIFI- und Klassik-Zeitschrift HIFI-STEREOPHONIE von 1976:


    Zitat

    Der unglückselige Tennstedt und mit ihm die EMI lassen nicht von Mahler ab. So muß eben über das drittletzte Ergebnis im Gesamtzyklus ... , über jenes "Idyll der Vierten, in welchem eine innige Frömmigkeit ihren Himmelstraum träumt" (Bruno Walter), gesagt werden, daß Tennstedt die "Einfalt des Herzens" eigentlich nur in einem pejorativer Sinn zu Gebote steht. Alles, was der ?Humor dieser Sorte? (Mahler) an Charme, Leichtigkeit, Poesie und erst recht an Durchblicken auf die dunklen, geheimnisvollen Kontrastflächen, von denen er sich abhebt, brauchte, fehlt dieser Aufnahme auf weite Strecken oder wird durch konterkarierende Momente verwischt und verdorben. Es ist, als habe sich Tennstedt aus den Tempobezeichnungen der vier Sätze "bedächtig, gemächlich, ruhevoll, sehr behaglich" eine Einheitsessenz von spießiger Biederkeit herausdestilliert und dabei die solcherart drohende Langeweile entweder nicht gefürchtet (aus Überzeugung) oder nicht gesehen (aus Blindheit).Wie ein Musterschüler versucht er jedenfalls, jeder Partiturvorschrift gerecht zu werden.....


    Die Rezension ist wesentlich ausführlicher als hier abgedruckt und endet mit der Nachbemerkung, daß der Bericht über diese Aufnahme eine "gelinde Katastropenmeldung sei....


    Man konnte sich damals auf Kritiken nach verlassen - und wie eine Rezension einer heutigen RT-Inszenierung ausgesehen hätte kann man nur erahnen.


    Einen leichten Vorgeschmack darauf bietet Dir meine Rezension, die viel über mich aussagt: Stets unbarmherzig beobachtend und analysierend, sachbezogen und dennoch unanfechtbar in der Schilderung von Gesehenem....
    Das ist aber IMO notwendig, damit sich der kompetente Interessent ein realistisches Bild machen kann....
    Ungeachtet dessen, sollte (aus meiner Sicht) eine Rezension auch eine Prise Ironie enthalten, das mögen die Leser...


    www.tamino-klassikforum.at/ind…page=Thread&threadID=1546


    Über Kompositionen von weiteren Frauen werde ich demnächst schreiben.....


    Nur noch eine allgemeine Anmerkung:
    Heutige Auffassung neigt leider oft dahin auch jenen eine "Chance" zu geben sich künstlerisch zu betätigen und selbst zu verwirklichen, die bei Licht betrachtet eigentlich GAR NICHTS können......


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Das Schicksal einer sich im neunzehnten Jahrhundert als Komponistin betätigenden und mit ihrem - immerhin die Zahl vierhundert überschreitenden und nahezu alle Gattungen beinhaltenden - Werk an die Öffentlichkeit, in das öffentliche musikalische Leben also, treten wollenden Frau kann man in exemplarischer Weise an Fanny Hensel, geb. Mendelssohn erfahren und erleben.


    Ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, dass es zu ihrem liedkompositorischen Werk einen Thread hier im Forum gibt:
    Fanny Mendelssohn-Hensel und ihre Lieder


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  • zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • N'Abend zusammen,


    in einer Phase, in der ich mich viel mit englischer Oper beschäftigt habe, kam mir die eingangs bereits von Traubi erwähnte Ethel Smyth (1858-1944) öfters über den Weg. Besonders mit ihrer Oper "The Wreckers", die 1906, wie ihre vorherigen Opern in Deutschland uraufgeführt worden ist, kam ich öfter in Kontakt. Mir persönlich gefällt die Musik ganz gut - Einflüsse von Wagner sind unverkennbar, aber insgesamt ist ihre Tonsprache doch ungemein englisch - allerdings nicht so englisch leicht wie bei Edward German oder Sullivan - sondern teils eben auch dramatisch verdichtet. Ihre Orchestrationstalent ist unverkennbar. Kein Wunder, dass Bruno Walter das Werk herausbringen wollte (was durch den 1. WK zunichte gemacht wurde), und zumindest das Vorspiel zum 2. Akt oft dirigierte.
    Unten findet ihr die sinfonische Dichtung "On the Cliffs of Cornwall", ein Arragement - soweit ich herausfinden konnte -, welches wahrscheinlich aus diesem besagten Vorspiel zum zweiten Akt stammt. Hört es Euch an - ich finde es handwerklich gut gemacht, aber auch sehr ideenreich mit teils unerwarteten Wendungen (an einer Stelle nimmt sie quasi das Lied "Somewhere over the rainbow" vorweg.



    Vor Jahren gab es bei uns im Wolfsburger Theater ein Sinfoniekonzert, bei dem ausschließlich Werke von Frauen gespielt worden sind - Farrenc, Fanny Mendelssohn und noch eine Zeitgenössin. Obwohl die Werke nett anzuhören und handwerklich sicherlich solide gemacht waren... kann ich Alfreds Ausspruch der Mittelmäßigkeit nicht wirklich brüskiert zurückweisen. Boulanger, Smyth und Germaine Tailleferre sind da wohl schon interessantere Kandidatinnen. Was sicher auch mit der Emanzipationsbewegung zu tun hat...


    LG
    Christian


  • Frauen als Komponisten war bei mir bisher auch kein Thema (...). Irgendwie ist es mir egal, wer welche Musik schreibt, sie muss mir nur gefallen.


    Da möchte ich zu 100% zustimmen! :)


    Allerdings ist an Alfreds These der Mittelmäßigkeit durchaus etwas dran. Hält man sich vor Augen, wie wenige klassische Komponistinnen es insbesondere vor der Gegenwart gab, und unterstellt man weiterhin eine qualitative Normalverteilung deren Schaffens, dann bleibt nicht so viel Raum für Herausragendes. Auch wenn ich an dieser Stelle unterstreichen möchte, dass IMHO ursächlich nicht das Geschlecht, sondern vielmehr die gesellschaftlichen Umständen gewesen sein dürften, die eben so wenige Komponistinnen "produziert" haben.


    Mir haben die Werke von Louise Farrenc, u.a. dokumentiert auf CPO, bisher gut gefallen:



    Viele Grüße
    Frank

  • Hier ein kurzer Ausschnitt einer Kritik aus der rennomierten HIFI- und Klassik-Zeitschrift HIFI-STEREOPHONIE von 1976:


    Dieser Besprechungsausschnitt dokumentiert vor allem Eines, nämlich, wie subjektiv die Bewertung seinerzeit durch den Rezensenten ausfiel. ;)

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  • Dieser Besprechungsausschnitt dokumentiert vor allem Eines, nämlich, wie subjektiv die Bewertung seinerzeit durch den Rezensenten ausfiel.


    Sie erinnert im Tonfall an die Aussagen Adornos bezüglich Sibelius und Tschaikowsky. Ohne die inkriminierte Aufnahme im Ohr zu haben (in der Sammlung steht sie) widerspricht sie jedenfalls der derzeitigen Hochschätzung des Mahler-Dirigenten Tennstedt eklatant. Siehe auch

  • Auf die Gefahr hin, wie eine verkratzte Schallplatte zu klingen: Warum meinen so viele eigentlich, dass negative Beurteilungen auf Voreingenommenheit, unzulässige Subjektivität oder gar Inkompetenz des Rezensenten hinweisen, während positive Beurteilungen eher für "bare Münze" zu nehmen sind?
    Sollten wir das nicht erst einmal gleich behandeln? D.h. wenn wir anderweitige Gründe haben, Inkompetenz, Voreingenommenheit usw. zu vermuten, sollten wir gegenüber allen Beurteilungen (egal ob positiv oder negativ) skeptisch sein. Und wenn wir von Kompetenz und Fairness des Rezensenten ausgehen, sollten wir die Verrisse ebenso ernst nehmen wie die Lobpreisungen. (o.k., das ist hier nicht das Thema. Aber es ist ja klar, dass es ebenso sein kann, dass jemand ein Stück einer Komponistin abwertet, weil er meint, Frauen könnten halt nicht komponieren, wie dass er es aufwertet, um Jahrhunderte unfairer Vernachlässigung auszugleichen. Das gilt natürlich gleichermaßen auch für alle männlichen "unterschätzten" Komponisten.)


    Nadia Boulanger, die vielleicht bekannteste und einflussreichste (unabhängig vom Geschlecht) Kompositionslehrerin des 20. Jhds., hat übrigens relativ wenig komponiert, u.a. da sie ihre tragischerweise sehr früh verstorbene Schwester Lili für die begabtere Komponistin hielt.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Auf die Gefahr hin, wie eine verkratzte Schallplatte zu klingen: Warum meinen so viele eigentlich, dass negative Beurteilungen auf Voreingenommenheit, unzulässige Subjektivität oder gar Inkompetenz des Rezensenten hinweisen, während positive Beurteilungen eher für "bare Münze" zu nehmen sind?


    Hallo Johannes,


    woraus leitest Du ab, dass hinsichtlich der Musik weiblicher Komponisten positive Beurteilungen zu unkritisch/als zutreffend angenommen werden?
    Ich bin ganz bei Dir, der Ausnahmestatus von Komponistinnen mag verstärkt zu Fehlschlüssen in die eine, wie die andere Richtung führen.


    Viele Grüße
    Frank

  • Hallo,


    Musik an sich ist höchst individuell; das gilt umso mehr, wenn es sich um den Musikhörer, -verbraucher handelt. Ich habe nicht nachgezählt, wie oft ich dies schon gepostet habe (und bin mir meiner Meinung ausnahmsweise sehr sicher) - offensichtlich umsonst.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Wir sollten einmal kritisch überlegen, ob Frauen als Komponistinnen und Dirigentinnen nicht von der Männerwelt gezielt aus diesen Bereichen der Musik herausgehalten wurden.


    Fanny, der musikbegabten Schwester von Felix Mendelssohn Bartholdy, wurde es einfach vom Vater untersagt mit Kompositionen an die Öffentlichkeit zu treten. Im Juli 1820 schreibt er seiner Tochter aus Paris:


    »Die Musik wird für ihn (gemeint ist der Bruder Felix) vielleicht zum Beruf, während sie für Dich stets nur Zierde, niemals Grundbass Deines Seins und Thuns werden kann und soll.«

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  • Als weitere Diskussionsgrundlage hier noch eine Literaturempfehlung:


    Eva Weissweiler
    "Komponistinnen v. Mittelalter bis zur Gegenwart" DTV, € 12,89.-


    Man sollte sich m.E. hier nicht nur mit der Musik des 19. und 20. Jahrhunderts beschäftigen; wie steht es z.B. mit Hildegard von Bingen?


    Viele Grüße


    Joachim

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

  • Man(n) denke da an Yuja Wang, Anna Fedorovna usw., warum dann nicht auch mehr rein weibliche Kompositionen?


    Bei Werken der Vergangenheit scheint ja nicht so viel Diskussionsbedarf zu sein, dass weibliche Schöpfer eine kleine Randgruppe darstellten. Dass sie im Konzertbetrieb deshalb weniger vorkommen, ist somit - solange nicht das Geschlecht erstes Kriterium bei der Stückauswahl ist - nicht weiter verwunderlich.


    Interessant wird es dann in der Gegenwart - aber das betrifft natürlich nur Hörer, die Gegenwartsmusik hören.
    :D
    Die Gefahr von aktiver Förderung im Sinne von möglichst viele Frauen bei Preisen/in Konzertprogrammen ist, dass man als Rezipient dann schon geneigt ist zu denken: Warum war blos das jetzt dabei? Ach so - wegen der Frauenförderung.


    Obwohl inzwischen der Frauenanteil stark gewachsen ist, sind sie international in der Minderzahl. Ich würde das allerdings nicht darauf zurückführen, dass an den Unis lauter Sexisten die Aufnahmsprüfungen überwachen, sondern darauf, dass die Beschäftigung "Komponist" auch gegenwärtig weniger Frauen anzieht als Männer - warum auch immer. Man kann sich ja darüber freuen, dass es anteilsmäßig mehr sind, als früher, aber von "ausgleichenden" Maßnahmen "von oben" halte ich gar nichts.

  • Nach längerer Zeit wieder mal was ABSOLUT hörenswertes aus Frauenhand.


    Marie Jaëll (1846-1925) : Piano Concerto No. 1 (1877)


    Aufmerksam wurde ich auf die Komponistin wegen einer soeben beim Label QUERSTAND erscheinenden Gesamtaufnahme ihrer Klavierwerke auf 5 Cds - allerdings mit einer anderen Pianistin. (Siehe erstes abgebildetes Cover) Die weiteren Cover sind die Einzelveröffentlichungen aus denen die Box dan zusammengestellt wurde.
    Es handelt sich durgehend um Digitalaufnahmen ab etwa 2012. Lieder wirl der Klang bei den Klavierkonzterten (zumindest über die Samples !!!) gedeckter als der youtub-clip eine mir bislang unbekannten Aufnahme - Abert alles kann man eben nicht haben.
    Das kompositorische Vermächnis, der mit Liszt bekannten und befreundeten Pianistin und Komponistin ist derart umfassend und qualitativ hochwertig, daß ich darüber nachdenke ihr einen eigenen Thread zu spendieren.....






    mit freunclichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Für den 11. September 2020 ist eine neue CD mit einer einaktigen Oper von Ingeborg von Bronsart (1840-1913) angekündigt: "Jery und Bätely" nach einem Singspiel von Goethe


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ich möchte auf einen Film zum Thema hinweisen, der vielleicht den einen oder anderen interessieren könnte:



    Hier der Trailer:



    mit interessanten pädagogischen Hinweisen aus dem vorletzten Jahrhundert. ;)


    Etwas lustiger ist noch dieser Teaser



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  • Weibliches Schaffen bezieht sich auch auf Dirigentinnen.


    Eine umfangreiche Liste dazu gibt es auf Wikipedia


    https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Dirigentinnen



    Letzthin sah ich im Fernsehen den kürzlich entstandenen Kinofilm „Die Dirigentin“ von Regisseurin Maria Peters. Darin wird ein Teil der Lebensgeschichte der aus den Niederlanden stammenden amerikanischen Dirigentin Antonia Brico (1902-1989) erzählt, die in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts als erste Frau ein Sinfonieorchester dirigierte, nämlich die Berliner Philharmoniker, und dies mit Erfolg.


    Mehr Infos zum Film gibt es hier https://www.swr.de/swr2/musik-…a-peters-im-kino-100.html


    Bundesarchiv_Bild_102-09203%2C_Antonia_Brico.jpg


    Wikipedia informiert über die Dirigentin Antonia Brico https://de.wikipedia.org/wiki/Antonia_Brico


    Heute ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Frauen grosse Orchester leiten.

    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Heute ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Frauen grosse Orchester leiten.

    Eigentlich habe ich diesen Thread aufgesucht um eine Komponistin vorzustellen (Das hole ich etwas später nach) aber vorerst möchte ich hier doch widersprechen. Es ist allmählich in der Tat so, daß immer mehr Frauen große Orchester leiten - warum auch immer.

    Ich sehe da immer die Orchestermusiker 50+, die - ohnehin verbittert, weil sie statt einer Solokariere hier im Orchester ihr Leben verbringen müssen, meist noch ein B-Orchester. Und da stellt man ihnen plötzlich eine Frau vor die Nase - im Unglücksfall 25 Jünger - die einem erklären will wie man ein Stück zu spielen hat, daß man seit 30 Jahren auswendig kennt. ...

    Der Frust wird natürlich nirgendwo erwähnt und gezeigt, weil er erzahlreichen "Opinion-Leadern" nicht ins Weltbild passt.

    Auch das Publikum schätz einen "übermächtigen General" ider "genialen Diktator" am Pult mehr als eine Frau. Au´ch grantelnde Nörgler wie Karlb Böhm. Georges Szell oder Evgenji Mrawinski, ganz zu schweigen von Herbert von Karajan (dem Ersatzgott) oder Sergiu Celibidache.

    Alle längst verstorben, beherrschen sie noch immer einen erklecklichen Anteil des Tonträgermarktes...

    Frauen die Männer "dirigieren" (in allen Bedeutngen des Wortes) wirken auf die Männerwelt mehrheitlich als ein no go....

    Ich halte das für eine zeitgeistige Übergangserscheinung....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Auch das Publikum schätz einen "übermächtigen General" ider "genialen Diktator" am Pult mehr als eine Frau. Au´ch grantelnde Nörgler wie Karlb Böhm. Georges Szell oder Evgenji Mrawinski, ganz zu schweigen von Herbert von Karajan (dem Ersatzgott) oder Sergiu Celibidache.

    Nicht zu vergessen die Pultdiktatoren Toscanini und Fritz Reiner! Da flogen oft buchstäblich die Fetzen ....

    Frauen die Männer "dirigieren" (in allen Bedeutngen des Wortes) wirken auf die Männerwelt mehrheitlich als ein no go.

    Auch wenn ich damit in ein dickes Fettnäpfchen trete, es gibt drei Orte, wo mir Frauen, egal wie alt oder wie schön, ein Graus sind: 1) am Dirigentenpult, 2) auf der Kanzel, 3) als Pilotin in einem Düsenjet.

    Doch da habe ich probate Gegenmittel: zu 1) der Abschaltknopf am TV-Gerät, 2) besuche ich modernistische Gottesdienste (mit Händchenhalten und Reigen um den Altar:huh:) nur dann, wenn es sich gar nicht vermeiden läßt (die sind ähnlich schrecklich wie modernistische Operninszenierungen!), und 3) fliege ich seit Jahren nicht mehr in Urlaub, und Geschäftsreisen finden alterbedingt nicht mehr statt.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Ich sehe da immer die Orchestermusiker 50+, die - ohnehin verbittert, weil sie statt einer Solokariere hier im Orchester ihr Leben verbringen müssen, meist noch ein B-Orchester. Und da stellt man ihnen plötzlich eine Frau vor die Nase - im Unglücksfall 25 Jünger - die einem erklären will wie man ein Stück zu spielen hat, daß man seit 30 Jahren auswendig kennt. ...

    Jaja, das sind so Sachen, da wird ein verbitterter Orchestermusiker 50+ nicht leicht mit fertig :(. Aber ist das ein Argument?


    Stellen wir uns die Situation einer verbitterten Orchestermusikerin vor 50+, ähnlich erfolglos, wie ihr männliches Pendant - inZukunft wird es auch davon immer mehr geben - , die auf ein aufstrebendes Jüngelchen am Dirigierpult schaut, das auch irgendwie meint, die Musik besser verstanden zu haben, als sie als erfahrene Musikerin..... Der Frust ist ähnlich



    Nicht zu vergessen die Pultdiktatoren Toscanini und Fritz Reiner! Da flogen oft buchstäblich die Fetzen ...


    Als sportliches Ereignis sicher nicht zu unterschätzen und sorgt auch für Schlagzeilen in den eingängigen Publikationen, aber wird dadurch die Musik besser? Ich bezweifel das stark. Männliche Dominanz gibt es natürlich auch in der Geschäftswelt und mittlerweile bin ich an vielen Stellen davon überzeugt, dass die qualitative Überlegenheit von aus diesem Bereich kommender Entscheidungen und Konzepte einfach bloß selbstgefällige und positionssichernde Gerüchte sind. Ich denke im Konzertbetrieb ist es ähnlich.

  • So - und nun mein geplanter Eintrag: Die österreichische Komponistin. Cembalistin und Sängerin Marianna von Martinez lebte von 1744-1812

    Sie war zu Lebzeiten überaus berühmt und bezeichnet Haydn und Porpora als ihre Lehrer (Auf der Wikipedia-Haydn-Seite ist sie nicht als Schülerin angeführt

    Sie war Tochter des Zeremonienmeisters des päpstichen Nuntius in Wien.Dieser war mit dem Hofdichter Metastasio befreundet, und dadurch gelangte Marianna in den Genuss dessen Schulung in Sachen Sprche und Literatur. Durch das Netzwerk von Metastasio und ihres Vates hatte sie Zugang zur besten Gesellschaft, sie spielte bei Hof für die Kaiserin Maria Theresia. Seit 1773 war sie Mitglied der Accademia Filarmonica di Bologna.

    Hier nun der erste Satz des Klavierkonzerts in A-Dur (insgesamt hat sie 3 geschrieben)



    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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