Alexander Glasunow - Die 8 Symphonien

  • Ich erwidere mal hier, weil es besser hier her passt.



    Lieber Josef,


    nimmt man Deine dankenswerten Höreindrücke und Beschreibungen der Glasunow-Sinfonien-Thread´s von Dir zusammen, dann stelle ich fest, dass es bei allen Sinfonien eine "feurige Coda" gibt. Man könnte deine Sätze aus den Sinfonien-Threads hierhin kopieren und es ergäbe sich eine deutliche Ähnlichkeit.
    :D Vielleicht hätte ich bei einigen Sinfonien bei den Hördurchgängen bis zum Schluss durchhalten sollen ... denn nicht alle Sinfonien habe ich bis zum Schluss durchhören wollen (mir wurde es einfach zu langatmig). :untertauch:


    Jedenfalls braucht man sicher keine andere GA als die mit Swetlanow, der es schafft die Werke noch einigermaßen mit Spannung aufzuladen, sodass sich ein gewisser Hörspass ergibt ... besonders die Naxos-Aufnahmen mit Anissimow habe ich als "kalter Kaffee" in Erinnerung und erst nach langem "Wiedereinstellen" absetzen können ...


    Im Grunde muss ich Dir zustimmen. In den meisten seiner Symphonien dreht Glasunow erst im Finale richtig auf. Und die letzten Minuten sind für gewöhnlich die Höhepunkte. Das ist Musik, wie wir beide sie schätzen. Leider wirkt Glasunow ansonsten oft gehemmt und arg zurückhaltend. Das Lyrische dominiert bei ihm selbst in den düsteren Werken. Wenn man Glasunow allein durch die acht Symphonien kennt, kann man ihm m. E. nicht denselben außergewöhnlichen Rang eines Tschaikowsky zuerkennen. Einzig die 6. Symphonie erinnert relativ stark an diesen. Hörenswert finde ich ansonsten noch besonders die Siebte und die Achte. Die extrem lyrische Dritte empfand ich stellenweise doch arg langatmig. Auch die so hochgelobte Fünfte wollte mir nicht unbedingt als der Highlight erscheinen. Swetlanow hat Recht, wenn er die Achte hervorhebt. Diese hat fraglos den dunkelsten und am tiefsten gehenden langsamen Satz, der durchaus mit vergleichbaren Sätzen von Tschaikowsky, Bruckner oder Mahler mithalten kann. Dies allein katapultiert Glasunow aber wohl doch nicht ganz auf deren Level.


    Aber es gibt noch mehr von Glasunow als die Symphonien. Die kürzeren Orchesterwerke und Tondichtungen "Der Kreml", "Der Wald", "Das Meer", "Aus dem Mittelalter" und einige mehr zeigen einen deutlich zupackenderen, auf den Punkt gebrachten Stil. In meinen Augen würden es etliche dieser Werke verdienen, auch hierzulande aufgeführt zu werden. Von der Qualität dieser kürzeren Orchesterwerke ist Glasunow durchaus auf einem Niveau mit dem viel häufiger gespielten Sibelius. In den Symphonien wirkt er im Vergleich viel behutsamer, geht weniger aus sich heraus. Und doch wurden praktisch alle seine Symphonien von der zeitgenössischen Kritik in den Himmel gelobt, was einen aus heutiger Sicht doch wundert, bedenkt man die teilweise völlig überzogenen damaligen Verrisse der späten Tschaikowsky-Symphonien, die heute zum vielgeliebten und vielgespielten Standardrepertoire gehören. Ein mit der Genialität der 5. oder 6. Symphonie von Tschaikowsky vergleichbares Werk hat Alexander Glasunow m. M. n. nicht geschaffen. Trotzdem ist er insgesamt sicherlich ein bedeutender und hörenswerter Komponist, der knallhart an seinem Stil der 1880er Jahre bis zuletzt festhielt.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Glasunow - Sinfonien mit Fedossejew, N.Järvi oder Swetlanow


    Beitrag aus "Heute gehört":

    Zitat von Adriano

    Dachte auch so wie Du, Joseph II, doch, nachdem mir Järvi dringends empfohlen wurde, habe ich sie mir gekauft und war regelrecht "baff" :-) Swetlanov und Rojdestvensky (beide super, natürlich) habe ich, nebst derjenigen Tadaaki Otakas, übrigens auch. Serebier soll anscheinend auch sehr gut sein, doch nachdem ich von Musikern erfahren durfte, wie dieser Dirigent mit ihnen absolut unfreundlich während Proben umgeht, will ich keine CDs mehr von ihm haben.

    Ich hatte zuerst die höchstlangweiligen NAXOS-Aufnahmen mit Alexander Anissimov. Die habe ich ganz schnell wieder aus meiner Sammlung entfernt und mir Swetlanow gekauft (WARNER-CD_BOX) !!! ;) Welch ein Unterschied wie Tag und Nacht.


    Nur was nicht einkomponiert ist, da kann selbst ein Swetlanow aus nicht mehr herausholen. Bis auf wenige Sinfonien (Nr.4, 6 und 7) empfinde ich die Glasunow-Sinfonien eher als recht langatmig (um nicht zu sagen langweilig).


    Es wundert mich, dass Fedossejew so schlecht weg kommt, da dies ebenso sein Repertoire sein sollte. Aber wie gesagt, was nicht da ist, da kann man auch nicht mehr drauß machen. Und für N.Järvi würde ich mir trotz aller Lobeshymnen von Adriano für dieses Repertoire kein Cent mehr ausgeben ... :pfeif:



    :!: Viel besser, kurzweiliger, anregender sind von Glasunow seine Sinfonischen Dichtungen, Ouvertüren und Kurzwerke , wie u.a. Stenka RAZIN, La Mer und Fantasie Finlandaise, die allesamt von Swetlanow auf CD aus der Taufe gehoben wurden:

    1. enthalten in seiner Sinfonien_GA (WARNER) --- Abb Beitrag 23

    und

    2. in der Swetlanow-10CD-Box (Brillant)

    --- siehe dazu auch Beitrag 29.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Voll einverstanden mit Dir, teleton, was die öftere Langweiligkeit dieser Symphonien betrifft :-)

    Ich hab übrigens Swetlanovs frühere Glazunov-"Gesamteinspielung" (1961-1990, remastered fürs Russische CD-Label TGI - auf 18 CDs). Da sind wirklich einige "kürzere" Schätze drin. Und "Raymonda" dirigiert er süperb! Nehme an, die Warner-Aufnahmen wurden später gemacht, so wie auch andere dieser (leider nicht abgeschlossenen) Warner-Serie.

  • Ich habe relativ lange einen Bogen um Glasunow gemacht. Ich kann das gar nicht erklären, aber als Student besuchte ich ein Konzert, in dem sein Violinkonzert gegeben wurde, was mir damals nicht besonders zusagte. Danach fehlte wahrscheinlich einfach die Neugier, mich mit seinem sinfonischen Werk auseinanderzusetzen. Als ich es dann doch tat, war ich fast ausnahmslos positiv überrascht. Mir gefallen die Sinfonien im Grunde alle ziemlich gut, wenn auch einige weniger (2./3.) als andere (4./5./7.).


    Verbreitet ist das (Vor-)urteil, dass Glasunow die dramatische Auseinandersetzung scheut, dass er mit angezogener Handbremse komponiert und nur in den Schlüssen alles 'raushaut'. Ich kann verstehen, wo dieses Urteil herkommt, denke das selber manchmal und halte es dann doch wieder für ungerechtfertigt. Höre ich die 8 (plus Fragment der 9.) Sinfonien, habe ich nicht unbedingt den Eindruck verwehrter Dramatik, Kraft oder Energie. Gerade im Zentrum seines sinfonischen Schaffens, in der 4. bis 7. Sinfonie höre ich kraftvolle, konsequente russische Sinfonik. Ein wenig im Stile Tschaikovskys, aber auch mit einem deutlich eigenen Klang. Dazu kommen schönste elegische Melodien (Kopfsatz der 4. Sinfonie!) und gelegentlich höchst eingängige Folklore (Scherzo der 5. Sinfonie). Das bedeutet im Ergebnis, dass ich bei Glasunow die gelegentich nachgesagte Langeweile nahezu nie empfinde und besonders seine Sinfonik für einen Höhepunkt der (russischen) Romantik halte, die ich inzwischen regelmäßig und immer mit großem Gewnn höre.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Angeregt durch diesen thread habe ich mal meine GA herausgesucht, Nr.1 ertönt gerade. Klingt , obwohl live aufgenommen, gut :


    5028421947198.jpg

  • Ich schrieb vor etlichen Jahren, dass ich besonders Glasunows Symphonien Nr. 6, 7 und 8 hörenswert fand, gerade aber und noch mehr auf den Punkt gebracht die Symphonischen Dichtungen "Der Kreml", "Der Wald", "Das Meer" und "Aus dem Mittelalter". Diese Höreindrücke müssten natürlich noch einmal überprüft werden. Swetlanows klassische Einspielungen für Melodia waren damals meine Wahl.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões