Georg Hann - Ein großer österreichischer Baß

  • Aus meiner Sicht ist die Frage ganz einfach zu beantworten. Sowohl Gottlob FricK, als auch Kurt Böhme sangen noch bis in die 70er Jahre hinein - ich beziehe mich hier vor allem auf die Schallplatte. Die Aufnahmen Hanns auf meiner Preiser RECORD CD stammen aus den frühen 40er Jahren. Männerstimmen konnten damals schon recht naturgetreu aufgezeichnet werden. 1955 erfolgten die ersten ernstzunehmenden Streoaufnahmen durch die Decca, DGG folgte erst um 1959, produzieerte dann aber im Eilzugtempo. Man kann sagen, wer da nicht mehr im Aufnahmestudio mit dabei war, fiel zumindestens für die nächsten Jahrzehnte dem Vergessen anheim

    Genauso ist es! Irgendwie doch beruhigend, dass einige hier verstehen, was ich gesagt habe, und dies genauso sehen.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber wok, Du hast mich in Deinem Beitrag 42 auf eine Aufnahme gebracht, die ich so nicht kannte: Prinz Eugen von Loewe mit Georg Hann in der Begleitung von Hubert Giesen. Danke. Zunächst war ich davon ausgegangen, dass ich sie in meinen Beständen habe. Irrtum. Ich habe eine Aufnahme von Hann mit Orchester und Männerchor im letzten Vers. Nun also die Klavierfassung. Wunderbar. Gibt es da wohl noch mehr mit Giesen? Die Orchesterfassungen von Loewe-Balladen, die ich durchaus zu schätzen weiß, klingen ja immer etwas monströs. In diesem Jahr sind in Löbejün bei den Festtagen einige solcher Bearbeitungen von bedeutenden Komponisten zum Vortrag gekommen.


    Es grüßt Rheingold


    Lieber Rheingold,


    Schön, von Dir zu hören!


    Ja, die Aufnahme der Loewe-Ballade Prinz Eugen mit Hann und Giesen gefällt mir auch ausgesprochen gut, und auch ich ziehe die transparente Klavierfassung Orchesterfassungen vor. Mit Hann/Giesen kenne ich im Augenblick leider keine weitere Aufnahme.


    Ich schätze auch Hubert Giesen als Klavierbegleiter sehr. Ich bin auch glücklich, daß ich von Schubert 6 Lieder aus "Schwanengesang" mit Giesen als Klavierbegleiter von Josef Traxel besitze (wunderbar "Das Fischermädchen" !!). Giesen hat ja fast alle großen Sänger ihrer Zeit begleitet, wie z. B. Hans Hotter, Ernst Haefliger, Peter Anders, Gerhard Hüsch, Rudolf Watzke, Hermann Prey, Julius Patzak, Karl Schmitt-Walter, Hans Hermann Nissen, Walther Ludwig und eben Georg Hann.


    Sollte ich noch auf andere Aufnahmen mit Hann/Giesen stoßen, so würde ich mich bei Dir wieder melden.


    Viele Grüße


    wok

  • Georg Hann ist - genau wie Josef Traxel - in meinem CD-Regal eine terra incognita. Ich bin ja kein Stimmenfetischist, die entsprechenden Aufnahmen finden sich von daher bei mir nicht. Aber Rheingold hat - wie Willi bei Traxel - eine Liste mit Einspielungen gepostet, da kann ich ja mal stöbern gehen...


    Ich erinnere mich an eine gute Bekannte, Stuttgarterin (inzwischen verstorben), aber durch das Elternhaus für die Oper seit Kindheit gewonnen, die oft von den großen Gesangskapazitäten im Opernhaus ihrer Heimatstadt geschwärmt hat. Sie hat mir aber auch mal erzählt, dass sie Georg Hann als einen überheblichen Zeitgenossen in Erinnerung hatte...

    .


    MUSIKWANDERER

  • Ihr wisst ja, dass ich deutsch gesungene Opern sehr gerne höre. Ich finde vieles schlichtweg authentischer. Beim Singen ind er Originalsprache habe ich mehrfach schon das Gefühl gehabt, dass die da oben gar nicht wissen, was sie gerade singen. Es klingt schön, zweifelsohne, aber tief empfunden scheint mir vieles oftmals nicht.


    Georg Hann ist ein richtiger Schauspielersänger. Er kann mit seiner Stimme den Rollen etwas viril gewalttätiges verleihen, was er bei seiner Interpretation des Scarpia oder des Sebastiano mit Wonne tut. Im Zusammenspiel mit der Tosca der Hildegarde Ranczak und dem Cavaradossi von Rosvaenge erlebe ich jedes Mal einen richtigen Krimi. Der Mord ist in keinster Weise lächerlich, sondern brutal wie die Duschszene in Psycho. Großartig ist Hann auch in der Cavalleria und als Mephisto. Sein "Dort gehörst Du...MIRRRRR!" lässt mir Schauer über den Rücken laufen. Als Rusalkas Wassermann oder als Gremin kann ich ihn mir nicht vorstellen. Seine Rollen sind die der verschlagenen, mit Männlichkeit protzenden Typen. Aber vielleicht täusche ich mich.

  • Sein "Dort gehörst Du...MIRRRRR!" lässt mir Schauer über den Rücken laufen. Als Rusalkas Wassermann oder als Gremin kann ich ihn mir nicht vorstellen. Seine Rollen sind die der verschlagenen, mit Männlichkeit protzenden Typen. Aber vielleicht täusche ich mich.


    Ich finde es gut, wenn wie es Knuspi getan hat, Eindrücke von Aufnahmen vorgestellt oder auf neue und unbekannte Aufnahmen hingewiesen wird. Tatsächlich bringt es wenig wenn verglichen wird, welcher Sänger was wie oft gesungen oder aufgenommen hat. Die Genannten waren alles großartige Bassisten mit sehr persönlichen Merkmalen in Stimme und Ausdruck. Als ich mir hier im Forum Die Arie "Ja, das Schreiben und das Lesen" von Hann gestaltet angehört habe, war mein Urteil sofort fabelhaft. Auch Böhme konnte dieses Stück augezeichnet interpretieren, allerdings gab er dem "Affen" sehr viel Zucker. Frick und wahrscheinlich auch Greindl hätte den Operettenschlager nie so singen könnnen, oder sie hätten ihn erst gar nicht gesungen. Dagegen hätte ich mir Hann schlecht als Philipp in "Don Carlos" oder Gurnemanz in "Parsifal" vorstellen können. Das heißt, es sollte immer der Sänger in einer bestimmten Partie beurteilt werden. Jedoch wurden auch schon damals mögliche Verkaufszahlen bei der Besetzung berücksichtigt und da waren im deutschen Fach die populären Zugpferde : Schwarzkopf, Rothenberger, Köth, Hallstein, Schock, Konja, Metternich, Cordes, Fischer-Dieskau, Frick und Böhme - um nur einge zu nennen, die hohe Absatzzahlen garantierten. Heute noch viel mehr spielen also oft ganz andere als künstlerische Gesichtspunkte die entscheidende Rolle bei der Sängerauswahl.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zitat

    Zitat von »Knusperhexe«
    Sein "Dort gehörst Du...MIRRRRR!" lässt mir Schauer über den Rücken laufen.


    Mein lieber Hans!


    Einige Opernfreunde, auch in meinem Bekanntenkreis, stören sich an Aussprache und Dialekt von Sängern und Sängerinnen. Sie mögen keine Amerikaner oder Engländer in deutsch-gesungenen Opern. Oder stören sich an dem rollenden "RRR" eines Marcel Cordes, an dem gaumeligen Dialekt eines Sandor Konya, dem leichten Lispeln einer Hildegard Behrens, so hier an dem Österreicher Georg Hann. Diese kleine Auswahl an Beispielen (bei Interpreten, die zu meinen Lieblingssängern gehören) zeigt, daß nicht immer die Schönheit der Stimme alleine zählt!

    W.S.

  • Zitat

    Wenn Hildegard Behrens "leicht lispelt", dann ist Barack Obama "leicht gebräunt"!


    Du bist doch sonst immer bestens informiert. Da hättest du in dem Thread "Die berühmte Stimme" (wahrscheinlich direkt bei Hildegard Behrens) lesen müssen, daß diese Bemerkung da einigemale fiel. Es ist schon etwas länger her, aber ich habe damals schon diese Bemerkungen beanstandet. Sie stammen nicht von mir, sondern ich habe sie hier nur als Beispiel gebracht. Ich höre Hildegard Behrens sehr gerne, besonders als Leonore (Fidelio). X(

    W.S.

  • Du kannst die ja auch gerne hören, aber das ändert nichts daran, dass sie insbesondere ab ca. 1990 wirklich arge Artikulationsprobleme hatte, von ihren extremen Registerbrüchen ganz zu schweigen.
    In einem "Salome"-Mitschnitt aus München 1987, wo sie die Titelpartie singt (neben Ekkehard Wlaschiha als Joachanaan) ist das noch nicht so auffällig, wie es dann in den Aufführungen war, die ich in den 1990er Jahren (vor allem als Brünnhilde an der Deutschen Oper Berlin, 1994 und 1998) mit ihr erlebt bzw. erlitten habe.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Um mir nach längerer Zeit ein genaues Urteil über Georg Hann zu bilden, habe ich mir eine selten gespielte LP herausgesucht. Sie beinhaltet: Aus dem APOTHEKER von Haydn "Dies Püppchen"; aus den MEISTERSINGERN von Wagner "Was duftet doch der Flieder"; "Guten Abend Meister", "Da ist er" mit Maria Müller und Eugen Fuchs; aus MARGARETHE von Gounod "Ja das Gold"; aus DON CARLOS "Weshalb bleibt ihr verborgen" mit Mathieu Ahlersmeyer und aus BORIS GODUNOV von Mussorgsky die Arie des Pimen und Duett mit Rudolf Schock. Fazit: Ich sehe ihn hervorragend als König Philipp und auch der Pimen wird glaubhaft in interpretiert.

    W.S.

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  • Fazit: Ich sehe ihn hervorragend als König Philipp und auch der Pimen


    Lieber Wolfgang,


    ich muss gestehen, dass ich Georg Hann noch nicht in der Partie als Philipp hörte, obwohl ich angeregt durch unsere Diskussion Hann jetzt mehrfach genossen habe. Deshalb ist mir Dein Urteil wichtig. Dennoch bleibe ich bei meiner Ansicht: Die Stärken von Hann liegen in einer voluminösen Stimme mit sehr schönem, warmen Timbre und in seiner natürlichen, zupackenden Art des Vortrags. Dabei liegen meine Vergleiche in der Spitzengruppe der deutschsprachigen Bassisten. Ein persönliches Erkennungsmerkmal ist in der Regel ein USP, also ein gewisses Alleinstellungsmerkmal für einen Sänger. Genau dies ist bei Georg Hann gegegeben.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Die Stärken von Hann liegen in einer voluminösen Stimme mit sehr schönem, warmen Timbre......


    Lieber Operus,
    dazu kann ich vielleicht eine kleine Anekdote erzählen, die mir in den 60er Jahren in München mehrfach von alten Melomanen erzählt wurde.
    Als ein Dirigent - es soll Clemens Krauss gewesen sein - ihm einmal vorhielt, der habe in der Aufführung distoniert und gar falsche Noten gesungen, antwortete er: "Jo mei, da kanntet ihr mi goarnet bezohln, wenn i auch noch richtig singen tat, bei der scheenen Stimm, wo i hoab!".


    Ob mir der Dialekt jetzt richtig gelungen ist, bezeifle ich. Vielleicht kann das jemand besser umschreiben. Aber die Worte wurden stets gleich überliefert. Deshalb habe ich sie auch noch bestens im Ohr!


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Als ein Dirigent - es soll Clemens Krauss gewesen sein - ihm einmal vorhielt, der habe in der Aufführung distoniert und gar falsche Noten gesungen, antwortete er: "Jo mei, da kanntet ihr mi goarnet bezohln, wenn i auch noch richtig singen tat, bei der scheenen Stimm, wo i hoab!".

    Lieber Caruso,


    danke für die tolle Anekdote. Ist das köstlich :hahahaha: :hahahaha:


    Herzlichst
    Manfred

    "Menschen, die nichts im Leben empfunden haben, können nicht singen."
    Enrico Caruso


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