Ludwig van Beethoven: Sinfonien - Welcher Zyklus ist der Beste?

  • Ich gestehe, dass ich "A.H."'s Aussagen zu bestimmten "Heiligtümern" der klassischen Musik auch als provokant und auch als kokett empfinde. Wenn man bei einem zweifellos überragend bedeutsamen Komponisten zwei seiner Kern-Werke lakonisch als uninteressant hinstellt, sollte man das schon mehr begründen. Muss man aber in diesem Forum nicht nicht, und das ist grundsätzlich auch gut so.


    Dass dieses Verhalten solch agressive Reaktionen hier hervorruft, wundert mich - nachdem A.H. deutlich kundgetan hat, dass er das nicht näher zu begründen gedenkt, ist es einem doch unbenommen, seine Beiträge zu ignorieren.

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Zitat

    Dass dieses Verhalten solch agressive Reaktionen hier hervorruft, wundert mich - nachdem A.H. deutlich kundgetan hat, dass er das nicht näher zu begründen gedenkt, ist es einem doch unbenommen, seine Beiträge zu ignorieren.


    Nichts anderes wird jetzt auch geschehen. Aber es ärgert mich einfach, dass ich ganz konkret im anderen Thread ein Mozart-Angebot gemacht habe, bei dem genau die Harmoniewechsel - an denen sein Herz doch angeblich hängt - so berückend schön sind, und er sich dann weigert, es auch nur anzuhören. Ich bin im Vorfeld auf mehrere seiner Beiträge zustimmend bzw. Interesse zeigend eingegangen.


    So kann doch wohl Austausch in einem Forum nicht aussehen - oder liege ich da völlig falsch?


    Wahrscheinlich hast Du dennoch Recht! In Zukunft einfach ignorieren!


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Willi´s Beitrag vom 04.September hat mich angeregt mich wieder einmal mit Freude mit den Beethoven-Sinfonien zu beschäftigen. :angel: Was kann es in der Musik lohnenswerteres geben ?



    Deinen obigen Beitrag halte ich hier zur Beantwortung für angemessener, als im Thread "Referenzaufnahmen des Philadelphia Orchestra", lieber Willi.
    ;) Denn so einfach sollte man sich das mit den "Referenzen" nicht machen. (Dazu hatte ich Dir ja im anderen Thread schon meine Verwunderung mitgeteilt.)


    Meine Neugier und wegen des aussergewöhnlich günstigen Preises dieser digitalen Beethoven-Sinfonien-GA (EMI, 1985-1988, DDD) mit Riccardo Muti (für knapp 9 Euro incl.Versand), habe ich mir diese gleich bestellt; nach wenigen Tagen war die GA im Neuzustand da.


    Bisher habe ich die Sinfonien Nr. 5, 1, 7, 8, 4, 2 gehört. :thumbsup: Meine überraschenden Eindrücke sind eindeutig und durchweg als positiv zu bezeichnen. Meine Überraschung deshalb, weil ich Muti eher nicht in die reine Klassik "einsortiert" hatte.
    An seinem straffen, sinfonisch klingenden (keine Ansätze von HIP) gleich bleibend guten Beethoven-Interpretationen gibt es nichts auszusetzen. Der digitale Philadelphia-Sound (hier auch (oder trotz) EMI) ist ausgezeichnet und bildet das Orchester sehr natürlich und detailreich ab, sodass auch die geliebten Pauken nie zu sehr im Orchesterklang eingebettet erscheinen.
    Als Referenz würde ich diese Muti-GA jetzt nicht bezeichnen, aber als eine sehr hörenswerte und sehr gute GA. Muti liefert keine besonderen Exzesse, sondern bietet einen spannenden Beethoven der Mitte, der Spass macht und zudem über alle Sinfonien mit dem fabelhaften Philadelphia Orchestra ein gleichbleibend hohes Niveau abliefert. Seine Tempi sind eher auf der straffen Seite, aber Muti macht auch in dieser Hinsicht keine Mätzchen hier von klassischen Konventionen abzuweichen.


    Wenn ich mir über die Jahre überlege, welche Beethoven-Sinfonien-GA bei mir dazu gekommen sind, so gab es immer mal einige Sinfonien innerhalb der Zyklen, die mir mehr oder weniger gelungen erschienen; so glichbleibend deutlich nicht mal bei Leibowitz oder Karajan und erst recht nicht bei Mackerras; erst recht nicht bei Zinman und Blomstedt. So eindeutig klar über alle Sinfonien habe ich das nur bei meinen Lieblings-GA mit Bernstein (SONY), P. Järvi (SONY-DVD), Chailly (Decca) oder Solti (Decca, DDD) empfunden.


    Jedenfalls kann ich mich bei Dir bedanken einen weiteren TOP-Beethoven-Zyklus in meiner Sammlung zu haben.
    Nein, den "vergessenen Zyklus" hat man wirklich nicht ohne eine Denkanstoss auf dem Schirm!

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Das freut mich, lieber Wolfgang, dass dir der Muti-Zyklus nun doch so gefällt. Manchmal ist es eben doch der Zyklus des klassischen Ebenmaßes, oder wie du es auch ausdrücktest, der "ohne besondere Exzesse", der für sich einnimmt und den einen oder anderen, z. B. mich, dazu veranlasst, ihn zu den persönlichen Referenzen zu rechnen. In der Tat liegen wir ja bei den von dir genannten Bernstein, Järvi, Chailly und Solti eh' auf einer Wellenlänge.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Nach langer Zeit ist nun auch einer der interessantesten Beethoven-Zyklen komplett, der sich seit Jahren unter meinen Top-Ten behauptet und konstant bei mir gelistet ist:



    Bomi Lee, Agnieszka Rehlis, Adam Krzeszowiec, Tareq Nazmi


    Polish Chamber Choir
    Polish Chamber Philharmonic Orchestra Sopot
    Wojciech Rajski


    Label: Tacet, DDD, 2006-2015


    :hello: LT


  • In diesem Monat November 2015 erschien diese Box von Analekta mit den Sinfonien Beethovens gespielt von dem Symphonieorchester Montreal mit Kent Nagano.
    Die Aufnahmen stammen aus den Jahren 2007 - 2014.
    Sie erschienen zunächst auf einzelnen CDs bei Sony und wurden nun in einer 6 CD-Box zusammen gefasst.


    JPC liefert zum limitierten Sonderpreis von 29,99 Euro.
    (Amazon.de verlangt derzeit teure 46,18 Euro für die Box.)

    mfG
    Michael

  • Hallo zusammen,



    Ludwig van Beethoven (1770-1827)
    Symphonien Nr. 1-9


    Annemarie Kremer, Wilke te Brummelstroete, Marcel Reijans, Geert Smits
    Netherlands Symphony Orchestra
    Jan Willem de Vriend


    stereo & multichannel (Hybrid)
    Challenge, DDD, 2008-2010
    6 Super Audio CDs 


    Ich darf mich an dieser Stelle über mich selbst wundern, denn ich hätte nicht gedacht, dass ich diesen Beitrag so würde schreiben können. Gekauft habe ich diesen Zyklus mit „gebremstem Eifer“, vorwiegend, um eine moderne, neue SACD-Ausgabe von guter künstlerischer Qualität in der Sammlung zu haben. Der Preis tat dann ein Übriges.
    Bekommen habe ich deutlich mehr. Die Einspielungen zeigen exemplarisch die Meisterschaft Beethovens, wie viel in dieser Musik steckt und wie viele Deutungsmöglichkeiten und zulässige -ansätze es gibt! Was wolle man Besseres über eine Interpretation schreiben? Zumal ich mich dazu bekennen muss, ein ewiger „schon wieder eine neue Beethoven-GA“-Nörgler zu sein…
    De Vriend und das Netherland Symphony Orchestra aus Enschede spielen nicht bloß engagiert, frisch und transparent, geben den Tönen Raum und lassen sie teilweise mit neu wirkenden Betonungen erklingen, sie überzeugen gleichfalls mit einer flexiblen Tempowahl. Das i-Tüpfelchen ist dann das exzellente Klangbild der Aufnahmen. Dieser Zyklus spielt für mich ganz, ganz weit vorne mit. Ich bin begeistert, wie schon lange nicht mehr von einer Gesamtschau der Beethoven’schen Sinfonien!
    Hört rein, bitte!
    Kritiken, z. B. hier und hier. Einen Artikel über de Vriend findet ihr hier.


    Viele Grüße
    Frank

  • Lieber Frank,


    von Anfang an habe ich die Erfahgrung gemacht, dass man alle Beethoven-Zyklen bezüglich der einzelnen Sinfonienaufnahmen nicht über einen Kamm scheren kann. Es sind immer Sinfonien-Aufnahmen dabei die nicht ganz so überzeugen - andere dafür mehr.


    Deshalb meine Frage: :?: Welche der Beethoven-Sinfonien haben dich bei Jan Willem de Vriend besonders überzeugt ??



    Nur ein Beispiel:
    Zuerst ganz konventionell --- Bei Karajan (DG (egal welche)) überzeugt mich die Sinfonie Nr.8 nicht "so doll"; die klingt mir zu altbacken, konservativ. Dafür empfinde ich die Sinfonien Nr. 5, 7, 9 als herausragend.


    Mein letzter neuer Zyklus war Chailly (Decca) --- da finde ich die Sinfonie Nr. 8 geradezu hammermässig. Bei der Aufnahme der Sinfonie Nr. 7 fehlt mir hingegen der zündende Funke, obwohl auch nicht übel. Von ganz anderem Kaliber ist da bei der Siebten P. Järvi in Bonn 2010 (SONY-DVD) ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Die Hörschnipsel sind ja nun wirklich vielversprechend, vor allem von der Zweiten, mit der ich stets meine Hörsitzungen beginne. An der Gesamtdauer der Zweiten sehe ich, dass sich de Vriend auch wohl inmeinem Lieblingssatz, dem Larghetto, wohl genügend Zeit gelassen hat. Dieses Larghetto ist es ja auch, das Karajan in seiner ersten DG-Gesamtaufnahme so überragend gestaltet hat. :rolleyes:
    Auf jeden Fall besten Dank für den wertvollen Tipp, lieber Frank!


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Gerne, lieber Willi!


    Deine Frage ist leider nicht so einfach zu beantworten, lieber Wolfgang. Möglicherweise ist keine einzige Einzelsinfonie in einer absoluten Referenzaufnahme enthalten. Das mag ich nicht beurteilen. Die Deutungen wirken auf mich in Summe bzw. im Mittel einfach ungeheuer frisch, wohlbekannt - klar - aber auch glleichzeitig neu. Dabei absolut stimmig, nicht erkennbar gezielt auf Effekte oder Extreme getrimmt. Da erklingt manches, wie ich es bisher nicht im Ohr hatte. Angesichts vieler mehr oder weniger uniformer Gesamtaufnahmen eine echte Wohltat.


    Sehr gut gefallen haben mir die weniger populären Werke 1, 2 und 4. Insbesondere die Interpretation der 1. scheint diese "wachsen" zu lassen.


    IMHO ist das einer der gelungensten Zyklen der letzten Jahre. Chailly aus Leipzig hat mich dagegen weitaus weniger berührt, wirkt auf mich gegen de Vriend - ich mag es eigentlich gar nicht schreiben - beinahe uninteressant. :untertauch:


    Naja, vielleicht hat ja noch jemand Aufnahmen aus dem Zyklus und mag etwas dazu schreiben, damit mein "Fanboy-artiger" Sermon hier nicht als Einzelmeinung wohlmöglich in die Irre führt.


    Viele Grüße
    Frank

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Gestern habe ich die 9. noch einmal gehört, unter de Vriend. Auch wenn mir die Sängerriege nicht als besonders herausragend erschien (das habe ich schon mit Stimmen gehört, die mir besser gefielen), scheint mir die Deutung insgesamt sehr gelungen. Gerade das Finale entwickelt einen beinahe rauschhaften, orgiastischen Sog, der auf mich sehr folgerichtig, sehr werkgetreu wirkt. Mich hat die Interpretation absolut gefangen genommen!


    Viele Grüße
    Frank

  • Zitat

    Naja, vielleicht hat ja noch jemand Aufnahmen aus dem Zyklus und mag etwas dazu schreiben, damit mein … e Einzelmeinung wohlmöglich in die Irre führt.


    Diesen Zyklus besitze ich ebenfalls seit einiger Zeit und bin über die Frische und Interpretation des Orchesterspiels echt begeistert.


    Ich denke, dass alles, was Hüb bereits gesagt/geschrieben hat bewusst zu unterstreichen.


    Wer de Vriend nicht kennt, hat sowieso was verpennt … :baeh01:

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)


  • Diesen Zyklus besitze ich ebenfalls seit einiger Zeit und bin über die Frische und Interpretation des Orchesterspiels echt begeistert.


    Ich denke, dass alles, was Hüb bereits gesagt/geschrieben hat bewusst zu unterstreichen.


    Wer de Vriend nicht kennt, hat sowieso was verpennt … :baeh01:


    Dem kann ich mich nur vollumfänglich anschließen!

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Die Eingangsfrage kann ich nicht beantworten, dafür sind mir die Sinfonien zu unterschiedlich angelegt, als daß ein Dirigent/ Orchester hier in der Gesamtsumme deutlich überragt.


    Bei der 4.Sinfonie ist es z. B. die Adagio-Einleitung zum ersten Satz, der ich mich immer sehr konzentriert widme.


    Bisher kenne ich nur eine Aufnahme, die vor diesem dunklen, fast düsteren Hintergrund den Aufbau von zaghaft/zerbrechlich Richtung forsch/kraftvoll schlüssig darstellt und die Musik - wie die Sonne nach dunklen Wolken - zu diesem so vorwärtsstürmenden lebensfrohen Stimmungswandel führt.


    Das Wechselspiel von Spannung und Entspannung bleibt bis zum Ende der Sinfonie in dieser hohen Qualität erhalten.


    Es ist die Einspielung von Bruno Walter mit dem eigens für diese Aufnahmen zusammengestellten Columbia Symphony Orchestra.

  • Die Mitglieder des Forums, von denen die meisten ja schon 30++ :untertauch: sind ist die nun folgende Erklärung ja überflüssig, aber vielleicht ist sie für jüngere Mitleser nicht uninteressant: Die Inflationären Veröffentlichungen von Beethoven Sinfonien Zyklen begannen ja erst seit der Ära Karajan. Aber auch dann wurden sie nur selten auf einmal gekauft. Während man heute möglichst die ganze Werkgruppe in der geschlossenen Lesart EINES Dirigenten kennen will, und sich allenfalls dann eine Zweit- oder Drittversion kauft (echte Fanatiker natürlich mehr), so war man in früheren Zeiten eher der Auffassung, daß jeder Dirigent nur eine kleine Auswahl der Sinfonien überzeugend gestalten könne, auch deshalb, weil er nicht jede Sinfonie gleichermaßen mag. Dazu kam - quasi unterstützend - die Tatsache, dass Schallplatten enorm teuer waren....
    Heute bekommt man - quasi für'n Appl und'n Ei - jede Menge an Komplettzyklen. Was natürlich eine Auswirkung auf das Konsumverhalten hat...
    Man kauft einen Gesamtzyklus auf 5 CDs zum Preis von eineinhalb Normalpreis-CDs und hört nur seine 3 Lieblingsaufnahmen daraus...


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Man kauft einen Gesamtzyklus auf 5CDs zum Preis von eineindhalb Normalpreis-CDs und hört nur seine 3 Lieblingsaufnahmen daraus...


    Wirklich? Ich würde das nicht verallgemeinern. Beethovens Sinfonien sind alle unterschiedlich, keine ist einer anderen ähnlich. Durch diese Vielseitigkeit sind sie alle interessant, je nach Stimmung greife ich mal zu dieser, mal zu jener. Sicher gibt es graduelle Abstufungen untereinander, die 1. Sinfonie ist natürlich nicht vergleichbar mit der 3. oder 9., aber ich höre sie alle mal. Bin ich in Feierlaune, muss es die 8. Sinfonie sein. Ich lese ja hier die Einschätzungen über diese oder jene Einspielung, da ich aber schon so einige habe, frage ich mich dabei immer, muss das nun auch noch sein? Bei Beethovens 9. habe ich die Auswahl unter 21 Aufnahmen und noch einigen auf DVD. So sehr viele Zyklen sind nicht dabei, viele sind Einzelaufnahmen, auch weil es früher keine Gesamtboxen gab. Ich schließe nicht aus, mir noch irgendwann vielleicht etwas zuzulegen, aber dann muss das schon mehr als vielversprechend sein.
    :hello:

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP


  • Lieber Frank,


    mit ein paar Tagen Verspätung habe ich gerade etwas Senf übrig, den ich zu Deinen informativen Zeilen dazu geben kann... ;)


    Ich kenne und besitze:


    CD 1: Sinfonien 4 und 6; CD 2: Sinfonien 1 und 5


    und habe gestern bestellt:



    -Sinfonien 7 und 8
    (bei der 2., 3. und 9. Sinfonie werde ich bei günstigen Angeboten ebenfalls käuflich tätig werden...)

    Ebenfalls gestern hatte ich die CD mit der 4. und 6. Sinfonie gehört und komme zu einer ähnlichen Einschätzung wie Du.
    Die Tempi sind frisch, aber weniger stark an den Metronomangaben orientiert wie bei z.B. Järvi, Chailly oder Gardiner. Das Orchesterspiel wirkt durch die etwas entspannteren Tempi weniger "akademisch" als bei z.B. Gardiner (insbesondere bei den neuen Aufnahmen mit dem Orchestre Révolutionnaire et Romantique), die Musik kann mehr "atmen", "organisch fließen".
    Das Klangbild profitiert enorm von der guten Balance der einzelnen Orchestergruppen zueinander; es entsteht zu keiner Zeit der Eindruck einer "Pflichtveranstaltung".


    Du hattest die 4. Sinfonie besonders hervor gehoben. Zu recht, denn wenn man nicht gerade "Kleiberschen Überschwang" erwartet, dann hört man eine sehr schwungvolle Interpretation und fragt sich, warum die 4. Sinfonie ein "Schattendasein" in der Aufführungshäufigkeit von Beethovens Sinfonien führt. Es macht Spaß die Sinfonie zu hören.


    Ähnliches gilt im Prinzip auch für die "Pastorale". Es ist eine farbige, tempomäßig gut disponierte und sensibel ausgehörte Aufnahme, bloß ist mir de Vriend in der Vermittlung der Stimmungen der vermeintlichen "Programme" der einzelnen Sätzen ein bisschen zu verhalten. Die "Szene am Bach" z.B. klingt bei Philippe Herreweghe noch "fließender", noch farbiger; man spürt die einzelnen Stimmungen deutlicher.


    Einen (off-topic) Tipp habe ich noch in Bezug auf Jan Willem de Vriend:



    -Gustav Mahler, Sinfonie Nr. 1

    Hier ist die frühere Hamburger Version von 1893 zu hören und das so für mich überzeugend wie in keiner anderen Aufnahme (sorry, Herr Hengelbrock ;) ).

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo Norbert,


    danke für Deine differenzierten Höreindrücke. :)
    Den Tipp mit Mahler 1 nehme ich gerne auf. Meiner Erinnerung nach war die CD bei meiner Bestellung im Rahmen der Challenge-Classics-Aktion ebenfalls dabei.
    Werde sie demnächst sicher hören, denn Mahler steht sowieso mal wieder an.


    Viele Grüße
    Frank

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Hab mir grade die Beethoven Sinfonien mit de Vriend bestellt. Handelt es sich hierbei um eine Studioproduktion oder um einen Livemitschnitt? Wer sind die Sänger bei der 9. Sinfonie?

  • Wer sind die Sänger bei der 9. Sinfonie ?


    Solisten:
    Annemarie Kremer
    Wilke te Brummelstroete
    Marcel Reijans
    Geert Smits


    Consensus Vocalis


    The Netherlands Symphony Orchestra,
    Jan Willem de Vriend

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)

  • Ist eine Studio-Produktion. Die Sänger sind in meinem Beitrag oben genannt, aber natürlich auch bspw. bei jpc zu finden.


    Viele Grüße
    Frank

  • Beethoven - Sinfonien mit Ansermet


    Warum nicht mal wieder Beethoven ?


    ;) 8) Ist doch sowieso der Beste !!!


    --------------------

    Spass beiseite.

    Vorige Woche hatte ich von Willi und Norbert in "heute gehört" etwas über den Beethoven-Sinfonien-Zyklus mit Ansermet (Decca) gelesen.

    Da diese GA auf zwei Doppel-CD´s (ohne die Neunte) recht preiswert war und mich auf Grund der überzeugenden Worte von Norbert und Willi brennend interessierte, habe ich mir diese gekauft.


    Ich habe noch lange nicht alle Sinfonien durch, aber bin bisher absolut begeistert, so wie zuletzt bei der Neuanschaffung der Leibowitz_GA; oder auch bei einigen mit Solti.


    Die Decca-Aufnahmen (Sinf.Nr. 1-4) sind von 1959 - 1964; liegen also im Bereich des meistverkauften Beethoven-Zyklusses von Karajan (DG, 1962) ... klingen aber ungleich besser ... da sage ich nur = D E C C A !!!


    Ansermets "romatikfreie" direkte und packende, kraftvolle Int mit stimmigen und zügigen Tempi überzeugt mich voll. Und die von Willi erwähnten (und von uns Beiden geliebten) Pauken sind fabelhaft integriert ... und weit klarer und besser als bei Karajan.

    Ich gebe zu, dass ich das Ansermet (den ich eher für russisches und franz.Repertoire auf dem Schirm habe) so kraftvoll nicht zugetraut hätte !


    Kurz und Bündig:

    :angel: Das ist ein ganz famoser Beethoven - Zyklus mit Hörspaß erster Klasse: Von Ansermets intensiver Int wie auch der astreinen Decca-Klangtechnik her ... :hail:


    Decca, 1959-1964, ADD


    Decca, 1958-1964, ADD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

    Einmal editiert, zuletzt von teleton ()

  • Lieber Wolfgang,


    es freut mich, dass dir dieser Beethoven so viel Freude bereitet.


    Das, was diese Gesamtaufnahme auszeichnet (neben den stimmigen Tempi und der altersgemäß guten Klangqualität), ist die Tatsache, dass das Orchester im Zeitraum der Aufnahmen nicht oft Beethoven gespielt hat. Dadurch haben die Einspielungen etwas spontanes, fast neues. Es ist zwar nicht messbar, aber zumindest spürbar, ob ein Orchester ein Repertoirestück "runterleiert" oder ob man sich gemeinsam quasi auf eine "Entdeckungsreise" macht. Hinzu kommt ein auch heute noch recht transparentes Klangbild und eine tatsächlich "zupackende" Interpretation. Es wird nichts verschleppt oder über-romantisiert. Und dadurch kann diese Gesamtaufnahme auch nach (fast) 60 Jahren noch begeistern.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Ich hab mal kurz hineingehötz, als behauptet wurde die Aufnahme es tontechnisch besser als jene zeitgleiche unter Karajan für DGG

    Track 4 des hier verlinkten Samples bestätigt diese Behauptung- Diesers Feuer - dieseser strahlende Glanz. Diese Aufnahme ist bei meiner nächsten Bestellung mit dabei....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    ich bin gespannt, ob Dir die Aufnahmen so gut gefallen werden wie Willi, Wolfgang und mir...


    Wolfgang hatte die Doppel-CD der 9. Sinfonie und einiger Ouvertüren nicht verlinkt. Das sei hiermit nachgeholt:


    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Ich freue mich ja außerordentlich, dass Euch der Anserrmet-Beethoven so gut gefällt. Nach seinem Tod ist der Zyklus in den USA auf dem London-Label als LP-Box erschienen, die ich dann später zusammen mit der Ormandy GA gekauft hatte. Das klare, saubere und frische Musizieren, das immer noch zarte Lucidität zulässt, etwa be der 6. Sinfonie, hat mich von Anfang an begeistert. Aufgrund seines LP-verfügbaren russischen Repertoires war ich schon in den späten 1970ern Fan des großen Schweizers, dessen Platten auch 10 Jahre nach seinem Tod immer noch im deutschen Rundfunk gespielt wurden. Beethoven war insofern eine Trouvaille, als es nicht üblich war damals, dass ein Plattengeschäft solche Importe vorhielt, von denen der Bilefelder-Katalog mal gerade die Aufnahme der 9. von Beethoven unter Ansermet kannte. Die Ouvertüren hat man in der LP-VBox allerdings unterschlagen, daher musste ich mir die CD's dann auch noch zulegen.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Lieber Thomas,


    ich schätzte Ansermet schon länger, aber z.B. wegen seiner "klassischen", fantastischen Interpretation des "Schwanensee" oder wegen des "Bolero", bei dem Ansermet einer der wenigen Dirigenten ist, der das Tempo, so wie vorgesehen, vom ersten bis zum letzten Takt durchhält.


    Die Beethoven-Aufnahmen besitze ich seit Ende 2009 und bin immer noch sehr angetan (aus gegebenem Anlass höre ich gerade die 1. Sinfonie und denke, ich werde mir die Doppel-CD ganz anhören) von der Spielfreude des Orchesters, vom liebevollen Zugang Ansermets, von den stimmigen Tempi, von der guten Transparenz im Orchester.


    Zusammen mit den Gesamtaufnahmen von Klemperer, Cluytens, Monteux und Paul Kletzki ist das für mich die Gesamtaufnahme aus den 50ern, 60ern, zu der ich immer wieder greife, weil die Sichtweisen der Dirigenten "zeitlos" ist. Natürlich nicht zu vergessen René Leibowitz und ibs. Hermann Scherchen, deren schnellen, teilweise radikalen Tempi mich heute auch noch begeistern.


    Im Beiheft wird Ansermets Interpretationsansatz als "Poésie de l'exactitude", also als "Poesie der Exaktheit" beschrieben. Diese Beschreibung passt sehr gut, denn Ansermet hält sich, natürlich im Zeitkontext gesehen, denn es werden z.B. längst nicht alle Wiederholungen gespielt, an das, was in der Partitur steht, aber sein Beethoven klingt tatsächlich poetisch, siehe oben "liebevoll".

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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