Dieser thread gehört dem STREICHQUINTETT!

  • Hallo!


    In der Boccherini-Box von Capriccio finden sich auch sechs Streichquintette, darunter das Streichquintett F-dur op. 36 Nr. 6 (G 336), in dessen ersten Satz die Celli den Klang von Maultrommeln nachahmen - soviel zum "musikalischen Humor" Boccherinis, der den Satz "allegro giusto dello scacciapensiero" betitelt hat. Scaccia pensiero ist wohl das italienische Wort für Maultrommel.
    Insgesamt habe ich manchmal den Eindruck, Boccherini hat eher Celloquintette als Streichquintette komponiert...


    Viele Grüße,
    Pius.


  • Es gibt nur ein außerordentliches Streichquintett... ;)


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Pius
    Insgesamt habe ich manchmal den Eindruck, Boccherini hat eher Celloquintette als Streichquintette komponiert...


    Salut,


    könnte es vielleicht daran liegen, dass Boccherini gelegentlich mal selbst Cello gespielt hat?


    :beatnik:

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo,


    komme gerade von meinem mittäglichen Spaziergang über die Düsseldorfer "Kö" zurück ins Büro. War mal eben beim Saturn, ein bisschen wühlen (nichts entspannt mich mehr :D ) und habe bei Mozarts Streichquintetten ein auf den ersten Blick doch sehr verwirrendes CD-Cover entdeckt, das mich stutzen machte:



    "Viola Quintette" von Mozart war zumindest eine Gattungsbezeichnung, die ich von ihm so noch nicht kannte. Ein 2. Blick auf die Rückseite (Köchelnummern sei Dank!) erwies dann jedoch, dass es sich einfach um eine Aufnahme der allgemein eher als "Streichquintette" bekannten Mozart-Werke handelt. Schade eigentlich, da war ich gerade richtig neugierig (und sogar tendenziell kaufbereit) gewesen und dann sooo was :wacky:


    Wie kommen die bloß auf so eine unübliche Bezeichnung? Im Englischen heißt es doch sonst auch immer "String Quintets"?
    Natürlich weiß ich, dass die Zusammensetzung eines Streichquintetts variieren kann, das ist oben bei Dvorak ja auch schon angeklungen, aber Mozarts Streichquintette sind doch alle in der "klassischen" Besetzung 2x Violine, 2x Viola + Cello komponiert worden, oder? Ich gehe einfach mal davon aus, dass die Besetzung 2x Violine, Viola, 2x Bass (Cello und/ oder Kontrabass) eher die Besetzungsausnahme darstellt.... ?(


    Daher müsste man doch eigentlich nicht unbedingt darauf hinweisen, dass es sich um Streichquintette mit doppelter Viola-Stimme handelt ?(

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Salut,


    das Streichquintett hat sich sehr viel länger als das Streichquarett [hier ist die Besetzung ja klar] entwickelt. Man hat da im 18. JH sehr viel herumexperimentiert - es gibt sogar Quintette mit 3 x Vl, 1 x Va und 1 x Vc - ich weiß nur jetzt nicht ad hoc von wem.


    Die Bezeichnungen sind aber eigentlich logisch: Ein klassisches Streichquartett plus ein weiteres Instrument, welches namensgebend ist, vgl. Klarinetten-Quintett, Klavierquintett - so auch Violaquintett oder, wie Pius es zufällig nannte, Cello-Quintett. Ich finde diese Bezeichnungen ohnehin irreführend - man könnte meinen, bei einem Klavierquintett spielen fünf Klaviere... :rolleyes:


    Bei den -quartetten ist das ganz gleich: Ein Streichtrio plus Wahlinstrument, z.B. Flötenquartett, Klarinettenquartett, Klavierquartett... Das Violintrio KV 575 ist mein liebstes :yes:


    Bei Mozart allerdings ist die Bezeichnung streng genommen unsinnig, er komponierte nämlich ausschließlich Violaquintette, wenn es um reine Streicherbesetzung ging.


    Cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

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  • Ulli schrieb:

    Zitat

    Die Bezeichnungen sind aber eigentlich logisch: Ein klassisches Streichquartett plus ein weiteres Instrument, welches namensgebend ist, vgl. Klarinetten-Quintett, Klavierquintett - so auch Violaquintett oder, wie Pius es zufällig nannte, Cello-Quintett. Ich finde diese Bezeichnungen ohnehin irreführend - man könnte meinen, bei einem Klavierquintett spielen fünf Klaviere...


    Das mit den 5 Klavieren in einem Klavierquintett habe ich noch nie so gesehen - aber es könnte mir gefallen :D


    Ich fand die Bezeichnung "Viola-Quintett" auch deshalb irreführend, weil ich gewohnt war, das quasi der "Gast", der mit dem klassischen Streichquartett zusammen musiziert, diesem den Namen gibt: Klavier-, Oboen-, Klarinettenquintett, usw.


    Diese "Gast"-Instrumente sind nun aber auch eindeutig als "Fremdkörper" -weil keine Streichinstrumente- sofort erkenn- und hörbar und haben auch deutlich herausgehobene, solistische Passagen zu spielen.


    Bei den erwähnten "Violaquintetten" von Mozart hatte ich zunächst beim bloßen Lesen des Covers direkt an derartige Beispiele gedacht und mir schon vorgestellt, dass die zusätzliche "Gast"-Viola hier eben auch deutlich gegenüber dem Streichquartett abgehoben wird und zur Abwechslung auch mal solistisch tätig werden darf (gibt ja auch bei Mozart für die Bratsche nicht allzuviel Gelegenheit dazu).
    Aber de facto ist es ja hier "nur" eine weitere Viola-Stimme im Ensemble der anderen Streicher, die ein Mozart-Streichquartett von einem seiner Streichquintette unterscheidet - rein besetzungtechnisch gesehen.
    Daher finde ich die Bezeichnung "Viola-Quintett" in diesem Zusammenhang eher missverständlich und etwas unglücklich, gerade auch für Leute, die nach Zuwächsen in ihrer (in den meisten Fällen wahrscheinlich leider nur sehr spärlich bestückten) Sammlung mit Werken für solo oder solistisch eingesetzte Viola suchen....

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Salut,


    ja, Du hast natürlich betr. des Missverständnisses Recht - ich hatte auch im ersten Moment gestutzt. Aber: in aller Regel [von KV 174 vielleicht einmal abgesehen] sind doch alle Instrumente in Mozarts Streichquintetten ziemlich gleichberechtigt. Als Ausnahme in der Kammermusik für Streicher können höchstens die Preußischen Quartette gelten, wo das Violoncello eine noch bedeutendere Rolle zugeteilt bekommt.


    Wegen Solo-Viola schau Dich ggfs. mal bei Rolla um. Es gibt ein Violakonzert in Es-Dur, das Mozarts Concertante KV 364 in fast nichts nachsteht.


    Von Mozart selbst - nehme ich an - wirst Du neben der Concertante KV 364 die Duos KV 423 und 424 sowie das Kegelstatt-Trio KV 498 haben. Ein kleiner Trost ist noch das Konzert-Fragment A-Dur für Violine, Viola und Violoncello KV 320e.


    Cordialement
    Ulli

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    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Ich habe nach einer etwas längeren Pause erneut Dvoraks Streichquintett op. 97 mit dem (erweiterten) Talich Quartett gehört.


    Die ersten beiden Sätze sagen mir sehr zu.


    Im 1. Satz gefällt mir die Vorstellung und die kunstvolle Verbindung von einem flotteren Thema im hüpfenden Rhythmus und einem mehr lyrischem getragenem.


    Im 2. Satz, der als Rondo gestaltet ist, finde ich den Kontrast zwischen dem übermütigen furiosen Tanzthema und dem gesangsartigen Thema im Mittelteil reizvoll. Wobei auch hier manchmal die Themen miteinander verwoben sind.


    Der 3. langsame Satz mit 5 Variationen eines getragenen Themas ist nicht so nach meinem Geschmack. Er ist mir zu ruhig und zu düster im Grundton.


    Auch der wieder flotterem Schluss-Satz finde ich weniger ansprechend. Er erscheint mir nicht so kunstvoll, er wirkt teilweise etwas eintönig, gar langweilig auf mich.
    Nach meinem Konzertführer gehört dieser Satz auch objektiv nicht zu den gelungesten von Dvorak Er wird da beschrieben als von orchestraler al-fresco-Technik geprägt - ein Begriff, mit dem ich nur wenig anfangen kann (wer kann mir das erklären?) - und gearbeitet mit einfacher Reihung.


    Insgesamt zwar lohnend, aber sicher nicht eines meiner Lieblingsstücke von Dvorak.

    Anna-Beate

  • Während das Streichquartett die Formation ist, die mir die meisten Lieblingswerke darbietet, verhält sich das Streichquintett etwas zurückhaltender.


    Aber zwei Werke finde ich wirklich sehr stark, und da gehe ich konform mit Cosima. Die beiden Streichquintette von Johannes Brahms mag auch ich sehr; es sind meine Lieblingsstreichquintette. In ihnen atme ich frische Luft.


    Aber es ist eigenartig und schade, dass für das Streichquintett im Gegensatz zum Quartett verhältnismäßig wenige große Werke geschaffen wurden; schließlich bietet diese Besetzung wunderbare Klangmöglichkeiten: etwas dichter als das Quartett, aber dennoch intim.


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Zitat

    Original von Uwe Schoof
    Aber es ist eigenartig und schade, dass für das Streichquintett im Gegensatz zum Quartett verhältnismäßig wenige große Werke geschaffen wurden; schließlich bietet diese Besetzung wunderbare Klangmöglichkeiten: etwas dichter als das Quartett, aber dennoch intim.


    Vermutlich liegt das einfach daran, dass spätestens nach Beethoven das Quartett als "Königsgattung" etabliert war und es nun auch professionelle Quartettensembles gab, die großen Werke für diese Genres für die Hausmusik nun weitgehend zu anspruchsvoll waren. Beides Motivation für Komponisten, sich hauptsächlich ans Quartett zu halten.
    Vor diesem Hintergrund gibt es, finde ich, gar nicht so wenige hochklassige Streichquintette:
    Mozart 4 (+ das frühe KV 174 und die Bearbeitung KV 406/516b)
    Beethoven 1 (Originalwerk)
    Schubert 1
    Mendelssohn 2
    Brahms 2
    Bruckner 1
    Dvorak 1 (berühmtes in der trad. Besetzung)


    Allerdings haben sich die zentralen Quartettkomponisten des 20. Jhds. wie Bartok, Schönberg, Schostakowitsch seltsamerweise überhaupt nicht in dieser Besetzung betätigt...


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Lieber Theophilus, dieses unglaubliche Stück Kammermusik in meiner Sammlung geht auf das Konto des Tamino-Forums. In einem Kölner Plattengeschäft konnte ich heute eine Aufnahme dieses Quintettes mit dem Tanejew-Quartett, ergänzt um Mstislaw Rostropowitsch erstehen. Das Ensemble braucht für dieses hinreißende und schlicht unbeschreiblich schöne Adagie 17:25 min. Ohne Deine Erläuterungen wäre ich bei dem Klang der parallel geführten Streicher tasächlich ausgesprochen irritiert gewesen (zumal das von Dir zitierte Harmonium bei Dvoraks Bagatellen op. 47 für Streichqu. und eben Harmonium tatsächlöich vorkommt). Die angesprochene Platte (Vergleich muß sein) habe ich ergänzt um eine CD mit dem Alban Berg Quartett und Heinrichh Schiff. Ich pirsche mich nun langsam an das Stück heran und vergleichshöre im Moment das Adagio. Da haben IMO die Russen eindeutig die Nase vorn. Das ABQ klingt erdiger, die Violinmelodie drängelt sich recht stark nach vorn. Vor allem aber brauchen die Russen geschlagene drei Minuten länger, was schon ein deutlicher Unterschid ist. Insgesamt klingt die Einspielung mit dem Tanejew Quartett weicher, melancholischer, und, was natürlich sehr subjektiv ist, sie kommt dichter an die Seele heran als die Einspielung des ABQ. Meinen herzlichen Dank an diejenigen Mitstreiter, dieses ganz und gar unglaubliche Stück Musik zum Thema gemacht haben.
    Liebe Grüße vom Thomas

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Hallo, Uwe!


    Zitat

    Aber es ist eigenartig und schade, dass für das Streichquintett im Gegensatz zum Quartett verhältnismäßig wenige große Werke geschaffen wurden; schließlich bietet diese Besetzung wunderbare Klangmöglichkeiten: etwas dichter als das Quartett, aber dennoch intim.


    Na ja, von Boccherini gibt es ja Streichquintette wie Sand am Meer (118 laut Klassika).


    Aber es stimmt schon, im 20. Jahrhundert ist die Gattung quasi ausgestorben. Das erscheint mir durchaus merkwürdig; der Grund, den Johannes genannt hat (Streichquartett = Königsgattung), kann dafür doch nicht allein ausschlaggebend sein, oder?


    Von (einigermaßen) bekannten Komponisten gibt es im 20. Jahrhundert nur folgende Streichquintette:


    Tanejew (1901)
    Vaughan-Williams (1912)
    Martinu (1927)
    Milhaud (1952)


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Hallo,


    es ist ein aufführungstechnisches Problem. Das Streichquartett ist eine "Berufsgattung". Für die Aufführung eines Quintetts brauchst du einen zusätzlichen Musiker, der aufgetrieben werden will, und mit dem auch ausreichend geprobt werden muss. Das ist im Reisebetrieb eines Quartetts eigentlich nicht drinnen. Daher sind Quintett-Aufführungen eher selten und immer etwas Besonderes.
    Boccherini dürfte ein fixes Ensemble gehabt haben, für das er seine Werke geschrieben hat. Und hätte es auf Esterhaza fünf Fanatiker gegeben, wäre von Haydn vermutlich einiges für sie geschrieben worden. So hat er sich darauf beschränkt, was für ihn die optimale Besetzung darstellte...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    (...) Im Prinzip stimmt es: Ein Bass als Fundament [hier: Vc] plus Dreiklang. Im Quintett ist oft eine Stimme das fünfte Rad am Wagen - man behalf sich durch Verdoppeln einer Stimme oder durch Aufteilen des Materials. Im Prinzip kann man sich das Quintett schenken - gäbe es da nicht diese wunderbaren Kompositionen des fünfstimmigen Satzes...


    Hallo,


    Diese Auffassung teile ich nicht, da sie von einer homophonen Satztechnik ausgeht. Acht- und mehrstimmige Sätze zeigen jedoch, daß vier Stimmen keineswegs die Grenze sind, dies nur, weil ich gestern zufällig Bruckners e-moll Messe hörte, die aus gutem Grund achtstimmig ist und nicht vierstimmig. Ein solcher Satz bietet wesentlich umfassendere Möglichkeiten bezüglich der Polyphonie, aber auch bezüglich der Harmonik (Bildung von Dissonanzen).


    Das führt uns in diesem schon als "brucknerlastig" beschriebenen Forum wieder aufs Streichquintett, denn neben Mozart, Schubert und Brahms hat auch Bruckner ein Streichquintett (mit zwei Bratschen) von höchster Qualität geschrieben. Das Werk ist, wie bei Bruckner üblich, stellenweise sehr polyphon gehalten und alles andere, als ein Streichquartett mit Zusatzbratsche.
    Eine wirklich gelungene Aufnahme dieses Werkes kenne ich leider nicht, mich überzeugen weder das Melos-Quartett, noch das Amadeus-Quartett.
    Dieses Werk ist keine zweitklassige Gelegenheitsarbeit, sondern große Kunst, daher ist es schade, daß es so selten auf den Spielplänen steht und auch nur wenige Tonaufnahmen existieren.


    Gruß


    Andreas

    De gustibus non est disputandum (über Geschmäcker kann man nicht streiten)

  • Zitat

    Original von AH.


    Hallo,


    Diese Auffassung teile ich nicht, da sie von einer homophonen Satztechnik ausgeht. Acht- und mehrstimmige Sätze zeigen jedoch, daß vier Stimmen keineswegs die Grenze sind, dies nur, weil ich gestern zufällig Bruckners e-moll Messe hörte, die aus gutem Grund achtstimmig ist und nicht vierstimmig. Ein solcher Satz bietet wesentlich umfassendere Möglichkeiten bezüglich der Polyphonie, aber auch bezüglich der Harmonik (Bildung von Dissonanzen).


    Salut,


    meine Auffassung bezieht sich ja auch auf Mozart [und Boccherini] und nicht auf Bruckner. Insofern gebe ich mir selbst nochmals Recht; ich habe Mozarts Quintette heute nochmals aufmerksam gehört und teilweise in der Partitur mitverfolgt. Es ist schon auffalllend z.B. bei KV 515, wie sich 1. Violine und Violoncello die Klinke in die Hand geben und 2. Violine nebst Bratschen die Achtel teilen... :rolleyes: da hätte in der Mitte auch ein Instrument völlig gereicht. Allerdings bieten natürlich dann wieder Teilungen [Vl I, Vl II, Vla I gegen Va I, Va II, Vc] wie in KV 516 interessante Klangeffekte, besonders das Gegrummel bei der Variante II.


    Mozarts Quintette sind durchaus in weiten Teilen 5stimmig angelegt [was ich ja auch in dem von Dir zitierten andeutete], was die Werke eben nicht einfach so von der Bildfläche verschwinden lässt und austauschbar macht.


    Mir geht aber insgesamt der Kammermusikcharakter, den ich bevorzuge, bereits bei diesen Werken ziemlich verloren. Kammermusik ist für mich im Ergebnis etwas Zartes, Zerbrechliches und dennoch Stabiles, da immer wieder die eine die andere Stimme stützt. Das Quintett ist mir da bereits "zu sicher" ;)


    Das Heraushören der einzelnen Stimmen ist für mich bei Kammermusik sehr von Bedeutung. Bereits beim Quintett scheitert dies, wenn 2. Vla und Vc. im Tiefseegraben wühlen... vielleicht habe ich auch einfach nur zu schlechte Ohren. Es gefällt mir jedenfalls nicht.


    Eine 8stimmige Fuge ist sicher etwas grandioses und der Sinn ist vermutlich auch nicht mehr in der Heraushörbarkeit einzelner Stimmen zu suchen, wie Du das beschreibst, sondern wohl mehr im erzielten Klangeffekt und dem einfachen Gelingen des Konstruktes. Ich weiß nicht, ob ich das mit "Mir aber reicht das nicht" oder mit "Das ist mir bereits zuviel" kommentieren soll.


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

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  • Zitat

    Original von Pius
    Hallo, Ulli!


    Ich habe mir KV 614 noch mal angehört. Wenn man so will, ist bereits das Hauptthema des ersten Satzes Vogelgezwitscher. Von selbst würde ich das nicht so sehen, aber der Phantasie sind ja keine Grenzen gesetzt...


    Salve, werter Pius!


    Bei mir läuft gerade KV 614 - und ich höre die Vögel zwitschern. Und zwar /: genau zu nehmen :/ jeweils kurz vor dem jeweiligen Wiederholungszeichen im 1. Satz: Da singen nämlich aufeinmal Papagena und Papageno ihr "Papapapa...", jedenfalls den Schluß des Duetts. Es würde zeitlich von der Komposition her sehr gut passen...


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Etiam salve, me Ulrice!


    Zitat

    Original von Ulli


    Salve, werter Pius!


    Bei mir läuft gerade KV 614 - und ich höre die Vögel zwitschern. Und zwar /: genau zu nehmen :/ jeweils kurz vor dem jeweiligen Wiederholungszeichen im 1. Satz: Da singen nämlich aufeinmal Papagena und Papageno ihr "Papapapa...", jedenfalls den Schluß des Duetts. Es würde zeitlich von der Komposition her sehr gut passen...


    Wie gesagt, Deiner Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. :D
    Und das, wo Du das echte Vogel-Quintett inzwischen kennst: Boccherini, op. 11 Nr. 6


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Zitat

    Original von Pius


    Wie gesagt, Deiner Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. :D
    Und das, wo Du das echte Vogel-Quintett inzwischen kennst: Boccherini, op. 11 Nr. 6


    Das "Vogel"-Quartett Haydns op. 33, 3 sei hier auch erwähnt, besonders da Ulli ja eine kürzere und schlankere Version des ersten Satzes von KV 515 zu suchen scheint. Vier Stimmen reichen, aber fünf schaden auch nicht.


    :hello:


    JR

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    (Bob Dylan)

  • Zitat

    besonders da Ulli ja eine kürzere und schlankere Version des ersten Satzes von KV 515 zu suchen scheint.


    Nicht nur von KV 515. Grumiaux & Co. ist natürlich nicht übel :rolleyes: KV 174 und die Bearbeitung der c-moll-Serenade KV 388 zähle ich nicht mit, beziehe mich als auf 515, 516, 593 und 614. Könnten sich bitte die festetics mal einen sekundären Bratscher mieten??!!!!


    Zitat

    Original von Pius
    Wie gesagt, Deiner Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. :D
    Und das, wo Du das echte Vogel-Quintett inzwischen kennst: Boccherini, op. 11 Nr. 6


    Da ist keine Phantasie im Spiel, sondern marthésche Eingebung. 8)


    Es hätte Dir bereits bei Deinem Lieblingsquintett [nach jenem von Schubert] auffallen müssen.


    Bei Boccherini ist mir noch kein Vogel begegnet. Vermutlich bin ich da betriebsblind.


    :lips:


    Ulli

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  • Salü,


    wieder so ein Geheimtip!



    Georg Druschetzky [1745-1819]
    Quintetto concertando F-Dur
    Streichquartett g-moll
    Streichquartett Es-Dur
    Streichquartett D-Dur


    Quatuor festetics
    Special guest: Kriszta Véghelyi, 2. Viola


    Ich revidiere sofort mein Urteil über die Formation Streichquintett: Hier, in diesem Falle, wirkt sie keineswegs "zu dick", wie ich sie immer empfinde. Zudem bedient sich Druschetzky besetzungshalber des Violaquintetts, also des klassischen Streichquartetts plus einer 2ten Bratsche [im Gegensatz dazu war zunächst die Besetzung mit Vl1, Vl2, Vla, Vc1, Vc2 üblicher].


    Die 1806 komponierten Quintette stehen ganz unter den Sternen Mozarts und Haydns - ein absoluter Geheimtip also! Besonders angetan war ich gleich nach dem ersten Hören vom 2. Satz des g-moll-Quintetts - mittlerweile weiß ich auch warum: Druschetzky instrumentiert bzw. harmonisiert hier das Thema B-A-C-H in phantastischer Weise! Das g-moll-Werk ist übrigens - was eher selten anzutreffen ist - durchgängig [bis auf den lgs. Satz] in g-moll komponiert. Es ist das mozartischste von allen.


    Das vorhergehende Quintetto concertando hat seine Bezeichnung lediglich durch die Satzfolge schnell-langsam-schnell erhalten - ansonsten ist es aber ganz normal. Auch hier ist der Mittelsatz von besonderer Melancholie geprägt, was mich sehr fasziniert! Die übrigen Sätze warten mit wunderbaren Cello-Soli auf!


    Dem Es-Dur-Quintett habe ich sogleich den Werkbeinamen "Frühlingsquintett" verpasst. Es beginnt sehr frühlingshaft, spielt mit Jadgmotiven.


    Die Aufnahmen sind noch recht frisch und wurden in der Zeit vom 06. bis 08. Februar 2004 im Hungaroton-Studio erledigt.


    Einziges Manko: Die CD ist mit vier Werken recht vollgepackt, weshalb so manche Wiederholung leider nicht wiedergegeben wird. Im Schnitt aber erhält man mit rund 19 Minuten Musik pro Werk doch recht viel fürs Geld!


    :jubel: :jubel: :jubel:


    Ulli

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  • Hallo,


    der Vollständigkeit wegen will ich hier die Vorstellung einiger Streichquintette weiterführen, und zwar der von Niels W. Gade sowie Carl Nielsen. Beide verdoppelten die Viola.


    Dem Nielsenstück merkt man das frühe Kompositionsstadium des Komponisten an. Es wirkt ziemlich unausgeglichen und uneinheitlich. Vermutlich ist es das Ergebnis des Einflusses mehrerer Vorbilder; mein Eindruck ist, dass beim Eröffnungssatz Brahms Quintette ein wenig Pate gestanden haben. Nielsens im selben Jahr komponiertes Streichquartett op. 13 gefällt mir etwas besser, hat zumindest schönere Melodien.


    Etwas klarer und stärker scheint mir dagegen das (frühe) Gade-Quintett zu sein; es ist eher um Ausgeglichenheit bemüht. Es ist etwa gleichzeitig mit Mendelssohns zweitem Quintett entstanden; gewisse Verbindungen sind da schon zu bemerken, oder ist das Einbildung?


    Gruß,


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Hallo,


    unbedingt zu empfehlen sind auch die von Les Adieux eingespielten Streichquintette Emanuel Aloys Försters [1748-1823]:



    Enthalten sind vier Werke, verteilt auf zwei CDs in einem (derzeit bei jpc preiswert erhältlichen) Doppelalbum:


    Fantasie und Sonate d-moll
    Quintett c-moll op. 19
    Quintett a-moll op. 20
    Quintett Es-Dur op. 26


    Die Werke erinnern stellenweise an Mozart (Fantasie und Sonate, formal zumindest) und Haydn, besonders das Es-Dur-Quintett.


    Man sollte sich diesen vollmundigen und samtigen Sound nicht entgehen lassen.


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zu Streichquintetten gibt es eine zweibändige Untersuchung von Karin Bartels: Das Streichquintett im 19. Jahrhundert, Vandenhoeck&Rupprecht: Göttingen 1996.
    Ich habe es vor ein paar Jahen antiquarisch gekauft. Der zweite Band ist ein Notenband, der ausschließlich dazu dient, die Beispiele aus dem ersten Band zu veranschaulichen.


    Ihre These, das Streichquintett sei eine eigene Gattung, bleibt trotz detaillierter Einzelanalysen merkwürdig blass, eher behauptet als dargelegt. Dass "die Möglichkeit eines differenzierten und häufig sich verändernden Klangbilds" charakteristisch für "das" Streichquintett sei, klingt eher nach einer Binsenweisheit als nach fundierten Analyseergebnissen. Die Autorin arbeitet sich im wesentlichen mit unklarem Ausgang an der These von Carl Dahlhaus ab, der behauptet hatte, das Streichquintett sei keine eigene Gattung, da die jeweiligen Werke nicht aufeinander bezogen seien, sondern auf die Streichquartette der jeweiligen Komponisten. Die Erörterung dieser These kann hier unterbleiben.


    Der interessanteste Aspekt von Bartels' Arbeit liegt darin, dass sie in 17 einzelnen Komponisten gewidmeten Kapiteln eine ganze Reihe von Quintetten verzeichnet, darunter auch sehr selten (oder nie) zu hörende. Die Komponisten sind: Beethoven, Schubert, Spohr, Onslow, Cherubini, Mendelssohn, Gade, Borodin, Anton Rubinstein, Goldmark, Rheinberger, Bruckner, Brahms, Herzogenberg, Dvorak, Nielsen und Glasunow. Und man merkt schnell: Es gibt sehr wohl die Tradition mit zwei Bratschen (Mozart folgend) als auch die mit zwei Celli (Boccherini folgend).

  • Neben der hier schon ausgiebig diskutierten Varianten mit 2. Viola oder 2. Cello gibt es offensichtlich auch eine Reihe von Werken Streichquartett + Kontrabass, hier hat vor allem George Onslow ein umfangreicheres Werk hinterlassen (mindestens 29! Werke).
    Wie von Alfred und Hüb' bereits berichtet hat Naxos begonnen diesen wohl weitgehend unbekannten Schatz* zu heben und es hat sich eine international besetzte Formation mit Sitz in Valencia gebildet, die sich um dieses Repertoire verdient machen möchte, das Elan Quintett:


    • Benjamin Scherer Quesada, Violin
      Lelia Iancovici, Violin
      Julia Hu, Viola
      Dmitri Tsirin, Cello
      Matthew Baker, Double Bass


    Auf der website kann man einige Sätze probehören. Die erste CD des Quintetts kommt auf die nächste Bestellliste.



    Auf der website von Edition Silvertrust fand ich folgende interessante Information:


    Although the first 3 of Onslow's string quintets were for the standard 2 violins, 2 violas and cello, thereafter, his quintets, with the exception of his last three, were for 2 cellos and one viola. Onslow began providing alternative bass parts to all of his subsequent quintets, in lieu of a second cello, after hearing the famous bassist Dragonetti substitute for an absent second cellist during a performance of his tenth string quintet.


    *Auf MDG gibt es drei CDs mit insgesamt 6 der Quintette