Referenzen und Alternativen seit 1990 - Brahms: Konzert für Violine und Orchester D-dur op. 77

  • Liebe Forianer,


    das Violinkonzert von Johannes Brahms gehört bis in die heutige Zeit für die Musiker und Hörer gleichermaßen zu den schönsten Konzerten dieses Genres. Auch die Geigen-Virtuosen und -Virtuosinnen der neueren Generation stellen sich mutig der Herausforderung.


    Referenz



    Künstler: David Grimal (Violine und Leitung), Les Dissonances
    Label: Dissonances, DDD, 2012/2013


    Die Referenz geht ganz klar an diese Aufnahme mit dem Geiger David Grimal und dem auf historischen Instrumenten spielenden Ensemble Les Dissonances. Auch wenn die Musiker noch immer zu wenig wahr genommen werden, ist doch langsam zu spüren, dass sich daran zunehmend etwas ändert (siehe unten: Rondo-Magazin-Kritik). Schon allein die Einleitung zum 1. Satz wird betörend schön ausmusiziert, wie man es nur ganz ganz selten zu hören bekommt. Im weiteren Verlauf überzeugt die Einspielung durch einen dunkel timbrierten Orchesterklang, der niemals dünn herüber kommt. Das Zusammenspiel von Solist und Orchester ist einsame Spitze. Unbedingt hören und genießen!


    http://www.rondomagazin.de/kritiken.php?kritiken_id=9122



    Alternativen



    Künstler: Gil Shaham (Violine), Berliner Philharmoniker, Claudio Abbado
    Label: DGG, DDD, 2001


    Natürlich hat auch diese Veröffentlichung so ihre Meriten. Der Geiger Gil Shaham samt den Berliner Philharmonikern unter Claudio Abbado geben ihr Bestes. Aber die Grimal-Aufnahme schwebt doch noch in ganz anderen Sphären. Diese innige Geschlossenheit wird hier leider nicht so erreicht. Missen möchte ich diese Einspielung hinwieder auch nicht. Sie bleibt für mich auch weiterhin eine lohnenswerte Alternative.




    Künstler: Antje Weithaas (Violine und Leitung), Camerata Bern
    Label: CAvi, DDD, 2014


    Diese Einspielung macht wirklich viel Freude. Beachtlich, wie die immer noch zu wenig beachtete Solistin Antje Weithaas mit ihrem Geigenspiel die Hörer in ihren Bann zieht. Ferner führt sie ihre Violine und die Musiker der Camerata Bern zu einem eindrucksvollen Zusammenspiel. Dieser Umstand führt dazu, dass sie damit andere Aufnahmen ganz klar aussticht. Ich wünsche dieser Einspielung, die noch nicht mal ein halbes Jahr auf dem Markt ist, unbedingt größere Beachtung!




    Künstler: Ilya Kaler (Violine), Bournemouth Symphony Orchestra, Pietari Inkinen
    Label: Naxos, DDD, 2007


    Hier nun ein weiteres Beispiel für eine hochkarätige Veröffentlichung der Firma "Naxos", die sich ebenfalls nicht hinter den Hochpreis-Aufnahmen verstecken muss. Der durch Leonid Kogan und Viktor Tretjakow geschulte russische Geiger Ilya Kaler (geboren 1963) überzeugt durch ein faszinierendes Geigenspiel. Das Zusammenspiel von ihm und dem Bournemouth Symphony Orchestra unter Pietari Inkinen ist herausragend.



    :hello: LT

  • Hallo und danke für Deine Eindrücke!


    Die Referenz geht ganz klar an diese Aufnahme mit dem Geiger David Grimal und dem auf historischen Instrumenten spielenden Ensemble Les Dissonances.


    Ich finde es immer etwas überraschend, vielleicht sogar befremdlich, wenn bei einem derart häufig strapazierten Repertoire gerade ein Underdog dermaßen über den grünen Klee gelobt wird. Mich macht das vielmehr skeptisch, denn warum sollte gerade hier das Rad neu erfunden worden sein, wozu alle anderen bisher nicht in der Lage waren?


    Meine neuzeitlicheren Empfehlungen wären da durchaus mainstreamiger:


    Kavakos befindet sich unter Begleitung durch das Gewandhausorchester, das von Chailly geleitet wird, eher auf der klaren, stringenten Seite des Spektrums mit viel Drive.

    Znaider mit den Wienern unter Gergiev verfolgen in meinen Ohren einen etwas klassischeren Ansatz, ohne langweilig oder altbacken zu klingen. Einfach nur eine sehr gute, aktuelle und hochklassige Einspielung.

    Interessant wegen der Künstler-Paarung evtl. noch diese Aufnahme mit Capucon und wieder den Wienern. Ich kenne sie leider nicht, könnte mir aber vorstellen, dass hier die Konstellation zu einem spannenden Ergebnis führen mag. Capucon habe ich bisher immer als etwas blassen, eher stromlinienförmigen Interpreten wahrgenommen. Vielleicht ist das Zusammensspiel mit den Wiener der richtige Ansporn?
    Zudem spricht die Zusammenfassung gemeinsam mit dem wundervollen Berg-Konzert für diese Produktion. Hier sind zwei zumindest meiner Lieblingskonzerte vereint!

    Viele Grüße
    Frank

  • Das Rad wurde auch nicht neu erfunden es wurde nur ganz anders aufgezogen! U.a. dank "Rondomagazin" wird das Ensemble David Grimal und Les Dissonances Schritt für Schritt aus dem Underdog-Bereich empor gehoben.


    Meine Kurzbemerkungen:


    Kavakos/Chailly: Viel zu reißerisch aufgebläht.
    Znaider/Gergiev: Über weite Strecken doch ganz schön schwerfällig, zumindest die Wiener unter Gergiev.
    Capucon/Harding: Das Zusammenspiel von Solist und Orchester ist nicht optimal.


    :hello: LT

  • Ich finde es immer etwas überraschend, vielleicht sogar befremdlich, wenn bei einem derart häufig strapazierten Repertoire gerade ein Underdog dermaßen über den grünen Klee gelobt wird. Mich macht das vielmehr skeptisch, denn warum sollte gerade hier das Rad neu erfunden worden sein, wozu alle anderen bisher nicht in der Lage waren?


    Andersherum gefragt: Warum sollten neue und frische Interpretationen mit Referenzcharakter nicht von Künstlern kommen, die (noch) nicht zu den großen Namen gehören? Interpretationen, die mich in den letzten Jahren wirklich begeistert haben, kamen fast immer von Künstlern, die Du wahrscheinlich als "Underdogs" bezeichnen würdest.


    Von David Grimal und Les Dissonances kenne ich zwar nicht die von Liebestraum empfohlene Brahms-Einspielung, aber einiges andere, und das ist alles wirklich ganz vorzüglich.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Andersherum gefragt: Warum sollten neue und frische Interpretationen mit Referenzcharakter nicht von Künstlern kommen, die (noch) nicht zu den großen Namen gehören?


    Sicher richtig. Jede große Karriere hat schließlich ihren Anfang.


    Dennoch sträube ich mich dagegen, eine Newcomer-Aufnahme, die zudem stark gegen den (üblichen) Strich gebürstet wurde (Kammerorchester, HIP), als "Referenz" zu bezeichnen.
    Eine interessante Sichtweise und möglicherweise exzellent interpretierte Alternative zu "üblichen" Ansätzen - da bin ich gerne dabei :) . Aber "Referenz" im Sinne eines in besonderem Maße gültigen Bezugspunktes bei einem sehr häufig eingespielten Werk mit etablierter Aufführungstradition... ich weiß nicht.


    Viele Grüße
    Frank

  • Dennoch sträube ich mich dagegen, eine Newcomer-Aufnahme, die zudem stark gegen den (üblichen) Strich gebürstet wurde (Kammerorchester, HIP), als "Referenz" zu bezeichnen.


    Über das Thema "Referenz" wurde ja im Forum schon ausgiebig diskutiert. Meiner Ansicht nach ist der Begriff nicht sehr hilfreich; wenn überhaupt kann sich eine Referenz m.E. nur als Konsens über einen längeren Zeitraum entwickeln, wie das bei typischen Beispielen (Tosca mit Callas oder Lied von der Erde mit Klemperer) der Fall ist. Einfach auf Zuruf Einzelner macht der Begriff wenig Sinn, dann kann man schlicht von seiner Lieblingsaufnahme reden.

  • Noch einmal die Leipziger, wieder mit Chailly. Es spielt Vadim Repin (er verwendet die Kadenzen von Heifetz). Meiner Ansicht nach eine weithin perfekte Einspielung. Was Repin mit seinem Instrument anstellt, entzieht sich für mein Empfinden jeder ernsthaften Kritik an Technik oder gestalterischem Geschmack. Und Chailly rollt ihm einen nicht weniger fein gewebten Teppich dazu aus. Eine in diesem Thread zumindest erwähnenswerte Aufnahme.

    Viele Grüße
    Frank

  • Die Neuaufnahme des Brahms-Konzertes mit Antje Weithaas ist inzwischen auch in meiner Sammlung gelandet, 8€ und die vielen positiven Rezensionen waren ein unwiderstehliches Argument, den vermutlich schon 25 existierenden Aufnahmen noch eine 26. hinzuzufügen.
    Brahms Violinkonzert als Kammerspiel mit der Camerata Bern und ohne Dirigenten, kann das funktionieren?
    Es kann, natürlich gibt es Verluste und Gewinne, aber ich finde, die Gewinne überwiegen bei weitem. Endlich einmal ist die Geige wirklich Partner des Orchesters und spielt nicht irgendwo weit vorne davor, wie in fast allen anderen Aufnahmen. Und man hört Details, die sonst häufig im Streicherteppich untergehen. Antje Weithaas ist zudem eine wunderbare Geigerin, die es offensichtlich auch ohne "Model-Attitüde" berechtigterweise in die Weltspitze geschafft hat. Es sei ihr mehr als gegönnt. Ihr Spiele ist jedenfalls untadelig und passt sich wunderbar in das Kammerorchester ein. Die Tempi sind eher moderat, kein D-Zug Durchgang wie bei Heifetz aber auch nicht so langsam zelebriert wie bei Perlman und Giulini. Oistrakh unter Klemperer und Mullova unter Abbado schlugen ähnliche Taktzahlen an. Weithaas spielt die üblichen Kadenzen von Joachim. Eine insgesamt hörenswerte und interessante Alternative zu den großorchestralen Einspielungen.

  • Ich muss ehrlich zugeben, dass mich die Kombination eines der "symphonischsten" Violinkonzerte mit Kammerorchester und eines großartigen Kammermusikwerks in einer (für mich grundsätzlich suspekten...) Streichorchesterfassung erst einmal Abstand von dieser CD nehmen lässt... :untertauch:

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Die Referenz geht ganz klar an diese Aufnahme mit dem Geiger David Grimal und dem auf historischen Instrumenten spielenden Ensemble Les Dissonances.


    Spielt Grimal selbst auch auf einer Geige mit Darmsaiten? Ich frage deshalb, weil es ja angeblich der ausdrückliche Wunsch von Brahms selbst gewesen sei, dass seine Werke nicht mit den damals aufkommenden Stahlsaiten aufgeführt werden sollten.

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • dass mich die Kombination eines der "symphonischsten" Violinkonzerte mit Kammerorchester

    Na ja, die Eroica wird in Bremen auch so gespielt. Wie gesagt, es gibt Verluste aber IMO sind die nicht gravierend.



    eines großartigen Kammermusikwerks in einer (für mich grundsätzlich suspekten...) Streichorchesterfassung

    Da gebe ich Dir vermutlich recht, denn was ich da bisher von gehört habe, hat mir nicht so gefallen.

  • Hallo,



    Johannes Brahms (1833-1897)
    Violinkonzert op.77
    + Streichquintett Nr. 2 in der Bearbeitung für Streichorchester


    Antje Weithaas, Camerata Bern
    CAvi, DDD, 2014


    Ich kann mich diesen Würdigungen der Aufnahme nur anschließen. Hier wird ein feinsinniger, bedächtig ausgeformter Brahms der Nuancen und Zwischentöne geboten, mit teilweise ganz neuen Einblicken und Momenten, die man in anderen Einspielungen dieses Repertoire-Stücks so nicht zu hören bekommt. Und das ist es doch gerade, was unterschiedliche Interpretationsansätze so interessant macht: die Varianz im Rahmen des durch den Komponisten Gebotenen! Trotz des reduzierten Orchesterapparats wirkt die Deutung dennoch nicht blutarm, sondern vollmundig-musikalisch. Alles fließt herrlich dahin und Weithaas tritt als Solistin etwas stärker in den Hintergrund, als es in anderen Aufnahmen des Werkes zu hören ist. Eine Tendenz zur Abkehr vom Virtuosenkonzert. Das Zusammenspiel, das "aufeinander Hören" der Musiker der Camerata Bern gelingt hervorragend. Trotz des nur kleinen Orchesters ist die Aufnahme mit ansprechender dynamischer Spanne aufgezeichnet worden, wie insgesamt klanglich alles sehr gelungen ist. Dies ist meiner Ansicht nach kein "one-and-only"-Brahms, aber verglichen mit der unüberblickbaren Anzahl von standard-normal- und mutlos-Produktionen eine herausragende, weil den Blick schärfende Sicht, die jedem Brahms-Liebhaber ans Herz gelegt sei. Für Fans des Konzertes ist sie IMHO ein Muss.


    Viele Grüße
    Frank

  • Gestern und heute hörte ich mir dieses Konzert mit Lisa Batiashvili und Christian Thielemann/Staatskapelle Dresden an.


    You Tube teilt mit:

    Video nicht verfügbar

    Dieses Video ist nicht verfügbar


    Ich habe auch ein bisschen hin und her verglichen und kam zu dem Schluss, dass ich die CD, die wohl nicht der direkte Konzertmitschnitt ist, aber dennoch ähnlich klingen dürfte (Thielemann lässt bei Studioproduktionen - wie man liest - zweimal alles durchspielen, macht also nicht so viele Takes, wodurch er eine live-ähnliche Spannung bei den Musikern erzeugt), auf jeden Fall bestellen möchte.



    Der Youtube-Film gibt dem "geneigten" Hörer hinreichend Auskunft darüber, wie es klingt, so dass ich mir hier weitere Beschreibungen (außer dem viel- und nichts-sagenden "einfach wunderbar"...) spare und lediglich eine echte Empfehlung aussprechen möchte.


    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Am 29. März 2024 erscheint beim Werbepartner die Wiederveröffentlichung.



    Isabelle Faust und das Mahler Chamber Orchestra unter der Leitung von Daniel Harding haben das Violinkonzert 2010 eingespielt und auf dem Label Harmonia mundi herausgebracht. Die Musiker benötigen 37 Minuten, weshalb die Einspielung zu den eher zügigeren Interpretationen gehört.


    Eine Besonderheit ist die Kadenz von Ferruccio Busoni aus dem Jahr 1913, in der die Violine mit der Pauke im musikalischen Dialog steht. Vibrato setzt die Geigerin sparsam ein. Sie hat die Notizen studiert, die der Widmungsträger Joseph Joachim zum Konzert geschrieben hat.

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    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Dem Lob für die beiden Einspielungen mit Weithaas und mit Faust kann ich mich nur anschießen, sehr feinsinnige, transparente und dennoch wirklich starke Einspielungen.


    Hinweisen möchte ich auch auf diese neure Aufnahme, gekoppelt mit dem Beethoven-Konzert:

    Ausführende: il Shaham, The Knights, Eric Jacobsen


    Sehr ausführlich und lobend auch besprochen von David Hurwitz, über den ich erst auf diese CD aufmerksam geworden bin:



    Einziger Mangel: an das inhaltsreiche Booklet kann man kaum gelangen, ohne die Hülle zu beschädigen.


    Freundliche Grüße von der verregneten Nordseeküste sendet Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • 2022 trat Isabelle Faust mit dem Orchester de Paris und dem Dirigenten Klaus Mäkelä vor das Publikum. Sie spielten das Violinkonzert von Johannes Brahms.


    Corona war beinahe vorbei, die Orchestermusiker tragen schwarze Masken. Man vermeidet es die Hände zu drücken. Alle sind dankbar wieder öffentlich spielen zu dürfen. Eine gelöste, aber konzentrierte Atmosphäre. Isabelle Faust hat die Noten vor sich, was mich darüber nachdenken lässt, warum das so ist. Die Blicke von Dirigent und Solistin treffen sich, man lächelt viel.


    Als Zugabe gab es die Romanze Op. 118, Nr. 5 in einem Arrangement von Oscar Strasnoy.


    Es kam die Urtextfassung aus dem Jahr 2006 des Bärenreiter-Verlages zum Einsatz.


    Bis 8. April 2024 auf Arte.


    https://www.arte.tv/de/videos/…st-interpretieren-brahms/

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
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  • Das inaktive Mitglied Liebestraum hatte diese Aufnahme in Beitrag 1 empfohlen. ich war neugierig. Nach mehreren Tagen sind die Scheiben des brahms'schen Violinkonzertes und der 4. Sinfonie mit dem Solisten und 1. Konzertmeisters David Grindal und dem Orchester Les Dissonances bei mir originalverpackt eingetroffen. Kein Booklet ist beigelegt, nähere Informationen zum Orchester fehlen, doch sind alle Musikerinnen und Musiker namentlich aufgeführt. (Beim Supplement der 4. Sinfonie hat sich ein Fehler eingeschlichen. Die beiden Flötistinnen werden den Kontrabässen zugeschlagen. Die 4. Sinfonie ist auf DVD beigelegt.)



    Das Orchester hat keinen Dirigenten. Kein Dünnklang.


    Es ist eine Live-Aufnahme vom 27. Oktober 2012. (Die 4. Sinfonie gelangte am 12 Februar 2013 zur Aufführung.) Aufführungsort ist die Oper in Dijon.


    Das Orchester hat eine dunkle Klangfarbe. Die Aufnahmetechnik hat dem Fundament der tiefen Streicher Gewicht gegeben. Die Holzbläserbläser und das Blech sind in das Orchestergeschehen optimal eingebettet. Der Triangel hat in der 4. Sinfonie seinen hörbaren Auftritt. Die Pauken sind deutlich vernehmbar. Ein stimmiges Klangbild.


    Und der Solist des Violinkonzertes? Mit Hingabe ohne dickes Pathos, mit wenig Vibrato spielt er seinen Part. Alle Beteiligten haben tief in die Partitur geblickt.


    Geht man auf die Webseite des französischen Orchesters, das seinen Namen vom mozartschen Dissonanzen-Quartett ableitet, sind erfreulich viele Aufnahmen erhältlich. Beim Werbepartner ist das Angebot mit 4 Aufnahmen im Vergleich dazu klein.

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Dennoch sträube ich mich dagegen, eine Newcomer-Aufnahme, die zudem stark gegen den (üblichen) Strich gebürstet wurde (Kammerorchester, HIP), als "Referenz" zu bezeichnen.

    Die Orchestermitglieder von Les Dissonances sind für jedes Werk namentlich aufgeführt, woraus sich die Anzahl Musiker und Musikerinnen jeder Aufnahme ermitteln lässt. Im Falle des Violinkonzertes sind es:


    33 Streicher


    Violinen 1: 9

    Violinen 2: 7

    Bratschen: 8

    Celli: 6

    Kontrabässe: 3


    Flöten: 2

    Oboen: 2

    Klarinetten: 2

    Fagotte: 2

    Hörner 4

    Trompeten: 2

    Pauker: 1


    Was ich nicht ermitteln konnte, wo die Grenze zwischen Kammer- und üblichem Orchester gezogen wird.


    Im You Tube Beitrag sind es ungefähr gleich viele Streicher wie auf der CD. Der Film wurde im Koningin Elisabethzaal, Antwerp, Belgium., aufgenommen. CD und Film sind nicht identisch.



    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928