Rattles Beethoven-Zyklus im Oktober 2015


  • Ich bezog mich auf die Studioaufnahmen - schön, dass wir die ähnlich bewerten. Die Live-Aufnahmen aus Rom kenne ich nicht, aber nachdem Du und auch Sagitt sie so loben, werde ich mal schauen, ob ich sie mir besorge - um sie dann auf den Stapel der vielen anderen Beethoven-Zyklen zu legen, die noch des Hörens harren ;(

    Gut, dass das Missverständnis aufgeklärt wurde.
    Die Studioaufnahmen sind für mich "nur schnell". Das ist zu wenig, um gegen die übergroße Konkurrenz bestehen zu können.
    In den Live-Aufnahmen überzeugt mich Abbado mit seinem Gespür für "Kantabilität". Es wirkt nichts verhetzt, die Musik "atmet".
    Ich denke, Du wirst den Kauf nicht bereuen.


    Inzwischen habe ich die Box mit den 2001 entstandenen Live-Aufnahmen aus Rom erworben und werde sie in den nächsten Tagen hören. Die in dieser Box enthaltende Neunte ist eine "von Abbado neu edierte Version" der Studioaufnahme von 2000 (was immer das heißen mag). Interessant finde ich den Begleittext zu "Abbados neuer, revidierter Edition der Beethoven-Symphonien": "Dieser neue Zyklus, Zeugnis der finalen interpretatorischen Vorstellungen des Maestro, ersetzt seine nicht mehr erhältliche Berliner Aufnahme, die von der Deutschen Grammophon 2000 veröffentlicht wurde". Und Abbado wird mit den Worten zitiert: "Es sprechen viele Gründe dafür, diese neue Edition zu veröffentlichen, vor allem musikalische. Nach zahlreichen Aufführungen des Zyklus ist unsere interpretatorische Sicht gereift [...]. Die Konzerte in Rom brachten entscheidende Fortschritte im Stil, im Temperament, in der Technik". (Frage am Rande: Und für die Neunte gilt das nicht?) Dass Dirigent und Plattenfirma sich so deutlich von einer vorhergehenden Aufnahme distanzieren, habe ich noch nie erlebt. Bemerkenswert auch, dass die DG bereit war, die Studio-Aufnahmen von 2000 abzuschreiben, die seinerzeit sogar im Mehrkanal-Ton auf DVD-Audio erschienen waren. Die Live-Aufnahmen aus Rom waren zwar zunächst nur auf Video erhältlich und sind wohl erst 2008 auf CD erschienen, aber trotzdem finde ich das ganze erstaunlich.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ich komme gerade von einem Abbado-Konzert aus dem Teatro Massimo in Palermo, Europakonzert 1. Mai 2002, natürlich vom Fernseher und darf vielleicht die Angelegenheit etwas erhellen:


    In dieser GA:



    ist die dort enthaltene Neunte im Jahr zuvor aufgezeichnet worden, und zwar ebenfalls am ersten Mai 2000, noch vor seiner Krebserkrankung bzw. der Behandlung derselben, und zwar in der Berliner Philharmonie. Auch wenn der eigentümliche Zauber von Santa Cecilia und die geschlossene künstlerische Leistung der Symphonien 1 bis 8 in Berlin nicht herrschten, so hat doch die Berliner Philharmonie ihren eigenen Zauber, und ich halte diese Aufnahme vom ersten Mai 2000 für über die Maßen gelungen und kann die o . a. Aufnahme als Gesamtaufnahme nur empfehlen.
    Was es nun mit dem Threadtitel auf sich hat, so werde ich mich um den Erwerb der Aufnahmen kümmern und mich bei passender Gelegenheit dazu äußern. Bis dahin werde ich mich mit dem Gedanken trösten, dass ich sicherlich einer der ersten war, die hier im Forum genau das vorhergesagt haben, was nun eher, als ich es erwartet hatte, eingetroffen ist, nämlich, dass es sich Sir Simon nicht nehmen lassen würde, von Berlin, (wo er ja wohnen bleibt), als Dirigent Abschied zu nehmen, ohne, wie es sich gehört, eine Gesamtaufnahme der Beethoven-Symphonien vorgelegt zu haben, und ich bin davon überzeugt, ohne bisher eine einzig Aufnahme ganz gehört zu haben, dass er sich damit vor niemandem zu verstecken braucht. Wenn die Aufnahmen auch so gut sind wie seine Mahler-Konzerte vor fünf Jahren, sind sie sicherlich eine Bereicherung in einem Segment, das größer nicht sein könnte.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi


    von Nachteule zu Nachteule. Ich habe den kompletten Zyklus von Rattle in der Digital-Hall gesehen und gehört. Angesichts der Überfülle der Aufnahmen ist man natürlich schon SEHR anspruchsvoll. Leider hat mich keine einzige Wiedergabe wirklich interessiert. Es gibt einfach zu viele hervorragende und Rattle konnte, nach meinem Eindruck, nicht einmal vorhandenes Niveau erreichen.
    Auch wenn man bei den Sinfonien wirklich gar nichts mehr braucht,bin ich doch gespannt,ob Gardiner den neuen Zyklus vollendet, zB Eroica und ob es von Antonini noch eine 9te geben wird.


    Beste Grüße


    Hans

  • Lieber Hans,


    ich bin vielleicht etwas Rattle-affiner als du, mich haben schon seine Aufnahmen der Beethoven-Symphonien mit den Wienern begeistert, und vor allem seine Konzerte mit den neun Mahlersymphonien, und ob ich nun 60 oder 61 Beethoven-Gesamtaufnahmen habe, das macht den Kohl auch nich mehr fett. Da ich auch Abbado sehr liebe, war ich zuerst etwas skeptisch, was mir mit Rattle begegnen würde, aber dann überzeugten mich zuerst die Wiener Symphonie-Aufnahmen, dann diverse Silvester-Konzerte, dann das Brendel-Abschiedskonzert mit seinem einfühlsamen Mozart, dem aufregenden Hayhn und schließlich dem unglaublichen Brahms und schließlich (s. o.)!!
    Wie dem auch sei, wir können schließlich nicht alle und immer einer Meinung sein, und das ist auch gut so. Jedenfalls könnte ich mir durchaus vorstellen, dass ich in dn nächsten Jahren mal nach London fliege und mir ein Konzert von Sir Simon mit seinem neuen Orchester anhöre, oder vielleicht kommt er damit ja auh nach Köln oder Bonn oder Lübeck.


    Liebe Grüße


    Willi :)


    P.S. : von Gardiner habe ich schon die Sinf: Nr. 2, 8, 5 und 7. (natürlich auch seine "alte" GA). Über letzztere könnte man sich auch ducrchaus mal über die temporalen Vorstellung Gardiners unterhalten. :D

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich komme gerade von einem Abbado-Konzert aus dem Teatro Massimo in Palermo, Europakonzert 1. Mai 2002, natürlich vom Fernseher und darf vielleicht die Angelegenheit etwas erhellen:


    In dieser GA:


    [...]
    ist die dort enthaltene Neunte im Jahr zuvor aufgezeichnet worden, und zwar ebenfalls am ersten Mai 2000, noch vor seiner Krebserkrankung bzw. der Behandlung derselben, und zwar in der Berliner Philharmonie. Auch wenn der eigentümliche Zauber von Santa Cecilia und die geschlossene künstlerische Leistung der Symphonien 1 bis 8 in Berlin nicht herrschten, so hat doch die Berliner Philharmonie ihren eigenen Zauber, und ich halte diese Aufnahme vom ersten Mai 2000 für über die Maßen gelungen und kann die o . a. Aufnahme als Gesamtaufnahme nur empfehlen.


    Lieber Willi, danke für die Informationen, aber für mich bleiben trotzdem zwei Fragen offen: Was hat innerhalb nur eines Jahres zu einer doch offenbar gravierenden Veränderung des interpretatorischen Zugangs geführt? Und warum ist gerade die Neunte davon ausgenommen, oder anders gefragt: wenn die Studio-Aufnahme der Neunten über die Maßen gelungen war, wie Du schreibst, warum galt das für die Symphonien 1-8 nicht? Mir scheinen da doch eher pragmatische Gründe für die Aufnahme der "alten" Neunten in die Rom-Box ausschlaggebend gewesen zu sein: man kann diese natürlich nicht als die "finale" Gesamtaufnahme verkaufen, wenn eine Symphonie fehlt. Und da die Neunte offenbar in Rom nicht aufgeführt und/oder mitgeschnitten wurde, musste ein Ersatz her.


    Aber ich will das Thema Abbado hier nicht auswalzen, hier soll es ja eigentlich um Rattle gehen. Bei dem liegt immerhin ein Zeitraum von dreizehn Jahren zwischen dem Wiener und dem Berliner Zyklus, es ist ein anderes Orchester und eine andere Plattenfirma.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Wenn ich mich recht entsinne, lieber Bertarido, meine ich gelesen zu haben, dass er auch die Neunte in St. Cecilia aufgeführt hat und dass auch sie großartig gewesen sein soll:

    Zitat

    amazon: 1989, nur wenige Monate nach dem Tod Herbert von Karajans, wählten die Berliner Philharmoniker Claudio Abbado zu ihrem neuen künstlerischen Leiter. Die Musikwelt war überrascht und irritiert - Abbado verkörperte das genaue Gegenteil von Karajan. Anfangs war das nicht leicht. Es gab unterschiedliche Auffassungen und Konflikte. Aber dann wuchsen Orchester und Dirigent immer enger zusammen. (...) Heute spricht Abbado von einer wunderbare Harmonie, die sich in den zwölf Jahren seiner Zusammenarbeit mit dem Orchester eingestellt hat. Im Februar 2001 gastierten die Berliner mit ihrem Chef in der Accademia Nazionale di Santa Cecilia in Rom. Alle Beethoven-Symphonien standen auf dem Programm. Der Erfolg war überwältigend, es gab Standing Ovations nach jeder Aufführung. Die Kritik sprach von Sternstunden der Musik. (...)


    Möglicherweise hat man die Neunte vom 1. Mai 2000 in die Box mit hineingetan wegen des besonderen Datums, weil es ein Europa-Konzert war und wegen des Ortes, der Berliner Philharmonie:

    Zitat

    amazon:... seit 1991 veranstaltet das Berliner Orchester an diesem Datum alljährlich ein Konzert an bedeutungsvollen Aufführungsorten in ganz Europa. Abbado und sein Orchester musizieren im Jahr 2000 an einem Ort, der kaum wie ein anderer für das Wirken des Ausnahmeorchester steht: in der von Hans Scharoun im Jahr 1963 entworfene Berliner Philharmonie.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Vermutlich existiert die Neunte von 2001 aus Rom zumindest als Rundfunkmitschnitt.


    Ich finde auch, dass der "römische" Beethoven unter Abbado sein bester ist und dem aus Berlin vorzuziehen ist. Vielleicht trug einfach die Live-Atmosphäre dazu bei. Die Aufnahme vom Vorjahr habe ich als ziemlich steril und studio-artig im negativen Sinne in Erinnerung.


    Was das alles mit Rattle zu tun hat? Insofern, als dass sein Vorgänger Abbado eine hohe Messlatte legte. Solange der Rattle-Zyklus nicht in erschwingliche Regionen abrutscht, werde ich mir die Beschäftigung damit aber aufsparen für später. Ich kann mir einfach schwer vorstellen, dass Rattles Beethoven dermaßen herausragend sein soll, dass er Furtwängler, Karajan und Abbado vergessen macht.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Um sich den aktuellen Beethoven Zyklus mit Simon Rattle anzuschen braucht man einfach ein Monatsabo der Digital Concert Hall. Das Abo ist jeden Monat kündbar. Bevor ich mir für viel Geld die demnächst erscheinende DVD Box kaufe, habe ich mir lieber das Monats Abo für 15 Euro gekauft und mit den Zyklus aufgenommen.

  • Bevor ich mir für viel Geld die demnächst erscheinende DVD Box kaufe, habe ich mir lieber das Monats Abo für 15 Euro gekauft und mit den Zyklus aufgenommen.


    Kann man aus der Digital Concert Hall aufnehmen? Zumindest die offizielle Aussage ist, dass dies nicht möglich sei.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

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  • Man darf die Videos natürlich nicht auf YouTube hochladen oder anderswo veröffentlichen.


    Klar, die Frage zielte auch mehr auf die technische Möglichkeit einer - möglichst verlustfreien - Aufzeichnung.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ich benutze das Audials 11 Programm um Videolivestreams aufzunehmen. Du kannst nach der Aufnahme die Viedeos auch noch bearbeiten was den Ton und die Bildqualrät betrifft .Und du kannst auch die Länge der Aufnahme selber einstellen.Mit dieser Software kannst du sogar ganze Wagner Opern aufnehmen.