Auf den Spuren von Beethoven? - Franz Schubert: Sinfonie Nr. 9 C-Dur, D 944 "Die Große"

  • @ observator: :jubel: (morgen kauf ich endlich mal die Taschenpartitur!)


    Bei mir stand heute die zweite Bernsteinaufnahme auf dem Programm:


    Concertgebouworkest - Leonard Bernstein - 10/1987 - DG 427 646-2


    13:25 - 14:37 - 10:39 - 11:29



    Obwohl aus der Phase Bernsteins, in der er seine Langsamkeitsweltrekorde aufnahm, ist dieser Schubert immer noch schnell genug. Der erste Satz ist ein bisschen gemächlicher als seine oben genannte New Yorker Einspielung, auch die Temporelationen erscheinen mir in der Amsterdamer Einspielung schlüssiger, aber: man höre und staune: der zweite Satz ist in der späteren Amsterdamer Einspielung schneller und auch "gewaltmässiger"!
    Orchesterklang und Aufnahmetechnik sind in der DG-Auafnahme besser. Das New York Philharmonic spielt im Vergleich zum Concertgebouw manche Figur angenehm messerscharf, aber die Concertgebouwaufnahme ist natürlich auch nicht im geringsten unpräzise. Die Mischklänge (Holz/Blech, Blech/Pauke) sind ein Vergnügen in der Amsterdamer Aufnahme, ein wunderbar homogener Orchesterklang, aber das mag für viele andere Aufnahmen auch zutreffen.
    Fazit: Bernsteins New Yorker und Amsterdamer Aufnahmen unterscheiden sich sozusagen "überkreuz" - denn es ist nicht so, daß die New Yorker Aufnahme mehr zugespitzt ist und die Amsterdamer Aufnahme eher mild. So ist der zweite Satz in der New Yorker Aufnahme milder, die anderen Sätze dafür zugespitzer...
    Ich finde also beide Aufnahmen gut - zu einer offiziellen Kaufempfehlung will ich mich erst durchringen, wenn ich die anderen Aufnahmen alle gehört habe.

  • Zitat

    Original von observator
    naja, ich meine, ich habe so einen stil, dessen auswirkungen man nicht einfach so z.b. in einer musikzeitschrift abdrucken könnte. im gegensatz zu theophilus' grösseren beiträgen, etwa in "la traviata" .


    aber danke für die unverschämten blumen
    (ich habe nämlich heute geburtstag und die taminomaschine weiss es nicht :baeh01: )


    Wer hat schon - außer Dir - hier im Forum zusammen mit Jean-Baptiste Lully Geburtstag!


    Na, dann wünsche ich Dir und Deinen D944ern weiterhin gute Haltbarkeit!



    Herzlichst
    Ulli [evd]

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von observator
    (ich habe nämlich heute geburtstag und die taminomaschine weiss es nicht :baeh01: )


    Herzlichen Glückwunsch...


    ... wünscht Cosima :hello:

  • tät' schön schauen, wenn er bei Dir lesen könnt', was ihm da alles Geniales eingefallen ist.


    Lieber Reinhard, edelster der observatoren in Vienna and in the rest of the world:
    Dein Beitrag ist, um es in meiner Sprache auszudrücken, wert im Finale des Fußball-WM-Endspiels zu stehen und dort, selbstverständlich, überlegen zu gewinnen.
    Dein Beitrag regt an, diese Symphonie wieder und immer wieder mit Deinen Hinweisen zu hören.
    Dein Beitrag verführt dazu, ihn immer und immer wieder zu lesen.


    Bevor das Ganze in Schmeichelei ausartet:


    Meine Lieblingsaufnahme will ich natürlich nicht verhehlen. Überraschenderweise ist es:
    Karl Böhm/Wiener Philharmoniker - Live-Konzert von Mai 1978

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • Zitat

    Original von Cosima


    Herzlichen Glückwunsch...


    ... wünscht Cosima :hello:


    Schließe mich hochachtungsvollen Grüßen an,


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Zitat

    Original von observator
    ich selbst habe KEINE lieblingseinspielung, aber ich rate bei alten aufnahmen zu furtwängler{2}


    Nur kurz:


    Die Furtwängler-Aufnahme ist in der Tat klasse! Ich bin ganz hingerissen, und ein wenig ist es so, als würde ich diese Sinfonie – vor allem auch Dank Deiner interessanten Hinweise – jetzt erst ganz neu für mich entdecken.


    Im Furtwängler-Thread wurde sein Buch „Gespräche über Musik“ erwähnt. Es ist noch oder wieder lieferbar, und auch das habe ich inzwischen gelesen. Sehr interessant und unbedingt empfehlenswert!


    Gruß, Cosima

  • (anstatt von gescheitem abzuschreiben schreib ich weiterhin selbstgebasteltes -hat sich ja bewährt :] - beim objektiven halte ich mich natürlich an die quellen und arbeiten der profis)


    der 4. satz.
    von schubert selbst (als einziger sinfoniesatz) mit finale bezeichnet.
    mit 1154 takten ein ziemliches restl, wie die wiener sagen (denen ich mich als immigrant immer mehr angleiche).
    begriffe, die mir zu seiner charakterisierung taugen:
    vital - markant - drängend - entfesselnd -grandios - majestätisch - ebbe/flut - gewaltige klingende architektur - größte entäußerung. den himmelsstürmenden aspekt habe ich ja schon erwähnt.


    er hebt an mit einem signal aller instrumente, ein metrum, welches in der poetik als anapäst oder doppelsteiger bekannt ist (sprachmelodiebeispiel: "paradies").
    dieser weckruf lässt gleich gar keinen zweifel aufkommen: alle segel sind gesetzt, volle fahrt voraus -zielhafen C im orchesterunisono.


    im verlauf des satzes kommt es immer wieder zu phasen der beruhigung. aber anders als im 2. ist es in diesem satz weniger ein (verstörendes) innehalten als viel mehr ein "kräfte sammeln", "atemholen" und dann "anlauf nehmen" .
    etwa gegen ende der exposition, takte 370-85, wo danach die durchführung mit dem bekannten beethovenzitat beginnt.


    [einschub für thomas bernhard:
    hast du dir die partitur besorgt? philharmonia oder eulenburg? egal, du musst nur wissen, dass sie beide fehlerhaft sind, details will ich jetzt nicht anführen, wenn ich mich recht erinnere, ist das im beiheft von abbado{meine nr.4} ziemlich genau beschrieben. die taschenpartitur der urtextausgabe ist jetzt endlich bei bärenreiter um 14,5€ erhältlich, nachdem es zuerst nur die 350€ teure im rahmen der nga gegeben hat.
    und für die nichtnotenbesitzer möchte ich zeitangaben anführen. ich benutze jetzt halt aus aktuellem anlass ( :hello: cosima) die aufnahme von furtwängler{2}, weil die auch einigermaßen verbreitet zu sein scheint, ausserdem befindet er sich mit 11:38 satzdauer gut in der mitte, er wiederholt natürlich nicht -wie alle bis 1980 (glaubich)- die exposition.]

    also t347-85 ist bei 3:30 bis 3:52.


    dann wieder bei t555, das "runterfahren" beginnt schon früher, 5:15 -5:54. ein aufstellen zur attacke, um's unschön militärisch zu bezeichnen.
    und die attacke kommt!
    ab t578. erreicht bei t600, {6:06} zu beginn der reprise einen ersten höhepunkt. es wimmelt von sforzati, die (in guten aufführungen) besonders beim blech wirken. ab t645 {6:35} treiben die streicher wie eine anwachsende lawine die entwicklung voran. generalpause bei t752 {7:36}.
    kurze beruhigung. dann wieder über federnden streichertriolen (über die sich im 19 jhdt. viele orchestermusiker lustig gemacht haben) schubertscher "himmelsklang" in den holzbläsern. es stellt sich so eine art triumphmarschmäßiger reitrhythmus ein.
    vor codabeginn haben wir wieder so eine sammelstrecke, t935-73 {9:20-9:45}, dann erneute klimax: fast lauernd bedrohlich die streicher, es braut sich etwas zusammen. die walze rollt, bis bei takt 1058 {10:35} eine serie von jeweils 4 fortissimo-sforzato-streichen oder -schlägen (je nach interpretation -extrem hier knappertsbusch{60}) beginnt, die mich an die vorletzte szene im don giovanni denken lassen, wenn leporello das klopfen des steinernen gastes nachmacht, bzw. der chor singt. für mich die kulminationsstelle des satzes. die vierte wiederholung dieser schläge führt zu 2 höhepunkten in 3-fachem forte, bevor das ganze dann ausjubelt.


    einspielungen, bei denen der 4. satz zumindest als auffällig von mir vermerkt ist:
    levine{3}
    jochum{20}
    bernstein{28}
    knappertsbusch{60}
    halasz{105}
    mardjani{108}
    mackerras{138}
    rother{165}
    walter{175}
    kubelik{180}


    letzlich ein außermusikalisches kriterium für meine wertung:
    der lebensschmerz muss drinnen sein, aber auch die power zu seiner überwindung.


    herzl :hello: aus schubert-town

  • Hallo Obsi,


    die Sinfonie ist hinreißend, die Furtwängler-Aufnahme großartig, und Dein Beitrag ist auch wieder super interessant! Merci! :jubel:


    LG, Cosima (derzeit auf dem Furtwängler-Trip)

  • Zitat

    Original von observator


    [I][einschub für thomas bernhard:
    hast du dir die partitur besorgt? philharmonia oder eulenburg? egal, du musst nur wissen, dass sie beide fehlerhaft sind, details will ich jetzt nicht anführen, wenn ich mich recht erinnere, ist das im beiheft von abbado{meine nr.4} ziemlich genau beschrieben. die taschenpartitur der urtextausgabe ist jetzt endlich bei bärenreiter um 14,5€ erhältlich, nachdem es zuerst nur die 350€ teure im rahmen der nga gegeben hat.


    :D Hab sie noch nicht gekauft, aber ich hätte ohnehin zur Bärenreiterausgabe gegriffen, da ich auch schon die "Unvollendete" in der Bärenreitertaschenpartiturausgabe besitze.

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Salut,


    ganz taufrisch für den observator:



    Sonderpreis bei kqd 14,99 € bis 15.02.2006, danach 19,99 €


    Cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • merci.
    witzigerweise habe ich sie gestern zum ersten mal gehört.
    amazon hat zuerst von 4-6 wochen lieferzeit geschrieben, sie aber dann doch nach 2 geschickt. um 19,65. in wien im geschäft sah ich sie um 15,99. wasser auf alfreds mühlen :rolleyes:
    mein erster eindruck: great
    (besser als die 5 konzertaufnahmen, die ich bisher hatte)

  • Zitat

    Original von observator

    mein erster eindruck: great
    (besser als die 5 konzertaufnahmen, die ich bisher hatte)


    Bin selbst sehr gespannt, wie diese Aufnahme des Weiteren hier im Forum eingeschätzt werden wird. Ich habe sie damals live unter Rattle gehört und war begeistert, allerdings reichten mir damals die vorhandenen Aufnahmen in meinem Regal (Furtwängler,Böhm, Mackerras) , so dass ich erstmal keinen starken Drang hatte, diese Cd zu erwerben.


    Die Rezeption in den Kritiken ist allerdings sehr polarisierend. Gramophone lobt sie unter die 10 Cds der Editors Choice, Hurrwitz gibt Ihr auf classic.today 2 (!) von 10 möglichen Punkten für künstlerische Qualität, was schon einer Vernichtung gleichkommt, wenn sonst fast jede Aufnahme die 10/10 erhält. :D


    Gruß
    Sascha

  • ich hab mir jetzt die hurwitz-kritik durchgelesen (mit hilfe des 1600-seitigen langenscheidts handwörterbuchs) und kann sie im großen nicht übernehmen. für die detailvorwürfe muss man sich das ganze mit der partitur anschauen. dass die berliner keine ci mehr haben und nur mehr aus talentierten individuen bestehen kann ich nicht beurteilen.
    ich weiß von david hurwitz nichts, vielleicht handelt es sich um eine idiosynkrasie, ähnlich der unseres rienzi harnoncourt gegenüber :evil:


    :beatnik:

  • Habe ich mir soeben gegoogelt:


    Idiosynkrasie: eine starke (geistige) Abneigung, welche aber noch keinen Hass darstellt.
    Die Anwendung der Definition gegenüber Niki stimmt schon, stark ist eher übertrieben. Vielleicht habe ich einen berufsbedingten Schaden gegenüber Klugschwätzern und/oder messianischen Gestalten erlitten. Die Welterklärer muß ich nicht auch noch beim Hobby haben.

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • Zitat

    Original von observator
    ich hab mir jetzt die hurwitz-kritik durchgelesen (mit hilfe des 1600-seitigen langenscheidts handwörterbuchs) und kann sie im großen nicht übernehmen. für die detailvorwürfe muss man sich das ganze mit der partitur anschauen. dass die berliner keine ci mehr haben und nur mehr aus talentierten individuen bestehen kann ich nicht beurteilen.
    ich weiß von david hurwitz nichts, vielleicht handelt es sich um eine idiosynkrasie,


    Ich kenne die Aufnahmen nicht, aber Hurwitz hat Rattle auch schon gelobt, obgleich es eine gewisse Tendenz geben mag "Stars" eher abzukanzeln und weniger bekannte Interpreten zu loben (so kommen z.B. Abbados neuere Mahler-Aufnahmen nicht gut weg, während nach Gielens nun auch der weiderveröffentlichte Mahler-Zyklus von Bertini überschwenglich gepriesen wurde).
    Normalerweise kann man sich, wenn nicht unbedingt auf die Endbeurteilung, so doch auf die deskriptiven Anteile von Hurwitz`Rezensionen verlassen (das ist schon mehr als man von vielen anderen Kritikern sagen kann..).


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • So haben wir derzeit DREI Aufnahmen der SinFonie Nr 9 (auch ich unterstütze die alte Nummerierung) nämlich:



    .



    Wir brauchen und sicher nicht zu bemühen "die Beste" herauszufinden - aber es wäre sicher interessant die einzelenen Aufnahmen kennenzulernen, bzw Meinungen zu hören...



    Beste Grüße aus Wien



    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Der Animator fordert Euch, Jungs!


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von Ulli
    Der Animator fordert Euch, Jungs!


    :hello:


    Ulli


    Schick mir mal ein Rezensionsexemplar rüber, Ulli


    (Der OT-Beitrag wird gleich wieder gelöscht)

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  • Zitat

    Original von ThomasBernhard


    Schick mir mal ein Rezensionsexemplar rüber, Ulli


    (Der OT-Beitrag wird gleich wieder gelöscht)


    Ich bin vielleicht eine Ratte, aber kein Rattle...


    :hello:

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • ich hab gerade in einem der beiden threads, in die ich nie hineinschaue, ein posting von jr mit bezugnahme auf mich gefunden, das ich leider nicht zitieren kann (wahrscheinlich weil der thread im archiv ist). schon vor monaten hat er von einer partitur von d944 geschrieben, die ich nicht kenne. mich würde interessieren, von wann sie ist und ob sie die änderungen der neuen schubertausgabe eingearbeitet hat.
    :hello:

  • Zitat

    Original von observator


    hab grad eine brasphame :D


    "Grapschphase" hätte ich noch verstanden, aber was ist eine "brasphame"?

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • So, seit heute besitze ich sie alle drei:



    .



    Natürlich ist es eine Frage ob ein Junger Klassikhörer gut beraten isr, en werk mehrfach zu besitzen, oder viele Werke zu kennen. Ich habe es schon, als meine Sammlung noch sehr klein war, so gehalten mir ein Werk zu "erarbeiten" es in verschiedenen Interpretationen kennenzuleren. Das har mir viel Spaß gemacht - und allein das zählt.


    Ich besitze Schuberts "Große" C-Dur Sinfonie D 944 in etlichen Aufanhmen. Ich habe mir aber vorgenommen keine der alten Einspieluingen heranzuziehen, sondern 3 relativ Junge Aufnahmen zumindest stellenweise zu vergleichen und einen subjektiven Eindruck wiederzugeben (mehr soll und kann es nicht sein)


    Zunächst vorweg an "Klassikneulinge" JEDE der drei Aufnahmen ist so gut, daß man keine davon als Fehlkauf bezeichnen kann, selbst wenn es sich gelegentlich so lesen mag. Es handelt sich um Spitzfindigkeiten eines Klassiksammlers für spitzfindige Klassiksammler - uind nicht jeder wird meine sichtweise teilen oder bestätigen.


    Womit beginnen ? Die Reihenfolge einer Beurteilung ist nicht unwichtig


    Wird es überhaupt UInterschiede geben ? Da ist der Stardirigent der Berliner Philharmoniker mit vielen Vorschußlorbeeren bedacht, auf einem Major-Label. Dagegen halten zwei Rundfunkorchester, das RSO Stuttgart unter Roger Norrington - sowie daS RSO Wien unter Bertrand de Billy, beide auf Independient Labels, letztter sogar eine Midprice Produktion. Wie Werden sie sich schlagen ?


    Beginnen wir mir der EMI Aufnahme unter Sir Simon Rattle.


    Was mir auffiel war ein extrem samtiges Klangbild, poliert wie bei Karajan, (nur nicht so überzeugend aus meiner Sicht) Eigenwilligkeiten die nicht immer überzeugend wirkten, so wie stellenweise extrem langsame Tempi, wo man das Gefühl hatte, jetzt bleibe das ganze Werkel stehen.
    Es gibt natürlich sehr gelungenen "Spezialeffekte", aber alles in allem scheint mir vieles künstlich zu sein, der große Bogen fehlt mir persönlich.
    Viele gelungene (und auch weniger gelungene auf höchstem Niveau) Stellen aneinandergereiht - ohne letztlich zwingend zu überzeugen. Ein Weicherer Beethoven als der Sinfonien Zyklus mit den Wienern.
    Eine recht gute Aufnahme, aber keine Referenz- nicht mal annäherungsweise. (EMI Classics)



    Ganz anders als die entrückten Spärenklänge bei Rattles aufbnahme zu Beginn geht Roger Norrington flott zur Sache. Das Orchester klingt hell, die Pauken pronounciert. Wie fast immer bei Norrington herrscht eine gewisse nervöse Spannung, die selbst die langsamen Stellen auszeichnet. Ein Flirren durchzieht die gesamte Sinfonie. Wenn man etwas bemäkeln möchte, so ist es, daß Norrington (in krassem Gegensatz zu Rattle, der Musik überhaupt keine Entspannung gönnt, sie ist immer unter Hochdruck.Das mag manche beeindrucken, ich vermisse dabei jedoch etwas. Die Klangtechnik ist aus meiner Sicht besser, als jene der Berliner Aufnahme, trotz Livemitschnitt. - Sehr präsent und agressiv. Wenngleich Norrington nicht "mein" Schubert Ideal verkörpert - so ist die Interpretation dennoch in sich geschlossen und daher überzeugend, sie hat Charakter. (Hänssler Classic)



    Hat eine Aufnahme des RSO Wien unter Bertrand de Billy überhaupt eine Chance -verglichen mit dien Beidenen Giganten Rattle und Norrington ? Wie stehts um die Aufnahmetechnik. Was erwartet mich ?


    Eine Überraschung !!!
    Billy bleibt zu Beginn des ersten satzes am Boden, weder gleitet er in den entrückten Spährenbereich eines Rattle, noch legt er das Tempo von Norrington vor. Die Musik atmet, die Tempi stimmen, das Orchester (ich konnte es kaum glauben) ist erstklassig.Weder Weichzeichnung noch nervöses Fieberrn. Billy findet immer das richtige Tempo - und wenn mal eine Eruption kommt, dann ist die überzeugend, und wirkt nicht aufgesetzt. Die Binnendynamik stimmt einfach.Das Klangbild ist weder gesoftet noch geschärft, es klingt einfach natürlich (DDD Dezember 2003 -Großer Sendesaal des ORF) mit aus meiner Ansicht nach gut eingefangener Saalakustik (Via AKG 500)
    Eine Sehr gelungene Aufnahme, der ich zugestehen würde, daß sie meinem Ideal sehr nahe kommt. Daß sie im Midprice Bereich angesiedelt ist, dürfte die Freude kaum trüben...... :D


    Ich würde mich freuen, wenn jemand meine Beobachten bestätigen oder ihnen widersprechen würde....


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Caro Alfredo,


    Du haben Zeitangaben??? ;)


    So indepentiente finde ich Hänssler inzwischen gar nicht mehr. Mit ibs. Gielen und Norrington nehmen/nahmen sehr profilierte Dirigenten klassiches Repertoire auf und stehen imo eher in Konkurrenz zu "etablierten" Labels als zu wahrhaften "Nischenlabels".


    Norrington tritt zu sich selbst in Konkurrenz zu seiner ersten Einspielung mit den damaligen London Classical Players. Gleiches ist bei den Beethoven-Sinfonien passiert und, pauschal geschrieben, nicht uneingeschränkt zu Gunsten der späteren Einspielung.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Schubert Sinfonien Nr 9 "Die Große" D 944


    Zeitvergleich


    Rattle


    16:48
    16:26
    12:14
    12:15
    ---------------------


    Norrington


    14:02
    12:20
    12:44
    11:41


    ---------------------


    de Billy


    15:16
    13:31
    14:04
    15:39


    (de Billy spielt ALLE Wiederholungen)


    Die Zeiten wurden gewünscht, sie sagen jedoch nur bedingt was aus, weil hier sehr unterschiedliche Effekte einfließen. Bei Rattle habe ich den Eindruick, daß er zeitweise versucht, das zu realisieren, was er für "wienerisch" hält, es mißlingt ihm indessen, klingt teilweise verschleppt. Norrington bemüht sich um sowas erst gar nicht - und ist trotzdem auch für mich überzeugender, obwohl er unter Dauerhochspannung steht - kein Moment des innehaltens der Kontemplation. - immer nervöser Dauerdruck und rhythmische Betonuung
    Billy, bei aller Verschiedenheit zu Böhm, hat zumindest EINE Gemeinsamkeit. Stets hat man bei den schnelleren Teilen das gefühl einer andauernden Beschleunigung, die nach immer mehr süchtig macht -ohne daß er an die Grenze stößt, wo man weiss: Es geht nicht mehr... mit Sekundenangaben lässt sich das nicht nachvollzuziehen.


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,


    danke für die Tempoangaben. Zum Vergleich: MIt den London Classical Players kam Norrington auf 14'23'', 12'44'', 15'38'' und 15'34''.
    Interessant, daß er in seiner neueren Aufnahmen auf Wiederholungen im dritten und vierten Satz verzichtet.


    Wobei, das mit den Wiederholungen ist bei Schuberts 9. ohnehin ein Thema für sich. Wirklich konsequent werden alle selten gespielt. Das finde ich nicht so schlimm, da ibs. der dritte Satz mit allen Wiederholungen etliche "Längen" erhält.


    Erstaunlich ist allerdings die Willkür vieler Dirigenten bei der Be- oder Mißachtung von Wiederholungen. Gielen z.B. läßt alle weg bis auf den dritten Satz, in dem er konsequent alle spielt.


    Die Aufnahme mit Bertrand de Billy wird auf meinem Wunschzettel landen. Den Dirigenten kenne ich noch nicht, so daß ich dringend meinen Horizont erweitern sollte...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo Norbert,


    bei Arte Nova gibt es mit Bertrand de Billy sehr gut und bekannt günstig die Da-Ponte-Opern. Bei Orfeo existiert bereits der Mitschnitt des franz. Don Carlos aus der WSO und außerdem war Billy Dirigent einiger bekannter Arienplatten (Alagna, Gheorghiu, Larmore).

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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