Sieg der Moral - Wolfgang Amadeus Mozart: Don Giovanni

  • Salut,


    um meiner Profilierungssucht nachzukommen:


    Den Auftrag zur Verfertigung dieses dramma giocoso erhielt Mozart nach dem überwältigenden Erfolg der Nozze di Figaro in Prag bei seinem Aufenthalt in dieser schönen Stadt im Januar 1787. Constanze, Mozarts Frau, war schwanger und sollte am 27. Dezember des Jahres die Tochter Theresia als viertes Kind gebären. Sie starb ein halbes Jahr später am 29.06.1788. Am 4. April 1787 schreibt W. A. Mozart den letzten erhalten gebliebenen und berühmten Brief an seinen Vater über den Tod als wahren Endzweck unsere Lebens. In der Zeit vom 7. bis 20. April weilte Ludwig van Beethoven in Wien, um bei Haydn und Mozart Unterricht zu nehmen. Mozart war zu sehr beschäftigt, so dass die Bekanntschaft nur kurz gewesen sein kann. Beethoven musste wegen der Erkrankung seiner Mutter Vorzeitig abreisen. Während der Komposition der Oper Il dissoluto Punito ossia Il Don Giovanni im Jahre 1787 starb Mozarts Vater Leopold am 28. Mai. Oft wird im Commendatore die Wiedergeburt des mahnenden Vaters Leopold gesehen [so auch die Darstellung im Film Amadeus]. Mozart komponiert „nebenbei“ den Musikalischen Spaß KV 522, Eine kleine Nachtmusik KV 525, das sagenhafte und meiner Meinung nach persönlichste Stück, das Rondo für Klavier allein in a-moll KV 511 sowie die beiden Streichquintette C-Dur KV 515 und g-moll KV 516. In dieser Zeit entstehen sogar einige Lieder: Die Alte KV 517, Die Verschweigung KV 518, Das Lied der Trennung KV 519, Als Louise die Briefe ihres ungetreuen Ehemannes verbrannte KV 520, Abendempfindung KV 523, An Chloe KV 524 und eine Klaviersonate auf vier Hände KV 521.


    Ab dem 1. Oktober 1787 befindet sich Familie Mozart auf der Reise nach Prag, welche so wunderbar in der gleichnamigen Novelle von Eduard Mörike nachempfunden ist. Das Libretto der Oper Don Giovanni stammt von Lorenzo da Ponte:


    Ich dachte aber, dass es an der Zeit ist, meine poetische Ader wieder zu beleben, die mir ganz eingetrocknet zu sein schien, las ich für Righini und Piticchio geschrieben hatte. Die drei erwähnten Komponisten Mozart, Martini [Anmerkung: Martín y Soler, für den er auch 'La Capricciosa Corretta' textete] und Salieri gaben mir dazu die beste Gelegenheit, denn sie verlangten alle zu gleicher Zeit ein Textbuch von mir. Von allen dreien erhoffte ich mir nicht nur eine Entschädigung für meine vorangegangenen Misserfolge, sondern auch weiteren Ruhm. Ich überlegte, ob ich nicht die drei Tonsetzer zu gleicher Zeit zufrieden stellen konnte und drei Operntextbücher auf einmal schreiben könnte. Salieri verlangte kein Original [Anmerkung: nichts Neues] von mir. […] Mozart und Martini überließen die Wahl ganz mir. Ich wählte für Mozart den >Don Giovanni<, der ihm außerordentlich zusagte und für Martini den >Baum der Diana<. […] Nachts werde ich für Mozart schreiben, morgens für Martini und abends für Salieri. Bei der Arbeit am >Don Giovanni< werde ich an die Hölle Dantes denken, beim >Baum der Diana< an Petrarca und beim >Tarar< [Anmerkung: Umarbeitung der französischen Oper ins Italienische für Salieri] an Tasso.



    So beschreibt Lorenzo da Ponte in seinen Memoires die Arbeit zu jener Zeit. So ganz kurz dürfte die Nase von da Ponte bei der Niederschrift nicht geblieben sein, denn er verschweigt, dass er für das Libretto des Don Giovanni auf einen unmittelbaren Vorgänger zurückgegriffen hat: So kam die Oper Don Giovanni o sia: Il Convitato di Pietra mit der Musik von Giuseppe Gazzanigas bereits am 5. Februar 1787 im Teatro Giustiniani di S. Moisé zu Venedig, hier jedoch als Einakter, zur Aufführung. Das Libretto war hier von Giovanni Bertati. Mozart soll maßgeblich an der Gestaltung des Librettos beteiligt gewesen sein. In jedem Falle kannte er nicht nur das Libretto Bertatis, sondern auch die Musik Gazzanigas, in dem er musikalische Parallelen schreibt, wenn da Ponte literarisch korrespondiert. Über den Werdegang der Oper erfahren wir aus Mozarts Briefen definitiv nichts. Jedoch die Proben zu Prag sind ausführlichst dokumentiert:


    An Gottfried von Jaquin


    Prag, den 15:ten octb: 1787.


    Liebster freund! –
    Sie werden vermuthlich glauben daß nun meine Oper schon vorbey ist – doch – da irren sie sich ein bisschen; Erstens ist das hiesiger theatralische Personale nicht so geschickt wie das zu Wienn um eine solche oper in so kurzer Zeit einzustudieren. Zweytens fand ich bey meiner Ankunft so wenige vorkehrungen und Anstalten, daß es ein blosse unmöglichkeit gewesen sein würde, Sie am 14:ten als gestern zu geben; […]


    Die Uraufführung war demnach für den 14. Oktober 1787 geplant. Mozart berichtet weiter von kleinen Intrigen:


    […]kurz die Radelführerin brachte es durch ihre Wohlredenheit so weit, daß dem Impresario von der Regierung aus dieses Stück auf jenen Tag untersagt wurde. – Nun triumphirte Sie! – hò vinta schrie Sie eines Abends aus der Loge, - Sie vermuthete wohl gewies nicht, daß sich das hò in ein sono verändern könne! – des Tags darauf kam aber le noble – brachte den Befehl Seiner Majestät, daß wenn die Neue Oper [Don Giovanni] nicht gegeben werden könne, Figaro gegeben werden müsse! – Wenn Sie, mein Freund, die schöne, herrliche Nase dieser Dame nun gesehen hätten! – O es würde Ihnen so viel Vergnügen verursacht haben, wie mir! –


    Don Giovanni ist nun auf den 24te bestimmt. –


    Mozart unterbricht den Brief für ein paar Tage und fährt fort:


    Den 21. – er war auf den 24. bestimmt, aber eine Sängerin, die krank geworden, verursachet noch eine Verzögerung; […]


    Den 25ten – heute ist der eilfte Tag, daß ich an diesem Brief kritzele; […]


    Künftigen Montag, den 29. wird die Oper das erste Mal aufgeführt […]



    So war es – Gott sei’s gedankt – auch! Am Tage nach [!] der Uraufführung erschien im der Prager Oberpostamtszeitung die nachfolgende Mitteilung:


    Prag den 29. Oktober. / Der Direkteur der hiesigen italienischen Gesellschaft gab gestern Nachricht von der für die Anwesenheit der hohen tosk. Gäste bestimmt gewesene Oper, Don Juan, oder die bestrafte Ausschweifung. Sie hat dn Herrn Hoftheaterdichter Abbé da Ponte zu Verfasser, und wird heute den 29ten zum erstenmale aufgeführt. Alles freuet sich auf die vortreffliche Komposizion des großen Meisters Mozart. Nächstens mehr hiervon.


    Am 3. November berichtet das Käseblatt:


    Prag, den 1. November. / Montags den 29ten wurde von der italienischen Operngesellschaft die mit Sehnsucht erwartete Oper des Meisters Mozard Don Giovanni oder das steinerne Gastmahl gegeben. Kenner und Tonkünstler sagen, daß zu Prag ihres Gleichen noch nicht aufgeführt worden. Hr. Mozard dirigirte selbst, u. als er ins Orchester trat, wurde ihm ein dreymaliger Jubel gegeben […]


    Mozart berichtet am 4. November 1787 an Gottfried von Jaquin:


    den 29:t oktb: gieng meine oper D: Giovanni in scena, und zwar mit dem lautesten beyfall. – gestern wurde Sie zum 4t: Male /: und zwar zu meinen Benefice :/ aufgeführt; […]


    Den Themenschwerpunkt Synopsis überlasse ich Alfred, damit er auch was zu tun hat. :D Ich habe keinen Bock mehr…


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • ...ach ja:


    MIA CARA - CARISSIMA - CARISISSIMA:



    Hagegård • Auger • Cachemaille • Jones • Bonney
    Drottningholm Teater Orkester • Arnold Östman

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Liebe Forianer


    Wie angekündigt, einge weitere Gedanken zu "Don Giovanni" - jenseits von Interpretationsfragen.


    Zunächst mal die Zeit. Laut Libretto spielt die Oper in einer Stadt in Spanien des 17. Jahhunderts, also ca 100 -150 Jahre VOR der Entstehung des Stückes. Das ist aus meiner Sicht zu respektieren, warWille der Autoren. Mozart hat nicht nur die Musik geschrieben, er hat auch auf da Pontes Libretto Einfluss genommen.


    Das Thema des "Don Juan" geht auf eine spanische Volkssage zurück die schon vorher des öfteren dramatisiert und als Oper gestaltet wurde.
    So wäre in etwa das Schauspiel "El burlador de Sevilla" des spanischen Bühnendichters Tirso de Molina (1585-1646) , eigentlich Gabriel Téllez erwähnenswert. (siehe Abbildung)



    Da Ponte hielt sich aber im wesentlichen an eine Vorlage aus der Feder von Giovanni Bertati (1735-1815) der sein Libretto für die Oper von Guiseppe Gazzaniga (1743-1818 ) schuf. (es gibt oder gab eine Aufnahme unter Bruno Weil)


    Weitere Werke die das Don Giovanni Thema aufgriffen, waren eine Oper von Vincenzo Righini (1756-1812) das "Don Juan" Balett von Christoph Willibald Gluck und Ein Schauspiel von Moliere..



    Mozarts Version des Werkes ist tendenziell ambivalent, schwankt zwischen heiter und ernst was wahrschein lich den Reiz des Werkes ausmacht - Tragik und Heiterkeit liegen dicht nebeneinander. Nicht nur der für Prag komponierte Epilog mit "der Moral von der Geschichte" - von Mozart bei der Wiener uraufführeung selbst gestrichen - legt Zeugnis von dieser Zwiespäligkeit ab, sie zieht sich wie ein Faden (Thraed) durch dei gesamte Oper.


    Da Pontes Untertitel - der bestrafte Wüstling kann ironisch gedeutet werden - ist aber wahrscheinlich ein Zugeständniss an den Zeitgeschmack.
    Dennoch, nach einer erfolgreichen Prager Uraufführung fiel das Werk in Wien durch ("Nichts für die Zähne meiner Wiener" wird Kaiser Joseph II.
    zitiert.) In München wurde die Oper sogar wegen "Erreguinge öffentlichen Ärgernisses" verboten., Die Berliner Kritik ist anbivalent, sie sieht die Musik positiv, aber die Tugend mit Füßen getreten...(trozt des "moralisierenden" Untertiels - Da Ponte war ein Schlitzohr und Kenner der Meschen - er hatte vorgebaut -vergeblich)


    Interessant ist die Charaktergestaltung von Don Giovanni, dem "Bösewicht" dem immerhin Eleganz und Charakterfestigkeit und Mut zugestanden werden muß (manche mögen auch sagen "Beharren am Bösen" - Uneinsichtigkeit, während Leporello eigentlich wie ein Chamäleon seinen "Charakter" verändert , stets auf eigenen Vorteil bedacht ist und schluß endlich doch irgendwie als "Guter" dasteht - ein Opportunist - seinerzeit gut gezeichnet, milde belächelt - aber im Grunde nicht verurteilt.....
    Die Höllenfahrt des Don Giovanni am Schluß der Oper wird von manchen wörtlich genommen, als Bestrafung des "bösen zynischen Verführers - und Mörders (man weiß nicht was beim Publikum der Mozartzeit und speziell im folgenden 19. Jahrhundert schwerer wog (?)), andere sahen jedoch die Symbolik als Ende des anmaßenden sich über alle moralischen Gesetze hinwegsetzenden, absolutistisch orientienten Adels. - eine Betrachtung über die sich trefflich diskutieren ließe.



    Das Werk hatte posthum zahlreiche Nachwirkungen. Goethe meinte, er würde in Kenntnis dieses Werkes (Vorsicht Goethe ist keine musikalisch Instanz erster Klasse !! - Man bedenke die Beurteilung seiner Gedichte durch Schubertt !!!)- allein Mozart die Vertonung seines "Faust" zugetraut haben. Diese Aussage enhielt allerdings keinerlei Risiko - Mozart war zu diesem Zeitpunkt schon tot.


    Freundliche Grüße aus Wien



    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    "Nichts für die Zähne meiner Wiener"


    Salut,


    das bedarf der geringfügigen Ergänzung:


    Die Nachrichten von der bravourösen Uraufführung des Don Giovanni in Prag und nicht zuletzt von Le Nozze di Figaro ebenda vermittelte Mozart zunächst am 7. Dezember 1788 das Amt des kaislerlichen Kammermusikus. Weiteres lässt Lorenzo da Ponte verlauten [Original in Italienischer Sprache]:


    Der Kaiser ließ mich zu sich rufen, überhäufte mich mit Lob, schenkte mit 100 Zechinen und sagte, er wünsche bald den Don Giovanni zu sehen. Nun kam Mozart von Prag zurück und übergab die Partitur sogleich dem Kopisten, der die Stimmen so schnell wie möglich ausschrieb, weil der Kaiser verreisen musste. Die Oper kam zur Aufführung, und - soll ich es sagen? - der Don Giovanni gefiel nicht in Wien. Alle - Mozart allein ausgenommen - glaubten, ihm fehle etwas. Nun wurden Zusätze gemacht, ganze Arien verändert, eine neue Aufführung dargeboten, aber Don Giovanni gefiel nicht. Und was sagte der Kaiser dazu? 'Diese Oper ist kostbar, ist göttlich, vielleicht sogar noch besser als der Figaro, aber sie ist keine Kost für die Zähne meiner Wiener.' Ich erzählte Mozart diesen Ausspruch, der mir ganz ruhig erwiderte: 'Man muß ihnen Zeit lassen, sie zu kauen.' Er täuschte sich auch nicht. Auf seinen Rat sorgte ich dafür, dass diese Oper häufig wiederholt wurde. Bei jeder weiteren Vorstellung nahm der Beifall zu, und auch die Wiener mit den schlechten Zähnen fanden nach und nach Geschmack daran, erkannten ihre Schönheit und räumten dem Don Giovanni den ihm gebührenden Platz unter den schönsten Opern ein, die je aufgeführt worden sind.


    Zu Mozarts Lebzeiten wurde die Oper insgesamt nur 15 Mal aufgeführt...


    Weitere Stimmen:


    Karl Graf von Zinzendorf: a l'opera. Don Giovanni. La musique de Mozart est agréable et trés variée


    Die Wiener Zeitung, 10. Mai: A l'Opera. Don Giovanni. Mme. de la Lippe trouve la musique savante, peu propre au chant.


    Der Kaiser: La Musique de Mozard est bien trop difficile pour le chant.


    Erzherzogin Wilhelmine Elisabeth: On a donné ces jours passés un nouvel opéra de la composition de Mozart, mais on m'a dit qu'il n'avait pas eu beaucoup des succès...


    Bei den speziell für die schlechten Zähne der Wiener nachkomponierten Stücke handelt es sich um


    KV 540a
    Arie des Donn Ottavio
    Dalla sua pace


    KV 540b
    Duett Zerlina-Leporello
    Per queste tue manine


    KV 540c
    Recitativ und Arie der Donna Elvira
    In quali eccesi [Rec.] und
    Mi tradí quell'alma ingrata [Aria],


    wobei ich Letztgenannte keinesfalls missen möchte.


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Sorry, Mike! - pas de probléme...


    Karl Graf von Zinzendorf: a l'opera. Don Giovanni. La musique de Mozart est agréable et trés variée.


    Mozarts Musik ist liebenswürdig und sehr vielfältig [abwechslungsreich].


    Die Wiener Zeitung, 10. Mai: A l'Opera. Don Giovanni. Mme. de la Lippe trouve la musique savante, peu propre au chant.


    Madame de la Lippe findet die Musik gekonnt, [aber] wenig angenehm [geeignet, passend] zu singen.


    Der Kaiser: La Musique de Mozard est bien trop difficile pour le chant.


    Mozarts Musik ist schön, [jedoch] äußerst schwierig für den Gesang [für die SängerInnen].


    Erzherzogin Wilhelmine Elisabeth: On a donné ces jours passés un nouvel opéra de la composition de Mozart, mais on m'a dit qu'il n'avait pas eu beaucoup des succès...


    Man hat vergangene Tage eine neue Oper von der Komposition Mozarts gegeben, aber man sagte mir, sie habe nicht viel Erfolg [gehabt].


    Compris?


    bien cordialement!


    Ulli



    P.S. Irgendwie hat es sich bei mir in letzter Zeit [jours passés] eingeschlichen, "Liebe Grüße" zu schreiben. Das ist wieder typisch Deutsch: gewollt freundlich... die Franzosen sind da etwas "genauer" und schreiben "sehr herzlich" und meinen es ernst! Uaahhh... bloss keine Diskussion jetzt!!! ;)

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    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von DonBasilio
    Hi Ulli!!


    Bin zwar nicht Mike, aber trotzdem danke!!! :D :D :D


    Mfg Joschi


    Sorry Don Giovanni - irgendwie hab ich's nicht so mit Namen... das passiert mir hier andauernd!


    Grüße, Robert

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  • Ich kenne 2 weitere erwähnenswerte Aufnahmen der "Oper aller Opern",die leider aus rechtlichen Gründen immer noch nicht veröffentlicht werden dürfen:


    1.Live-Mitschnitt vom 22.Juni 1963 Staatsoper Wien,
    Dir.Herbert von Karajan mit


    Eberhard Wächter- Don Giovanni
    Walter Kreppel - Komtur
    Leontyne Price - Donna Anna
    Fritz Wunderlich - Don Ottavio
    Hilde Güden - Donna Elvira
    Walter Berry - Leporello
    Graziella Sciutti - Zerlina
    Rolando Panerai - Masetto


    2.Live-Mitschnitt vom 11.Dez.1963 Prinzregententheater München,
    Dir. Fritz Rieger,Bayr.Staatsoper mit


    George London
    Mino Yahia
    Annelies Kupper
    Fritz Wunderlich
    Maud Cunitz
    Karl Christian Kohn
    Erika Köth
    Albrecht Peter


    Beide Aufführungen wurden in Originalsprache aufgeführt.
    Ich hoffe sehr,daß wir irgendwann in den Genuß dieser musikalischen Zeitdokumente gelangen dürfen.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Salut,


    ich finde, das gehört auch hierher – deshalb „klaue“ ich aus dem Mord-und-Totschlag-Thread:



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    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Also die Furtwängler Aufnahme gefällt mir sehr gut!!!
    Auch wenn viele eher Feind als Freund der deutschen Übersetzungen sind möcht ich kurz diesen Querschnitt empfehlen.



    Mit Prey einen tollen Don Giovanni, der vorallem als Frauenverführer glänzt dafür fehlt ihm aber das dämonische Erscheinungsbild eines Cesare Siepi zum Beispiel.


    Dafür ist Fritz Wunderlich aber ein wunderbarer Ottavio, dazu brauch man nichts sagen! Einfach Wunderlich!!!


    Karl Kohn gefällt mir als Leporello ausgezeichnet, singt ihn sehr seriös ähnlich wie van Dam (aber auf deutsch eben).
    Auch die Besetzung der Damen ist durchweg sehr hörenswert d.h.
    Erika Köth als Zerlina, Elisabeth Grümmer als Donna Anna, Hildegard Hillebrecht als Donna Elvira.


    Nun eine Frage an euch: Ich bin am überlegen welche von beiden Gala Vorstellungen die hier in nächster Zeit in "meiner Nähe" sind ich besuchen sollte entweder in Mainz mit Michael Volle als Don Giovanni oder in Frankfurt mit Lucio Gallo als Don Giovanni!!
    Hat einer von euch einen der beiden in dieser Rolle gehört?!
    Ich mag beide Sänger sehr, kenne Volle aber vorallem aus dem Wagner Fach...Naja bin ich mal gespannt.Am Ende geh ich ja doch in beide wie ich mich kenne :angel:


    Mfg RIchard


  • Hähä, ich habe den Artikel und werde ihn nun besprechen. Für das Dramma heroico werde ich Dir noch zärtlich eins überbraten… ;)


    Zitat

    Quelle: Süddeutsche Zeitung
    Nr. 22, Freitag, den 27. Januar 2006, Seite 14


    Erlösung dem Weichei
    Warum Don Giovannis Gegenspieler Don Ottavio kein Langweiler sein darf


    Er gilt dem breiten Publikum als Weichei und Memme - Kennern dagegen als die Schlüsselfigur des Stücks. Die Rede ist von Don Ottavio, dem bis zur Biederkeit integren Verlobten der Donna Anna in „Don Giovanni", in Mozarts rätselhaftester Oper neben der „Zauberflöte". Ob Donna Anna gleich zu Beginn der Oper Sex mit dem Titelhelden hat oder nicht, diese Frage erschüttert seit je die Aufführungen. Jedenfalls gehört es zum guten Ton, ihrer jeden Sex verneinenden Version zu misstrauen. Radikale Regisseure zeigen diesen Anfang denn durchaus auch als Vergewaltigung. Genau so gern wird behauptet, dass Anna von der libidinösen Urgewalt Giovannis das ganze Stück über fasziniert sei. Zumal man ihren Verlobten Ottavio ganz gern als erotische Null sieht - und die meisten Tenöre in dieser Rolle auch keine besonders gute Figur machen. Daran aber dürfte in erster Linie eine Aufführungsgeschichte schuld sein, die diese faszinierende Geschichte im Laufe der Zeit derart romantisiert und dämonisiert hat, dass sie in ihren Grundzügen fast verschüttet ging.


    Und diese Aufführungsgeschichte beginnt mit dem Mozartverehrer E. T. A. Hoffmann, durch dessen [unabsichtliche?] Falschübersetzung von Don Giovannis Antwort im ersten Donna-Anna-Auftritt in der Oper:


    DONNA ANNA
    Non sperar, se non m’uccidi,
    Ch’io ti lasci fuggir mai.


    DONN GIOVANNI
    Donna folle! Indarno gridi
    Chi son io, tu non sperai.


    E. T. A. Hoffmann übersetzte so:


    DONNA ANNA
    Eher nicht, bis du mich tötest,
    lass ich dich, Verräter, fliehn.


    DON GIOVANNI
    Ha! Verwegne! Du errötest
    nicht, mich so dir nachzuziehn?


    Die Übersetzung des Donna-Anna-Textes kann man mal so stehen lassen. Don Giovannis Aussage aber ist:


    „Verrücktes Weib! Magst du auch schreien – du wirst nie wissen, wer ich bin!“


    Von Errötung ist hier keine Rede, es ist auch nicht erforderlich, ebenso wenig wie das „nachziehen“ – Don Giovanni flieht, nichts weiter: Es war ganz offensichtlich ein missglückter Versuch Don Giovannis, Donna Anna zu bekommen, welche – entrüstet – quasi mit dem Regenschirm dreinschlagend den „Ruchlosen“ :D verscheucht. Lustige Szene.


    Noch deutlicher dokumentiert in Donna Annas Arie „Or sai chi l’onore rapire a me volse…“ – Er wollte mir die Ehre rauben…


    Also dieser Punkt sollte damit eindeutig geklärt sein.


    Zitat

    SZ […]


    Ottavio und Giovanni sind im Kern ein und dieselbe Gestalt. Beide sind jung, elegant, gut aussehend und gehören der Aristokratie an. Sie müssen nicht arbeiten, sie leben von Ausbeutung. Doch während Ottavio offenbar die Normen seines Standes akzeptiert und als gentiluâmo lebt, schert Giovanni in einem entscheidenden Punkt aus dieser wohl auch leicht faden, um den guten Ton bemühten Standesordnung aus. Sein Hobby besteht darin, mit möglichst vielen Frauen möglichst nur einmal ins Bett zu steigen. Sex und hopp, ist seine Devise.


    Mich stört einzig und allein die Aussage, Don Ottavio und Don Giovanni seien im Kern dieselbe Gestalt. Die nachfolgende Erklärung allerdings lässt durchblicken, was gemeint ist.


    Zitat

    SZ […]


    Der Juan früherer Versionen, vor allem bei Tirso de Molina, der den Stoff erstmals aufschrieb und 1630 publizierte, und bei Molière, ist nicht nur ein Verführer, sondern ein waschechter Atheist, ein Rebell gegen die bestehende göttliche Ordnung, die im Spätfeudalismus ihre irdische Ausprägung erfährt. Dass ein Gotteslästerer per göttlichem Strafgericht aus der Welt geschafft werden muss, versteht sich von selbst. Doch die Gottesleugnung spielt bei Mozarts Librettisten Lorenzo da Ponte keine Rolle. Weshalb Giovannis - auf höchste Anweisung hin und mit viel Höllenkrach - verfügtes Ende leicht aufgesetzt wirkt. Muss man sich mit einem Stenz tatsächlich so viel überirdische Mühe geben?


    Ein Stenz ist ein „geckenhafter junger Mann, der gern Damenbekanntschaften macht“ [Duden, Die deutsche Rechtschreibung]. Daß Don Giovanni kein Stenz ist, erfahren wir ja in der „Registerarie“. Die offensichtliche Diskrepanz führte sicherlich auch zu dem Misserfolg in Wien, die nehmen’s halt genau, die Wiener. Sicherlich aber haben Mozart und Da Ponte hier ganz bewusst die Gotteslästerungen ausgelassen – anderes wäre kritisch gewesen. Wobei ja letztlich allein der Versuch der Verführung einer gebundenen Person in diese Richtung geht. Umso häufiger wird Don Giovanni in den Da-Ponte-Texten als „Frevler“ hingestellt, das dürfte ausreichen, um Missverständnisse zu vermeiden. Zudem benutzt Mozart bei Don Giovanni die „Kirchentonart“ d-moll – die spricht Bände. Sie sollte aber lediglich als Hinweis verstanden werden, nicht als Gleichsetzung mit dem Requiem.


    Zitat

    SZ […]
    Mag sein, dass sich aus dieser Diskrepanz die Gattungsbezeichnung des Stücks erklären lässt: Dramma giocoso - lustiges Stück. Was sich wiederum als Rücknahme von Tirsos Absichten interpretieren lässt: Tirso kündet den Stoff als „El burlador de Sevilla y convidado de piedra" an, als „Der Spötter von Sevilla und der Gast aus Stein" – „Spötter" nicht als Sarkast verstanden, sondern als Verspottender der Schöpfung.


    Von dieser mittelalterlichen Fundamentalkritik haben sich Mozart und da Ponte längst entfernt. Schon ihnen leuchtet nicht mehr so ganz ein, warum ein Frauenverführer mit der schärfsten Keule des Katholizismus erledigt werden muss. Denn schon der Graf aus „Figaros Hochzeit", der allenfalls weniger konsequent als Giovanni, aber doch aus dem gleichen Holz geschnitzt ist, kommt letztendlich mit der Vergebung durch seine Ehefrau davon.


    Wie ich es auch in meinem oberen Posting versucht habe darzustellen, steht das giocose der Oper im Vordergrund. Dazu wurde auch der Name Leporello = Hasenfuß erwählt.


    Hätte Don Giovanni sich „nur“ an Donna Anna vergangen und nicht gemordet, wäre er sicherlich auch [irgendwie] davon gekommen. Das ist eben der Unterschied zwischen Il Conte und Don Giovanni. Hier jedenfalls ist die geplante Untat mislungen und durch eine viel schlimmere ersetzt worden. Im Falle Don Giovanni gibt es nichts zu Vergeben – er wird in der Hölle bei 415°C [der Siedepunkt von Schwefel, soweit mir bekannt] schmoren.



    Ja. Zwar hinkt die Begründung etwas, da im 18. Jahrhundert die Stimmlagen [hier Tenor/Bass] nicht so eindeutig abgegrenzt waren, wie heute, aber grundsätzlich ist die getroffene Unterscheidung zwischen Don Ottavio [Tenor] und Don Giovanni [Bass] hier ganz gut dargestellt. Dem widerspricht natürlich bei genauer Betrachtung, dass im Figaro der Figaro als wirklicher Liebhaber der Bass ist -und der Graf auch.


    Heinrich Eduard Jacob schreibt über Don Ottavio:


    Er gilt als „feiger Zögerer“, obwohl diesem strahlenden Tenor – unter den Bässen und Baritonen des Musikdramas doppelt erstrahlend – Mozart die herrlichste Lyrik mitgab.


    Zitat

    SZ […]


    Mozart setzt diese Tradition fort, im Belmonte der „Entführung", in Ottavio, im Tamino der „Zauberflöte". Es sind dies alles heute nur schwer überzeugend zu besetzende Partien. Selbst in der Vergangenheit gab es nur wenige Sänger, die diesem Ideal genügen konnten, dazu zählten Léopold Simoneau, Anton Dermota, Fritz Wunderlich, Alfredo Kraus. Sänger, die die reine Schönheit einer langsam aufblühenden Kantilene zu gestalten wussten, die durch Leichtigkeit bestachen, durch apollinische Klarheit. Und so in Ottavio, dem Gegenbild Giovannis, das andere Wesen des aristokratischen Männertypus sinnlich betörend Gestalt annehmen ließen. In diesen seltenen Fällen, in denen ein Sänger dieses Ideal erfüllt, ist Ottavio auch nie langweilig . . .


    Es fehlen ein paar Interpreten, aber gut…


    Zitat

    SZ […]


    So wie die französische Oper spätestens seit Mitte des 18. Jahrhunderts die Ideale der heraufziehenden Französischen Revolution propagiert, so ist der Tenor der Exponent dieser Ideale. Ottavio, mit seiner moralisch gefestigten Haltung, mit seiner klaren Absage an alle gesellschaftsgefährdenden Tendenzen, gehört in diese Kategorie. Dass dieses Gutsein sehr viel bühnenunwirksamer ist als es die Umtriebe Giovannis sind, das wussten natürlich auch Mozart und da Ponte. Also spielt Ottavio eher eine untergeordnete, wenn auch nicht unbedeutende Rolle. Besonders in der für Prag geschriebenen Erstfassung von 1787 wird das deutlich. Da ist Ottavio vor allem ein Gesellschaftsmensch - er ist an fünf Ensembles beteiligt, singt aber nur eine Arie. Nur Masetto, sein Pendant in der Unterschicht, muss ebenfalls mit nur einer Arie auskommen, alle anderen haben zwei Soloauftritte. Andrerseits macht auch Giovanni eine Ausnahme, und das unterstreicht seine Nähe zu Ottavio. Er ist an sechs Ensembles beteiligt, hat dafür aber drei Solonummern, die, im Unterschied zu den meisten anderen Arien dieser Oper, eher Genrestücke sind als Charakterstudien.


    Ja, mein Lieber, auf den Widerspruch habe ich gewartet: Zu Beginn dieser Ottavio-Rechtfertigung ist Don Ottavio noch die „Schlüsselfigur“, jetzt zur „untergeordneten, wenn auch nicht unbedeutenden Rolle“ degradiert. Da Ponte hat es umgekehrt gemacht: Er hat aus der Vorlage Bertatis [hier: Duca Ottavio] einen „Don“ gemacht! Aus einem ehemals „kriegerischen Führer“ [Duca] wird ein „Don“ – ein „anständiger Mensch“, Edelmann. Hier wird zu Don Giovanni eine Ebene eingezogen, auf der sich beide [vermeintlich gleichberechtigt] bewegen. Der Irrläufer wird ja bekanntlich eliminiert.


    Zitat

    SZ […]


    Diese Prager Fassung ist perfekt, da sie Ottavio in einer genau ausgetüftelten Balance mit den anderen sieben Sängern hält. Erst die im Jahr darauf entstandene Wiener Fassung fügt eine zweite Ottavio-Arie ein. Dadurch tritt Ottavio stärker in den Vordergrund - zu seinem Nachteil, weil er nun etwas langweilig wirkt. Denn diese Arie fügt seinem Typus (und mehr darf er nicht sein) nichts Neues hinzu. Verständlich, dass Tenöre nicht auf diese zweite Arie verzichten wollen - die jedoch, wie übrigens alle für Wien vorgenommenen Änderungen, das Geschehen nur unnötig aufhält. Aber hier, wie in allen Belangen des „Don Giovanni", wäre Zurückhaltung ein Gewinn. Spannend wird sein, ob René Jacobs, der derzeit größte Spezialist für die Oper des 17. und 18. Jahrhunderts, bei seinem im August für Innsbruck geplanten „Don Giovanni" endlich mit solchen etablierten Traditionen der Aufführungspraxis aufräumen wird. REINHARD J.BREMBECK


    Natürlich ist die „Prager Fassung“ perfekt – genau, wie die Wiener. Man kommt bei einer solchen Diskussion vom Regen in die Traufe.


    Cordialement
    Ulli


    [als kleine Entschädigung für die Graffittys]

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo,


    eine - allemals historisch - interessante Aufnahme ist diese von 1943 auf Deutsch:


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Original von S.Kirch


    Der Komtur fordert ihn aber hinaus.


    Zitat

    Original von mir
    Eben. Deswegen muß er auch mit dem schlimmsten rechenen - Don Giovanni ist schließlich bekannt: Und er zieht ja auch fast zwanghaft den Kürzeren.


    Salut,


    dazu fällt mir gerade noch ein:


    DON GIOVANNI
    Misero, attende, se vuoi morir.


    Dann geht das Combattono los...


    :hello:


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Wer kennt folgende Aufnahme von Harnoncourt und kann etwas dazu sagen?


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Genau ich schließe mich der Frage von felipe II. an?!?!
    Hatt diese Aufnahme heut im Plattenladen in der Hand, jedoch sprengte der Preis meine finanziellen Möglichkeiten.


    Mfg Richard

  • Salut,


    ich kenne die Aufnahme nicht, aber Sänger und Orchester sind sicher hervorragend. Zu Harnoncourt sollte man wissen, von wann die Aufnahme stammt. Ich finde seine "neueren" Sachen nicht so originell, wobei mir das zeitlich einzugrenzen auch schwer fällt.


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Ich glaube, 80er Jahre ist das, bin aber nicht sicher.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Dann sollte es interessant sein.


    :D


    Ich habe den Schauspieldirektor [zusammen mit Salieris "Prima la musica e poi le parole"], müsste so 1985er sein. War in Ordnung.


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Die Aufnahme ist von 1988.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Hallo Ulli,


    als Experte des Don Giovanni kannst Du mir vielleicht mit der Frage helfen. Die konnte bis jetzt noch keiner beantworten :D (Bitte sag` jetzt nichts zum Thema Arbeitsverweigerung zu Deinen anderen ausführlichen Beiträgen hier, ist einfach ein bißchen schwierig gerade.)


    Nach dem Totschlag des Komturs treffen sich Leporello und Giovanni wieder und es folgt ein Rezitativ. Darin sagt Giovanni (Übersetzung aus dem Beiheft von Gardiner):


    "Komm, du bist ein feiner Kerl! Du sollst wissen,
    daß ich mich in eine schöne Dame verliebt habe
    und ich bin sicher, daß sie mich auch liebt.
    Ich habe sie gesehen, mit ihr gesprochen,
    heute Nacht kommt sie auf mein Schloß
    [...]"


    Diese Dame taucht m.E. in der Oper doch gar nicht auf. Und vor allem, ist sie vielleicht ein Beweis, daß Giovanni liebesfähig ist? (Oder ist das "Problem" der Oper gar nicht, daß er nicht liebesfähig ist sondern daß er nicht geliebt sondern nur gejagt wird.)


    :hello:


    Sophia

  • Salut,


    das ist das letzte Drittel der Scena IV:


    DON GIOVANNI
    Va' là, che se'il grand'uom:
    Sappi ch'io sono innamorato d'una bella dama,
    e son certo che m'ama.
    La vidi... le parlari... meco al casino
    questa notte verrà...


    Es gibt zwei Lösungen für Deine Frage:


    1. Don Giovanni meint Donna Anna - ein wenig lügt Don Giovanni ja in diesem Falle ;) Das aber würde zum "giocoso" der Opera passen.


    2. Gemeint ist [die eliminierte] Donna Ximenia aus der gleichnamigen und dem Gespann Mozart/Da Ponte bekannten Oper von Gazzaniga. Hier dann einfach in der Funktion "Eine von Vielen...".


    In Bertati/Gazzaniga ist es die Szene V [bevor Donna Elvira auftritt]. Hier wird deutlich Bezug auf Donna Ximenia genommen:


    DON GIOVANNI
    Perchè invaghito son di Donna Ximenia.
    Ella se n'venne leri qui al suo Casino.
    Per poter meco aver qualche colloquio
    con maggior libertà.


    In Bertati/Gazzaniga wird Don Giovanni Donna Ximenia als seine Verlobte vorstellen. Der Name der Schönen tut aber eigentlich nichts zur Sache und wurd wohl gerade deswegen nicht genannt. Besonders interessant ist aber, daß die Donna Ximenia bei Mozart/Da Ponte eliminiert wurde und an deren Stelle die Donna Anna rückt, welche ursprünglich nach der Entdeckung des ermordeten Vaters nicht mehr autritt. Beide Damen wurden zu einer Gegenspielerin Don Giovannis vereint. Deswegen gilt m. E. nach Lösung 1 wie 2.


    Zitat

    Und vor allem, ist sie vielleicht ein Beweis, daß Giovanni liebesfähig ist?


    (Oder ist das "Problem" der Oper gar nicht, daß er nicht liebesfähig ist sondern daß er nicht geliebt sondern nur gejagt wird.)


    Wie "ernst" es Don Giovanni meint, ergibt sich ja ohnehin aus dem Kontext. ;)


    :hello:


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Moin Ulli,


    Zitat

    Original von Ulli


    1. Don Giovanni meint Donna Anna - ein wenig lügt Don Giovanni ja in diesem Falle ;)


    ein bißchen Untertreibung sei Dir erlaubt ;)


    Anna ist mit Sicherheit nicht gemeint. Im Libretto der Oper lese ich bei keiner Frau etwas darüber, daß sie Giovanni lieben. Aber auch nichts darüber, daß sie sich (vor den versuchten Verführungen) wehren. Die Schreie der Frauen kommen bei Anna und Zerlina jedenfalls erst hinterher.


    Da gehen unsere Meinungen dann auch weiter auseinander: Anna sagt zwar in ihrer zweiten! Arie zu Don Ottavio, daß sie verführt werden sollte und sich begann zu wehren als sie die Verwechslung gemerkt hat. Alleine diese Verwechslung halte ich für suspekt :yes: . Ihrem Verlobten erzählt sie die Geschichte erst im 2. Akt anstatt gleich nach dem Tod des Vaters. Erst einmal will sie das jedenfalls nicht sagen, entweder sie schämt sich für die Verwechslung oder es gab gar keine und sie hat Panik bekommen (wie später auch Zerlina).


    Zitat

    Wie "ernst" es Don Giovanni meint, ergibt sich ja ohnehin aus dem Kontext. ;)


    Er versucht(e) jedenfalls den Augenblick zu genießen. Bei dem kann man sich was abgucken :stumm:


    Schönen Gruß,
    Sophia

  • Sagitt meint:
    gepostet am 25.11.2005, aber jetzt erst gelesen :


    Die Karajan Version habe ich, irgendeine italienische Firma hat die mal veröffentlicht. Meine Erinnerung daran: ein völlig überforderter Eberhard Wächter, der am Schluss stimmlich fast dekompensiert.
    Allerdings-ich gebe es zu- entspricht dies meinem Vorurteil, Wächter sei kein bedeutender Don Giovanni. Hintergrund: er war derjenige, der 1960 bei Klemperer singen sollte und dies dann mit Guilini tat- eine für mich völlig überschätze Aufnahme. Im Vergleich zu Ghiaurov allerdings, der das 1964 mit Klemperer machte, wirklich nicht die gleiche Klasse.


    Wenn man, wie Gould es vorschlägt,koppeln könnte: Idealbesetzung:


    Ouvertüre: Norrington
    Orchester: Klemperer oder Gardiner
    Don Giovanni: Pinza oder Ghiaurov
    Leporello: Walter Berry
    Donna Anna: Elisabeth Schwartzkopf
    Donna Elvira: Christa.Ludwig
    Zerlina: Kathleen Battle
    Komtur: Crass oder Salminnen

  • Salut Sophia,


    das "Übertriebene" fasse ich als notwendiges sprachliches [aber auch filmisches] Mittel auf!


    Zitat

    Original von S.Kirch


    Im Libretto der Oper lese ich bei keiner Frau etwas darüber, daß sie Giovanni lieben.


    Lies das, Scena V:


    DONNA ELVIRA
    …che per mio scorno amai


    Immerhin liebte sie ihn! Sie kommt extra nach Seviglia gereist, um ihren Geliebten, Don Giovanni, zu finden. Erst, nachdem Schißbüx Leporello ihr die ganze Wahrheit offenbart [Madamina, il catalogo è questo…], stellt sie sich als Betrogene gegen Don Giovanni.


    Zitat

    Original von S.Kirch
    Aber auch nichts darüber, daß sie sich (vor den versuchten Verführungen) wehren.


    Und lies das:


    DONNA ANNA
    Or sai chi l’onore
    rapidare a me volse…


    Scena XIII ist das, “er wollte mir die Ehre rauben”, und schließlich hat sie sich erfolgreich gewehrt [Scena I]. Zum damaligen Zeitpunkt [Beginn der Oper, Scena I] wusste sie jedoch noch nicht, wer es war. Erst zu Beginn der Scena XIII, im Rezitativ vor der Arie „Or sai chi l’onore“ räumt sie jedoch jeden Zweifel über die Identität des Übeltäters aus:


    DONNA ANNA
    Non dubitate più:
    Gli utlimi accenti che l’empio proferì
    Tutta la voce richiamar nel cor mio
    Di quell’indegno che nel mio appartamento…


    Donna Anna hat Don Giovanni also anhand seiner Stimme entlarvt.



    Zitat

    Original von S.Kirch
    Da gehen unsere Meinungen dann auch weiter auseinander: Anna sagt zwar in ihrer zweiten! Arie zu Don Ottavio, daß sie verführt werden sollte und sich begann zu wehren als sie die Verwechslung gemerkt hat. Alleine diese Verwechslung halte ich für suspekt . Ihrem Verlobten erzählt sie die Geschichte erst im 2. Akt anstatt gleich nach dem Tod des Vaters. Erst einmal will sie das jedenfalls nicht sagen, entweder sie schämt sich für die Verwechslung oder es gab gar keine und sie hat Panik bekommen (wie später auch Zerlina).


    Die Verwechslung ist ja hier auch wieder nur „Mittel zum Zweck“: Was wäre die ganze Oper ohne diesen Vorgang? Es hätte die Geschichte niemals gegeben. Die Verwechslung als solche ist ja auch keine: Was sollte Donna Anna anderes denken, als dass ihr wahrer Liebhaber sie besucht? Unmittelbar nach dem Tod ihres Vaters hat sie ja logischer Weise auch erst einmal andere Gedanken – der Verlust des geliebten Vaters ist wohl weitaus wichtiger als der gescheiterte Versuch Don Giovannis; zumal er ja gescheitert ist: Es ist ja nichts passiert! Die „Gefahr“ besteht lediglich darin, dass Don Giovanni das Geschehne anders auslegt und damit herumprahlt. Das ist eine Methode, um den männlichen Gegenspieler zu eliminieren.


    Bereits in der 13. Szene entlarvt sie Don Giovanni als den Mörder ihres Vaters – und das wird durch die nachfolgende Arie in Verbindung gebracht mit dem Annäherungsversuch zuvor. Die Sache ist klar – und Don Ottavio ist dabei und kommentiert:


    DON OTTAVIO
    Oh ciel! possibile che sotto il sacro manto d'amicizia…


    Die Sache mit Zerlina ist eine ganz andere Geschichte – immerhin gehört sie, wie Masetto, einer ganz anderen Gesellschaftsschicht an und wittert hier vielleicht zunächst ein paar gesellschaftliche Vorteile. Jedenfalls sind das die zunächst treffenden Argumente Don Giovannis, bevor sie von Donna Elvira eines anderen belehrt wird.


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Was ist von der 1970er-Aufnahme unter Giulini zu halten?



    Besetzung scheint sehr gut zu sein.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Da kann es sich nur um einen italienischen Rundfunkmitschnitt handeln. Und um eine Rarität obendrein, hat doch Giulini von 1968 bis 1982 eigentlich keine Opern dirigiert....

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Danke für die Information.


    Mittlerweile kenne ich die Einspielungen unter Böhm (1967) und Harnoncourt (1988), ferner eine dt. Aufnahme von 1943 (Elmendorff).


    Sehr interessieren würden mich noch diese Aufnahmen:



    Zitat

    M. Santi in Audio 11 / 86:
    "Es handelt sich um eine der überzeugendsten Leistungen im Lebenswerk Karajans und um eine der wichtigsten Plattenproduktionen des Jahres, zumal es auch bei den Sängern nicht den geringsten Ausfall gibt. ..Höchste und hohe Bewertungen Interpretation, Klangqualität und Sammelwert."



    P.S.: Bisher gefällt mir die Böhm-Aufnahme am besten - da klingt das Finale wirklich dramatisch. Toppen Karajan oder Klemperer das?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Klemperer ist natürlich wuchtiger, was einem durchaus gefallen kann. Bei Karajan, der mir auch gefällt, würde ich aber das Salzburger Video in Betracht ziehen, die Aufführung erfolgte mit fast identischer Besetzung und die DVD ist zur Zeit um einen Bruchteil der CD-Aufnahme zu bekommen...

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Liebe Leute,


    ich würde von meinen Aufnahmen den Walter-Mitschnitt mit Pinza an die Spitze setzen, gefolgt von Krips, dann Giulini. Den Klemperer kenne ich leider noch nicht.


    Was haltet Ihr von der Colin-Davis-Einspielung? Ich bin durchaus von ihr angetan, solides bis überdurchschnittliches Niveau, insbesondere Burrows und Wixell gefallen mir gut. Die Damen fallen etwas ab, aber Freni als Zerlina ist ok.


    LG,


    Christian

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