Das romantische Klavierkonzert - Hyperions Megaserie - Vol 1 - 80

  • Wenn ich die Beiträge richtig überblicke, muß ich diesmal mit keiner Dopplung aufwarten, da diese CD der Serie hier noch nicht näher vorgestellt wurde. Auch diese CD ist für mich eine Entdeckung. Es ist schon beeindruckend, was alles noch so existiert oder vielleicht eher erschreckend, wie wenig ich abseits der "Großen Alten" kenne. Obwohl heute vergessen wurden beide ob ihrer Verdienste um die Musik zu Lebzeiten in den Ritterstand erhoben


    Sir Frederic Hymen Cowen (1852–1935): Concertstück
    Sir Arthur Somervell (1863–1937): Normandy (Sinfonische Variationen) & Klavierkonzert a-moll
    BBC Scottish Symphony Orchestra, Marty Brabbins
    Klavier: Martin Roscoe


    Cowen hat, wie ich bemerkt habe, eine Verbindung zu meinem aktuellen Wohnort. Er nahm in Leipzig Unterricht, u.a. bei Ignaz Moscheles. Sein Concertstück (1900 uraufgeführt), das er für den polnischen Pianisten Paderewski schrieb, ist imO eine wirkliche Entdeckung, ein durch und durch (spät)romantisches Werk, bei dem der Pianist richtig glänzen kann (m. E. mit deutlichen Anklängen an Liszt): an zahlreichen Stellen spielt der Pianist gänzlich ohne Orchesterbegleitung. Das ist nicht verwunderlich, war doch Cowen selbst ein guter Pianist. Auch wenn es sehr effektvoll angelegt ist, hat das Stück einen großen Reiz.
    Somervell ist vermutlich eher für sein Liedschaffen bekannt, doch sind seine sinfonischen Werke sehr hörenswert. Normandy sind sinfonische Variationen für Orchester und Klavier auf Grundlage einer Volksweise Nordfrankreichs. Auch hier gibt es eine Verbindung zu meinem aktuellen Wohnort. Denn uraufgeführt wurde das Stück 1913 in London unter keinem geringeren als Arthur Nikisch, dem Gewandhauskapellmeister. Es etablierte sich in der ersten Hälfte des 20. Jhs. durchaus im Konzertsaal, verschwand dann aber vollständig. Das Werk beginnt dramatisch, dann setzt das Klavier ein und Orchester und Klavier entwickeln das Thema weiter. Zum Ende hin (Allegro ma non troppo) steigert es sich bis zum triumphalen Höhepunkt.
    Das "Highland" Klavierkonzert wurde 1921 uraufgeführt. Die Komposition greift geradezu versatzstückartig auf volkstümliche schottische Elemente zurück (z. B. Tanzrhythmen), die Somervell zu einem gelungenen Konzert verwebt. Dem bewegten, stellenweise dramatischen ersten Satz steht der zweite entgegen, dessen Lyrik ganz wunderbar ist (mit traumhaften Soli von Horn und Violine): ein wirklich romantisches Hochland mit Tönen gemalt. Das abschließende Rondo entfaltet stellenweise eine große musikalische Kraft, doch lassen langsamere Passagen auch Zeit zum atmen.
    Da es m. E. drei Ersteinspielungen sind, habe ich keinen Vergleich, aber für sich genommen gefällt mir das Angebotene sehr gut. Bei Cowen ist das Orchester sehr zurückhaltend, aber das liegt vielleicht auch an der zurückhaltenden Orchestrierung. Roscoe meistert die Bravourstückchen ohne hörbare Mühe, kann aber im 2. Satz des Klavierkonzerts in a-Moll auch mit einem sanft-verträumten Anschlag aufwarten. Ein ausbalancierter Klang rundet dieses Erlebnis der Neuentdeckung ab. Mir gefällt die Einspielung so gut, daß ich die CD nicht nur Liebhabern von Liszt’scher Klaviermusik durchaus empfehlen möchte.


    Mit bestem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Ich setzte einmal wieder meine Serie der romantischen Klavierkonzerte fort. Heute ist der Abend Wilhelm Stenhammar (1871–1927) gewidmet, dessen Werke hier vielleicht nicht gar so bekannt sind (aber er hat natürlich auch einen eigenen thread bei Tamino), der aber in Schweden einen festen Stellenwert im Repertoire genießt: ich meine nach nunmehr mehrmaligem Hören der beiden Klavierkonzerte ganz zu recht.


    Zum Komponisten findet man alles Weitere im Stenhammar-thread. Ich beschränke mich hier daher auf die beiden Werke.
    Das viersätzige Klavierkonzert Nr. 1 op. 1 b-Moll wurde am 17. März 1893 uraufgeführt, also das Werk einen 22-jährigen. Die hier gespielte Originalversion wurde erst 1983 wiederentdeckt, alle vorherigen Einspielungen geben die von Kurt Atterberg rekonstruierte Version wieder. Der erste Satz (Allegro moderato e maestoso – Sostenuto e tranquillo – Agitato) beginnt mit zwei wuchtigen Orchesterakkorden, gefolgt von einer Kadenz. Schon an diesem Punkt wird der Charakter des Satzes deutlich: klangmächtig. Er verkling geradezu in einem pathetischen Wechselspiel aus Orchester und Flügel, die im Wechsel das gleiche Grundmotiv wiederholen. Im Gegensatz dazu steht der leichtfüßige zweite Satz (Vivacissimo), dessen verspielter Charakter sich insbesondere in den zahlreichen Läufen äußert. Der dritte Satz (Andante) beginnt mit einem schlichten Hornmotiv, das anschließend von den Holzbläsern und den Streichern aufgegriffen wird, erst dann setzt das Klavier mit zum Teil nahezu verträumten Motiven ein. besonders gut gefällt mir dann das Zusammenspiel von Flügel und Horn und das Ende des Satzes, an dem das Klavier mit ganz sanften Streichern unterlegt ist und der ganz zart verklingt. Im vierten Satz werden schließlich die Anlehnungen an Brahms sogar für mich hörbar: hier ist das Klavier vollkommen in den Orchestersatz eingebettet, besonders gelungen finde ich, daß der Satz zwar in der gewohnten Virtuosität beginnt, jedoch nicht durchgehend aus einem virtuosen Feuerwerk besteht. Denn kurz nach der Hälfte des Satzes erklingt eine neue Melodie und es folgt auch eine neue, ruhige Stimmung, ein imO gelungener "Bruch". Erst zum Ende hin wird die Intensität wieder gesteigert. Dem Werk wurde in verschiedenen Kritiken die "Besonderheit" abgesprochen und natürlich sind viele Anlehnungen hörbar. Aber wann wäre denn einmal etwas Neues ohne jegliche Rückgriffe auf vorheriges entstanden? Eine Qualitätsdebatte sollen also andere führen. Ich stelle für mich fest: aufgrund des monumentalen Charakters vielleicht kein Werk für jeden Tag aber mir gefällt es.
    Das Klavierkonzert Nr. 2 op. 23 d-Moll fällt nach Aussage des booklets bereits in die mittlere Schaffensphase des Komponisten. In der viersätzigen Anlage ist es dem ersten Konzert verwandt. Der erste Satz (Moderato – Allegro molto energico – Più tranquillo) beginnt mit einem Wechselspiel aus Klavier und Streichern, die vom Klavier vorgetragenen Themen werden immer wieder durch Einwürfe der Streicher unterbrochen, erst gegen Ende greifen beide taktweise das gleiche Thema auf. Dieser Wettstreit setzt sich auch im unmittelbar angehängten zweiten Satz (Molto vivace – Allegretto – Adagio – Molto vivace) fort, wenngleich die Einwürfe des Orchesters nicht mehr zu abrupt erfolgen und er virtuosere Klavierparts enthält. Der dritte Satz (Adagio) ist sehr klangschön im besten Wortsinne und enthält einige sehr eingängige Passagen insbesondere des Soloklaviers. Der abschließende, vierte Satz (Tempo moderato – Animato – Più animato) beginnt mit einem kraftvollen Klavierpart und ist insgesamt als virtuoser Spannungsbogen kreiert, der dem Solisten kaum Zeit zum Durchatmen läßt. Das Tempo immer weiter vorantreibend enden Satz und Konzert in einem mitreißenden Finale.
    Auch wenn ich keine vergleich habe, scheint mir das Orchester unter Andrew Manze sehr transparent. Die armenisch-türkische Pianistin, Seta Tanyel, greift energisch aber klangschön zu, der Klang der Aufnahme ist ausgewogen. Insgesamt gibt es für mich auf jeden Fall keinen Grund, Kritiken zu unterstützen, die in diesen Klavierkonzerten entbehrliche Werke sehen.


    Mit bestem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Ich bin sehr glücklich, dass sich nunmehr doch noch jemand außer mir für diese Serie interessiert, und für mich persönlich ist es besonders interessant, wenn eine CD, über die ich bereits einige Zeilen geschrieben haben auch von anderen Usern rezensiert oder kurz beschrieben wird, bzw die persönlichen Eindrücke geschildert werden.


    Heute möchte ich auf ein - im Verhältnis zu den sonstigen Veröffentlichungen dieser Serie - eher bekannteres Werk hinweisen - na ja zumindest der Komponist ist bekannt: Das Klavierkonzert Nr 1 in a-moll von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Es hatte in seiner Kindheit bereits Vor diesem Klavierkonzert welche geschrieben - aber nicht für die Veröffentlichung freigegeben.


    Felix Mendelssohn-Bartholdy war ein brillanter Pianist – und mehr als das, wie seine klavierspielenden Kollegen, Freunde und Konkurrenten mehrfach schriftlich bezeugt haben. Für uns Nachgeborene, die sein Klavierspiel nicht mehr erleben konnten, bleiben immerhin seine Kompositionen.
    Die vorliegende CD, Folge 17 der Hyperion Serie „The Romantic Piano Concerto“ enthält mehrere Klavierwerke, darunter die Klavierkonzerte Nr 1 und 2. In diesem Beitrag möchte ich kurz auf das Klavierkonzert Nr 1 in g-moll op 25 aufmerksam machen.
    Die Uraufführung fand am 17. Oktober 1831 im München statt. Die Solistin war damals die 17 jährige Delphine von Schauroth, der Mendelssohn dieses Konzert gewidmet hatte. Das Konzert beginnt feurig, aber nicht bombastisch sondern optimistisch lebensfroh. Das Klavier setzt nur wenige Sekunden nach der Orchestereinleitung sehr selbstbewusst ein .
    Die Balance zwischen Feuer, Schönklang, perlendem Klavierspiel und Auftrumpfen ist hier optimal gewahrt.


    Gegen Ende des ersten Satzes setzt der Komponist Bläserfanfaren ein, welche den Übergang zum 2. Satz (Andante) gestalten, welcher in gewisser Weise im Stile der „Lieder ohne Worte“ geschrieben ist und der gegen Ende leise verklingt


    Der dritte Satz beginnt mit Fanfarenklängen, ändert dann aber seinen Charakter und setzt mit aberwitzigem Tempo und perlenden Klängen fort. Gelegentlich gibt es Reminiszenzen an Themen des ersten Satzes. Wirkungsvoll schließt das Konzert.


    Die britische Presse war voll des Lobes über diese Einspielung mit Stephen Hough. Zu recht - wie ich meine....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat Alfred Schmidt

    Zitat

    Ich bin sehr glücklich, dass sich nunmehr doch noch jemand außer mir für diese Serie interessiert,


    Das hatte ich ja zu Jahresbeginn angekündigt und da kam mir der kurzzeitige "Ausverkauf" einige CD’s grade recht ;). Da mir alle Käufe sehr gut gefallen haben, setze ich meine Reise durch diese Serie auf jeden Fall fort und habe schon Wünsche für meine Märzbestellung notiert :) Vielleicht nicht gleich Nr. 17, da ich von diesen Klavierkonzerten eine schöne Einspielung von Schiff besitze, aber an Möglichkeiten ist die Serie reich.


    Beste Grüße
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)


  • Die 39. Folge der Hyperion-Serie enthält drei Klavierkonzerte von zwei bekannteren englischen Komponisten, das Klavierkonzert C-moll von Frederick Delius und die beiden Klavierkonzerte von John Ireland (das 2. ist recht kurz und hat deshalb den Titel "Legend" bekommen.



    Delius Konzert hat eine interessante und komplizierte Genese. Der Komponist war mit Edvard Grieg befreundet und bekam von diesem als Weihnachtsgeschenk eine Abschrift des berühmten a-moll Konzertes geschenkt. Daraufhin hat Delius eine eigenes Konzert zu schreiben begonnen, das allerdings erst zehn Jahre später 1897 als Fantasie für Orchester und Pianoforte fertig gestellt wurde. Ob dieses Stück jemals öffentlich aufgeführt wurde, ist unklar, Delius hat es auf alle Fälle mit Busoni an zwei Klavieren durchgespielt. Danach hat es der Komponist ausgiebig umgearbeitet zu der Version, die hier erstmals auf dieser CD eigespielt wurde. Diese wurde 1904 von einem Julius Buths in Elberfeld unter Hans Heym uraufgeführt, eine geplante Aufführung mit Busoni fand nie statt. Trotz weiterer Aufführungen war der Komponist mit dem Stück nicht zufrieden und hat es ein weiteres Mal umgearbeitet und dabei den Rat des Busoni-Schülers Theodor Szanto eigeholt. Dieser hat dann die gesamte Klavierstimme umgeschrieben und wohl recht protzige Durchführungs- und Kodaabschnitte zugefügt. Diese Version wurde 1907 mit Szanto in London uraufgeführt und war über Jahrzehnte die bekannte Version des Konzertes. Aus heutiger Sicht ist natürlich die zweite Version, die ausschließlich Musik von Delius enthält, zu bevorzugen. Ein klassisch dreiteiliges knapp halbstündiges Klavierkonzert, eher lyrisch gestimmt, sicher keine ganz großer Wurf, aber sehr gut zu hören und für alle Freunde von der Musik von Delius sozusagen Pflicht.



    Ob man John Irelands effektvolles Klavierkonzert in E flat major noch als "romantisch" bezeichnen kann, darüber kann man sicher streiten, denn die Vorbilder des 1930 komponierten Werkes sind ganz klar Prokofieff 3 und Ravel G-Dur. Komponiert wurde es für die Schülerin Helen Perkin, in die der 30 Jahre ältere Komponist offensichtlich verliebt war. Das Werk wurde sofort ein Erfolg und galt viele Jahre lang als DAS britische Klavierkonzert. Clifford Curzon, Moura Lympany, Gina Bachauer und Artur Rubinstein haben es gespielt.


    Piers Lane ist eine Säulen der Serie und David Lloyd-Jones ein ausgewiesener Kenner englischer Musik (wie viele Aufnahmen vor allem auf Naxos bezeugen). Die Musik ist also bei ihnen und dem Ulster Orchester in allerbesten Händen, wie auch die zahlreichen Ausschnitte aus Kritiken beim Werbepartner belegen. Auch, wenn man sicher nicht alle Fogen der Serie besitzen muss, diese ist m.E. doch ziemlich essentiell.

  • York Bowen (1884-1961) war so etwas wie der englische "Rachmaninoff". Zehn Jahre jünger hat er ebenfalls eine Karriere als Pianist gemacht (von ihm stammt die erste Aufnahme von Beethovens 4. Klavierkonzert überhaupt) und ebenfalls vier Klavierkonzerte komponiert, die z.T. im frühen 20. Jahrhundert sehr erfolgreich waren. Zu seinen Bewunderern gehörten Lionel Tertis, Fritz Kreisler, Hans Richter und Henry Wood.


    Hier nun also Klavierkonzerte Nr. 3 + 4, die beide das volle spätromantische Programm fahren. Das 18-minütige 3. Konzert von 1907 ist dabei das wesentlich extrovertiertere und da es sehr eingängig ist, fragt man sich schon, warum heute so unbekannt. Das 4. von 1929 ist mehr als doppelt so lang und wesentlich introvertierter und vergrübelter. Das 3. wäre also vergleichbar mit Rach 1 und das 4. mit Rach 3. Ehrlich gesagt finde ich diese beiden Konzerte durchaus von der Qualität her mit denen des berühmteren Kollegen vergleichbar. Schön, dass es sie endlich auf CD gibt.


    Der junge englische Pianist Danny Driver war mir bisher nicht geläufig, wird aber seinem Namen durchaus gerecht und bringt die pianistisch hochbrillianten Stücke gekonnt rüber, Brabbins und das BBC Scottish SO begleiten wie gewohnt sehr kompetent. A winner.


    Ein paar Stellungnahmen:


    Absolutely stunning… What a way to be introduced to the music of York Bowen!' (American Record Guide, USA)


    '[Danny Driver's] got the style for Bowen's music, a mix of introspective lyricism and energetic, theatrical extroversion with plenty of color… the BBC Scottish SO plays with its usual unruffled beauty' (Fanfare, USA)


    'Danny Driver's pianism is fully and eagerly up to Bowen's considerable demands' (BBC Music Magazine)


    'Soloist Danny Driver emerges as the virtuoso hero of the hour' (Classic FM Magazine)

  • Das Romantische Klavierkonzert - 7a -7b - 7c - 7d

    HENSELT Adolf von: Klavierkonzert in f-moll op16

    HENSELT Adolf von: Variatons de concert op 11

    ALKAN Charles Valentin: Concerto da camera in cis-moll

    ALKAN Charles Valentin: Concerto da camera in a-moll

    Ich habe meine Reise durch für mich zu größeren Teilen unbekannte Lande der Klavierkonzerte der Romantik fortgesetzt und muß sagen, daß sich die Hyperion Serie für mich persönlich zu einer schönen Fundgrube gefälliger bis großartiger Werke entwickelt hat. Günstig erwerben konnte und nun die Nr. 7, auf die Alfred bereits hingewiesen hatte. Sie vereint zwei Komponisten:1) Adolf von Henselt (1814–1889) eher als Pianist, denn als Komponist bekannt
    2) Charles-Valentin Morhange (1813–1889), der als Nachnamen den Vornamen seines Vaters, Alkan annahm


    Pianist: Marc-André Hamelin, BBC Scottish Symphony Orchestra, Brabbins
    Hyperion, 1993 (DDD)


    Mit dem Klavierkonzert op 16 in f-Moll von Henselt (entstanden 1844) ist mir mal wieder etwas entgangen. Das Werk beginnt mit einem gewaltigen Auftakt der tutti, auch der erste Auftritt des Klaviers ist von dieser Wucht geprägt, der Pianist kommt während dieses Satzes kaum zur Ruhe, ehesten noch im relisioso Spiel in der Satzmitte. Dann geht es in stetem Vorwärtsdrang weiter bis zu einem triumphalen Finale in halsbrecherischen Läufen des Pianisten. Gibt es in diesem Konzert eine Schwachstelle so könnte man sie vielleicht am ehesten im folgenden Largo identifizieren, das mir trotz eines großen melodischen Reizes nicht die Welten eröffnet, wie es Chopin kann. Ich kann jedoch nicht sagen, ob das auf die Komposition oder den Pianisten zurückzuführen ist und Hamelin die gewaltigen Abschnitte einfach mehr liegen. Ich finde zu diesem Satz einfach nicht direkt einen Zugang, ab der dritten Minute hat er mich aber. Den grandiosen Abschluss bildet das Allegro Agitato, bei dem sich vermutlich jeder Pianist, der nicht ein ganz großer Techniker ist, die linke Hand verletzen würde, so anstrengend muß die unaufhörliche Folge der Triolen sein. In der Anlage scheint mir das Konzert durchaus dem bereits kurz vorgestellten von Thalberg vergleichbar. Das kommt nicht von ungefähr: beiden gehörten zu den großen Virtuosen ihrer Zeit. Henselt, der ein unglaublich akribischer übender Pianist gewesen sein soll, verlangt im Konzert dem Solisten schier Unglaubliches ab (Anton Rubinstein soll vor dem Werk kapituliert haben): aber eben das leistet Hamelin, der kanadische Virtuose. er läßt keine Schwäche erkennen, unterwirft sich das Werk regelrecht. Sein furioses Spiel läßt bei allenfalls im zweiten Satz Wünsche offen. Das Klavierkonzert Henselts braucht imO keinen Vergleich mit den bekannteren Werken des 19. Jahrhunderts zu scheuen.
    Gegenüber dem Klavierkonzert fallen die Konzertvariationen ein wenig ab, sind aber allemal sehr hörenswerte Werke. Sie entstanden 1840 und sind der russischen Königin gewidmet und entstanden als Variationen über ein Thema aus Meyerbeers "Robert der Teufel", in diesen Variationen entfaltet Hamelin imO einen wunderbar beseelten Klavierton in den ruhigen Passagen.
    Über Alkan hat sich Alfred ja bereits geäußert und er besitzt ja einen eigenen thread (oben verlinkt). Seine beiden Concerti da camera sind sehr kurze aber vor allem kurzweilige Werke. Auch sie haben einen hohen technischen Anspruch. Op 10/ 1 wurde in dieser Aufnahme überhaupt das erste mal auf CD gebannt. Sie entstanden 1832 bzw. 1833 und sind mit ihren Oktavsprüngen und Arpeggien ebenfalls etwas für Tastenakrobaten wie Hamelin. Beide Concerti gefallen mir ganz gut, klanglich würde ich sie in Weber’scher Tradition mit leichten Chopin Anklängen charakterisieren (die vielfach konstatierte Nähe zu Mendelssohn vermochte ich bisher nicht so recht wahrzunehmen).
    Hamelin, der sich auf der CD erneut als großer Techniker (wohlgemerkt die Technik nie als Selbstzweck einsetzend) erweist und das frisch aufspielende BBC Scottish Symphony Orchestra unter Martyn Brabbins machen die CD zu einem schönen Genuß. Ein Wermutstropfen ist aber der nicht ganz optimale, leicht gedämpft wirkende und wenig räumliche Klang. An einigen Stellen fehlt mir auch ein wenig Transparenz im Klangbild: schade. Für Freunde der Klavierkonzerte der Romantik und solche, die es werden möchten, auf jeden Fall eine Empfehlung.
    Mit herzlichem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Heute wechseln JLang und ich einmal die Rollen:
    Ich dopple die in Beitrag Nr 31 vom 3. Februar 2014 – denn gerade die subjektive Beurteilung von Aufnahmen macht ja eine der Reize des Tamino Klassikforum aus – im Gegensatz zu Klassikzeitschriften, wo EIN Rezensent seine Meinung kundtut und als „Wahrheit“ verkauft. Das "Conzertstück" von Sir Frederic Hamen Cowen (1852-1935) beginnt eher dunkel und bedeutungsschwer, dennoch eher zurückhaltend als bombastisch.
    Im weiteren Verlauf hellt sich die Stimmung merklich auf. Das Stück wird heller freundlicher – und wie JLang schon völlig zutreffend schrieb – Effektvoll. Weder die lyrischen, noch die virtuosen Stellen kommen zu kurz.

    Kommen wir nun zu Sir Arthur Sommervell (1863-1937):
    „Normandy“ konnte mich vom ersten Augenblick an fesseln. Es handelt sich nicht , wie auf der Rückseite des Covers angegeben um „Sinfonische Variationen“ (angeblich stammt der Name von Sommervell selbst ?) sondern um „Variationen für Klavier und Orchester“, welches zwar nocht allzu oft aufgeführt wurde, aber stets großen Beifall erhielt. Sommervell machte die ersten Notizen zu diesem Werk in einem kleinen Ort in Frankreich, worauf sich auch der Titel „Normandy“ bezieht. Das Werk verläuft über weite Teile verhalten und freundlich, entwickelt aber ab der Mitte immer mehr Feuer und Kraft und wird schließlich bravourös zu Ende geführt


    Das Klavierkonzert in a-moll „Highlands“
    ist der Schwerpunkt dieser CD. Allein der erste Satz (Allegro moderato) benötigt 12 Minuten. Die Themen erscheinen schottisch volkstümlich, stammen jedoch nach Aussage des Komponisten von ihm selbst. Wie dem auch sei – die Themen klingen allesamt vertraut und eingängig. Das Konzert ist sehr effektvoll und sollte eigentlich ein an diesem Genre interessiertes Publikum begeistern.


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat von Alfred Schmidt

    denn gerade die subjektive Beurteilung von Aufnahmen macht ja eine der Reize des Tamino Klassikforum aus –

    Das sehe ich genau so und danke Dir sehr für dieVorstellung der Aufnahme aus Deiner Sicht.
    Ganz einig sind wir uns ja in folgendem Punkt:



    Zitat

    Das Konzert ist sehr effektvoll und sollte eigentlich ein an diesem Genre interessiertes Publikum begeistern.

    Ich bin Hyperion für diese Serie von CD zu CD, die ich so langsam erwerbe, dankbarer. Ob ich letztlich alle kaufen werde, weiß ich nicht, aber das Spektrum, das abgedeckt wird, finde ich schon toll.


    Mit herzlichem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Zitat

    Ob ich letztlich alle kaufen werde, weiß ich nicht, aber das Spektrum, das abgedeckt wird, finde ich schon toll.


    Da der Thread letzlich alle Aspekte dieser Serie - über die bloße Vorstellung der Einzeveröffentlicheungen hinaus - umfassen darf, möchte ich hier meine persönlichen "Erlebnisse" beschreiben: Ich habe vor vielen Jahren - die Serie läuft seit 1991 - mit dem Sammeln der Serie begonnen. Irgendwann empfand ich die damaligen Neuerscheinungen nicht mehr als so interessant und ich kaufte nur gelegentlich die eine oder andere CD hinzu. Nach einigen Jahren war die Serie so angewachsen, daß ich den Gedanken an eine Komplettierung aufgab. Dann kamen die ersten Verschiebungen in den Budget-Bereich in anderer Aufmachung. Nun hatte ich endgültig abgeschlossen, denn ich bin ein Anhänger von einheitlicher Aufmachung von Serien. Das tat mir nun sehr leid, denn plötzlich hatte ich wieder Gefallen an der Werken dieser Serie gefunden. Ich begann - nach und nach fehlende Titel der ersten Zeit zu ergänzen. Irgendwann stellte ich fest, daß die Budget-Veröffentlichungen wieder verschwunden waren - oder aber daß zumindest alle Titel noch zum Vollpreis in gewohnter Aufmachung verfügbar waren. So beschleunigte ich meine Nachkäufe und begann diesen Thread. Derzeit besitze ich - wenn ich richtig gezählt habe - 49 Stück dieser Serie, wobei die Lücken gegen Ende eher größer werden.
    Ich habe mich - in Anbetracht der hohen Qualität dieser Serie - entschlossen, langsam aber konsequent weiter zu sammeln -etwa 1 CD pro Monat. Denn viele der hier veröffentlichten Klavierkonzerte sind anderswo nicht zu bekommen und werden - so einmal gestrichen in den nächsten Jahren kaum mehr wieder auf Tonträger erhältlich sein....
    Möge der Thread dazu dienen das Interesse an dieser Serie zu wecken, bzw wach zu erhalten, damit sie weiter wachse und gedeihe....
    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Das genannte Werk ist auf der Nr 43 der titelgebenden Serie dieses Threads enthalten. Der englische Komponist und Pianist William Sterndale BENNET (1816-1875) hat noch keinen eigenen Thread - was sich in Kürze ändern wird. Er war Schüler von Mendelssohn- Bartholdy, der ihn quasi "entdeckt" hat und auch mit Ignaz Moscheles, Robert Schumann und anderen zeitgenössischen Komponisten befreundet.
    Das Klavierkonzert Nr 4 ist Ignaz Moscheles gewidmet und stammt aus dem Jahre 1838. Die Uraufführung im Leipziger Gewandhaus fand am 17. Jänner 1839 statt. Am Klavier saß Bennet am Pult stand Felix Mendelssohn-Bartholdy.
    Entgegen der etwas pauschalen Orchestereinleitung ist das Konzert sehr geschmackvoll und vorwiegend lyrisch - vielleicht ein wenig zu zurückhaltend für ein Virtuosenkonzert. Am besten gefällt mir der betörende 2. Satz, der eigentlich für das Konzert gar nicht vorgesehen war, sondern erst kurz vor der Uraufführung - nach einer Absprache mit Mendelssohn - an Stelle des eigentlich vorgesehenen Satzes - eingeschoben wurde. Der Rezensent der Uraufführung war Robert Schumann, der das Werk wie oft im Falle Bennetts - das Werk wegen seiner schlichten, dem oberflächlichen Virtuosentum nicht entgegenkommenden Grundhaltung - außergewöhnlich lobte..
    Die weiteren Werke auf dieser CD werden bei passender Gelegenheit von mir oder einem anderen Forenmitglied kurz vorgestellt

    mit freundlichen Grüßen
    Alfred Schmidt
    Tamino Klassikforum Wien

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Meine Reise durch die romantischen Klavierkonzerte geht weiter, obgleich es wohl eher ein Hüpfen von CD zu CD als eine planvolle Reise ist.
    Heute also die Nr. 10 der großen Serie, die Carl Maria von Weber gewidmet ist und die Klavierkonzerte Nr. 1 (C-Dur, op. 11) und 2 (Es-Dur, op. 32) sowie das Concertstück in F-moll op. 79 enthält.


    Piano: Nikolai Demidenko
    Scottish Chamber Orchestra, Charles Mackerras


    Weber selbst war ein begnadeter Pianist, der in seinen Werken die Fülle der pianistischen Möglichkeiten voll ausschöpfen konnte. Das Klavierkonzert Nr. 1 brachte er selbst am 19. November 1810 in Mannheim zur Uraufführung. Das Allegro hat in seiner Leichtigkeit deutliche Anklänge an Mozart, Manches erinnert auch an Beethoven. Das Adagio ist höchst spärlich, geradezu kammermusikalisch, instrumentiert und von einer betörenden Zartheit. Leider schlägt hier der nicht ganz optimale Klang der CD etwas durch, weil es an einigen Stellen dich sehr gedämpft klingt. Das abschließende Presto besteht aus einer nahezu unablässigen Abfolge perlender Läufe beider Hände, die Demidenko in großer Brillanz vorträgt und in einem fulminanten Finale effektvoll ausklingen läßt.
    Das Klavierkonzert Nr. 2 (entstanden 1811) beginnt mit einem zunächst dramatischen, dann lieblichen Orchestervorspiel, in die das Klavier einfällt und die Aufmerksamkeit durch Folgen von Arpeggien, Oktaven und Terzen an sich reißt. Ähnlich wie beim ersten Konzert hat Weber dem Pianisten einen effektvollen, brillanten Part komponiert, der in einem fulminanten Schlußrondo endet, aber insgesamt gewichtiger klingt im C-Dur Konzert. Ebenso wie im ersten Klavierkonzert federt Weber diese – mir mitunter etwas zu vordergründigen Effekte – im folgenden Adagio ab. Das entschädigt für den vielleicht etwas oberflächlich klingenden Satz mit einem feinen Tiefsinn. Das abschließende Rondo ist wiederum eine große Herausforderung an die pianistische Fitness, ein bis auf wenige Passagen ruheloses Dahingaloppieren und Umherspringen auf den Tasten. Beide Konzerte wirken so, also ob Weber seinem ungeheuren Einfallsreichtum keinen Einhalt gebieten wollte und ihm von pianistischer Seite auch keine Grenzen gesetzt waren. Das Ergebnis sind zwei höchst effektvolle Klavierkonzerte voller melodischer Einfälle und Spielereien. Mein persönlicher Höhepunkt auf der CD sind das folgende Concertstück in f-Moll, das erstmals 1815 Erwähnung fand. Weber schwebte nach brieflichen Bemerkungen beim Stück etwas Programmatisches, der Ausdruck verschiedener Stimmungen vor. Es besteht aus vier ineinander übergehenden Teilen, beginnend mit einem getragenen Larghetto affetuoso in einem klagenden Gestus. Dann folgen ein brillant erklingendes Allegro passionato, ein Marsch und ein mitreißendes Finale. Dadurch ergibt sich für mich in der großen Linie des Werkes eine logische Steigerung der Stimmungen bis hin zum Jubelfinale.
    Demidenko löst die halsbrecherisch klingenden Passagen mit großer Bravour, ohne angestrengt zu klingen, insbesondere die Kontraste des brillanten Spiels zu den intimen langsamen Mittelsätzen gelingen ihm hervorragend: dabei packt er jedoch nur selten die Pranke aus, so daß die Werke bei aller Brillanz nie eine zu große Schwere erhalten. Mackeras und das Scottish Chamber Orchestra sind imO optimale Begleiter. Auch wenn mir die Konzerte von Thalberg und Pixis sowie Cowen etwas mehr liegen, lohnt imO das Concertstück von Weber eine Anschaffung dieser CD.
    Mit bestem Gruß zum Wochenende
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Im August wird Hyperion eine weitere Serie starten: The Classical Piano Concerto. Die erste CD wird drei Klavierkonzerte von Dussek enthalten (op. 1 Nr. 3, op. 29 und op. 70), mit Howard Shelley und dem Ulster Orchestra.


    Wahrscheinlich wird wie bei der Serie mit romantischen Klavierkonzerten allzu Bekanntes weggelassen (Mendelssohn, Tschaikowsky und Saint-Saens waren hier wohl die Ausnahme). Man darf daher gespannt sein, was Hyperion wieder zu Tage fördern wird.


    Gruß,


    Rainer

  • Wenngleich Alnaes zu Lebzeiten in Norwegen zu den bedeutendsten Vertretern des dortigen Musiklebens zählte, so ist ehe heute so gut wie vergessen, was auch durch die kärgliche Beschreibung in Wikipdia bestätigt wird, selbst die Versionen in norwgischer und englischer Sprache sind ausgesprochen dürr.
    Das mag vor allem daran liegen, dass Alnaes in einem Land zu einer Zeit lebte lebte, wo man allein von Kompositionen nicht leben konnte, so hatte er zahlreiche „Nebenposten“ , welche den Großteil seiner Zeit in Anspruch nahmen und ihm wenig Spielraum für große Kompositionen lieeßen. So war er beispielsweise Organist, Leiter eines Chores und mitbeteiligt bei der Gründung und Adninistration des norwegischen Komponistenverbandes.


    Deshalb um fasst sein Schaffen lediglich 45 Werke mit Opuszahl, das meiste indes Lieder und Liedsammlungen, sowie Klavier und Orgelstücke. An großen Werken sind lediglich 2 Sinfonien und das hier erwähnte spätromantische Klavierkonzert op 27 überliefert.


    Wer es hört wird vermutlich bedauern, dass es das einzige seiner Art geblieben ist. Der erste Satz beginnt eindrucksvoll aber freundlich, der eingesetzte Orchesterapparat ist beeindruckend. Man hört vorerst feierlich anmutende Tonfolgen. Die Stimmung wechselt indes immer wieder, bis hin zu Ausbrüchen die Orchesters – immer wieder im perfekt ausbalancierten Zusammen- bzw. Gegenspiel mit dem Orchester. Großes Kino gewissermaßen und vermutlich sehr publikumswirksam zur Entstehungszeit.


    Wie schon beschrieben, wechseln die Stimmungen andauernd, allerdings bleibt der große Bogen gewahrt und es stellt sich niemals der Eindruck von „Patchwork“ ein.
    Der zweite Satz ist ruhig und melancholisch und hält diese Linie konsequnt bis zum letzten Drittel des Satze. Danach folgt ein fanfarenartiger bombastischer Teil, der nach dem Vorhergegangenen besonders wirkungsvoll ist
    Mit einem Paukenwirbel beginnt der dritte Satz, gefolgt von einem fröhlichen walzerähnlichen Thema. Generell ist dieser Satz der schwungvollste und eingängiste
    Des gesamten Konzerts. Es ist schwer vorstellbar, dass dieses Werk seine Wirkung bei Freunden des „großen romantischen Klavierkonzerts“ verfehlt….
    Gelegentlich soll das Konzert an Stellen aus Rachaninoff Klavierkonzert erinnern – es anstand aber schon VOR diesem….
    Die besprochen CD ist die Folge 42 der titelgebenden Serie - Daas ebenfalls darauf enthaltenen Klavierkonzert op 6 von Christian Sindung wird zu einem Späteren Zeitpunkt von einem Mitglied des Forums in unserem Thread vorgestellt werden...


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat Alfred Schmidt

    Zitat

    Des gesamten Konzerts. Es ist schwer vorstellbar, dass dieses Werk seine Wirkung bei Freunden des „großen romantischen Klavierkonzerts“ verfehlt….


    Danke Alfred, da bin ich gespannt, die CD steht nämlich auf der Wunschliste für meine nächste Bestellung im kommenden Monat.


    Mit bestem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Das Klavierkonzert in B-Dur von Henry Holden Huss hat Alfred schon in Beitrag 28 beschrieben, ich habe es inzwischen auch gehört. Ein virtuoses spätromantisches Werk, das dem 1. Klavierkonzert von Tschaikovsky nicht unähnlich ist. Erstaunlich, dass es so lange "verschollen" war. Ein Grund könnte sein, dass der Komponist vielleicht nicht sein bester eigener Förderer war. Laut Tschaikovsky war sein Klavierspiel "lausig" und ein Kritiker riet ihm, die Aufführung seiner Werke lieber anderen Pianisten zu überlassen.


    Ian Hobson sorgt mit brilliantem Spiel für eine Neubewertung.


  • Ernest Schelling (1878-1939) wurde in New Jersey geboren und begann bereits als vierjähriger mit dem Klavierspiel und setzte als siebenjähriger in Paris seine Ausbildung fort. Als 20-Jähriger wurde er Schüler von Paderewski. Anfang des 20. Jahrhunderts tourte er durch Europa, Nord- und Südamerika und wurde ein bekannter Pianist. 1917 trat er der US-Armee bei und wurde hochdekorierter Major. Ab 1924 leitete er in New York die "Young People's Concert" des NYPO und wurde damit in den Vereinigten Staaten sehr bekannt. Von 1936-1938 leitete er das Baltimore SO. Er hat überwiegend für sein Instrument komponiert, darunter die viersätzige Suite fantastique für Klavier und Orchester von 1905.


    Das Werk ist leichter als das von Huss und ich finde es auch origineller, da es deutlich amerikanische Themen verarbeitet bis hin zum unverwüstlichen Swanee River im letzten Satz. Somit ist es klar als eine amerikanische Komposition erkennbar, was für den Huss nicht gilt. Man könnte es als Gegenstück zu d'Indys Symphonie cevenole auffassen, dessen Genialität es aber nicht erreicht. Aber der Klaviersatz ist erwartungsgemäß brilliant, die Themen eingängig und das Ganze macht Spaß. War wohl vor dem ersten Weltkrieg in Europa auch ein Konzerthit.


  • Joseph Marx (1882-1964) war gebürtiger Grazer, hat dort (Philosophie) studiert und neben seinen Kompositionen zahlreiche Positionen un Graz und in Wien bekleidet, war Professor für Komposition, Musiktheorie in Wien und hatte großen Einfluß auf die österreichische Musikwelt. Umso mehr ist verwunderlich, dass ihn heute so gut wie kein Konzerführer mehr erwähnt.
    Kommen wir zum Anlass dieses Beitrags, des „Romantischen Klavierkonzerts“, welches von hyperion im Rahmen der Serie „The Romantic Piano Conzerto“ (Vol 18) im Juni 1997 erstmals auf Tonträger verewigt wurde. Der Pianist ist Marc-Andre Hamelin, begleitet vom BBC Scottish Sympgony Orchestra unter Osmo Vänska.


    Wie der Name bereits sagt, ist das Konzert im (spät)romantischen Stil gehalten und somit auch tonal. Brahms, Skriabin und Reger sollen laut Booklet Pate bei diesem Konzert gestanden haben.
    Entstanden ist das Werk 1918/19 und Marx war auch der Pianist der Uraufführung. Der Klavierpart wird als besonders schwierig bezeichnet, im ersten Satz gibt es für das Soloinstrument kaum Pausen, es spielt die meiste Zeit parallel zum Orchester.
    Persönlich das Konzert als sehr eindrucksvoll – aber nicht wirklich spektakulär empfinden – es entfaltet seine volle Schönheit erst beim 2. mal hören…


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Da bin ich aber dem Urheber dieses Threads dankbar, denn die meisten hier vorgestellten Konzerte sind mir nicht bekannt, da sie meistens Komponisten mit Werken präsentieren, die meine beiden Konzertführer nicht kennen und auch die Konzertveranstalter nicht. Einige Konzerte befinden sich nun auf meinem Wunschzettel.
    Ich habe aus dieser Serie nur folgende CD:



    Max Reger
    Konzert für Klavier und Orchester f-Moll op. 114
    Richard Strauss
    Burleske d-Moll für Klavier und Orchester

    Das Reger-Konzert ist orchestral dick besetzt und orientiert sich an Brahms, den Reger als progressiven Komponisten achtete. Für den Solisten ist es technisch sehr anspruchsvoll, doch wird das Brillieren um der Brillianz willen vermieden. Neben gewaltigen Passagen in Oktaven muss der Solist komplexe Figurationen in den Mittelstimmen sowie Sprünge und Polyrhythmen, die sich an Brahms orientieren, bewältigen. Im 1. Satz entwickelt sich ein dramatisches Wechselspiel zwischen Solist und Orchester, im langsamen Satz verwendet Reger Choralmelodien, während das turbulente Finale wieder einen stürmischen Dialog zwischen Klavier und Orchester beinhaltet und in einen effektvollen Schluss mündet.
    Ähnlich wie Reger bezieht sich auch der junge Richard Strauss mit seiner Burleske auf Brahms. In diesem einsätzigen Stück entwickelt sich ein spritziges Widerspiel zwischen Klavier, Orchester und Pauken. Bereits den Beginn bestimmt ein Paukenmotiv, das das Werk dominiert und kennzeichnend für den "burlesken" Charakter des Stückes ist. Hier kündigt sich schon der spitzbübische Humor des "Till an".
    Übrigens - bei Hyperion gibt auch die Serie "The Romantic Violin Concerto".


    :hello:
    Manfred

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • So es meine Zeit zuläßt, versuche ich ja neben Altbekanntem meine Kenntnis der romantischen Klavierkonzerte zu erweitern und ich muß sagen, daß mich Hyperions Serie bisher nie enttäuscht hat. Auch die Nr. 47 ist mitnichten eine Enttäuschung, ganz im Gegenteil. Enthalten sind drei Klavierkonzerte zweier Komponisten, die aus unterschiedlichen Gründen in Vergessenheit geraten sind: Salomon Jadassohn (1831–1902) war ein jüdischer Komponist und Lehrer am Leipziger Konservatorium, dessen Kompositionen ab den 1930er Jahren unterdrückt wurden, im Gegensatz dazu wurden die Werke des deutschen Komponisten Felix Draeseke (1835–1913) in den 1930er Jahren scheinbar recht häufig und aus diesem Grund nach 1945 kaum noch gespielt.


    Salomon Jadassohn: Klavierkonzerte Nr. 1 & 2 (opp. 89 & 90)
    Felix Draeseke: Klavierkonzert Es-Dur op.36
    Markus Becker, RSO Berlin unter Michael Sanderling
    Hyperion 2008 (DDD)
    Ich werde mich heute nur den beiden Klavierkonzerten von Jadassohn widmen.
    Jadassohn, Klavierkonzert Nr. 1: Das 1887 entstandene gut 15 Minuten lange Konzert ist ein Werk voller (bisweilen etwas düsterer) Leidenschaft und zwar von den ersten Takten an. An die Welle des ersten Satzes hat Jadassohn eine Introduzione quasi recitativo von ca. 2 Minuten gesetzt: nach einem kurzen Auftaktstreich der Tutti, setzt das Klavier mit ff-Oktavsprüngen ein, es folgen lyrische, improvisatorische Passagen des Piano im Wechsel mit Bläsern. Das anschließende, knapp 5 Minuten andauernde stimmungsvolle Adagio sostenuto bewältigt Becker mit einem akzentuierten, keinesfalls süßlichen Anschlag. Gewaltig ist dann der letzte Satz, überschrieben Allegro patetico – Molto più mosso. Hier bricht zu Beginn vollends die Leidenschaft durch, wird im Anschluß ein wenig beruhigt, und endet nach einem sich beständig in Tempo und Dynamik steigernden Wechselspiel zwischen Orchester und Piano nach einer kurzen Erholungsphase in einer wild bewegten Coda. Man bleibt ob dieses gewaltigen, aber so gar nicht jubelnden Finales zunächst etwas "erschlagen" zurück.
    Jadassohn, Klavierkonzert Nr. 2: Auch dieses ca. 23-minütige Konzert beginnt mit einer gewissen Dramatik, im Kopfsatz Allegro energico e passionato, hier hat es mir besonders der passagenweise furiose Klavierpart angetan, der aber nie zur Raserei gerät, sondern immer wieder in eine lyrische Stimmung überführt wird. Besonders abwechslungsreich ist der zweite Satz: er beginnt Andantino quasi Allegretto, das durch das Klavier vorgetragen und von den Bläsern aufgenommen wird, und wird über die Kadenz des Klaviers in ein Agitato und ein Allegro deciso wieder ins Andantino überführt, in dem der Satz in leisen Arpeggien verklingt. Diese Stimmung wird anfangs des letzten Satzes, Allegro appassionato, jäh durch die Trompeten unterbrochen, auf die unmittelbar das Klavier einsetzt, dessen Thema dann die Tutti aufgreifen und in einem bewegten Wechselspiel ausgestalten. Unterbrochen nur von wenigen, ruhigeren Passagen, hat der Satz einen beständigen Vorwärtsdrang und endet in einem strahlend-virtuosen Finale.


    Weder am Solisten, noch am Orchester/ Dirigat gibt es imO etwas zu bemängeln, das ein ganz engagiertes Spiel, durch das die Werke zum Leben erweckt werden, Becker läßt pianistisch bei mir keine Wünsche offen, das ist kraftvoll, leidenschaftlich, aber auch mit schön ausmusiziertem Legato gespielt. Besonders gelingen Becker imO die Tempowechsel im zweiten Satz des zweiten Klavierkonzerts. Das macht Lust darauf, mehr von diesem Pianisten zu hören. Auf jeden Fall erneut ein lohnender Kauf. Wie viel Hörenswertes doch abseits der bekannteren Namen existiert, bringt diese Serie sehr schön heraus. Interessant sind die Überlegungen im booklet, warum die Werke nicht mehr Aufmerksamkeit erfuhren: der Autor Hamilton vermutet einen Mangel an Melodie, die ins Ohr gehen (als Vergleich dient, na wer schon ... Grieg). Ich habe das nicht so empfunden, insbesondere der erste und dritte Satz aus Jadassohns Klavierkonzert Nr. 2 bleiben leicht im Ohr. Und a wenn es vielleicht ein wenig zu sehr auf Affekte zielt, gefällt mir Jadassohns Klavierkonzert Nr. 1 in besonderer Weise.


    Mit besten Grüßen
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Zitat

    [...] der Autor Hamilton vermutet einen Mangel an Melodie, die ins Ohr gehen (als Vergleich dient, na wer schon ... Grieg).


    Auch ich kann diese Ansicht nicht recht nachvollziehen - insbesondere dahingehend, als ein Liebhaber die Konzerte von Grieg oder Schumann oder Tschaikowsky gerne deswegen auch einmal ruhen lässt, weil er sich satt gehört hat.


    Gewiss gibt es einzelne eher blasse Konzerte im Kontext der Hyperion-Serie, aber vieles - gerade auch Jadassohn - hat absolut eingängige Melodien. Wenn man - mit mehr oder weniger Recht - diese Musik vielleicht als zweitrangig empfindet, obwohl sie sehr angenehm und reizvoll zu hören ist, dann doch wohl eher wegen der mehr oder minder versatzstückhaft virtuosen, harmonisch konventionellen Verarbeitung.


    Sei's drum: auch ich liebe fast alles an dieser Serie, das ich mir gekauft habe - das ist etliches, selbst wenn noch vieles fehlt und ich daher für die Tipps hier sehr dankbar bin.


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Zitat von WolfgangZ

    Auch ich kann diese Ansicht nicht recht nachvollziehen - insbesondere dahingehend, als ein Liebhaber die Konzerte von Grieg oder Schumann oder Tschaikowsky gerne deswegen auch einmal ruhen lässt, weil er sich satt gehört hat.


    Gewiss gibt es einzelne eher blasse Konzerte im Kontext der Hyperion-Serie, aber vieles - gerade auch Jadasson - hat absolut eingängige Melodien. Wenn man - mit mehr oder weniger Recht - diese Musik vielleicht als zweitrangig empfindet, obwohl sie sehr angenehm und reizvoll zu hören ist, dann doch wohl eher wegen der mehr oder minder versatzstückhaft virtuosen, harmonisch konventionellen Verarbeitung.

    Lieber WolfgangZ,


    wie schön zu hören, daß Dir die Jadassohn-Konzerte auch gefallen. Deine Ansicht teile ich voll und ganz. Wenngleich ich das Grieg Konzert sehr liebe, auch dieses ist kein Konzert für jeden Tag, dieser unendliche Fluß an Melodien will ja auch erst einmal verdaut werden. Und Jadassohn ist vielleicht nicht so melodiereich, aber soweit ich es höre und das booklet richtig verstanden habe, kann man ihm handwerklich keine Vorwürfe machen, "konventionell" ist sicher ein guter Begriff dafür, aber auch das hat, ist es gut gemacht, doch absolut seine Berechtigung.



    Zitat

    Sei's drum: auch ich liebe fast alles an dieser Serie, das ich mit gekauft habe - das ist etliches, selbst wenn noch vieles fehlt

    Diese Serie ist aber auch ein regelrechtes Monstrum ;), ich kaufe seit Jahresbeginn derzeit monatlich mindestens ein Konzert (meist eines der preislich reduzierten), höre vorher manchmal die Schnipsel, manchmal aber auch nicht. Ich habe dem forum schon viele schöne Tips zur Serie entnommen und bin - wie Du auch - eigentlich nie enttäuscht worden. Daher kaufe ich munter weiter :)


    Herzliche Sonntagsgrüße
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Zitat

    Ich habe dem Forum schon viele schöne Tips zur Serie entnommen und bin - wie Du auch - eigentlich nie enttäuscht worden. Daher kaufe ich munter weiter


    Ich glaube, es ist durchaus mal Zeit für einen "Zwischenbeitrag" aus meiner Feder, denn auch allgemeine Bemerkungen zu diesem Thread sind nicht ganz unwichtig (so hoffe ich mindestens)
    Ich habe schon vor vielen Jahren diese Serie zu sammeln begonnen. Irgendwann in den frühen 90ern muß es gewesen sein als das erste Stück in meine Hände gelangte, aber es war nicht die Nr 1, einiges war schon erschienen. Ich kaufte damals drei oder vier CDs aus dieser Serie - und beschloss allmählich das noch Fehlende nachzukaufen. Ich lernte dabei etliche mit unbekannte Komponisten und auch Pianisten kennen. Irgendwann ermüdete indes meine Kauflust. Ich konnte mit einigen Komponisten wenig anfangen und war der Überzeugung, die Serie sei jetzt eigentlich schon "überfrachtet" - er käme kaum mehr interessantes nach. So kaufte ich ab diesem Zeitpunkt lediglich Aufnahmen, die mich besonders interessierte - es entstanden zahlreiche Lücken in der Sammlung - und ich akzeptierte diesen Zustand. Irgendwann erweiterte sich dann mein musikalischer Horizont - und ich war neugierig, welche CDs ich inzwischen versäumt hatte. Das waren eine ganze Menge, denn inzwischen gab es über fünfzig Stück, von denen ich knapp 20 besaß. Angeregt durch das Forum und durch laufende Recherche bei unseren Werbepartnern (Hineinhören in die Soundsamples) beschloss ich, die Sammlung - so gut es ging - zu ergänzen und weiter fortzuführen. Manches Konzert, welches beim Ersthören eher belanglos erscheint entwickelt sich bei öfterem Hören letztlich als Gustostück. Der Start dieser Serie war dann ein weiterer Glücksfall - eine richtige Entscheidung, denn zum einen hört man in die Aufnahmen, die man vorstellen will, etwas genauer hinein und zieht - so vorhanden - auch Fachliteratur hinzu (Die Booklets der Serie sind wahre Fundgruben an sonst verschüttetem Wissen - quasi eine Enzyklopädie des romantischen Klavierkonzerts)-zum anderen bekommt man durch andere Mitglieder Hinweise auf noch Ungehörtes geliefert, aber - fast noch interessanter - andere Sichtweisen auf Konzerte, die man selbst schon vorgestellt hat.
    Ich bin über die Entwicklung dieses Threads sehr glücklich - er bekommt immer wieder neue Beiträge - nicht zu viele und nicht zu wenig - sodass man stressfrei mitlesen - und -schreiben kann. Das Interesse von seiten der Mitleser ist gemässigt, was anhand des Themas nicht verwunderlich scheint - aber dennoch schade ist....
    Die nächste Vorstellung eines Konzertes aus meiner Feder folgt noch heute oder morgen........


    mfg aus Wien
    Alfred


    clck 2088

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • The Romantic Piano Concerto Vol 11b

    SAUER Emil von: Klavierkonzert Nr 1 in e-moll


    Auf dieser bereits 1994 entstandenen Aufnahme der Hyperion Edition „The Romantic Piano Concerto“ finden wird Klavierkonzerte von Franz Xaver Scharwenka (1850 – 1924) und Emil von Sauer (1862 – 1942)
    Hier möchte ich fürs erste lediglich das Klavierkonzert Nr 1 von Emil von Sauer vorstellen, welches zu meinen liebsten der gesamten hyperion Serie zählt.
    Dabei beginnt der erste Satz (allegro patetico) eher „konventionell“ bombastisch mit einer Bläserfanfare. Aber schon bald ist zu erkennen, dass dieses Konzert zwar ein Virtuosenkonzert ist, aber auch das eines Komponisten mit überaus sensiblem musikalischen Gefühl, welches ihm ermöglicht wundervolle cantable Stellen in sein Konzert einzubauen, die in effektvollem Kontrast zu den „knalligen“ Teilen stehen und sich dennoch harmonisch einfügen. Sauer braucht eigentlich keine auffallenden Effekte um das Publikum zu fesseln, wie der zweite Satz exemplarisch zeigt. Er beginnt fröhlich galoppierend, beruhigt sich dann, um kurzfristig fanfarenartigen Sequenzen Platz zu machen. Munter perlend geht es weiter, wobei das Orchester schon auf die folgende perlende Stellen hinweist, bevor noch ein einziger Ton des Soloinstruments erklungen ist.
    Mein Lieblingssatz ist der dritte . Die Satzbezeichnung „Cavatina –Larghetto amoroso“ ist hier treffend gewählt. Langsam, verträumt – niemals aber melancholisch – überirdisch schön, sehr intim und keinesfalls ein „Bravourstück“ im herkömmlichen Sinne.
    Auch der duftig-muntre 4 Satz (Rondo. Tempo giusto) bereitet Freude pur und gute Laune und man versteht sehr gut warum der Nikolai-Rubinstein- und Liszt-Schüler zu Lebzeiten umjubelt war.
    Es gibt derzeit nur eine einzige Aufnahme am Markt - aber sie lässt keine Wünsche offen
    Sowohl der Pianist Stephen Hough als auch das City of Birmingham Symphony Orchestra, Lawrence Foster scheinen die ideale Besetzung für dieses Konzert zu sein.......

    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Nun komme ich endlich dazu, den zweiten Teil von Hyperions Nr. 47 in dieser Serie kurz vorzustellen


    Felix Draeseke (1835–1913) hatte zunächst am Leipziger Konservatorium studiert, doch wandte er sich schnell den fortschrittlicheren Komponisten Liszt und Wagner zu, was ihn in Konflikt mit fern konservativ ausgerichteten Lehrern am Konservatorium brachte. Das vorliegende Klavierkonzert verfaßte er weit nach dieser Zeit, nämlich 1885/ 86, als er bereits ein angesehener Komponist geworden war und in Dresden unterrichtete. Sein Werk geriet durch den ersten Weltkrieg in Vergessenheit und nachdem sich die Nationalsozialisten auf der Suche nach Belegen für die ihre deutsche Kulturprogapanda auch der Werke Draesekes bedienten, blieb ihm lange Zeit nach dem zweiten Weltkrieg Anerkennung versagt. Es ist ja vor allem cpo zu verdanken, daß seine Werke wieder hörbar werden. Aber auch Hyperion darf man für diese Aufnahme sehr dankbar sein.
    Das dreisätzige Werk ist vielleicht nicht das auf das erste Hören eingängigste Konzert, doch gibt es imO beim mehrmaligen Hören viel zu entdecken. Das Allegro moderato kann mit einem energetischen geladenen Thema aufwarten, den gesamten Satz durchzieht ein Vorwärtsdrang, Orchester und Klavier gemeinsam tragen. Das folgende Adagio besteht aus einer Folge von Variationen: das Klavier stellt sie vor, das Orchester nimmt sie auf und setzte sie fort. In manchen Passagen entsteht der Eindruck, die Musik habe keinen rechten Fluß, sondern befinde sich in Metamorphosen, ohne recht vom Fleck zu kommen. Das ist keineswegs negativ gemeint, entsteht so doch ein schöner Ruhepunkt vor dem Schlusssatz. Das abschließende Allegro molto vivace ist ein mitreißender Abschluss des schönen Konzertes, hier gestaltet Becker den den sehr virtuos angelegten Klavierpart fabelhaft, voller Spielfreude und mit großer Heiterkeit. Besonders gefällt mir, daß das kraftvolle Spiel nicht insgesamt zu schwer wird, sondern nie seine perlende Brillanz verliert. So hebt sich der Duktus dieses Konzertes ganz deutlich von demjenigen der Klavierwerke Jadassohns ab. Becker läßt also wie bei Jadassohn pianistisch (virtuos wie musikalisch) bei mir keine Wünsche offen, das Zusammenspiel mit dem Orchester ist sehr gelungen,insbesondere im Schlusssatz befeuern sich beide gegenseitig in ihrer Spielfreude. Ich selbst schätze zwar die düstere Wucht der Klavierkonzerte Jadassohns noch ein wenig mehr (ich kann nicht verstehen, daß sie manchmal mit der Bezeichnung "pompös" etwas abgetan werden), aber das ist eben mein persönlicher Geschmack.


    Mit besten Sonntagsgrüßen
    JLang

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  • Das Romantische Klavierkonzert - 2a
    MEDTNER Nicolai: Klavierkonzert Nr 2 in c-moll op 50



    Anstatt meine Neuerwerbungen dieser Serie vorzustellen habe ich mich entschlossen ein Klavierkonzert aus einer der ersten Veröffentlichungen dieser Edition , nämlich der Folge 2 zu zeigen. Es handelt sich hier um Konzerte von Nicolai Medtner (1880-1951) wobei ich mich hier dem Klavierkonzert Nr 2 in c-moll op 50 widmen möchte, welches ich mir heute vormittag - aus Anlass dieses Threads - angehört habe. Um es in einem Satz zu sagen:
    Es ist einfach großartig !!
    Zugegeben – das ist nicht gerade eine aussagekräftige Beschreibung – aber es musste einfach gesagt werden. Hier mischt sich Melodik mit Rhythmus, Lyrik und zupackender Gestus in geradezu optimaler Weise – und man meint, das Werk bereits zu kennen, wenngleich es nicht epigonal ist. Wir hören ein kräftiges, farbenfrohes Werk , teilweise monumental, teilweise optimistisch beschwingt, aber auch lyrisch ist. Die Tonsprache ist angeblich grossen Meistern der Musikgeschichte geschult- man nannte Medtner gelegentlich " den russischen Brahms" - ist aber dennoch eigenständig-originell.
    Das 1926/27 komponierte Konzert war seinem Freund Rachmaninoff gewidmet und wurde in Moskau unter der Leitung des Bruders des Komponisten aufgeführt. Rachmaninoff seinerseit widmete sein eigenes Klavierkonzert Nr 4 seinem Freund Medtner. Die beiden hielten den jeweils anderen für den bedeutendsten Komponisten seiner Zeit. Dazu in Zukunft mehr in künftigen Threads und Beiträgen. In Nikolay Demidenko hat das Label hyperion wohl einen Idialen Interpreten für Medtners Werke gefunden. Das ebenfalls auf dieser CD enthaltene Klavierkonzert Nr 3 wird bei Gelegenheit hier von mir oder einem anderen Mitglied des Forums vorgestellt werden…


    Mit freundlichen Grüßen
    Alfred Schmidt
    Tamino Klassikforum Wien

    clck 2216

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lange habe ich eine der schönen CD’s dieser Serie mehr vorgestellt. Und ich ertappe mich dabei, mich selbst kritisch zu beäugen, ob ich den gegenüber dieser Serie noch kritikfähig bin. Denn um es erneut vorweg zu sagen, auch die beiden sinfonischen Konzerte von Henry Litolff, auf die teleton (Beitrag 3) bereits hinwies, empfinde ich als ganz vorzüglich. Ich vermute es liegt daran, dass die romantische Musik mit Klavier mich einfach immer an der richtigen Stelle "abholt".



    Henry Litolff (geb. 1818 in London, gest. 1891 in Colombes) ist vermutlich nicht allen ein Begriff, daher eine kurze Information zu seiner Person. Er war ein Klaviervirtuose, Komponist und Musikverleger mit einem bewegten Leben. Unterricht erteilt er bei Ignaz Moscheles, dessen Klavierkonzerte auch im Rahmen dieser Serie eingespielt wurden. Obwohl er auch Opern komponierte, gelang ihm damit nie der Durchbruch, bekannter war er als Klaviervirtuose, als der er zahlreiche Konzertreisen in Europa unternahm. Nach einem Zwischenstop in Braunschweig, wo er Musikverleger war, zog er nach Paris um, wo er als Pianist und Komponist wirkte.


    Konzert Nr. 2 in h-moll op. 22 entstand 1844 und ist als sinfonisches Werk mit obligatem Piano angelegt, das im ersten Satz (Maestoso) erst sehr spät einsetzt. Auf die gewichtige Einführung in die musikalische Thematik, die insbesondere von den Streichern vorgegeben wird, folgt der Einsatz des Piano, das aber nur wenig Takte allein für sich beanspruchen darf und zunächst ganz verhalten beginnt. Erst im folgenden Zusammenspiel mit dem Orchester, das nun bis zum Satzende fortgesetzt wird, erfolgen dynamische und virtuose Steigerungen, die immer wieder durch Ruhephasen ausgedehnt lyrischer Passagen unterbrochen werden und am Schluss in einem gewaltigen Klavier- und Orchesterrauschen enden. Zu diesem Satz bilden die drei folgenden, weitaus kürzeren das Gegengewicht (Satz 1 und die Sätze 2–4 zusammen entsprechen sich zeitlich ungefähr). Eine Neuerung ist das als zweiter Satz eingefügte Scherzo, in dem das leichtfüßige Klavier mit den leichten Streichern harmoniert und ihr leichter, bisweilen ungeduldig-bewegt anmutender Tanz durch durch gelegentliche Einwürfe der Bläser und Kontrabässe strukturiert und ein wenig gebremst wird. Im folgenden melodisch schlichten, aber sehr klangschönen Andante tritt das Klavier von allen Sätzen deutlicher als in den beiden ersten Sätzen als Soloinstrument hervor. Es bildet den Auftakt zum bewegten Schlusssatz (Rondo: Allegretto), der zunächst wieder leichtfüßig tänzelnd beginnt, aber passagenweise auch größere Dramatik entwickelt. Auch hier trägt das Klavier deutlich mehr zur musikalischen Entfaltung bei als in den ersten beiden Sätzen, hier tritt der Virtuose etwa in den schnellen Läufen auch wirklich als solcher hervor. Kunstvoll werden beide Parteien miteinander verwoben, wird die melodische Entwicklung auf beide verteilt und in einem bewegten Zusammenspiel zu einem effektvollen Ende geführt.


    Bekannter als Konzert Nr. 2 dürfte das auf der CD folgende 4. Konzert in d-moll op. 102 sein, dessen Scherzo vergleichsweise häufig gespielt wird. In einem dramatischen Orchesterstreich beginnt der monothematisch angelegt, erste Satz Allegro con fuoco. Das einige Takte später einsetzende Klavier spiegelt diesen dramatischen beginn mit kräftigen Akkordschlägen, gefolgt von virtuosen, gesteigerten Läufen. Es folgt eine Überleitung naturidyllisch anmutende Passage, bevor die dramatische Entwicklung erneut gesteigert wird. Spiegelt das Klavier zu Beginn des Satzes noch die dramatische, vom Orchester vorgegebene Entwicklung, ist es im Folgenden umgekehrt. Nun treibt das Klavierspiel das Tempo an, drosselt es wieder und bestimmt auch die Dynamik bis zum Satzende. Litolff variiert in diesem Satz das Thema sehr geschickt und erzeugt so die Illusion verschiedener Themen. Im folgenden Scherzo setzt Litolff mit Triangel und Piccoloflöte überraschende Akzente im Sinne eines Frage-Antwort Spiels zwischen Klavier und Orchester, das nach einhelliger Meinung der Kritiker kompositorisch besonders gut gelungen ist. Ich empfinde ihn als etwas (zu?) verspielt. Den anschließenden Satz hat Litolff als Adagio religioso überschrieben. Er ist nicht zu Unrecht als improvisatorisch beschrieben worden. Nach einer kurzen Einleitung durch das Klavier wird die Stimmung zunächst von den Hörnern vorgegeben und dann erst wieder vom Klavier aufgenommen, bevor beide in einem frei entfalteten, tatsächlich improvisiert wirkendem Spiel zusammenkommen. Abgeschlossen wird das Konzert in einem Allegro impetuoso ("wildem/ ungestümen Allegro"), das wie der erste Satz nur ein einziges Thema aufweist und im Satzverlauf sowie dem virtuosen Abschluss seinem Namen alle Ehren macht.


    Insgesamt ist Konzert Nr. 4 sicher das kompositorisch reifere, ich persönlich mag aber die schlichtere Frische von Nr. 2 lieber. Solist und Orchester lassen imO keine Wünsche offen. Alle Tempus- und musikalischen Stimmungswechsel sind präzise ausmusiziert. Peter Donohoe erweist sich als kraftvoll zupackender, den virtuosen Klippen gewachsener und zugleich feinfühliger "Solist", der sich aber ganz der Anlage der Konzerte entsprechend dem Gesamtwerk bei- bzw. unterordnet und eben dadurch besonders positiv hervortritt.


    Ein weiterer Kauf aus der Serie, der meine Repertoirekenntnis bereichert, mir eine schöne Zeit beschert hat und noch bescheren wird :yes: .
    In Vorfreude auf die nächsten Käufe dieser Serie und mit bestem Gruß


    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Auch ich möchte nach langer Pause den Thread durch die Vorstellung eines weiteren Klavierkonzerts aus dieser Serie erweitern. Es handelt sich um eines der frühen Konzerte von Mendelssohn-Bartholdy, nämlich das vom 12. November 1824 stammende Klavierkonzert für 2 Klaviere in As-dur - das Werk eines 15 Jährigen !! Mendelssohn selbst gab angeblich dem anderen auf dieser CD befindlichen Konzert in E-dur (ebenfalls für 2 Klaviere) den Vorzug und Kritiker beanstandeten, daß die musikalische Substanz eher mäßig sei, was aber - so es überhaupt stimmt - geschickt kaschiert wurde. Persönlich bin ich von dem Konzert, das in gewisser Weise dem mozartschen Schönheitsideal verpflichtet scheint, und vielleicht den Werken Fields, Hummels oder Weber noch näher steht, sehr angetan.
    Es perlt und fliesst oder ist stellenweise von betörender lyrischer Schönheit. So ist es verwunderlich, daß das Werk - ebenso wie sein Gegenstück in Es-dur für lange Zeit von den Spielplänen verschwunden war.

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Nachdem ich die Konzerte an den letzten Abenden gleich mehrfach gehört habe, möchte ich versuchen, sie hier in einigen Zeilen vorzustellen. Auch diese Konzerte sind in ihrer viersätzigen Struktur und hinsichtlich der Rolle des Klaviers mit "sinfonischem Konzert" sehr gut beschrieben. Dennoch ist das Klavier für die Entwicklung der Konzerte zentral und nicht wirklich obligat.


    Das 1846 komponierte Konzert Nr. 3 Es-Dur op. 45 trägt den Untertitel "Concert National Hollandais". Litolff verarbeitet darin geschickt niederländische Weisen. Es begint mit einem Maestoso, das nach einem leicht verspielten Beginn durch Bläser und Pauken den Charakter eines militärischen Marsches erhält. In einem interessanten Wechselspiel aus verträumten Passagen (Seitenthema) und der Rückkehr zu bewegter Dynamik, die in einer schwungvollen Coda endet. Im folgenden Presto wird der schwungvolle Dialog zwischen Solist und Orchester in verspielten Trippelfiguren weitergeführt. Zentraler Bestandteil darin ist ein niederländisches Kinderlied. Im dritten Satz, dem Andante wird der Dialog insbesondere auf die Instrumente Klavier, Cello und Horn reduziert, deren Zusammenspiel eine nocturne Stimmung erzeugt, die nur an einer Stelle jäh unterbrochen aber sofort wieder aufgegriffen wird. Aus dieser reißt den Hörer dann das abschließende Allegro vivace, das in seiner kreativen Verspieltheit an Klavierkonzerte F. Mendelssohn-Bartholdys erinnert. Dieser Satz verlangt durch seine schnellen Passagen und Oktaven bzw. Doppeloktaven eine hohe Virtuosität, die Peter Donohoe mit großer Bravour bewältigt. Das ist ein richtiger Satz für die virtuosen Konzertpianisten, bei dem sie all ihre Fähigkeiten zeigen können. Die Kunst dabei ist, es in der leichten Verspieltheit erklingen zu lassen, der gegenüber dann das hymnisch-kaftvoll erklingende Orchester kontrastierend gegenübersteht. Man hat fast das Gefühl, bei Teile lüden sich in der Folge gegenseitig mit Bedeutung auf, so sehr verliert das Klavier partiell an der anfänglichen Leichtigkeit. Satz und Konzert enden in einer kraftvoll-heroischen erklingen Coda. Auch in diesem Satz verwendete Litolff eine niederländische Weise, die beim erfolgreichen Aufstand gegen das Haus Oranien gesungen wurde und dem Satz die hymnische Note verleiht.


    Das Konzert Nr. 5 c-moll op. 123 ist in jeder Hinsicht schwerer als alle anderen, die ich von Litolff gehört habe. Für den Pianisten stellt es eine - allerdings in dieser Aufnahme kaum hörbare - Herausforderung dar. Auch der Grundton des Konzertes ist bedeutungsschwer, so dass es manchmal fast ein wenig pastos wirkt. Auch dieses Konzert beginnt mit einem Allegro maestoso, aber in einem düsteren, bisweilen dramatischen Orchesterton, der erst nach 132 Takten vom Klavier abgelöst wird, das dem Orchester eine zunächst wehmütigen, dann dynamisch gesteigerten Einwurf entgegensetzt, der aber auch wieder in den wehmütig-ruhigen Grundton zurückgeführt wird. Erst gegen Ende des Satzes steigern sich Dynamik und Dramatik im Zusammenspiel von Orchester und Klavier, um in einer dramatischen Coda zu enden. Eine Neuerung dieses Konzerts ist die Gestaltung des folgenden, zweiten Satzes als Largo, stand hier doch bei den übrigen Konzerten das Scherzo, für dessen Gestaltung Litolff berühmt war. Das Ergebnis ist einer der imO schönsten Sätze in Litolffs Werk überhaupt. In großen Bögen werden die harmonischen Linien des Satzes entwickelt, erneut spielen neben dem Klavier vor allem die Celli und Hörner eine tragende Rolle. Übernehmen sie die Melodieführung, werden sie geradezu ornamental vom Klavier umspielt. Der dramatische Höhepunkt in der Satzmitte teilt ihn in zwei etwa gleichwertige Hälften, deren zweite die erste spiegelt und wieder in die lyrische Grundstimmung zurückführt. Das Scherzo hat Litolff in diesem Konzert an die dritte Stelle gerückt. Aber auch dieser Satz hat vieles von der Heiterkeit der anderen Scherzi eingebüsst und besitzt einen düsteren Charakter. Das schön klingende, zunächst leichtfüßig daherkommende Thema wird schnell in einen dämonischen Tanz verwandelt, indem der anfängliche Schönklang nur noch gelegentlich durchzudringen vermag. Einen hinsichtlich seiner Schwere und Bedeutsamkeit würdigen Abschluss findet das Konzert im Allegro. Nach Einleitung der dunklen Streicher greift das Klavier deren Melodieführung auf und setzte sie mit einem wehmütigen Unterton fort, der seinerseits von den Klarinetten und den hohen Streichern übernommen wird. Dynamische Akzente setzt in diesem Satz insbesondere das Klavier durch den Wechsel aus lyrischen Passagen und kräftigen Akkordschlägen. Insbesondere die Kadenz ist ein virtuoses Kabinettstück. Insgesamt fehlt diesem Konzert jede Verspieltheit der anderen Litolff’schen Werke, dafür gewinnt es an düsterem Ausdruck. Nicht etwas für jeden Abend, aber beeindruckend.


    Wie auch bei der zuvor vorgestellten CD habe ich am Klang, am Orchesterspiel und vor allem am Solisten nicht nur nichts auszusetzen. Das Wechselspiel zwischen Orchester und Klavier gelingt hervorragend, der Solist meistert die hohen technischen Schwierigkeiten souverän und arbeitet die dynamischen Kontraste deutlich heraus.


    Ein Komponist, den ich sehr gern kennen und schätzen gelernt habe.


    Mit bestem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Nach längerer Abstinenz wird es Zeit, mich wieder den unerschöpflichen Weiten der romantischen Klavierkonzerte zu widmen. Soweit ich sehe, wurde diese Einspielung noch nicht vorgestellt.


    BBC Scottish Symphony Orchestra unter Niklas Willén
    Piers Lane, Piano (und Texte im booklet)


    Theodor KULLAK (1818–1882) ist eher als Klavierlehrer denn als Komponist bekannt. Seine Werke für Klavier wurden von den Zeitgenossen sehr unterschiedlich beurteilt. Aber das Klavierkonzert in C-moll, op. 55, das 1850 in Leipzig geschrieben wurde ist nicht nur aus diesem Grund für einen Neu-Leipziger ein schönes Erlebnis. Der Pianist Piers Lane beschreibt es im booklet als "bezaubernd" und das ist eine ganz treffende Charakterisierung. Der erste Satz, Allegro, beginnt nach einem ruhigen Auftakt gewichtig und ernst. Der dann einsetzende Klavierpart ist hochanspruchsvoll, aber durchweg voller Eleganz, ganz im Stil der Virtuosenkultur des 19. Jhs. In einem ausgewogenen Wechselspiel aus Anspannung und Entspannung entfaltet der Satz einen schönen Fluss, eine gewisse Verspieltheit ist ihm nicht abzusprechen, aber eben darin liegt zugleich sein großer Reiz. Besonders die Wechselspiele Klavier/ Solo-Streicher und Klavier/ Horn haben es mir angetan. Der Satz endet in einer regelrechten Kaskade aus Bravourpassagen und wird abschließende in die anfängliche, ernste Grundstimmung zurückgeführt. Das anschließende Adagio ist voller lyrischer Momente (etwa im Zusammenspiel zwischen Klavier und Holzbläsern) und inklusive der dynamischen Steigerung im Mittelteil einfach nur zum Genießen. Das abschließende Allegro ist zwar moderato, aber con fuoco übertitelt und besitzt durchweg eine verspielte Grundstimmung. Eine ständige drängende Vorwärtsbewegung, die aber nicht zu gravitätisch, sondern frisch und eher leicht hüpfend (stellenweise folkloristisch angehaucht) daherkommt. Das macht einfach Freude.
    Dem Solisten Piers Lane merkt man an, dass er dieses Werk schätzt, er entwickelt insbesondere in den Bravourstellen des dritten Satzes eine große Spielfreude, ohne jedoch die lyrischen Passagen des Werkes zu vernachlässigen. Das Zusammenspiel mit dem Orchester habe ich als präzise und gelungen im Ohr. Eine schöne Bereicherung meiner Kenntnis der romantischen Klavierkonzerte. Dieses Werk wird noch häufiger den Weg in meinen Player finden.
    Etwas schwerer getan habe ich mich dagegen mit dem Klavierkonzert in D-moll von Alexander DREYSCHOCK (1818-1899). Doch dazu später mehr...


    Mit bestem Gruß zum Wochenende
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

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