Magische Zahl Opus 1

  • Entsprechend meinem Neuling-Status im Tamino-Kreis darf ich vielleicht fragen: Könnte es eventuell auch für andere interessant anmuten, von dem jeweiligen Opus 1 einzelner Komponisten etwas zu erfahren?


    *Warum ist gerade dieses Stück Opus 1 geworden?
    **In was für einer Beziehung steht dieses Stück zum Lebenswerk: sind daran schon Züge des späteren Komponisten abzulesen? Wenn ja, welche?
    ***Gibt es andere, nicht musikalische, sondern materielle usw. Gründe bei dieser Entscheidung?
    ****Warum wurden frühere Werke nicht mitberechnet (wenn welche bekannt sind - was meistens der Fall ist, glaube ich...)


    Vielleicht könnt Ihr einige Beispiele erwähnen... Vielen Dank.

  • Nun- es wird ja meist der Fall sein, dass "Opus 1" das erste vom Komponisten für würdig befundene Stück, gezählt zu werden, ist. Allerdings wurden auch viele Opuszahlen willkürlich durch Verleger vergeben. Opus 1 muß also nicht notwendigerweise das erste Werk eines Komponisten sein - aber zumindest ist es üblicherweise eines der ersten von jenen die gezählt - und nicht verworfen wurden.
    Fangen wir idealerweise gleich bei Beethoven an: Opus 1 umfasst 3 Klaviertrios welche Jahre 1795 bei Artaria gedruckt (op 1.1 , op 1.2, op 1.3) wurden, an denen Beethoven aber vermutlich seit 1793 gearbeitet hatte.
    Ebenfalls als op 1 wurden die "Figaro-Variationen" veröffentlicht, die später als WoO 40 umgereiht wurden. Beethoven har vor seinem offiziellen op 1 schon einige Werke geschrieben, welche heute ebenfalls als WoO gezählt werden.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zumindest im Alphabet kommt nicht weit nach Beethoven Hector Berlioz. Sein opus 1 waren zunächst die "Huit Scènes de Faust", die er aber später zurückzog und die Ouvertüre Waverley als sein offizielles opus 1 festlegte.


    Er hatte zwar vorher schon "Les Francs Juges" geschrieben, wollte aber die "Große Ouvertüre Waverley" als sein erstes opus festgeschrieben wissen. Die Ouvertüre Waverley erinnert an die Faszination, die damals von Sir Walter Scotts Romanen ausging. In der Partitur vermerkte Berlioz, dass die einleitende langsame Hälfte "Träume der Liebe und weiblicher Reize" vermitteln soll, während das spätere Allegro der zweiten Hälfte "Ehre und Waffen" verkörpert.


    Einige wenige Anmerkungen zum literarischen Hintergrund, der Berlioz zu seiner Komposition anregte, seien noch gestattet. Walter Scott, der sich bewusst war, dass er gegen Byrons Versdichtungen nicht würde bestehen können, verlegte sich daher auf Prosadichtungen und begann 1814 mit "Waverley" eine Reihe historisch-schottischer Romane, die vor geschichtlichem Hintergrund mit erfundenen Gestalten und Alltagstypen Liebesabenteuer ausbreiteten. Mit der historischen Figur des Prätendenten Eduard Waverley und seiner Niederlage 1745 bei Culloden hatten die Inhalte dieser Romane nicht viel zu tun. Es folgten noch 26 weitere Romane der Waverley-Reihe, von denen "Ivanhoe" der bekannteste sein dürfte.



    Liebe Grüße


    Portator

  • Da gibt es mehrere Werke mit der Opuszahl 1. Neben den schon erwähnten drei Klaviertrios Beethovens sind es beispielsweise die 24 Capricen für Violine solo von Paganini, ein Werk, das ich besonders schätze, ist Korngolds D-Dur-Klaviertrio, wozu es eine köstliche Anekdote gibt: Als der 16jährige Komponist die Uraufführung in Wien mit seinen Eltern erlebte, soll dessen Vater, ein bedeutender Musikkritiker, seiner Gattin zugeflüstert haben: "Das ist ja viel zu schnell!" Sie wiederum meinte: "Das ist eher zu langsam!" Daraufhin bat Erich Wolfgang seine Eltern, still zu bleiben, nicht ohne zu entgegnen: "Das Tempo ist genau richtig!"


    Weitere bedeutende Opera 1 sind die ersten sechs Streichquartette Haydns, Händels Violin-Cembalo-Sonaten, gleich 15 an der Zahl, Dohnányis Klavierquintett c-moll, Glières Streichsextett, Mendelssohns Klavierquintett, beide ebenfalls in c-moll, sowie Tartinis Sonaten für Violine und Klavier.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Danke, Ihr Kenner, ehe ich einsteige und mühselig Opuszahlen recherchiere und Kommentare abgebe möchte ich all denjenigen danken, denen es gelungen ist, unseren Milletre zu aktivieren. Ab jetzt wenn die Diskussion konkretere Formen annimmt, steige ich gerne mit ein.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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  • In den Jahren 1828/29 komponierte Robert Schumann ein Klavierstück unter dem Namen Abegg Variationen.


    Die angebliche Widmungsträgerin Pauline Comtesse d´Abegg ist eine romantische Mystifikation einer bürgerlichen Jugendfreundin namens Meta Abegg. Ihr Nachname inspirierte Schumann zu einem Thema a-b-e-g-g, das aber in den nachfolgenden Variationen nur selten auftritt.


    Das Stück dauert gut 8 Minuten und ist durchgängig im 3/4 Takt geschrieben. Es stellt an den Pianisten hohe technische Anforderungen. Seine Wirkung ist jugendlich frisch und virtuos raffiniert.


    Es ist das erste Werk, das Schumann einer Veröffentlichung für wert hielt und daher sein Opus 1.



    Liebe Grüße


    Portator

  • Bei den folgenden sinf.Werken war ich überrascht, dass diese auch erst die Opuszahl 1 tragen:


    Strawinsky: Sinfonie Nr.1 es-Dur op.1 (1905–1907)
    Strawinsky hat in späteren und den bekannteren Werken seine Opuszahlen nicht weiter fortgeführt.

    Rimsky-Korsakow: Sinfonie Nr.1 es-moll op.1 (1861 - 1865)
    Wenn man die richtige Aufnahme hat ... Swetlanow ..., vermag dieser sinfonische Erstling bereits zu überzeugen.


    :thumbsup: Aber "richtig in sich" hat es dieses Opus 1. Ein 40minütiges Ballet, wo "kein Auge trocken bleibt"- ja, da geht es richtig zur Sache. Wer es kennt und mag - ähnliches pures Feuer wie dem bekannten Estancia - Ballett op. 8 :
    Ginastera: Panambi - Ballett op.1 (1937)



    Naxos, 1997, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Aber "richtig in sich" hat es dieses Opus 1. Ein 40minütiges Ballet, wo "kein Auge trocken bleibt"- ja, da geht es richtig zur Sache. Wer es kennt und mag - ähnliches pures Feuer wie dem bekannten Estancia - Ballett op. 8 :
    Ginastera: Panambi - Ballett op.1 (1937)


    Absolut! Es hat auch viele stimmungsvolle und atmosphärisch dichte Passagen neben tänzerisch-ekstatischen. Ein mehr als halbstündiger breiter Bilderbogen! (Ich habe die CD, welche ich teleton verdanke, allerdings über drei Jahre liegen lassen und erst vor einigen Wochen hervorgeholt, weil ich das Werk in einer mehrere Monate langen depressiven Phase vor vier Jahren fast ausschließlich gehört habe und an diese Zeit nicht mehr erinnert werden wollte. Aber das ist jetzt - Gott sei Dank - vorbei!)


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!