Wenn sich etwas verändern soll, dann kann dies nur aus dem Kunstbetrieb heraus geschehen - und nicht von außen. Schon gar nicht seitens der Politik. Und es muss auch eine Einsicht geben, dass sich etwas verändern möge. Theater müssen für die hohen Subventionen keine Rechenschaft ablegen. Es gibt zumindest in Deutschland kein Gesetzt, keine Verordnung, die das verlangen. Die Freiheit der Kunst steht nicht unter so genanntem Gesetzesvorbehalt. Soll das wirklich geändert werden?
Es ist nicht ganz so einfach, wie du das hier darstellst. Jedes Theater hat Träger (z.B. Stadt, Landkreis, Bundesland u.a.), die viele Millionen Euro in das Theater investieren, darüber aber auch Aufsicht führen, was am Theater mit dem Geld gemacht wird, die sitzen dann z.B. im Aufsichtsrat - und der Intendant bzw. (je nach Struktur) die Geschäftsleitung muss Auskunft darüber abgeben, was mit diesem Geld künstlerisch geleistet wurde, was künstlerisch geplant ist, wie die Akzeptanz beim Publikum ist. Auch wenn sich diese Aufsichtsgremien aus künstlerischen Dinge weitgehend(!) heraushalten (ob das gut ist oder nicht, kann man ebenfalls differenziert betrachten), sind Dinge wie Publikumsresonanz oder Auslastung nicht so unwichtg, wie du das hier darstellst. Wenn ein Theater 80% Auslastung hat, hat die künstlerische Leitung es natürlich wesentlich einfacher, ihr künstlerisches Konzept gegenüber den Trägern zu verkaufen und durchzusetzen, als wenn die Auslastung nur bei 50% oder gar darunter liegt. Dann verstärkt sich bei den Trägern natürlich der Verdacht, dass die zur Verfüfung gestellten Gelder nicht optimal eingesetzt werden, wenn die dafür angebotene Kunst das Publikum gar nicht erreicht.
Und das wirkt sich natürlich auch auf die Kunst aus: Wenn eine "Zauberflöten"-Inszenierung beim Publikum beliebt und ständig ausverkauft ist, und vielleicht noch eine italienische Oper dazu, dann kann sich die Theaterleitung in dieser Spielzeit auch eine Rarität wie "Hans Heiling" leisten, der so und so nicht ausverkauft sein wird, im Umfeld von einigen anderen sehr gut ausgelasteten Produktionen die Gesamtauslastung aber nicht zu weit nach unten drückt. Ist die "Zauberflöte" aber so inszeniert, dass kaum einer reingehen will (zum Beispiel: Neuenfels, Komische Oper, schnell wieder verschwunden, weil es auch wenig Sinn macht, gerade dieses Stück so zu inszenieren, dass es für Kinder und Jugendliche völlig ungeeignet ist), dann hat das natürlich große Auswirkungen auf die Gesamtauslastung und das Theater kommt in Rechtfertigungszwang gegenüber den Trägern. Die Kunst an deutschen Theatern ist also nicht so unabhängig, wie du das glaubst. Die Freiheit der Kunst endet spätestens dann im konkreten Einzelfall, wenn ein Theater leer gespielt ist und aus diesem Grund geschlossen wird.