Felix Weingartner (1863 - 1942)
Die Symphonien
Auf die Frage, warum er, der berühmte Dirigent, selbst Symphonien geschrieben habe und was er damit bezwecke, antwortete Weingartner: "Bezweckt habe ich gar nichts; geschrieben habe ich meine Symphonien, weil sie mir eingefallen sind."
Felix Weingartner dirigiert das Sinfonieorchester Basel
Symphonie Nr. 1 G-Dur op. 23 (1898 )
01. Allegro moderato grazioso
02. Allegretto alla marcia
03. Vivace scherzoso
04. Allegro vivo
UA: 1899, Köln
Dirigent: Franz Wüllner
Dauer: ca. 34 Minuten
Verlag: Breitkopf & Härtel, Wiesbaden
Orchester:
3 Flöten (3. auch Piccolo)
2 Oboen (2. auch Englischhorn)
1 Klarinette in C
2 Klarinetten in A
2 Fagotte
4 Hörner
2 Trompeten
3 Posaunen
Pauke
Harfe
Streicher
Die Erste Symphonie, vom Komponisten selbst als "Jugendsinfonie" bezeichnet, schrieb Weingartner im Jahre 1898. Die Sinfonie gefiel dem Publikum und wurde häufig gespielt. Mit diesem Werk wollte er bewusst einen neuen Weg beschreiten, einen anderen Weg als den, welchen sein Lehrer Franz Liszt genommen hat. Die erste Symphonie ist ein lyrisches Werk mit jugendlichem, übermütigem Charakter. Laut Weingartner klingt im Hauptthema des freundlichen, pastoralen ersten Satzes die Sonate G-Dur von Anton Rubinstein an. Diese Sonate hatten seine Mutter und ein Freund der Familie einst in Weingartners Kindheit gespielt und sie hatte bei dem Jungen einen solchen Eindruck hinterlassen, dass sie in ihm das Interesse für Musik geweckt hatte. Im zweiten Satz erklingt ein stolzes, von den Holzbläsern vorgetragenes Thema in Form eines Marsches. Eine vorwitzige Oboe eröffnet das Scherzo, das von einer melancholischen Klarinette im Trio unterbrochen wird. Der virtuose Schluss ist ein prächtiger Finalsatz mit einem volkstümlich-burschikosen Thema der in einem übermütigen Wirbel des ganzen Orchesters mündet.
Sinfonieorchester Basel
Marko Letonja
CPO
Symphonie Nr. 2 Es-Dur op. 29 (1900)
01. Lento - Allegro mosso
02. Allegro giocoso
03. Adagio, ma non troppo
04. Lento - Allegro risouto
UA: 27.05.1900, Bremen
Dirigent: Felix Weingartner
Dauer: ca. 44 Minuten
Verlag: Breitkopf & Härtel, Wiesbaden
Orchester:
3 Flöten (3. auch Piccolo)
3 Oboen
3 Klarinetten in B
3 Fagotte
1 Kontrafagott
4 Hörner
3 Trompeten
2 Tenorposaunen
1 Bassposaune
1 Tuba
Pauke
Harfe
Streicher
Formal traditionell ist die Zweite Symphonie in der „heroischen“ und gerade für die Blechbläser so dankbaren Tonart Es-Dur gehalten. Sie umfasst vier Sätze und beginnt mit einer geheimnisvollen langsamen Einleitung im Kopfsatz, der als spritziges „Allegro mosso“ anhebt. Das Material des Hauptsatzes entwickelt Weingartner aus der Einleitung. Ganz schulmäßig folgt einem schwungvollen ersten Thema ein sangliches, leicht melancholisches zweites der Holzbläser im Dreiertakt und in Terzen. Spektakulär in diesem Sonatenhauptsatz ist der Höhepunkt des Durchführungsteils mit seiner Temposteigerung die an Bruckner erinnert. Heiter und gelöst geht es weiter. Als „Allegro giocoso“ im Scherzo-Charakter kommt der übermütige zweite Satz in C-Dur daher. Der schwärmerische dritte in As-Dur ist mit „Adagio, ma non troppo, cantabile“ bezeichnet. Er ist von zwei Hauptthemen geprägt, einem von den Violinen vorgetragenen As-Dur-Gesang und einem damit blockhaft abwechselnden „Choral“ der Bläser im vierstimmigen Satz. Wie der erste Satz, so beginnt auch der vierte und letzte mit einer „Lento“-Einleitung. Und wie im ersten Satz, so dominiert auch hier ein schwungvoller aufsteigender Melodie-Gestus. Es dominieren sangliche, leichtfüßige Themen, darunter ein spielerisches Motiv in Terzen und Sexten, das den Fagotten und Hörnern auf den Leib geschneidert ist. Ein glanzvoller Höhepunkt beendet das herrliche Werk.
Sinfonieorchester Basel
Marko Letonja
CPO
Symphonie Nr. 3 E-Dur op. 49 (1909)
01. Allegro con brio
02. Allegro un poco moderato
03. Adagio, ma non troppo
04. Allegro moderato
UA: 17.11.1910, Wien
Dirigent: Felix Weingartner
Dauer: ca. 65 Minuten
Verlag: Breitkopf & Härtel, Wiesbaden
Orchester:
4 kleine Flöten
3 große Flöten
2 Oboen
1 Englischhorn
1 Heckelphon
1 Klarinette in D
2 Klarinetten in A
1 Bassklarinette
3 Fagotte
1 Kontrafagott
6 Hörner
3 Trompeten
1 Basstrompete
3 Posaunen
1 Tuba
Pauke
Große Trommel
Becken
Triangel
2 Harfen
Orgel (ad libitum)
Celesta
Streicher
Die Dritte Symphonie hebt sich deutlich von ihren Vorgängerinnen ab. Sie ist mit 65 Minuten nicht nur die längste aller Symphonien; mit ihrer gigantischen Besetzung sprengt sie auch den Rahmen alles bisher geforderten. Der erste Satz „Allegro con brio“ beginnt mit leisen Holzbläserfiguren, die von Harfenglissandi und den hohen Streichern gestützt werden. Eine anschließende Cellokantilene stellt das Thema vor, welches sich im gesamten Kopfsatz verselbständigen wird, hin zu jenem katastrophisch-misstönenden Wutausbruch im Mittelteil des Satzes, um diesen dann kultiviert zu beenden. Der zweite Satz „Allegro un poco moderato“ ist ein dämonischer Walzer; gleichfalls ein Tanz ums goldene Kalb. Die in sich kreisenden, auf der Stelle drehenden und stampfenden Figuren arbeiten sich über das melodische Trio, dessen Thema wir im vierten Satz wiederbegegnen werden, hin zum Schluss mit tiefem Blech und harten Streichern. Der nun folgende Hymnus im Bruckner-Stil breitet seine ganze Ausdruckskraft im dritten Satz „Adagio, ma non troppo“ aus. Kurz vor der ostinaten Prozession mit der Orgel ad libitum, das schwerste Geschütz, das der Komponist in dieser Partitur zu bieten hat, lugt Gustav Mahler durch das orchestrale Gebilde. Im Finale begegnen wir Motiven aus dem ersten und zweiten Satz. Nach einer kurzen Einleitung stellen die Kontrabässe ein düsteres Thema vor, das im weiteren Verlauf von einer lustigen Fuge abgelöst und zum beherrschenden Motiv des Satzes wird. Ein delikater Walzer – eine Huldigung an Wien – dem eine Melodie aus der bekannten Strauß-Operette „Die Fledermaus“ zugrunde liegt, beendet in würdevollem Gestus die großartige Symphonie.
Sinfonieorchester Basel
Marko Letonja
CPO
Symphonie Nr. 4 F-Dur op. 61 (1916)
01. Allegro un poco moderato
02. Andante con moto
03. Comodo, grazioso
04. Poco lento - Allegro giocoso
UA: 1916, Köln
Dirigent: Hermann Abendroth
Dauer: ca. 31 Minuten
Verlag: Universal Edition, Wien
Orchester:
2 Flöten
2 Oboen
2 Klarinetten
3 Fagotte (3. auch Kontrafagott)
4 Hörner
2 Trompeten
3 Posaunen
Pauke
Harfe
Streicher
Kein Wunder, dass die Vierte Symphonie das wurde was sie ist. „Hätte ich sie zu taufen“, erklärt Weingartner, „so würde ich sie die ‚Bukolische’ nennen, denn landschaftliche Eindrücke südlichen Charakters waren die Anregung ihres Entstehens.“ Nicht nur ob der Tonart F-Dur erinnert sie an Beethovens „Pastorale“, doch verbindet sie deren Heiterkeit mit Brahmsschem Ernst. Dass Weingartner sich 1916 mit seiner dritten Frau am Tegernsee eingemietet hatte, erinnert zusätzlich an Brahms, dessen Zweite Symphonie ja am Wörthersee entstand. Schon im ersten Satz spürt man, dass sich Weingartner gründlich mit Brahms befasst hat. Dazu gibt es vor allem im „Andante con moto“ Anlehnungen an Robert Schumann – wenn auch im „altväterlichen“ Tempo - während im anschließenden „Comodo, grazioso“ eine Oboe ihr Mahlerisches Thema vorstellt. Eine Horngruppe eröffnet den ganz von pastoralen Klängen durchzogenen vierten Satz der sich im Finale ein tänzerisches Freudenthema gönnt und das Werk frisch und munter ausklingen lässt. Die Reminiszenzenjäger werden auch hier wieder auf ihre Kosten kommen.
Sinfonieorchester Basel
Marko Letonja
CPO
Symphonie Nr. 5 c-moll op. 71 (1924)
01. Allegro agitato
02. Allegro scherzando ma poco moderato
03. Andante solenne
04. Fuge di due te mi
UA: 1924, Edinburgh
Dirigent: Felix Weingartner
Dauer: ca. 43 Minuten
Verlag: Universal Edition, Wien
Orchester: (Leider lag mir die Partitur nicht zur Ansicht vor)
Mit der Fünften Symphonie realisiert der für seine Beethoven-Interpretationen berühmt gewordene Dirigent, Weingartner „zufällig“ den langjährigen Plan einer c-moll-Symphonie. Die Komposition entstand in einer für ihn persönlich zerrissenen Zeit zu Beginn der zwanziger Jahre zum Geburtstag der vierten Ehefrau Betty Roxo. Nach einer kurzen Aufforderung durch zwei Akkorde, abwechselnd von den Bläsern und Streicher gespielt, setzt sich eine melancholische Melodie in Bewegung, die das ganze Material des ersten Satzes enthält. Aufgelockert wird diese Stimmung durch einen an Verdi erinnernden Walzer, der im weiteren Verlauf aber schnell zum ursprünglichen Thema zurückfindet und nun von den Blechbläsern aufgegriffen wird. Der Versuch, das Thema euphorisch anklingen zu lassen, wird gnadenlos vom Orchester vereitelt. Der zweite Satz „Allegro scherzando ma poco moderato“ kommt mit seinem rhythmischen Thema in den tiefen Streichern ziemlich spukhaft daher und steigert sich zu einem wahren Geistertanz, der nur durch ein Zitat aus dem Adagio der Achten Symphonie von Anton Bruckner im Trio unterbrochen wird. Ohne Bruckner wäre auch das „Andante solenne“ undenkbar gewesen, und ausgerechnet Weingartner, der immer wieder Bruckners symphonische Welten kritisierte, präsentiert an dieser Stelle einen feierlichen, an Bruckner gemahnenden dritten Satz. Für das Finale griff Weingartner auf Material zurück, das er schon im Jahre 1906 zu komponieren begonnen hatte. „Eine große Doppelfuge“, erklärte Weingartner später, „[…] entwuchs jetzt so natürlich dem Organismus dieser neuen Symphonie, dass ich sie vollendete und damit das Werk abschloss.“ Diese Fuge – ein komplexer Sonatenfugensatz – besiegelte den Uraufführungserfolg der fünften Symphonie, die Felix Weingartner im Herbst 1924 selbst in Edinburgh aus der Taufe hob und tags darauf in Glasgow wiederholte.
Sinfonieorchester Basel
Marko Letonja
CPO
Symphonie Nr. 6 h-moll op. 74
Bisher noch unveröffentlicht.
Symphonie Nr. 7 C-Dur op. 87 "Choral"
Bisher noch unveröffentlicht.
Davidoff