Beethoven, Symphonie Nr. 3 Es-dur op. 55 „Eroica“
Berliner Philharmoniker
Dirigent: Herbert von Karajan
AD: Oktober 1971
Spielzeiten: 14:21-15:44-5:57-12:07 – 48:09 min.;
Interessanterweise ist das Orchester in dieser Aufnahme in drei auf dem Kopf stehenden Dreiecken postiert, die von Reihe zu Reihe stark ansteigen.
Im linken Dreieck sitzen 27 Geigen, im mittleren, recht ungewöhnlich, 5 Flöten, 3 Oboen, 4 Klarinetten, 4 Fagotti, 4 Hörner und 4 Trompten, die in der oberen Reihe die Pauken umgeben. Auch im rechten Dreieck, das die tiefen Streicher aufnimmt, ist Ungewöhnliches festzustellen: Nur 9 Bratschen stehen (sitzen) 11 Celli gegenüber, sowie 6 Kontrabässe, also insgesamt 78 Instrumentalisten. Jedem Originalklangfetischisten würden da die Ohren klingeln, aber das Problem habe ich ja Gottseidank nicht.
Vom ersten Ton an findet hier eine ganz große Symphonie statt, in jeder Beziehung. Vom temporalen Plan her wird auch klar, dass die Symphonie mit einer Wiederholung der Exposition im Kopfsatz über 51 Minuten gedauert hätte, also gar nicht zu schnell gespielt ist, aber das ist dem interpretatorischen Konzept zuzuschreiben, das Karajan verfolgt. Er nimmt die Überschrift „Eroica“ wörtlich. Das ist wahrhaftig eine durch und durch heroische Interpretation, die zum Besten gehört, was jemals ein Dirigent an Eroica-Dirigaten abgeliefert hat und dem man höchstens die anfangs schon erwähnte „Auslassungssünde“ ankreiden könnte.
Auch von den früher oftmals gegen Karajan erhobenen Vorwürfen des puren Schönklangs ist hier nichts zu verspüren, die Dissonanzensteigerungen im Kopfsatz und in der Marcia sind durchdringend und unter die Haut gehend. Das habe ich so oder so ähnlich nur noch von Günter Wand gehört.
Was nun die Berliner Philharmoniker betrifft, so gehört die Eroica auch sicherlich zum Besten, was sie jemals aufgenommen haben, egal, unter welchem Dirigenten.
Vor Jahrzehnten habe ich einmal von einem Kritiker gelesen, Karajan habe die große Hörner-Variation am Ende des Finales, kurz vor der auch hier wieder sensationell gespielten Coda , zu langsam genommen, das sei kein Adagio, sondern ein Largo. Ich habe das damals geglaubt, aber mittlerweile bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass es genau so gespielt gehört, weil das gleiche Gänsehautgefühl, das mich bei Karajan überkommt, auch bei einigen anderen Dirigenten, z. Celi und Giulini, überkommen hat.
Beinahe überflüssig zu erwähnen, dass aus einer derart heroisch ausgeführten Variation die alles fortreißende Coda besonders explosiv wirkt, wie ein Siegestaumel.
Liebe Grüße
Willi