Erkki Melartin- der Gustav Mahler Finnlands?

  • Erkki Gustav Melartin (1875 -1937) war ein finnischer Komponist und Dirigent.


    Im Rahmen unserer Threads über nordische Komponisten und das relativ große Interesse, welches Sibelius im Forum hervorgerufen hat habe ich mich entschlossen, Melartin einen Thread zu widmen. Gerne würde ich die Einzelnen Segmente in verschiedenen Threads placieren – aber vermutlich reicht das vorhanden Tonmaterial – und vielleicht auch das Interesse (letzteres wird sich zeigen) nicht aus. So gesehen begnügen wir uns fürs erste mit diesem Universalthread. Da haben wir den einschlägigen Lexika und Musiklexika in der Tat einiges voraus: Der Harenberg Konzerführer (er ruhe selig) hält beispielsweise eine Erwähnung Melartins für nicht notwendig. Das gleiche gilt für Metzlers 4 bändiges „Großes Musiklexikon (1996 – ca 3200 Seiten), und auch die 24 Bände umfassende Brockhaus Enzyklopädie verschweigt seine Existenz.
    Da ergibt sich daraus zwangsläufig die Frage: Wie bedeutend war dieser Komponist ? (er hat mich zum gestern gestarteten Thread über die bedeutenden und weniger Bedeutenden Komponisten angeregt)


    Auf der Seite von http://www.finnland-institut.de finden wir indes die Aussage:


    Zitat

    Erkki Melartin gehörte zu den unbestrittenen Autoritäten des finnischen Musiklebens seiner Zeit.


    Melartins Lebenslauf findet sich sowohl auf Wikipedia, als auch auf der offen angeführten Website des Finnlands institius, sodaß ich mich nur auf sein Wirken als Komponist beschränke. Er studierte einige Jahre in Helsinki, bevor er sich als Privatschüler zu Robert Fuchs nach Wien begab.
    Melartin war ein überaus fruchtbare Komponist mit über 200 Werken, 189 mit Opuszahl und – wenn ich nicht irre 17 unnummereierte . Er schrieb zahllose kleinere Werke, Klavierstücke, Lieder , eine Oper, und Konzerte.
    Besonders bemerkenswert sind seine 6 Sinfonien , die von ihm angestrebte magische Marke neun hat er trotz heftigster Bemühungen nicht mehr erreicht.



    Diese 6 Sinfonien sind immerhin dank des Labels ONDINE verfügbar. Inwieweit sie- wie gelegentlich behauptet wird, Einflüsse von Sibelius (in dessen Schatten er steht) und Mahler aufweisen, diese Beurteilung überlasse ich den geschätzten Forianern. Es lässt sich auch nicht so pauschal abhandeln, da die Sinfonien teilweise recht unterschiedliche Stile aufweisen und einige davon sogar ein Programm haben….


    Daher bitte ich, wenn möglich gehörte Sinfonien EINZELN zu beschreiben


    Das Violinkonzert op 60 war zu Lebzeiten Melartins ein ausgesprochener Renner. Das wird einen kaum wundern, wenn man in die Tonschnippsel hineingehört hat. Während sich die Sinfonien (darüber später mehr) bereits in meinem Besitz befinden wird das Violinkonzert erst heute von mir bestellt....


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Nach mehrmaligem Abhören der ersten beiden Sinfonien (1902 und 1904) Melartins habe ich mir ein grobes Bild gemacht.
    Das bezieht sich allerdings vorerst auf das Jugendwerk. Mag sein, dass sich sein Stil im Laufe der Jahre geändert hat - ja es ist sogar ziemlich wahrscheinlich, daß das so ist. Natürlich hätte ich mit dem Schreiben des Threads und seiner Beiträge warten können, bis ich alles gehört habe, aber es ginge dann eine Menge "erster Eindrücke" und zahlreiche Details verloren, das Urteil wäre eher pauschalisierend.
    Der Einruck, den ich von den beiden ersten Sinfonien hatte war, daß Melartin eine Vorliebe für bombastische oder aber düstere Einleitungen hat. Beide Sinfonien sind absolut tonal, Ich konnte wenige länger verweilende Themen eruieren (war durchaus an mir liegen mag) Melartins Stärke liegt eher in der Klangfarbenmalerei und einer effektvollen Instrumentation, er wechselt innerhalb der Sätze oft die Stimmung, von unterschwellig düster drohend (oder vielleicht "tiefsinnig") bis hin zu "übermütig, trivial". An manchen Stellen - vorzugsweise den lyrischen - erinnert mich die Stimmung unterschwellig an Dvorak (neue Welt).
    Über Mahler- und Sibeliusnähe werde ich (oder vielleicht jemand anderer) schreiben, wenn der Thread weiter gediehen ist, bzw. ich weitere Sinfonien gehört habe...


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Nun bin ich bei der dritten Sinfonie angelangt, welche den Stil der ersten beiden im Wesentlichen fortsetzt.
    Wuchtig, mit abgrundtiefen Bässen, Bombastisch und effektvoll, gelegentlich sehr düster, aber stets durch "schmissige, fast volkstümliche Themen" aufgelockert, sogar eine Art Tarantella vermeinte ich in der dritten Sinfonie zu vernehmen. Prächtige Fanfaren - manchen werde sie an Bruckner erinneren, ich meine jedoch daß Melartin sie völlig anders aufgebaut hat.
    Im zweiten Satz fühlte ich mich plötzlich an Mahlers Thema "Jägers Leichenbegängnis" aus der 1. Sinfonie erinnert...- also doch (gelegentlich) Anklänge an Mahler ?


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Seit einigen Tagen ist das Violinkonzert op 60 in meiner Sammlung vertreten. (Abbildung und Link zu Hörproben befinden sich im Eröffnungsbeitrag..)
    Es wurde 1913 vollendet, nachdem Melartin 3 Jahre daran gearbetet hatte.
    1930 hat er es überarbeitet und es wurde mit großem Erfolg aufgeführt. Allerdings geriet es nach kurzer Zeit in Vergessenheit - es gab weder Aufführungen, noch Schallplatteneinspielungen - und wurde erst 1997 wieder durch John Storgards, den Solisten der vorliegenden Aufnahme der Vergessenheit entrissen.
    Es ist im wesentlichen romantisch, wobei im Booklet auf einen volkstümlichen karelischen Grundton hingewiesen wird, was ich mangels an Kenntnis der karelischen Volksmusik natürlich weder verneinen noch bestätigen kann. Mir stellt sich das Konzert als leicht rückwärtsgewandes, effektvolles Stück dar, wo bombastische Stellen sich mit lyrischen abwechseln. Die im Booklet behauptete Schwermut im 1. Satz kann ich nicht nachvollziehen, wenn melancholisch, dann süsslich melancholisch.
    Mein persönlicher Favorit ist der beschwingte, fröhliche 3. Satz (Allegro molto Vivace) Wie dem auch sei: Ein Werk welches man im Konzertsaal hören sollte


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Nachdem ich die ersten beiden Symphonien gerade gehört habe, finde ich die Frage, die am Thread Anfang steht nicht ganz unberechtigt. Die Musik erinnert an einigen Stellen schon ein wenig an Mahler, ich höre aber auch viel Sibelius, ein wenig Bruckner und auch Ernest Bloch und Josef Suk kommen mir in den Sinn. Natürlich fehlen seinen Symphonien die gewaltige Perspektive, die z.B. Mahler aufspannt, sie sind ja nur zwischen 30 und 45 Minuten lang. Da die sechs Symphonien zwischen 1902 und 1924 komponiert wurden, war er aber durchaus auch auf der Höhe seiner Zeit oder jedenfalls nicht weit davon weg, denn die späteren Werke sollen sogar Anklänge an den Expressionismus zeigen.


    Ich finde Sie auf alle Fälle hörenswert und ich finde sie verdienen anbetracht der gefühlten 101 Gesamtaufnahmen von Mahlers Symphonien und der mindestens 21 von Sibelius mehr als eine Einspielung, für die man aber auch schon dankbar ist

  • Einen recht deutlichen Schritt in die Moderne geht die sechste Sinfonie. Sie erscheint mir insgesamt eher klassizistisch, dabei teilweise sehr dunkel getönt, in den Mittelsätzen dann mit auffälliger Pentatonik im Stil der musikalischen Chinoiserien der Jahrhundertwende, wobei das Werk 1925 entstand. Für meinen Geschmack von allen seinen Sinfonien die markanteste.

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

    Einmal editiert, zuletzt von WolfgangZ ()

  • Ich habe soeben - angeregt durch aufkeimendes Interesse an dem Thread - die 4. Sinfonie (Sommer-Sinfonie) gehört.
    Sie ist - bis heute - Melartins beliebteste Sinfonie. Schon ihre Uraufführung (1912) war ein Triumph und provozierte einen Zweischenapplaus nach dem langsamen 3. Satz, welcher Vokalismen enthält. Es wird hier der "Finnische Sommerchoral" zitiert (den ich natürlich nicht kenne). Die Kritik überschlug sich vor Lobeshymnen. Das Werk war bei seinem Erscheinen wesentlich erfolgreicher als die kaum vorher veröffentlichte 4. Sinfonie von Sibelius.
    Im Rahmen einer Deutschlandreise dirigierte Melartin am 9.11.1923 eine Aufführung seiner 4. Sinfonie durch die Berliner Philharmoniker.
    Ich selber fand die Sinfonie durchaus hörenswert, allerdings würde ich sie nicht gegen über den vorhergehenden bevorzugen.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    clck 311

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich habe soeben - angeregt durch aufkeimendes Interesse an dem Thread - die 4. Sinfonie (Sommer-Sinfonie) gehört.

    Ja, lieber Alfred, da haben wir zeitgleich das gleiche Stück gehört und ich habe mich auch gerade hingesetzt, um eine kurze Charakteristik zu formulieren. Das ist ja wirklich ein sehr sommerliches Stück, weitestgehend unbeschwert und fröhlich. Schon zwei Jahre später verdunkelte sich der Himmel in Europa und es war nicht mehr möglich so eine Musik völlig ohne tragischen Unterton zu schreiben. Diese Vokalisen im 3. Satz haben mich natürlich gleich an Nielsens 3. und Alfvens 4. denken lassen. Die von Nielsen wurde 1910/11 geschrieben und ich bin mir sicher, dass sie Melartin dann auch gekannt hat. Alfvens 4. ist erst Ende des Jahrzehnts entstanden. Das Thema des Schlußsatzes erinnert mich stark an das aus Sibelius Karelia Suite, aber die beiden Komponisten haben ja aus ähnlichen Quellen geschöpft. Ich finde, diese Symphonie hat verdient öfter einmal gespielt zu werden.

  • Die Vierte werde ich heute auch ein - wahrscheinlich - drittes Mal anhören. Die Vokalisen erinnern in der Tat an Nielsen (Alfvens Vierte kenne ich noch nicht.), allerdings erscheinen sie mir bei Melartin stärker strukturprägend.


    :hello: Wolfgang

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  • Schön! Ich hatte die Vierte als weniger attraktiv in Erinnerung. Das ist natürlich keine problembeladene Musik wie die Sinfonik von Sibelius und es wird auch nicht die atmosphärische Dichte des französischen Impressionismus bereitgehalten.


    Aber es ist klangvoller Optimismus, recht farbig instrumentiert, in der Tat eine "Sommermusik" - am ehesten würde ich Parallelen ziehen zu dem Schweden Wilhelm Peterson-Berger und etwa seiner vierten Sinfonie "Holmia". Gustav Mahler käme mir allerdings nicht in den Sinn, um ehrlich zu sein.


    Und dass hier der gleiche Komponist am Werk ist wie in seiner Sechsten, überrascht mich auch.



    :hello: Wolfgang

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  • Gustav Mahler käme mir allerdings nicht in den Sinn, um ehrlich zu sein.

    Bei diesem Werk ganz sicher nicht, denn das erinnert eher an die Musik, die eine Generation früher komponiert wurde, z.B. Raff oder einige russische Komponisten. Aber in den ersten beiden gibt es schon Passagen, die an Mahler erinnern, aber eben nur Passagen, die ganze Konzeption der Symphonien ist natürlich nicht vergleichbar.


    An Peterson-Berger habe ich auch gedacht, hätte doch auch einmal einen Thread verdient.

  • Wenn man die 5. Symphonie (Sinfonia brevis, aber mit immerhin 32 min) von Melartin hört, wird sogleich klar, woher die Bezeichnung "Gustav Mahler Finnlands" kommt. In dieser 1916 geschriebenen Symphonie herrscht erwartungsgemäß ein völlig anderer Tonfall als in der unbeschwerten 4. von 1912. Und es mahlert an jeder Ecke und in jedem Winkel. An vielen Stellen sind wir kurz vor dem direkten Zitat. Ich kenne keine andere Symphonie, die sich so eng an Mahler anlehnt. Die Nähe zu Mahler ist insofern auch nicht weiter verwunderlich, da Melartin von 1898 bis 1901 in Wien studiert hat und vermutlich Aufführungen von Mahlers Musik beiwohnen konnte. Auch hat er als einer der ersten Mahler in seinem Heimatland dirigiert, er war von 1908 bis 1911 Dirigent des Orchesters von Viborg. Bisher gefällt mir diese Symphonie am besten, ich kenne aber 3 und 6 noch nicht. Jedenfalls sollte die hier öfters mal auf dem Programm stehen und es wäre sicher einmal reizvoll, sie im Konzert einer der kürzeren Mahlersymphonien gegenüber zu stellen.


    Eine lesenswerte detaillierte Beschreibung aller Melartinsymphonien auf Englisch findet man hier


    Melartin

  • Die Sinfonien Nr 5 und 6 habe ich bis jetzt noch nicht gehört - Wolfgangs Bemerkung - "ein Deutlicher Schritt in Richtung Moderne" ist hier mein persönliches Stoppschild. Aber dennoch - Die Werke sind in meiner Sammlung - und werden infolgedessen auch gehört.


    An Peterson-Berger habe ich auch gedacht, hätte doch auch einmal einen Thread verdient.



    Komponist ohne Chance - Wilhelm Olaf Peterson- Berger - die Sinfonien


    Bitte sehr - Sie wünschen - wir spielen ;)


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Wolfgangs Bemerkung - "ein Deutlicher Schritt in Richtung Moderne" ist hier mein persönliches Stoppschild.


    Ich bin mir eigentlich sicher, dass Du absolut keine Hörprobleme damit haben wirst, Alfred. Du magst selbst urteilen.


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Wolfgangs Bemerkung - "ein Deutlicher Schritt in Richtung Moderne" ist hier mein persönliches Stoppschild.

    Also, wenn ich bei Melartins 5. von deutlichen Mahler Einflüssen rede, meine ich die Symphonien 1-4 von Mahler. Wenn Du mit denen kein Problem hast, dann mit Melartin 5 auch nicht.

  • Also - ich habe die Sinfonie jetzt gehört. In der Tat hatte ich keine "Schwierigkeiten" mit ihr, sie ist aber "unruhiger" und dramatischer als ihre Vorgänger. Besonders beeindruckend ist, wenn dann stellenweise wirklich idyllische Ruhe einkehrt. Mag sein, daß ich das nur heute so empfunden habe, aber die Sinfonie ist mit zahlreichen Dynamik- und Stimmungssprüngen versehen und in letzter Konsequenz sehr beeindruckend. Sie ist aber - zumindest meiner Meinung nach - derart komplex, daß man sich nach einmaligem Hören noch kein wirkliches Bild machen kann. 2 weitere Hörsitzungen halte ich für eine Vorbedingung um das Werk besser auszuloten und als "gehört" abzuhaken.
    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Inzwischen habe ich auch diese beiden Symphonien gehört, die 3. bereits zweimal. Und ich bin weiterhin stark beeindruckt. Die dritte erinnert vielleicht am ehesten an Sibelius, ohne, dass ich den Vergleich überstrapazieren möchte. Sagen wir, jemand, der Sibelius mag, wird auch diese hier mögen (Ich hoffe, teleton, Du liest das! Vor der nächsten Sibelius Gesamteinspielung ist erst einmal Melartin dran!). Der Tonfall ist weitgehend optimistisch und alle vier Sätze bieten substantielle Musik. Der Schlusssatz ist kein Allegro, sondern ein sehr schönes Largo mit einem gehörigen Schuss Tschaikowsky. Ein kleines Meisterwerk ist diese Symphonie m.E. nach.


    Die 6. von 1925 ist dann tatsächlich in einem deutlich modernen Tonfall gehalten als die vorangegangenen, also Mahler 6 oder 7 und auch deutlich darüber hinaus, vor allem im ersten Satz, einem düsteren Trauermarsch. Das erinnert fast an Kreneks frühe Symphonien oder auch Havergal Brians 8. Die wurde aber erst 25 Jahre später komponiert. Das Andante ist dann wesentlich gemäßigter, Ralph Vaughan Williams wäre hier als Einfluss zu nennen (seine 3. ist von 1921). Das Scherzo ist auch vom Tonfall her moderner als die ersten Symphonien, mit leicht chinesischem Einfluss (Turandot-Premiere 1926). Und das Finale ist ein beeindruckender Abschluss eines gewichtigen symphonischen Oeuvres.


    Fazit: Mit Erkki Melartin gibt es einen bisher völlig vernachlässigten Komponisten zu entdecken, der vielleicht nicht einen so eindeutigen Personalstil entwickelt hat wie Mahler, Sibelius, Nielsen oder Ralph Vaughan Williams. Aber unter Verwendung all dieser Einflüsse hat er eine Reihe von symphonischen Werken geschaffen, die kennen zu lernen, außerordentlich reizvoll ist. Und die eine oder andere zumindest seiner letzten vier Symphonien wird in Zukunft bei mir immer wieder auf dem Plattenteller landen. Ich bin mir sicher, dass ich diese nach drei, viermaligen Hören auch immer wiedererkennen werde, und das ist ein Zeichen von guter Musik.


    Die 3-Box von Ondine gibt es immer noch zu bestellen, wenn die vergriffen ist, gibt es keine einzige Symphonie von Melartin mehr zu kaufen, es ist die einzige existente. Insofern kann ich allen potentiellen Interessenten nur raten, sie JETZT zu bestellen.


    An den Aufnahmen mit dem Tampere Philharmonic Orchestra unter Leonid Grin gibt es nichts auszusetzen. Ob man die eine oder andere Symphonie noch effektiver dirigieren kann, wissen wir erst, wenn andere Dirigenten sich hier heranwagen.


    Ich werde mich jetzt u.a. der Klaviermusik von Melartin zuwenden, seit zwei Jahren steht eine Doppel-CD von Maria Lettberg im Regal, die noch versiegelt ist. Das ist die junge Pianistin, die als Debut eine vielbeachtete Gesamtaufnahme der Klaviermusik von Scriabin vorgelegt hat. Die Melartin-Einspielung wird bei dem Werbepartner mit mehreren überaus positiven Rezensionen angepriesen. Ich bin gespannt.


  • Melartin hat nicht nur Orchesterwerke, sondern auch u.a. vier Streichquartette geschrieben. Diese habe ich heute im Internet gehört. Es ist schade, dass ich diese Musik käuflich nicht erwerben kann, zumindest gelingt es mir nicht. Ich werde mir dies alles noch ein paar mal anhören, da ich bei dieser Musik diesen Unterton der "nordischen Weite", was eventuell aber auch eingebildet sein kann, empfinde und mag.


    Ich kann mir aber gut vorstellen, dass diese Musik in Orchesterfarben noch besser wirkt, weshalb es sich wohl lohnt, mich auch nun den Orchesterwerken zuzuwenden.


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)


  • Ich möchte hier auch einmal auf Melartins Oper "Aino" von 1909 verweisen, die ich jetzt zumindest auszugsweise kenne. Diese basiert auf dem finnischen Nationalepos Kalevala (der Komponist spricht von einem "Kalevala-Mysterienspiel") und stellt "den bemerkenswertesten Beitrag (post-)wagnerianischen Denkens in der finnischen Musik" (Veijo Murtomäki) dar. Der Einsatz von Leitmotiven erinnert tatsächlich an Wagner. Es gibt Querverweise zu diversen Opern des Bayreuther Meisters. Der Meerjungfrauenchor ganz am Ende hat bspw. Züge vom Anfang des "Rheingolds". Insgesamt handelt es sich um eine der bedeutendsten finnischen Opern überhaupt.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões