Beethoven: Klaviertrio Op.1/1, Es-Dur

  • Principium principiorum: diese sind die allerersten Werke, die Beethoven 1795 zur Publikation freigab! Beethovens Opus 1 besteht aus drei Klaviertrios, Es-Dur, G-Dur und c-Moll. Selbstverständlich sind diese bereits in Wien komponierten Werke (zwischen 1793 und 1795) keineswegs Beethovens erste Kompositionen, ja nicht einmal seine ersten Klaviertrios! Noch in Bonn schrieb er ein wunderschönes dreisätziges Trio, ebenfalls in Es-Dur, welches unter der Werkkatalognummer WoO38 geführt wird. Dennoch, gleich beim ersten Blick auf den Aufbau der drei Op. 1 Trios fällt die wichtigste Neuerung Beethovens ins Auge: die Werke sind viersätzig. Obwohl bereits Mozart in seinen Klaviertrios vom Typus der begleiteten Klaviersonate abwich, folgt ihm Beethoven nicht nur in diesem Punkt, sondern er erweitert seine Trios auch um einen Tanzsatz. Es ist ganz offensichtlich, dass Beethoven damit der Gattung Klaviertrio ein ähnliches Gewicht zusprach wie dem Streichquartett. Ich halte es durchaus für wahrscheinlich, dass Beethoven in seinen ersten Wiener Jahren Haydn noch in dessen ureigenstem Kompetenzbereich aus dem Weg gehen wollte und sich das Klaviertrio wählte, um Furore zu machen. Und das ist gelungen! Alle drei Trios sind Meisterwerke reinsten Wassers und verdienen daher auch getrennte Threads. In diesem Thread wird vom ersten der Gruppe, dem Trio in Es-Dur, die Rede sein.
    Der erste Satz (Allegro) ist ein ausladender, meisterhaft konzipierter Satz, in der Art, wie wir sie auch aus Beethovens ersten publizierten Klaviersonaten Op. 2 kennen. Und was mich immer wieder erstaunt: der ganze Beethoven ist bereits da! Abschnittweise erinnern die Figurationen im Klavier, z.B. lang gehaltene Triller und schnelle Passagen ohne Dämpfer, an das 20 Jahre später geschriebene "Erzherzog"-Trio in B-Dur (Op. 97). Der zweite Satz (Adagio cantabile) ist einer jener wunderschönen Beethoven'schen Adagios, die sich nie abnutzen. Im Ausdruck und in seinen Dimensionen geht dieser Satz weit über das hinaus, was wir bei Mozart und Haydn in diesem Genre finden und man fühlt wieder jene Aura, die man sonst nur in den Streichquartetten Haydns und Mozarts (und natürlich Beethovens später komponierten Streichquartetten) hört. Ich sehe das als weiteren Hinweis dafür, dass Beethoven das Klaviertrio zu einer neuen Bedeutung führen wollte. Das Thema des dritten Satzes, des Scherzos, erinnert sehr stark an des Scherzo in Schuberts Es-Dur Trio Op. 100 (fast identische Tonfolge und die selbe Rhytmisierung) und auch im weiteren Verlauf des Satzes fühlt man sichimmer wieder an Schuberts geniales Op. 100 erinnert. Der vierte Satz hat zunächst einen etwas Divertimento-ähnlichen Charakter mit einem schalkhaften zweiten Thema und erinnert an Haydn, doch - wie könnte es anders sein - in der Durchführung kommt die Beethoven'sche Pranke zum Vorschein. Insgesamt ein perfekt proportionierter, spielfreudiger Satz.


    Mir liegen drei Einspielungen vor:


    Vom Florestan-Trio (9:25/6:47/4:39/7:12)


    Vom Beaux-Arts Trio (10:08/9:26/4:47/6:09)


    Und von Barenboim, Zukerman und du Pré (7:24/9:12/5:44/6:23)



    Die Spielzeiten sind etwas verwirrend, denn die Florestans spielen eindeutig am schnellsten aber beachten die Wiederholungen im ersten und vierten Satz. Prinzipiell liegt mir die Spielweise des Florestan-Trios am meisten, da sie nicht allzu viel romantische "Schwere" hineinbringen (wie Barenboim und Co.) aber trotzdem ordentlich anpacken. Als Wermutstropfen muss man aber leider ihren langsamen Satz sehen, welchen sie fast drei Minuten schneller spielen als das Beaux-Arts Trio und Barenboim/Zukerman/du Pré. Somit wird aus dem Adagio ein Andante, d.h. ein Satz mit ganz anderem Ausdruck. Meinem Gefühl nach gehört der Satz aber so langsam und ausdrucksvoll gespielt wie das Beaux Arts Trio das macht. Am besten beide Interpretationen kaufen, es handelt sich schließlich um ein Meisterwerk aus Beethovens Feder!

  • Für BEETHOVEN's Klaviertrio op. 1,1 ist für mich unter den vielen Einspielungen nach wie vor die RCA Red Seal - Aufnahme mit JACOB LATEINER, JASCHA HEIFETZ und GREGOR PIATIGORSKY das absolute Nunplusultra. Diese 3 großen Künstler spielen nicht nur auf allerhöchstem technischen Niveau, sondern auch ihr Zusammenspiel ist exemplarisch. JACOB LATEINER, damals in den USA auch Mr. BEETHOVEN genannt und nach ARTUR SCHNABEL dort lange Zeit als der BEETHOVEN-Interpret par excellance betrachtet, wurde sehr bekannt durch seine berühmten Kammerkonzerte mit JASCHA HEIFETZ und GREGOR PIATIGORSKY, mit denen er auch vor allem Trios von SCHUBERT und BRAHMS spielte. Auch als Konzertpianist trat er mit vielen großen Orchestern und Dirigenten auf. Zum Beispiel nahm er mit dem BOSTON SYMPHONY ORCHESTRA unter ERICH LEINSDORF auch das für ihn geschriebene, extrem schwierige CARTER-Konzert auf. Sein stets äußerst kontrolliertes, ausgefeiltes und schlankes Spiel verdient auch heute noch Bewunderung, und bei der Interpretation dieses Klaviertrios hat JACOB LATEINER in HEIFETZ und PIATIGORSKY nicht nur geniale, sondern auch kongeniale Trio-Kollegen.


    Nur schade, daß es diese Aufnahme derzeit wohl nicht als CD auf dem Markt gibt.


    Gruß


    wok



  • Den von Felix geposteten Vergleich habe ich mit den zugänglichen Ausschnitten versucht nachzuvollziehen und bin zu dem vorläufigen Ergebnis gekommen, dass mir für dieses Stück das Florestan-Trio am besten gefällt. Die Streicher (besonders auffallend die erste Geige) überzeugen durch eine ausdrucksorientierte, flexible und varierte Tongebung in Dynamik und Vibratoeinsatz, die Phrasierungen des Gesamtensembles erscheint mir besonders schlüssig zu klingen.
    Beim Beaux-Arts-Trio spielt der Pianist ziemlich ausdrucksvoll, allerdings ist mir hier der Gesamteindruck mit der musikalisch besonders sinnhaften Phrasierung aller Beteiligten wichtiger, weshalb ich die Hyperion-Aufnahme noch schöner finde.


    Die alte Emi-Aufnahme mit Barenboim etc. hingegen konnte mich in den angesprochenen Aspekten und im Vergleich nicht so recht überzeugen.
    Ob nicht auch die Hyperion-Einspielung klangtechnisch auf dem neuesten Stand ist, kann ich nur vermuten, aber ich nehme es angesichts dessen, was hier auf dem Kopfhörer ankam, fast an.



    Gruss
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Den von Felix geposteten Vergleich habe ich mit den zugänglichen Ausschnitten versucht nachzuvollziehen und bin zu dem vorläufigen Ergebnis gekommen, dass mir für dieses Stück das Florestan-Trio am besten gefällt.

    Ich gehe mit Deiner Einschätzung völlig konform! Zwar spielt das Florestan-Trio auf modernen Instrumenten aber sie lassen offensichtlich zahlreiche Erkenntnisse über die historische Spielweise in Ihre Interpretation miteinfließen. Ganz deutlich ist das auch bei ihren Haydn-Aufnahmen zu hören. Ich möchte noch nicht zu viel verraten (ich plane alle Beethoven-Trios zu besprechen), aber nicht nur bei diesem Trio und dem von mir unlängst besprochenen Op. 70/2 (Beethoven Klaviertrio Op. 70/2, Es-Dur) haben die Florestans eindeutig die Nase vorn. Für diese gut erschwingliche Box kann ich die allerverbindlichste Kaufempfehlung aussprechen:




    Das Solisten-Trio um Barenboim halte auch ich für die schlechteste Alternative, allerdings überzeugen mich bei Beethoven auch die Beaux-Arts weniger als sonst. Beim romantischen Repertoire - aber kurioserweise auch bei Haydn - bin ich ein großer Fan dieser Formation.

  • Nur schade, daß es diese Aufnahme derzeit wohl nicht als CD auf dem Markt gibt.


    Lieber Wok,


    gibt es vielleicht eine historische Aufnahme, die noch erhältlich ist und die du empfehlen würdest? Ich hätte nämlich noch Interesse an einer wirklich historischen Einspielung, da ich z.B. die Beethovenaufnahmen des Budapester Streichquartetts (frühe 50er-Jahre) sehr schätze.

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  • hallo,


    ich besitze nur eine aufnahme der klaviertrios, ich bin damit zufrieden, sie ist eher auf der romatischen seite, aber durchaus transparent und die aufnahmequalität ist gut



    gruss


    kalli

  • Hallo Felix,


    Ich habe nun tatsächlich bei amazon dieses BEETHOVEN Klaviertrio Nr. 1,1 als CD gefunden, auf der zwar HEIFETZ auf dem Front-Cover herausgestellt wird mit Werken von MOZART (Violinkonzert Nr. 4), VIVALDI (Konzert für Violine, Violoncello + Orchester), und eben mit unserem BEETHOVEN Klaviertrio Nr. 1,1, aber letzteres wird eben in meiner Lieblingsbesetzung mit JACOB LATEINER und GREGOR PIATIGORSKY gespielt.. Die Asin-Nr. ist B000003FJ5 und der Preis ist 15 €. Ich gehe davon aus, daß dieses Klaviertrio exakt die gleiche Einspielung ist wie meine Stereo LP-Aufnahme.



    Ich hoffe, Dir mit dieser Informatiion weitergeholfen zu haben.


    Viele Grüße aus dem heute stürmischen und regnerischen Málaga!


    wok

  • Lieber Felix,


    Dies war die schnellste Antwort, die ich jemals erhielt! Und dann noch in perfektem Spanisch! Chapeau!


    Gruß


    wok

  • Lieber Felix


    Was hast Du mir da angetan ! ;) Lange lagen die Klaviertrios von Beethoven friedlich und ruhig im Archiv und waren vergessen, gekauft habe ich sie vermutlich vor 17 oder 18 Jahren - einer Zeit, da ich Kammermusik nicht besonders schätzte - mir aber ein Bild davon machen wollte. Dementsprechend schaut auch die getroffene Wahl aus - ich nahm die günstige Naxos Version. (Man traut sich das fast gar nicht hier schreiben :stumm: )
    Heute habe ich mir das hier besprochene Klaviertrio op.1 Nr 1 bewusst angehört, und bin zu dem Schluss gekommen, dass meine damalige Wahl gar nicht so schlecht war. Das Stuttgarter Klaviertrio spielt klangschön und ausgewogen - ob das an der Interpretation oder an der "Unzerstörbarkeit" des Werkes liegt weiss ich noch nicht.
    Ich kann mir vorstellen, daß mancher hier im Forum sie als "zu brav, zu domestiziert" empfindet (?). Ob das der Fall ist werde ich feststellen, wenn ich Alternativen gehört habe, ich habe mir heute eine Alternativaufnahme mit dem Haydn Trio Eisenstadt (hier sehr geschätzt- aber seit 2011 aufgelöst - und unter anderem Namen mit leicht veränderter Besetzung neu gegründet) gekauft und bin gespannt auf allfällige Unterschiede. Ungeachtet dessen steht nach kurzem Hineinhören die Box mit dem Florestan Trio seit heute auf meiner Wunschliste...


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Lieber Alfred,


    ich kann Deine Bedenken weitgehend zerstreuen! Zwar habe ich nicht die Beethoven Trios 1-4 vom Stuttgarter Klaviertrio, aber die Trios, die ich habe, sind sehr gut eingespielt. In meiner Besprechung zum Trio Op. 70/2 erwähne ich die Stuttgarter auch. Meiner Meinung nach sind diese Interpretationen denen des Beaux Arts Trios vorzuziehen (von Barenboim und Freunden ganz zu schweigen). Das Florestan-Trio ist hingegen wieder eine andere Geschichte: ich halte diese Formation zur Zeit für die beste weltweit.

  • Ich habe auf Woks Empfehlung hin, die Aufnahme von Heifetz, Piatigorsky und Lateiner geordert (nicht zu dem Preis, der jetzt angegeben ist!):


    Bezüglich des Klavierspiels von Jacob Lateiner, kann ich Wok nur beipflichten! Wirklich hervorragend und genauso, wie ich es mir für die Klaviertrios von Beethoven wünsche: glasklar und etwas trocken. Leider haben mich die Streicherparts weniger beeindruckt, was allerdings auch an der Aufnahmetechnik liegen könnte. Man hört die Streicher abschnittsweise kaum, vor allem das Cello ist sehr leise. Prinzipiell halten sich Heifetz und Piatigorsky an die "trockene" Spielweise Lateiners, auch wenn sie natürlich eine damals übliche romantische Tongebung pflegen (viel Vibrato). Trotzdem, wie sehr sie sich zurückhalten kann man an der Händelschen Passacaglia, einer Transkription von Cembalo auf Geige und Cello, hören. Was hier an Portamento und Vibrato gespielt wird, ist kaum zu glauben. Der arme Händel wird zu einem Tschaikowsky umgemodelt.

  • Ich dachte, ich hätte das neulich schon mal hier geschrieben. (Habe gerade nicht so viel Zeit und war in den letzten Wochen unterwegs.) Den Ausnahmerang dieser Heifetz-Trio-Aufnahme kann ich ebenfalls nicht nachvollziehen. Für 1960 mag das ein ungewöhnlich "drahtiger", klassizistischer Zugang gewesen sein; nach 30 Jahren HIP u.a. ist das nicht mehr so ungewöhnlich und insgesamt finde ich das Ganze, auch klanglich, etwas trocken.
    (Von Trioproben/-aufnahmen mit Heifetz ist angeblich überliefert: "The balance is all wrong, I can still hear the 'cello!")

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Hallo Felix,


    Es freut mich, daß auch Du Dich für JACOB LATEINER's BEETHOVEN-Spiel im Trio op. 1,1 ähnlich begeistern kannst. Tatsächlich war LATEINER ein BEETHOVEN-Interpret von hohen Graden. Er war technisch wie musikalisch nahezu vollkommen. In diesem Trio ist er mehr oder weniger tonangebend, und die so berühmten Instrumentalisten HEIFETZ und PIATIGORSKY passen sich dem schlanken, schnörkellosen Spiel LATEINERs nicht nur an, sondern schon fast unter. Dennoch finde ich das in so vielen öffentlichen Konzerten praktizierte und bewährte Zusamenspiel der Drei überzeugend, wobei gewiß die Aufnahmetechnik nicht ebenso mitspielte. Etwas schade, daß das großartige Spiel von PIATIGORSKY deshalbnicht so zum Tragen kommt. Er galt in den USA lange Zeit als der "greatest and finest" Cellist seit CASALS. Er spielte im White House für Herbert Hover und für Franklin Roosevelt, und Olin Downes beschrieb in der New York Times sein Spiel wie folgt: "His tone is possessing, every sonority and shading - an organ fullness and virility; lyrical beauty and intensity in passages of sustained song; or fine-spun as silk in pianissimo measures of passages of rapid ornamentation . There seems no limit to the security and agility of the left hand or the power and a variety of result with which the bow was wielded... The sentiment is noble, the line classic, the sense of form always present. In a word, a great virtuoso, and a greater of artist".


    Was JASCHA HEIFETZ anbetrifft, so hat er das Vibrato mit einem anderen großen Geiger gemein, nämlich NORBERT BRAININ vom AMADEUS-QUARTETT, dessen große Geigenkunst und Musikalität zwar von jedermann hoch geschätzt war, der aber auch immer wieder wegen seines markanten Vibratos kritisiert wurde.


    Trotz der unbefriedigenden Aufnahmetechnik, die für mich weniger gravierend ist als die Interpretation selbst, halte ich diese Aufnahme - auch nach 30 Jahren HIP - nach wie vor für hochinteressant. Immerhin wurde diese Einspielung von 1963 auch mit dem Grammy durch die "NATIONAL ACADEMY OF RECORDING ARTS AND SCIENCES" ausgezeichnet.


    Meine LP enthält übrgens andere Werke als die der CD, also weder MOZART noch VIVALDI (Wie kommst du auf HÄNDEL?), sondern sie enthält noch HAYDN's Divertimento für Cello und Orchester, und RÓZSAs "Thema con variazioni". Zu der Interpretation der übrigen Werke auf der CD kann ich deshalb nichts sagen.


    Viele Grüße


    wok

  • Hallo Wok,


    Piatigorsky kannte ich bisher witzigerweise nur von einer Autobiographie her. Dieses Trio war das erste Stück Musik mit Piatigorsky, das ich gehört habe. Wie gesagt finde ich Lateiners Spiel hervorragend und für die damalige Zeit sicher ungewöhnlich modern. Das erkennt man schon daran, dass der langsame Satz ziemlich schnell gespielt wird.
    Auf der CD ist auch ein Stück von Händel, nämlich die Passacaglia aus seiner Cembalosuite in g-Moll, transkribiert für Geige und Cello. Das ganze soll wohl so eine Art Zugabe sein. Für mich ist es ein Kuriosum, denn ein pianistischeres Stück als diese Passacaglia ist gar nicht denkbar.
    Von Heifetz habe ich noch dies oder jenes. Besonders interessant ist eine Aufnahme des Mendelssohnschen Violinkonzerts 1944 unter Toscanini, dass er in einem absoluten Affentempo spielt. Nicht gerade meine Referenz aber interessant.

  • Die Transkription der Händel-Passacaglia war anscheinend in früheren Zeiten ziemlich beliebt. Es gibt mindestens noch eine weitere Heifetz-Aufnahme einer Fassung für Geige und Bratsche (mit Primrose).
    Die Misch-Masch-Zusammenstellungen der Heifetz-Edition-CDs finde ich auch suboptimal. Wobei es noch erheblich nervendere Beispiele gibt als Beethoven-Trio + Mozart-Konzert + Vivaldi + Händel.


    Ungeachtet mancher klanglicher Mängel (weniger bei besagter Aufnahme) und oft zu starker Heifetz-Dominanz finde ich eine ganze Reihe der Kammermusikaufnahmen mit Heifetz faszinierend. Typischerweise unromantisch bis zur Trockenheit, oft extrem zügige Tempi (das Schubert-Quintett müsste das schnellste sein, was ich je gehört habe), insgesamt jedenfalls ein Zugang, der andere Facetten hörbar macht.

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  • Die Transkription der Händel-Passacaglia war anscheinend in früheren Zeiten ziemlich beliebt. Es gibt mindestens noch eine weitere Heifetz-Aufnahme einer Fassung für Geige und Bratsche (mit Primrose).


    Ja stimmt, es wird im Booklet erwähnt, dass die Passacaglia ursprünglich für Geige und Viola gesetzt gewesen sei. Jedenfalls halte ich diese Transkription für vollkommen überflüssig. Andere Transkriptionen wie etwa das d-moll Cembalokonzert für Violine hingegen halte ich für einen großen Gewinn. Allerdings wird ja hier allgemeinhin nicht ausgeschlossen, dass es sich ursprünglich um ein Violinkonzert handelte.


    Bezüglich Heifetz stimme ich zu. Das Mendelssohn-Konzert unter Toscanini ist zwar irrwitzig, klingt aber gar nicht schlecht (Toscanini war allerdings angeblich "not amused").

  • Der Grund für solche Transkriptionen ist doch sicher, dass es wenig Musik für Violine+Viola bzw. Violine+Cello gibt, beides aber in der Hausmusik sehr häufig Kombinationen sein dürften. Wenn man sieht, was Heifetz sonst an dutzenden oder hunderten von Bearbeitungen und "Bonbons" (ein)gespielt hat, ist dieses Arrangement noch ein ziemlich seriöses...

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  • Der Grund für solche Transkriptionen ist doch sicher, dass es wenig Musik für Violine+Viola bzw. Violine+Cello gibt, beides aber in der Hausmusik sehr häufig Kombinationen sein dürften.

    Ja, da gibt es wenig: Michael Haydn, Mozart, Pleyel, Lachner - und dann wieder in der Moderne etwas. Meiner Meinung nach hat das aber einen Grund: die Kombination klingt nicht gut. Der Klang ist zu dünn, was durch eine gewisse hyperaktive Schreibweise versucht wird auszugleichen. Jedenfalls trifft das auf die Musik der Klassik und später zu. Der polyphone Barockstil scheint dem Schreiben für sogar nur ein Instrument wesentlich mehr entgegen zu kommen. Es hat schon einen Grund, weshalb sich schließlich das Streichquartett und das Klaviertrio durchgesetzt haben: 4 Stimmen.

  • Zitat von Felix Meritis

    Piatigorsky kannte ich bisher witzigerweise nur von einer Autobiographie her. Dieses Trio war das erste Stück Musik mit Piatigorsky, das ich gehört habe

    Hallo Felix,


    Man hat in der Musik natürlich seine Schwerpunkte, und möglicherweise steht bei Dir Cello-Musik nicht in allervorderster Reihe, obwohl natürlich in der Kammermusik, sprich im Streichtrio oder Quartett, ein guter Cellist das Salz in der Suppe sein kann.


    GREGOR PIATIGORSKY (1903 - 1976) war vor allem in den USA ein sehr berühmter und wirklich herausragender Cellist, doch leider gibt es heute von ihm, gemessen an seinen vielen vorzüglichen Einspielungen, viel zu wenig Aufnahmen im Handel - und mit diesem Schicksal befindet er sich in bester Gesellschaft mit dem heute ebenfalls viel zu sehr vernachlässigten spanischen Cellisten GASPAR CASSADÓ!!


    PIATIGORSKY war bereits mit 15 Jahren Solocellist an der Großen Oper in Moskau. Schon 1921 verließ er Rußland, und WILHELM FURTWÄNGLER engagierte 1925 den 23-Jährigen als Solocellisten an die BERLINER PHILHARMONIE. Ab 1929 begann er dann eine glänzende Karriere als Solist und trat in Europa Asien und seiner zweiten Heimat den USA auf. Frühzeitig erntete er großen Beifall mit seiner Interpretation von RICHARD STRAUSS's " Don Quixote" und dem DVORAK-KONZERT, das er auch in einer Schallplattenaufnahme mit seiner wunderbaren "Batta"-Stradivari spielte.



    Etwa 25 Komponisten schrieben für diesen gefeierten Solisten Werke, die er zur Aufführung brachte. Auch PROKOFIEFF's Cellokonzert op. 58 brachte er zur Uraufführung. U. a. komponierten auch ERNST BLOCH und Paul Hindemith für ihn. Als Solist spielte er unter fast allen großen Dirigenten seiner Zeit. Einen großen Teil seiner Kunst widmete er aber auch der Kammermusik, und allein mit HEIFETZ nahm er Kammermusikwerke auf 30 LPs auf!! In seiner Berliner Zeit bildete er mit ARTHUR SCHNABEL und CARL FLESCH ein berühmtes Trio, später konzertierte er mit BÉLA BARTÓK, SERGEJ RACHMANINOW RUDOLF FIRKUSNY, NATHAN MILSTEIN, JACOB LATEINER und anderen erstklassigen Solisten. Allgemeine Beachtung fand auch seine Autobiographie von 1965 "Cellist", die 1968 unter dem Titel "Mein Cello und ich" in deutsch erschien. Diese erwähnst Du ja auch in Deinem Beitrag.


    Harald Eggebrecht findet, daß in PIATIGORSKY's Spiel "der Glanz und die Wehmut, die Intelligenz, der Charme und das Gespür für das Poetisch-Deklamatorische in der Musik eines europäischen Weltmannes feinster alter Schule bewegend Ausdruck finden". Gerne würde ich noch mehr zu diesem außergewöhnlichen Künstler schreiben, doch werde ich mir nun doch allmählich gewahr, daß ich mich damit im falschen thread befinde! Schlußendlich kann ich nur jedem empfehlen, der Interesse und Freude am Cellospiel hat, sich in Zukunft vielleicht einmal mit dem so interessanten Cellovirtuosen und Menschen GREGOR PIATIGORSKY (und auch mit GASPAR CASSADÓ!!) etwas näher zu beschäftigen!.


    Viele Grüße


    wok

  • Hallo Felix,


    Man hat in der Musik natürlich seine Schwerpunkte, und möglicherweise steht bei Dir Cello-Musik nicht in allervorderster Reihe, obwohl natürlich in der Kammermusik, sprich im Streichtrio oder Quartett, ein guter Cellist das Salz in der Suppe sein kann.

    Hallo Wok,


    doch ich schätze das Cello sogar sehr. Allerdings ist mein Zugang zu Musik nicht so interpretenorinetiert wie bei Dir. Es kommt nur ganz selten vor, dass ich mich für einen Interpreten so begeistere, dass ich alles kaufe, was er einspielt. Der einzige, der mir einfiele, wäre Glenn Gould. Ansonsten orientiere ich mich fast ausschließlich am Komponisten oder der prinzipiellen Interpretationsweise (HIP oder nicht, etc...). Bezüglich der Cellisten der alten Schule kann ich sagen, dass mir das Spiel der jungen Generation meist mehr zusagt als das der alten Koryphäen (z.B. Anthony Le Roy, der zusammen mit Sandra Moubarak ganz hervorragende Einspielungen der Mendelssohn und Brahms Cellosonaten hingelegt hat). Für mich kann z.B. die eminente Bedeutung Pau Casals' bei der Etablierung der Bach'schen Cellosuiten gar nicht überschätzt werden, dennoch kenne ich einige Interpretationen, die mir mehr zusagen (z.B. von Heinrich Schiff). Trotzdem werde ich die Augen nach Piatigorsky offen halten.....


    Beste Grüße!

  • Zitat

    Felix Meritis:
    Hallo Wok,
    doch ich schätze das Cello sogar sehr. Allerdings ist mein Zugang zu Musik nicht so interpretenorinetiert wie bei Dir. Es kommt nur ganz selten vor, dass ich mich für einen Interpreten so begeistere, dass ich alles kaufe, was er einspielt. Der einzige, der mir einfiele, wäre Glenn Gould

    Hallo Felix,


    Ja, für mich ist die Interpretation sehr wichtig. Seit mehr als 50 Jahren beschäftige ich mich ziemlich intensiv mit Interpreten, und ich lege mir eine Aufnahme des von mir gewünschten Werkes erst dann zu, wenn ich die wichtigsen Einspielungen dieses Werkes entweder durch Konzertbesuche, überwiegend aber durch Rundfunk- oder TV-Sendungen verglichen habe. Ich besitze also durchaus nicht alle Einspielungen eines Interpreten, und kaufe mir noch nicht einmal von diesem ganze Boxen einer Musikgattung oder eines Komponisten, also keinesfalls alle Cello-Konzerte mit PIATIGORSKY. Z. B. ist mein Idealinterpret für das SCHUMANN Cello-KONZERT GASPAR CASSADÓ, oder für das HAYDN D-Dur Cellokonzert Nr. 2 ANDRÉ NAVARRA. Für BEETHOVEN's Klaviertrio Nr. 1,1 ist eben meine Idealbesetzung LATEINER/HEIFETZ/PIATIGORSKY etc. Von den Hunderten von Interpreten, die ich besonders schätze, habe ich mir lediglich von zwei Sängern, nämlich von JOSEF TRAXEL und ADELE STOLTE so ziemlich deren Gesamtaufnahmen zugelegt, so wie es in Deinem Fall GLENN GOULD ist. Ich kaufe also von Anbeginn die Aufnahme jedes Werkes sehr selektiv als Ergebnis von sorgfältigen, oft langjährigen vorherigen Interpretationsvergleichen. Es gibt aber auch einige Werke, die ich in mehreren Interpretationen besitze, entweder weil ich bei jeder von ihnen eine andere Tugend der Einspielung schätze, oder einfach, weil ich mich zwischen einigen Aufnahmen nicht entscheiden kann. Letzen Endes ist ja doch das Werk selbst das Wichtigste, und wenn ich das Bedürfnis habe, zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Werk zu hören, dann möchte ich nicht lange unter 10, 20 oder mehr Aufnahmen dieses Werkes lange wählen und suchen müssen, sondern dann will ich eben meinen Komponisten und sein Werk in der Weise hören, wie ich es mir auch selbst vorstelle. Schließlich bin ich kein professioneller Musikkritiker, der sich täglich dutzende von Einspielungen eines Werkes anhören will oder muß, sondern ich will mich vor allem am Hören eines Musikwerkes ungetrübt erfreuen können, und dabei dann aber auch in der von mir präferierten Interpretation.


    Viele Grüße


    wok

  • Lieber Wok,


    jedenfalls scheint Deine Sammlung eine wahre Fundgrube für Historiophile zu sein! Als nächstes plane ich Beethovens Erzherzogtrio zu besprechen. Das wird eine Materialschlacht, denn hier sind die Einspielungen Million. Auch ich habe von keinem Beethoven-Trio so viele Einspielungen, wie von diesem.

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  • Hallo wok,


    bemerkenswert, wie du auch versuchst, den Kauf von "Konserven" einzuschränken.


    Es ist was herrliches, eine Aufnahme von einem Werk zu besitzen, sie nach einiger Zeit gezielt sich anzuhören und auch nach langer Zeit immer noch damit zufrieden zu sein.


    Es ist absolut sinnvoll, vor dem Kauf querzuhören. Vom Ludwig Trio habe ich nur eine Beispielschnipsel gehört und sofort gekauft. Die einzelnen Instrumente sind in dieser Aufnahme so differenziert abgemischt, voll in der Klangfarbe und einem aufeinander Eingehen in der Ausführung wie ich mir es wünsche.


    Noch viel Zeit zum Musikhören wünscht dir


    Thomas

  • Zitat von Thomas Sternberg

    Es ist absolut sinnvoll, vor dem Kauf querzuhören. Vom Ludwig Trio habe ich nur eine Beispielschnipsel gehört und sofort gekauft. Die einzelnen Instrumente sind in dieser Aufnahme so differenziert abgemischt, voll in
    der Klangfarbe und einem aufeinander Eingehen in der Ausführung wie ich mir es wünsche.

    Hallo Thomas,


    Ja, genau das ist es, d. h. vor dem Kauf einer Aufnahme querzuhören und zu vergleichen, statt immer gleich zu kaufen, was neu auf den Markt kommt - und dann meist auch noch als Box - und so am Ende bald die Übersicht über seine Diskothek zu verlieren und dann erst lange überlegen zu müssen, in welcher Besetzung man sich denn ein Werk, das einem gerade am Herzen liegt, nun am liebsten anhören will.


    Das noch sehr junge LUDWIG TRIO , das ja meines Wissens erst Anf. 2009 öffentlich größer in Erscheinung trat, werde ich auf Deine Empfehlung hin auf jeden Fall im Blick behalten. Was sie schon jetzt zu bieten haben, ist nicht schlecht!


    Viele Grüße,
    und ein musisches Wochenende wünscht Dir


    wok