Anton BRUCKNER: Sinfonie Nr 5

  • Hallo Byron,


    kennst du schon die Schalk-Bearbeitung? Manch einer würde es Entstellung oder Travestie nennen. :D


    Wenn nicht, kann ich dir nur die beiden Aufnahmen von Knappertsbusch (1956 mit den Wiener Philharmonikern im Studio bei Decca in Stereo, 1959 mit den Münchner Philharmonikern live bei Music & Arts in Mono) ans Herz legen. Die Wiener Aufnahme ist tontechnisch natürlich besser und vom Orchesterspiel her nicht zu beanstanden, aber die Münchner Version überzeugt durch mehr Herzblut und Spontaneität. Nie hörte man das Blech brutaler und die Symphonie pathetischer als hier. Ein echtes Abbild des Fin de siècle. Dass es nur mehr bedingt etwas mit Bruckner zu tun hat, steht natürlich auf einem anderen Blatt.



    Liebe Grüße aus Wien
    Joseph
    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo Joseph,


    in die Schalk-Fassung habe ich nur mal reingehört von der Telarc CD mit Leon Botstein.


    Hat mich nicht besonders überzeugt und ich entschied mich die CD nicht zu kaufen. Die Fassung ist halt höchstens historisch interessant. Hingegen ist Knappertsbusch natürlich doch noch ein ganz anderes Kaliber als Botstein - insofern reizt die Aufnahme mich doch. Die Decca Einspielung scheint zur Zeit nicht aufgelegt zu sein (bei Amazon nur noch zum Wucherpreis), aber vielleicht kommt sie sogar mal billig wieder heraus (Eloquence oder sowas). Die Live-Aufnahme ist wahrscheinlich mono?

    Gruß aus Freiburg
    Byron

    non confundar in aeternum

  • Ja, die Botstein-Aufnahme ist im Vergleich langweilig, ich hörte mal hinein. Da sieht man wieder, was ein Dirigent doch ausmacht.


    Die Decca-Studio-Aufnahme ist in Stereo, die Live-Aufnahme in Mono. Angesichts der Interpretation ist das aber m. E. zweitrangig. Jemand hier bezeichnete letztere Aufnahme schon mal als etwas für die einsame Insel.


    Hier Hörproben von beiden (jeweils letzter Satz):



    Wer auf Theatralik steht, ist hier richtig. Alle anderen meiden die Aufnahmen besser. :pfeif:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich habe gerade die Aufnahme Klemperers vom März 1967 aus der Kingsway Hall London gehört. Auch sie bietet Anlass zur Diskussion, ist sie doch nach Auskunft des Booklets die 1878er Version, ed. Nowak und gehört zu den drei längsten in meiner Sammlung mit einer Gesamtspielzeit von 79:29 Minuten. Ich werde sie am Ende meines kurzen Berichtes den beiden längsten Versionen in meiner Sammlung gegenüberstellen.
    Positiv ist zunächst zu bemerken, dass Klemperer auch in dieser Symphonie seinem eher flotten Tempozuschnitt treu bleibt. Wie kann das sein? Verantwortlich dafür ist sicherlich nicht die Spielzeit des Finales mit 26:46 min, die längste in meiner Sammlung, sondern es scheint mir eher an der Nowak-Edition zu liegen. Klanglich ist diese Aufnahme über jeden Zweifel erhaben, und die dynamischen Inhalte der Partitur werden von Klemperer voll ausgereizt. Auch die Liebhaber der Pauken kommen hier mehr auf ihre Kosten, vor allem im Finale.
    Dennoch ist es gerade dieses, das mir einige Rätsel aufgibt. Nun habe ich die Fünfte noch nicht so oft gehört, dass ich sofort den Stein der Weisen finden könnte, aber dennoch erscheint sie mir im Finale, weil durchaus nicht langsam musiziert, etwas langatmig und nicht organisch im Fluss.
    Die zweitlängste Fünfte in meiner Sammlung ist interessanterweise die von 12/1976 von Herbert von Karajan (Fassung 1875/76, Edition Haas) mit einer Gesamtdauer von 80:35 min, die in dem temporalen Binnenverhältnis der Sätze zueinander sehr viel Ähnlichkeit hat mit der längsten, die natürlich von Sergiu Celibidaceh ist mit 87:39 min. Sie ist also gerade mal 10% länger als die Version Klemperers, aber Celi scheint mir die Satzbezeichnung im Adagio :"Sehr langsam" vielleicht etwas genauer zu nehmen, ähnlich wie Karajan. Vielleicht liegt das daran, dass Karajan und Celi die Fünfte in der Haas-Edition dirigieren. Vielleicht kürzt Nowak hier und da mehr. Ich weiß es (noch) nicht. Jedenfalls ist mir die Fünfte unter diesem Gesichtspunkt nicht ganz geheuer, ganz im Gegenteil zu den bisher gehörten Nr. 4, 6 und 7.


    Hier die Spielzeiten der drei Fassungen:


    Klemperer: 21:20-16:37-14:44-26:46;
    Karajan: 20:43-21:26-13:44-24:42;
    Celibidache: 22:43-24:14-14:32-26:10;


    Auffällig ist das Klemperer den Kopfsatz 37 Sekunden langsamer gestaltet als Karajan und nur 83 Sekunden schneller als Celi, das Adagio allerdings fast fünf Minuten schneller als Karajan und fast 8 Minuten schneller als Celi. Das Scherzo jedoch ist bei Klemperer 30 Sekunden kürzer als bei Celi und genau 1 Minute langamer als bei Karajan, und das Finale 36 Sekunden langsamer als bei Celi und 124 Sekunden langsamer als bei Karajan. Im temporalen Binnenverhältnis haben dagegen Celi und Karajan große Ähnlichkeit. Es bleibt mir als nur, Karajan und Celi auch zu hören und zu schauen, ob ich hinterher schlauer bin.


    Liebe Grüße


    Willi :)?(

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • ch habe gerade die Aufnahme Klemperers vom März 1967 aus der Kingsway Hall London gehört. Auch sie bietet Anlass zur Diskussion, ist sie doch nach Auskunft des Booklets die 1878er Version, ed. Nowak und gehört zu den drei längsten in meiner Sammlung mit einer Gesamtspielzeit von 79:29 Minuten. Ich werde sie am Ende meines kurzen Berichtes den beiden längsten Versionen in meiner Sammlung gegenüberstellen.
    Positiv ist zunächst zu bemerken, dass Klemperer auch in dieser Symphonie seinem eher flotten Tempozuschnitt treu bleibt. Wie kann das sein? Verantwortlich dafür ist sicherlich nicht die Spielzeit des Finales mit 26:46 min, die längste in meiner Sammlung, sondern es scheint mir eher an der Nowak-Edition zu liegen.


    Lieber Willi,


    wenn Du suchst und hinterfragst, dann wird die Edition Nowak nicht als Grund für die recht lange Spielzeit im Finale herhalten können.


    Bei der 8. Sinfonie sind deutlich hörbare Unterschiede zwischen der Haas- und Nowak-Version vorhanden, nicht aber bei der 5. Anders als die 8. hat Bruckner selbst die 5. nicht umgearbeitet, so daß bei der Ausgabe der Urfassung keine "Versionsunterschiede" zwischen Haas und Nowak entstehen konnten (anders als bei der 8.).


    Franz Welser-Möst z.B. spielt auch die Nowak-Version und kommt im Finale auf eine Spielzeit von 21'31'', desgleichen Haitink bei 25'14''.
    1 1/2 Minuten bei einer solchen Satzlänge sind natürlich hörbar, aber geben einen Satz keinen gänzlichen anderen Charakter.


    Ich werde mir das Finale von Klemperer dirigiert demnächst noch einmal genauer zu Gemüte führen und dann hoffentlich sagen können, wo er sich Zeit lässt, um auf die relativ lange Spielzeit kommt.
    Deiner Aussage "aber dennoch erscheint sie mir im Finale, weil durchaus nicht langsam musiziert, etwas langatmig und nicht organisch im Fluss" kann ich zumindest nicht folgen, denn nach meinem Gedächtnis "schleppt" Klemperer nirgends.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Ich bin von Klemperers Bruckner im ganzen tief beeindruckt und seine Interpretation der 5. im speziellen finde ich grandios. Alles echter Klemperer!



    :hello: LT

  • Zitat

    Norbert: Lieber Willi,


    wenn du suchst und hinterfragst, dann wird die Edition Nowak nicht als Grund für die lrecht lange Spielzeit im Finale herhalten können.

    Das glaube ich dir gerne, lieber Norbert, zumal ich ja noch nicht so viel Hörerfahrung mit der Fünften gemacht habe wie z.B. mit der 4., 7. 8. und 9. Die letzteren vier habe ich auch alle schon live im Konzert gehört, davon die Vierte mal zweimal hintereinander im Eröffnungsvorkonzert und im Eröffnungskonzert beim SHMF (mit Dohnany). Die beiden Aufführungen lagen keine Minute auseinander.
    Jetzt habe ich Folgendes gemacht:

    Aus Celis Fünfter habe ich nur das Finale gehört (26:10). Celi dirigiert sowohl den Adagioteil langsamer als auch das Allegro moderato etwas langsamer als Klemperer (nach erstem Höreindruck). Um es ganz genau festzustellen, müsste ich bestimmte Teile des Finales stoppen. Das mache ich vielleicht auch noch. Aber jetzt war mein erster Eindruck, dass die Musik bei Celi mehr im Fluss war, bis auf eine deutliche Generalpause ging es immer weiter unter ungeheurer Spannung. Es war einfach überwältigend, teilweise ähnlich "apokalyptisch" wie in der Achten, die ja mitunter das Adjektiv "apokalyptisch" auch im Beinamen hat. Besonders ergreifend waren hier bei Celi die Pauken. Das war Gänsehaut pur. Und noch eine Parallele zur Achten ist mir hier (wie auch bei Klemperer) wieder aufgefallen. Sie endet auf den gleichen vier Tutti-Akkorden wie die Achte, nur dass hier in der Fünften noch fünf Tuttischläge auf dem unteren Ton folgen.
    Morgen (heute) Abend werde ich mir die ganze Symphonie anhören. Übrigens hat Celi in Stuttgart auch schon 83:14 min für die Fünfte gebraucht, nur 6 Sekunden weniger als vier Jahre vorher für die Achte (ebenfalls in Stuttgart).


    Liebe Grüße


    Willi :)

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  • Hallo Willi!


    Habe ich das jetzt richtig verstanden, dass die 5. ohne Pause zweimal hintereinander gespielt wurde? Wer hält denn das aus?
    Oder habe ich dich missverstanden?


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Zitat

    Klaus 2: Habe ich das jetzt richtig verstanden dass die 5. ohne Pause zweimal hintereinander gespielt wurde?i

    Nein lieber Klaus, das hast du leider nicht richtig verstanden. Ich schrieb, dass ich die Vierte!! zweimal hintereinander im Eröffnungsvorkonzert (samstags) und im Eröffnungskonzert (sonntags) erlebt hatte. Missverständlich war der Satz: " Die beiden Aufführungen lagen keine Minute auseinander". Damit war gemeint, dass Dohnany eine so gute innere Uhr hatte, dass beide Aufführungen in ihrer Aufführungsdauer keine Minute auseinander lagen. Sie dauerten beide zwischen 67 und 68 Minuten. Und sie waren beide in gleicher Weise begeisternd. Das Ganze fand Mitte Juli 2007 in Lübeck statt, und der Rezensent in der F.A.Z. fügte am Schluss seiner Rezension an, dass Dohnany in seiner vollkommen natürlichen Interpretation möglicherweise seinen Musikern die wunderbaren Worte Alfred Einsteins ans Herz gelegt habe: "Glauben Sie nicht an Wald, glauben Sie nicht einmal an Natur, glauben Sie nur an Musik".


    Liebe Grüße


    Willi :)

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  • Ja danke und Tschulligung!

    Ich stellte mir das vor, wie es wohl sein möge, zweimal hintereinander mit der 5. zugeballert zu werden. - Und ich muss sagen, ich würde das Experiment wagen (allerdings gibt es wohl kein Orchester auf dieser Welt, die das schaffen würden).


    Tschö
    Klaus


    (p.s.: The Who haben das mal gemacht, zwei Konzerte an einem Tag direkt hintereinander, da war ich dabei)

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

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  • Ich habe soeben aus dieser Box die Fünfte gehört und stehen noch ganz unter dem Eindruck derselben. Obwohl Celis Aufnahme netto 87:39 Minuten dauert, möchte man über die Aufnahme die Worte setzen, die seinerzeit die Times über Klemperers Bruckner setzte: "Keinen Augenblick zu lang".
    Wer die Aufnahme nicht unvoreingenommen gehört oder sie überhaupt gehört hat, mag es kaum glauben. Aber die Aufnahme hat einen ungeheuren Drive. Aber ich habe die Aufnahme ja überhaupt gehört, um sie mit Klemperers Aufnahme zu vergleichen, die 8 Minuten kürzer ist. Aber die 8 Minuten entfallen nahezu ausschließlich auf das "Adagio: Sehr langam" und das steht bei Klemperer und bei Celibidache, bei Karajan und bei Wand (dort allerdings in Klammern, jedenfalls in der Aufnahme mit den Münchener Philharmonikern). Wand ist allerdings in dieser Aufnahme, die nur zwei Jahre nach Celis Aufnahme mit dem gleichen Orchester entstand, im Adagio um 9 Minuten schneller als Celi. Warum? Haben Celi und Karajan vielleicht als einzige die Vorschrift "Sehr langsam" wörtlich genommen, oder gibt es diese Spannweite generell? Jedenfalls habe ich bei Celi keine Sekunde den Eindruck, dass das Adagio zu langsam musiziert sei, obwohl es langsamer musiziert wird als von Klemperers Londoner Orchester. Aber es ist spannend von der ersten bis zur letzten Sekunde.
    Und man hat auch und gerade bei Celi den Eindruck, dass die Fünfte der Achten an symphonischer Größe um nichts nachsteht. Im Gegenteil, man hat häufiger den Eindruck, dass dieser musikalische Kuppelbau ins Unermessliche geht, dass die entfesselten Kräfte gigantisch sind und dass die musikalische Leistung des Orchesters möglicherweise unerreicht ist, jedenfalls unübertroffen.
    Und noch eins ist unübertroffen. Die Leistung des Paukisten, dem Celi völlig freie Hand gegeben zu haben scheint, sich gegenüber dem übrigen Orchester durchzusetzen, dessen gewaltige Blechbläserbatterie losschlägt wie beim jüngsten Gericht. Vielleicht bin ich jetzt für alle anderen Fünften verdorben, aber ich bemühe mich, objektiv zu sein, wenn ich Karajans Berliner Version und Wands Münchener Version sowie seine Berliner Version höre. Allerdings werde ich auch noch Celis Stuttgarter Version von 1981 hören.
    Am Ende habe ich mal die Satzdauern im Vergleich zur Gesamtdauer bei Celi, Karajan und Klemperer prozentual ausgerechnet:


    Celibidache: 25,9-27,6-16,6-29,9:


    Karajan: 25,7-26,6-17,0-30,7;


    Klemperer: 26,8-20,9-18,5-33,8;


    Man sieht, dass Karajan und Celibidache im temproalen Binnenverhältnis nahe beeinander sind und Klemperer nur im Kopfssatz einigermaßen bei ihnen ist, während er doch im Scherzo!! und im Finale im temporalen Binnenverhältnis stärker von ihnen abweicht. Vom Adagio will ich gar nicht reden.


    Ich kann mich erinnern, dass wir mal bei Beethovens Neunter mal eine ähnliche Diskussion führten in Bezug auf die Marcia im Finale (Hogwood). Damals war ich derjenige, der die schnelleren Lesarten verteidigte, während Joseph meinte, dass doch wohl Hogwood las Einziger diese Stelle richtig gespielt habe. Allerdings kam ihm Norrington einigermaßen nahe. So kann sich das ändern.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Das klingt so überzeugend, dass ich, obwohl momentan gar kein Budget da ist, diese Aufnahme wohl kaufen muss.
    Als Erklärung fällt mir ein, dass selten über die Akustik des Aufführungsortes gesprochen wird. So kann ich mir gut vorstellen, dass ein langer Nachhall emotional dazu führen kann, dass wir das als schneller empfinden, einfach weil immer "was da ist". (Siehe hier auch wieder die von mir favorisierten Aufnahmen von Bosch in der Aachener Kirche). Frage dabei ist natürlich auch immer, inwieweit der Dirigent es zulässt, dass man den Tönen ihren Raum lässt. Ich gehe ja immer davon aus, dass Bruckner eine Kirchenakustik vor Ohren hatte beim Komponieren. Deshalb scheint es mir bedeutsam, ob es diese Millisekundenpausen zwischen den Tönen gibt, oder ob die Akustik durch Nachhall verbindet. Ich denke mir, dass der Effekt stärker ist als der der absoluten Geschwindigkeit.
    Um nicht missverstanden zu werden: Ich rede nicht gegen Exaktheit!
    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • allerdings gibt es wohl kein Orchester auf dieser Welt, die das schaffen würden
    ...
    The Who haben das mal gemacht, zwei Konzerte an einem Tag direkt hintereinander, da war ich dabei

    Dazu fällt mir ein, dass die MET ja jeden Samstag zwei Vorstellungen hat. Jimmy Levine hat einmal in einem Interview gesagt, dass es durchaus gelegentlich vorgekommen ist, dass er da beide Vorstellungen dirigiert hat. Er hat sogar konkrete Beispiele angeführt. Nach der Nachmittagsvorstellung gab es ein kurzes Nickerchen und am Abend ist da auch schon einmal der Tristan vorgekommen. Das heißt dann insgesamt wenigstens fünf bis sechs Stunden Arbeit - auch für das Orchester! Da relativieren sich die zwei Bruckner-Symphonien...


    ;)

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Junge JUnge, das hätte ich auch so nicht gedacht. Der Vorteil ist da höchstens, dass man im Orchestergraben sitzt und es ein bisschen lockerer angehen kann. (Habe ich schon erzählt, dass die Limburger sich mal für eine 70-Takt-Pause Fritten bestellt hatten und die im Orchestergraben schnell verputzten? Es gab danach heftige Proteste vom Publikum wegen der seltsamen Düfte, die aus dem Orchestergraben aufstiegen.).


    Oder hat die Met zwei Besetzungen?


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Oder hat die Met zwei Besetzungen?


    Sänger schon (no na), aber Orchester natürlich nicht. Man wird gewiss Einteilungen treffen, damit Extrembelastungen vermieden werden, aber mehr als einige Musiker kann man zwischen den Vorstellungen nicht wechseln.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Wenn man drüber nachdenkt....
    Auch bei Balletten (z.B. Schwanensee) kommen ja gewaltige Zeiten ohne Pause zusammen.


    Aber was wäre mit der emotionalen Belastungen bei einer Doppelportion Bruckner Nr. 5? Beim Zuhörer gewiss eine gewaltige. Und bei den Musikern? Die Antwort gehört aber evtl. eher in die Rubrik "Ist Musik auch Arbteit?"


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Zitat

    Klaus 2: ..."Ist Musik auch Arbeit?

    Wir haben vor gut einem Jahr mit unserem Chor den Messias von Händel in der Bearbeitung von Wolfgang Amadeus Mozart (AD: 2:45 Stunden)aufgeführt, und ich kann dir versichern, lieber Klaus, es ist Arbeit, und zwar Hochleistungsarbeit, vergleichbar mit einer sportlichen Anstrengung, die du über so einen Zeitraum ausführst.
    Doch nun zu meinem heutigen Hörerlebnis. Wie schon angekündigt habe ich die Fünfte heute in der Interpretation von Günter Wand und den Münchener Philharmonikern gehört:

    Diese Aufnahme entstand 2 Jahre und 10 Monate nach er oben beschriebenen Aufnahme von Celi in München, wurde aber erst fünf Jahre nach dem Tod von Günter Wand 2007 veröffentlicht. Vorweg, die Aufnahme ist auch schlichtweg großartig, das einzige Rätsel, was sich mir seit dem Hörer der Celi-Aufnahme auftut, ist die Frage, warum der zweite Satz bei Wand neun Minuten kürzer ist als bei Celi.
    Wenn man natürlich genauer hinhört, ist das Rätsel nicht mehr so groß, denn getreu der Satzbezeichnung "Adagio: Sehr langsam" muss ich in der Tat sagen, dass im Vergleich zu Celi Wand nicht sehr langsam musizieren lässt, sondern sein zweiter Satz eher ein zügiges Adagio ist. Da ja beide Versionen wohl auf die Edition von Robert Haas zurückzuführen sind und die vom 26. November 1981 entstandene Stuttgarter Aufnahme von Celi sowie die im Dezember 1976 entstandene Aufnahme von Karajan in Berlin ebenfalls, kann ich nur vermuten, dass Celi und Karajan die Vorschrift sehr langsam wörtlicher genommen haben als viele ihrer Kollegen, die alle so bei 15 bis 17 Minuten für das Adagio liegen.
    Wenn man dies zugrunde legt, kann man sagen, dass bei Celi das Adagio schon eine Steigerung zum Kopfsatz darstellt, bevor nach dem hier wie dort sehr flotten Scherzo, als absoluter Höhepunkt das Finale folgt, dass bie Celi wie bei Wand schlichtweg grandios ist. Beide Dirigenten holen das dynamische Maximum aus dem Orchester und in beiden Aufnahmen ist der Paukist, vermutlich Stefan Gagelmann, überragend.
    Ansonsten wüsste ich nicht, was sonst noch herauszuheben ist, man hört es, das grandiose Blech, die vorzüglichen Streicher, der homogene Gesamtklang, natürlich gleichfalls überragend der zum Zeitpunkt der Aufnahme kanpp 74-jährige Günter Wand.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup:

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  • Das klingt so überzeugend, dass ich, obwohl momentan gar kein Budget da ist, diese Aufnahme wohl kaufen muss.


    Und ich, der ich beide Boxen natürlich habe; möchte schlicht und ergreifend dem zustimmen, was der William da glasklar und treffend analysiert hat! Die Analysen zu den Beethoven-Sinfonien waren ja auch schon spannend: Ich habe immer keine Geduld bei diesen Vergleichen und mag das gleiche Werk nicht dreimal hintereinander hören, auch wenn es drei verschiedene Interpretationen sind.

  • Heute habe ich die Fünfte in der Interpretation von Herbert von Karajan und den Berliner Philharomikern aus dem Dezember 1976 gehört. Ich hatte sie ja im Vorfeld als Einzige im temporalen Binnenverhältnis der Sätze als sehr passend zu den beiden Versionen von Celibidache (1981 und 1993) ins Feld geführt und die Vermutung geäußert, dass sie beide als Einzige die Satzbezecihnung "Adagio: Sehr langsam" im 2. Satz wörtlich genommen hätten.
    Vorab Eines: Diese Interpretation ist klanglich und interpretatorisch grandios. Wenn ich das Gehörte Revue passieren lasse, frage ich mich, warum ich diese Fünfte von Karajan nicht öfter gehört habe. Diese Frage habe ich mir auch schon mal in einem anderen Thread gestellt und für mich festgestellt, dass ich mich früher nur allzu leicht von Kritikermeinungen habe beeinflussen lassen.
    Interessanterweise haben Karajan und Celibidache (zum ersten Mal) die Fünfte fast im gleichen Alter aufgenommen (Karajan 68, Celibidache 69), und auch Günter Wand hat sich erst im fortgeschrittenen Alter an dieses gewaltige Werk gewagt. Vielleicht haben sie alle gut daran getan, denn die Ergebnisse, (Celis 1981er Version muss ich allerdings noch hören), sprechen für sich.
    Karajan legt die Fünfte sozusagen als Steigerungslauf an. Dem ausgezeichneten Kopfsatz folgt ein temporal wirklich sehr passender, langsamer zweiter Satz, der auch interpretatorisch fesselt. Das eigentliche Ereignis ist jedoch das Scherzo, das ähnlich rasant und explosiv ist wie etliche Beethoven-Scherzi in den 60er Jahren. Dem folgt ein ähnlich mitreißendes Finale wie die von Celibidache und Wand.
    Musikalisch ist das alles auf höchstem Niveau, den bekannt herausragenden Berlner Blechbläsern und Streichern treten wiederum gleichberechtigt die Holzbläser an die Seite, und ebenfalls, wie in den beiden vorher besprochenen Münchener Aufnahmen (Celibidache und Wand) ist auch hier der Paukist (Werner Thärichen) überragend und bildet das Tüpfelchen auf dem "i" .


    Als nächste werde ich die 1981er Aufnahme von Celibidache noch hören, dann eine, die ich erst jetzt unter diesem Aspekt wahrgenommen habe, nämlich die 1980 in der Dresdner Lukaskirche entstandene Aufnahme mit Eugen Jochum und der Staatskapelle Dresden. Jochum verwendet ebenfalls die Haas-Edition (1878) und kommt den temporalen Binnenverhältnissen der beiden Celi- Aufnahmen und der Karajan-Aufnahme noch am nächsten. Immerhin spielt er das Adagio fast 4 Minuten länger als Wand in München.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup:

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  • Lieber Yorick,


    ich habe einige der Bruckner-Sinfonien mit Barenboim und der Staatskapelle aus seinem aufsehenerregenden Projekt aus der Berliner Philharmonie auf Classica gesehen, leider nicht die Fünfte. Aber ich habe seine Gesamtaufnahme mit den Berliner Philharmonikern aus den Jahren 1990-97, denen ich mich demnächst widmen werde:


    LiebeGrüße


    Willi :)

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  • Interessanterweise haben Karajan und Celibidache (zum ersten Mal) die Fünfte fast im gleichen Alter aufgenommen (Karajan 68, Celibidache 69), und auch Günter Wand hat sich erst im fortgeschrittenen Alter an dieses gewaltige Werk gewagt. Vielleicht haben sie alle gut daran getan, denn die Ergebnisse, (Celis 1981er Version muss ich allerdings noch hören), sprechen für sich.


    Lieber Willi,


    die Aussage ist zumindest mißverständlich und auch nicht ganz korrekt, denn offiziell "aufgenommen" für (damals noch) die Schallplatte hat Celibidache ja gar nichts. Er stand bekanntlich der Tonkonserve sehr negativ und ablehnend gegenüber.


    Des Weiteren ist bei ihm davon auszugehen, was bei Karajan gewiss ist, nämlich, daß beide die 5. Sinfonie bereits vorher im Konzert dirigierten.


    Von Karajan existiert ein Live-Mitschnitt der 5. aus 1954:



    Und da liegt auch der große Unterschied zu Günter Wand. Er hat die 5. Sinfonie überhaupt das erste Mal 1974 (mit dem Symphonieorchester Bern) im Konzert spielen lassen und nahm sie im gleichen Jahr für die Schallplatte auf.


    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Karajan wurde mit der 5. Symphonie von Bruckner offensichtlich nie so richtig warm. Verglichen mit der 4., 7., 8. und 9. führte er sie sehr selten auf. Nur ein einziges Mal, eben 1976, spielte er sie offiziell im Studio ein. Tatsächlich gibt es aber noch mindestens zwei Live-Mitschnitten, so der von Norbert erwähnte mit den Wiener Symphonikern von 1954 (Mono), ferner noch einen mit den Wiener Philharmonikern von den Salzburger Festspielen 1969 (Stereo).


    Das Adagio hat wohl kaum je irgendein Dirigent so berührend schön zu Gehör gebracht wie Karajan im Studio. Das Orchesterspiel ist schlichtweg brillant. Allerdings wirkt diese Aufnahme auf mich in ihrer Gesamtheit ein wenig glatt. Die Salzburger Aufnahme ist nicht von solchem Schönklang, hat dafür aber mehr Ecken und Kanten. Das Spiel der Wiener Philharmoniker ist exzellent; lediglich in der schwierigen Finalcoda geraten die Blechbläser fast an ihre Grenzen.



    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

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    – Luís de Camões

  • Lieber Joseph,


    ja, "glatt" ist die Bezeichnung, die ich im Hinterkopf habe, wenn ich darüber nachdenke, warum ich die Studio-Aufnahme lange nicht mehr besitze (wobei ich mit der Aussage natürlich nicht Willis Freude schmälern möchte).


    Karajan live ist nicht unbedingt immer mit Karajan Studio zu vergleichen (siehe z.B. Beethovens oder Mahlers 9.). In sofern hätte mich die Stereo-Aufnahme sehr wohl interessiert, bloß ich glaube, mit dem verlangten Preis werde ich mich wohl nicht arrangieren können... ;)

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Zitat

    Norbert: Deine Aussage ist zumindest missverständlich und auch nicht ganz korrekt....

    Damit hast du natürlich völlig Recht, lieber Norbert, Celi hat selbstverständlich nie etwas auf Schallplatte oder CD aufgenommen, aber seine Live-Konzerte sind sowohl in Berlin (1969, Vierte), als auch in Stuttgart (1971 bis 1981, Dritte, Fünfte, Siebte, Achte, Neunte, Mozart Nr. 35, Schubert Nr. 5), als auch in München (1982, Te Deum und 1987 bis 1995 Dritte bis Neunte), professionell mitgeschnitten worden (wie die Ergebnisse es zeitigen), und nach seinem Tode, wenn ich mich nicht irre, ab 1997, veröffentlicht worden. Ob Celibidache die Fünfte schon vor 1981 dirigiert hat, weiß ich nicht, ich konnte nur von den mir voerliegenden Zahlen ausgehen.
    Und was das Booklet zu Karajans Gesamtaufnahme angeht, so stand auch darin zu lesen:

    Zitat

    Reinhard Beuth: Herbert von Karajan hat seine Einlassung auf Bruckner immer wieder hinausgeschoben. Er war schließlich über 65 Jahre alt, als er das gewaltige, hier vorliegende Werk einer Gesamtenspielung von Bruckners Symphonien begann. Es nahm sechs Jahre in Anspruch - für einen mit solcher Effizienz arbeitenden Dirigenten wie arajan war auch das eine lange Zeitspanne. Man kann daraus getrost auf ein schweres inneres Ringen des Dirigenten um die Brucknerschen Symphonien schließen, das durchaus Spuren in diesen Aufnahmen hinterlassen hat.


    Wenn man die Aufnahmedaten betrachtet, dann fällt auf, dass Karajan die Achte, Vierte, Siebte und Neunte innerhalb von 8 Monaten 1975 aufnahm, bevor er sich 15 Monate später an die Fünfte wagte. Wiederum zweidreiviertel Jahre später nahm er erst die Sechste auf, bevor er 1980 und 1981 die ersten drei aufnahm.
    Ähnlich verlief es bei Günter Wand, der, wie ich aus seiner Vita weiß, schon lange vor seinen Aufnahmen Bruckner dirigiert hat, aber nie die Fünfte, was ihn in dieser Hinsicht von Karajan unterscheidet, aber als er sich endlich von einen Freunden dazu überreden ließ, sich auf die Fünfte einzulassen, diese zuerst in der Schweiz dirigierte, nahm er diese aber im gleichen Jahr (1974) als erste der Gesamtaufnahme in Köln auf. Dann nahm er 1976 die Vierte und die Sechste auf und erst 1979 die Achte und Neunte. Zwischendurch begann er 1977 mit der Gesamtaufnahme der Schubert-Sinfonien (Neunte), die er aber erst nach der Bruckner-GA beendete. Erst Anfang 1980 nahm er dann die Siebte auf bevor er die ersten drei Aufnahm, etwa zur gleichen Zeit wie Karajan.
    Was will ich damit sagen? Beide haben um Bruckner gerungen, was auch die Aufnahmespanne des ganzen Zyklus ausdrückt. Beide haben die ersten drei Sinfonien am Schluss aufgenommen. Nur Wand hat danach die Dritte noch mit dem NDR-Sinfonie-Orchester und den Berliner Phiharmonikern aufgenommen (soviel ich weiß), die ersten zwei nicht mehr, weil er sie wohl zu der Zeit wohl nicht mehr für aufnahmenswert hielt. Karajan aht die ersten drei nie wieder aufgenommen (soviel ich weiß).
    Ich kann an Karajans Fünfter nichts (wie hier offenbar gemeint) im negativen Sinne Glattes erkennen. Wer sich ohne Vorbehalte auf diese Musik einlässt, und das gilt bei Karajan, aber auch bei Wand oder Celi, der wird (zumindest kann ich das bei den bisher gehörten Aufnahmen sagen, der merkt, wie viel Schönes diese Musik enthält, und das gehört schön gespielt. Das Negativmerkmal "glatt" lese ich seit zig Jahren bei der Beurteilung von Karajans Aufnahmen. Und es hat mich bis heute noch kein einziges Mal überzeugt, auch und gerade nicht bei dieser Fünften. Ich glaube, ein Blindtest würde es an den Tag bringen, dass dem nicht so ist.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Bruckners 5. Sinfonie führt bei mir, eigentlich erklärter Anhänger seiner Musik, bisher ehrlich gesagt ein ziemliches Schattendasein. Ich werde mich mit Sicherheit weiter um sie bemühen, aber bisher wusste ich noch nicht sonderlich mit ihr warm zu werden...


    Ich möchte aber noch kurz auf die von Norbert erwähnte Karajan-Einspielung eingehen:

    Des Weiteren ist bei ihm davon auszugehen, was bei Karajan gewiss ist, nämlich, daß beide die 5. Sinfonie bereits vorher im Konzert dirigierten.


    Von Karajan existiert ein Live-Mitschnitt der 5. aus 1954:



    Richard Osbornes Buch über Karajan zufolge stammt diese Aufnahme vom Februar 1950, wurde aber 1954 erst gesendet. Ich kenne nämlichen Mitschnitt nicht, wenn man aber der Anmerkung des Autors Glauben schenken will, könnte dies durchaus ein Hinweis darauf sein, daß sich Karajan durchaus noch im Prozess des von Willi schon erwähnten 'Ringens' befunden hat:


    "Ein Werk, das sowohl Karajan als auch die Musiker offenbar noch nicht ganz beherrschten. Das beweist eine Rundfunkwiedergabe der Symphonie aus dem Jahr 1954, die später von Orfeo als CD auf den Markt gebracht wurde." (R. Osborne, Herbert von Karajan - Leben und Musik)


    Auch ist besagte Aufführung die erste erwähnte in Osbornes Buch. Dies zeichnet sich allgemein durch einen ungeheuren Detailreichtum aus, so daß die Annahme naheliegend ist, es könnte sich bei der 1950er-Aufnahme tatsächlich um Karajans (damals immerhin auch schon 41 Jahre alt) ersten Interpretations-Versuch der 5. Bruckner gehandelt haben.

  • Wenn man natürlich genauer hinhört, ist das Rätsel nicht mehr so groß, denn getreu der Satzbezeichnung "Adagio: Sehr langsam" muss ich in der Tat sagen, dass im Vergleich zu Celi Wand nicht sehr langsam musizieren lässt, sondern sein zweiter Satz eher ein zügiges Adagio ist.

    Ich habe diese Wand-Aufnahme auch, höre aber in der Regel Wand/Berliner. Doch genau dies ist mir schon öfter aufgefallen. Auch bei der Berliner Aufnahme (16:22) geht es nicht allzu langsam zur Sache. Meine Gedanken waren da immer "schneller muss es aber auch nicht sein" bzw. "'sehr langsam' ist das nicht". Die Gedanken habe ich dann aber beiseite geschoben, weil Günter Wand als Gottheit, als Bruckner-Axiom sozusagen, richtig liegen muss :D Ich habe auch mal eine Celi-Aufnahme gehört (Münchner?) und fand die Langsamkeit im Fall der 5/2 eigentlich ganz in Ordnung.



    Bruckners 5. Sinfonie führt bei mir, eigentlich erklärter Anhänger seiner Musik, bisher ehrlich gesagt ein ziemliches Schattendasein. Ich werde mich mit Sicherheit weiter um sie bemühen, aber bisher wusste ich noch nicht sonderlich mit ihr warm zu werden...

    Das Adagio kann einen gar nicht kalt lassen...

  • Was will ich damit sagen? Beide haben um Bruckner gerungen, was auch die Aufnahmespanne des ganzen Zyklus ausdrückt.


    Lieber Willi,


    das mit dem "ringen" lasse ich gelten. ;)



    Zitat

    Beide haben die ersten drei Sinfonien am Schluss aufgenommen. Nur Wand hat danach die Dritte noch mit dem NDR-Sinfonie-Orchester und den Berliner Phiharmonikern aufgenommen (soviel ich weiß), die ersten zwei nicht mehr, weil er sie wohl zu der Zeit wohl nicht mehr für aufnahmenswert hielt. Karajan aht die ersten drei nie wieder aufgenommen (soviel ich weiß).


    Mit den Berliner Philharmonikern hat Wand die 3. Sinfonie nicht aufgenommen, sondern "nur" die Sinfonien 4, 5 und 7-9:



    Daß die ersten drei Sinfonien, von der "Nullten" und der Studiensinfonie (oder "Doppelnullten") ganz zu schweigen, von vielen Dirigenten geringschätzig angesehen waren, ist leider so.

    Zitat

    Ich kann an Karajans Fünfter nichts (wie hier offenbar gemeint) im negativen Sinne Glattes erkennen. Wer sich ohne Vorbehalte auf diese Musik einlässt, und das gilt bei Karajan, aber auch bei Wand oder Celi, der wird (zumindest kann ich das bei den bisher gehörten Aufnahmen sagen, der merkt, wie viel Schönes diese Musik enthält, und das gehört schön gespielt. Das Negativmerkmal "glatt" lese ich seit zig Jahren bei der Beurteilung von Karajans Aufnahmen. Und es hat mich bis heute noch kein einziges Mal überzeugt, auch und gerade nicht bei dieser Fünften. Ich glaube, ein Blindtest würde es an den Tag bringen, dass dem nicht so ist.

    Geschmäcker sind halt verschieden - und das ist auch gut so.


    Daß Bruckners Musik "viel Schönes" enthält ist zweifelsfrei richtig. Schönes darf man gerne schön spielen, bloß hat Karajan einiges bei Bruckner zu sehr auf "Hochglanz getrimmt". Mit der 3., 4. und 5. Sinfonie aus dem von Dir vorgestellten Zyklus werde ich mein Lebtag nicht warm werden, da ist mir zu viel mit "Knalleffekten" und "Hochglanzpolitur" gearbeitet worden.


    Bei der 6. beispielsweise ist es ganz anders. Die klingt auch "schön", aber nicht gleißend-poliert (in Anlehnung an den "choromium heaven", dem Karajan in Bezug auf Schuberts 8. vom "Penguin Guide" attestiert wurde. Den kann und darf man gerne mögen, meine Welt ist er aber nicht).

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • "Ein Werk, das sowohl Karajan als auch die Musiker offenbar noch nicht ganz beherrschten. Das beweist eine Rundfunkwiedergabe der Symphonie aus dem Jahr 1954, die später von Orfeo als CD auf den Markt gebracht wurde." (R. Osborne, Herbert von Karajan - Leben und Musik)


    Auch ist besagte Aufführung die erste erwähnte in Osbornes Buch. Dies zeichnet sich allgemein durch einen ungeheuren Detailreichtum aus, so daß die Annahme naheliegend ist, es könnte sich bei der 1950er-Aufnahme tatsächlich um Karajans (damals immerhin auch schon 41 Jahre alt) ersten Interpretations-Versuch der 5. Bruckner gehandelt haben.


    Lieber Tobias,


    ich kenne die Live-Aufnahme nicht, aber ich kann mir durchaus vorstellen, daß die obige Aussage "noch nicht ganz beherrschten" zutreffend sein könnte.


    Bruckner, gerade in der Originalversion, ist 1954 noch längst kein "Selbstgänger" gewesen. Orchester und Dirigenten mussten sich wohl tatsächlich erst an die Tonsprache, Längen und enormen technischen Anforderungen der 5. Sinfonie "gewöhnen".


    Ein bißchen abschweifend, aber auch zum Thema passend: Das merkt man ja auch bei Mahler. Viele Mahler-Aufnahmen aus den 50er, 60ern, selbst mit damals schon berühmten Orchestern, offenbaren namentlich im Blechbläserbereich "Wackler" und andere kleine oder größere technische Unzulänglichkeiten, die man heute, auch und gerade "live", nicht mehr hört.
    Die Orchester mußten sich erst an die großen spieltechnischen Herausforderungen gewöhnen. Bei Bruckner wird's, denke ich, nicht anders gewesen sein.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Karajan wurde mit der 5. Symphonie von Bruckner offensichtlich nie so richtig warm.


    Lieber Josef,
    die Aussage halte ich für falsch. Du schreibst doich selber das er schon 1950/54 und 1969 Vorläuferaufnahmen gemacht hatte, bevor er die grandiose DG-Aufnahme 1976 startete. Nur weil er ein paar andere Sinfonie etwas öfter dirigierte, kann man nicht von "mehr oder weniger warm werden" reden.
    Zudem bist Du doch auch der Meinung, das Karajan (DG) eine TOP-Interpretation ist - Das geht wohl kaum, wenn man mit einem Werk "weniger warm geworden" ist !
    Bei mir stand die Sinfonie Nr.5 wegen ihrer Längen auch seltener auf dem Hörprogramm. Eher Zufall.




    Ich kann an Karajans Fünfter nichts (wie hier offenbar gemeint) im negativen Sinne Glattes erkennen. ... Das Negativmerkmal "glatt" lese ich seit zig Jahren bei der Beurteilung von Karajans Aufnahmen. Und es hat mich bis heute noch kein einziges Mal überzeugt, auch und gerade nicht bei dieser Fünften. Ich glaube, ein Blindtest würde es an den Tag bringen, dass dem nicht so ist.


    Lieber Willi,


    :!: in diesem Punkt ist eindeutig eine "Verstärkung" Deiner Meinung nötig. Norbert meint "Geschmackssache" - OK ! Aber den ganzen "Glatt-Quark über Karajan" den ich immer lese, kann ich überhaupt nicht teilen.
    Die Sinfonie Nr.5 unter Karajan (DG) hat auch bei mir damls auf CD "wie eine Bombe" eingeschlagen. Zuvor hatte ich bei meinen Bruckner-Anfängen auf LP die Jochum-Box (DG) - dort empfand ich die 5te eher als langatmigen Schinken. Karajan und "glatt" bei Bruckner ??? Nein - überhaupt nicht !
    Aber trotzdem - erst seitdem ich die Wand-Aufnahme / Kölner RSO (RCA) letztes Jahr gehört habe, ist die Sinfonie nochmal in meiner Gunst gestiegen. Das liegt aber bei Wand eindeutig daran, dass er das Werk insgesamt noch straffer gestaltet und auch das Adagio bei ihm nicht so fürchterlich breit ist.


    *** Du schreibst einige Beiträge höher von Binnenverhältnissen der Satzlängen (sogar in % ausgerechnet). Ich finde diese Vergleiche für die Bewertung der Interpretation eigendlich vollkommen unwichtig und unerheblich. Die Sätze sind ohnehin so lang, das beim Hören unbedeutend ist, ob nun der 2.Satz (oder ein Anerer) mehr oder weniger lang genommen wird. Mir sind die Adagiosätze ohnehin oft zu lang, ;) da ich dann schon erwartungsvoll auf die saftigen Scherzosätze blicke.
    Mein einziger Kritikpunkt an Karajan könnte höchstens sein, das er zufällig bei der Sinfonie Nr.5 das gleiche Binnenverhältnis wie Celi aufweist.
    Von daher und weil gerade Wand die straffere Binnenstruktur einhält, die mir eher liegt und das Adagio straff, weniger langatmig gestaltet und dann noch so emotioal rüber kommt (die Kölner Blechbläser haben ein geradezu brutale Aussagekraft mit ungeheuerer Attacke) - ist das mein Favorit für die Sinfonie Nr.5.
    Aber deshalb ist Karajan nicht weniger spannend oder gar glatt - nur im Adagio etwas zu breit.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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