Hört das Auge mit?

  • Das Cover-Design ist für mich das Letzte, was mich zum Kauf bewegt. Es geht um das Werk an sich und die Interpreten, die mich interessieren.


    [timg]http://g-ecx.images-amazon.com…0000DTPZ/taminoklassik-21[/timg]
    Beispiel 1:


    Zugegeben: da war nicht gerade ein Star-Designer am Werke. Aber das mindert den Wert der Aufnahmen, besonders der Eroica sowie der 4. von Schumann mit den Wiener Philharmonikern von 1962, nicht: referenzträchtig.



    Beispiel 2:


    Da mag es noch so edel und golden aussehen, es täuscht nicht darüber hinweg, dass dieser Beethoven-Zyklus allenfalls guter Durchschnitt ist.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Irgendwie habe ich bei dem grossen Gelbetikett dieser Hochpreis-CD´s immer schon das Gefühl gehabt, das man damit etwas ganz besonders gutes und herausragendes gekauft hat. Das war damals als LP wie heute als CD nie anders.
    :angel: Im Prinzip das gelungenste Markenzeichen aller CD-Marken überhaupt.



    Diese Aufmachung mit gleicher Aufnahme hat dagegen schon verloren (obwohl man bei dieser Neuaufmachung sogar noch ein Werk als Beigabe erhält):



    In diesem Beispiel trifft das 1.Cover die hohe Qualität der herausragenden Aufnahme.
    Die Realität sieht oft anders aus.
    ;) Natürlich ist im Endeffekt nur der Inhalt entscheidend ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Welch interessanter Thread! Wie an anderer Stelle schon kurz erwähnt hört mein Auge auf jeden Fall mit! Ich würde jetzt nicht sagen, daß mich ein wenig ansprechendes Cover davon abhalten würde, eine Aufnahme zu kaufen, die ich unbedingt hören will, aber ich lege definitiv wert auf eine schöne Aufmachung.


    'Schön' heißt dabei in erster Linie dem Sujet 'Klassische Musik' angemessen. Und als solches empfinde ich eben immernoch ein halbwegs dezentes Interpreten- / Komponisten-Portrait oder meinetwegen auch ein Kunstwerk aus derselben Epoche wie das musikalische Werk - und eben nicht leicht beschürzte Mädels im pinken Gegenlicht oder gesichtslose Massencover irgendwelcher Wiederveröffentlichungs-Serien, die auch im CD-Ständer an der Lidl-Kasse keineswegs auffallen würden.


    Ich habe zum Glück zwei große Vorteile auf meiner Seite: zum einen liegt mein geschmacklicher Schwerpunkt im epochalen Mainstream zwischen Barock und Romantik. Zum anderen kenne ich noch immer recht wenig, so daß ich mich erstmal an den großen Interpreten-Klassikern abarbeiten kann, deren Einspielungen üblicherweise auf schon lange bzw. früher 'renommierten' Labels erschienen sind.


    Das bringt mit sich, daß ich um die ganzen lieblosen Eloquence- / The Originals- (gab's früher eigentlich Fälschungen auf DG? :P) / Wasauchimmer-Zweit- bis Acht-Verwertungen einen schönen großen Bogen machen und mir eine ordentlich aufgemachte Erstauflage besorgen kann. Die gibt es nicht nur (gebraucht) allzuoft sogar noch günstiger, auch gehaltvolle Begleittexte werden meistens geboten, was zumindest bei vielen Neuauflagen keineswegs mehr der Fall ist.


    Und ein Beispiel in Bildern:



    _____

  • Es gibt ja schon einige threads zu Covern und deren Gestaltung. Bei mir siegt normalerweise der Pragmatismus, d.h. ich kaufe normalerweise auch preiswerte Neuauflagen mit "hässlichen" Covern, auch wenn ich ein gewisses Faible für "Originale" nicht verhehlen kann.
    Allerding ist es keineswegs durchgehend der Fall, dass Originalcover "schöner" oder "edler" aussehen. Klar, die DG hatte lange Zeit das große gelbe Schild nur auf den Original/Hochpreisausgaben. Aber abgesehen davon, dass die Aufnahme ja nicht besser/schlechter durch eine Wiederveröffentlichung wird, finde ich viele Cover der Majors der 1970er bis 80er langweilig und phantasielos. Nämlich gestellte Bilder der Interpreten. (Archiv Produktion, typischerweise mit historischen Gemälden u.ä. gefällt mir meistens viel besser.)
    Ein weiteres Problem des "Gelbettiketts" ergibt sich durch die kleine Fläche der CDs; ich vermute, dass man auch deswegen zunehmend von großen gelben Schild weggegangen ist (wenngleich die schnelle Erkennbarkeit natürlich leidet). Bei der Bartok-Wiederveröffentlichung ist m.E. der Fehler, auf der ohnehin schon sehr kleinen CD-Fläche das meiste weiß zu lassen.
    Unter den neueren finde ich Hyperions Strategie, meistens mit Gemälden, die das gesamte Cover einnehmen, sinnvoll.


    "Originals" heißen u.a. so, weil sie das Originalcover zeigen


    In den 1950ern finden sich dagegen tatsächlich einige charakteristisch, ansprechend und witzig designte Plattencovern, hier eine tolle Galerie:


    "http://www.flickr.com/photos/jl-incrowd/sets/72157604531858301/

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Irgendwie habe ich bei dem grossen Gelbetikett dieser Hochpreis-CD´s immer schon das Gefühl gehabt, das man damit etwas ganz besonders gutes und herausragendes gekauft hat. Das war damals als LP wie heute als CD nie anders.


    Ich kann hier die Aussage von teleton nur bestätigen. Auch ich legte schon immer Wert auf ein schönes Cuver, obwohl bei einer preiswerteren Ausgabe oft das Gleiche drin war. Allerdings gab es bei den teureren Ausgaben meist auch ein ausführlicheres Booklet dazu. Ich ertappe mich gelegentlich dabei, daß ich in meiner Sammlung sogar die Platten mit etwas lädierten Cuvers liegenlasse und nicht höre, obwohl oft die LP´s selbst in Ordnung sind.

    W.S.

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  • Das bringt mit sich, daß ich um die ganzen lieblosen Eloquence- / The Originals- [...] einen schönen großen Bogen machen und mir eine ordentlich aufgemachte Erstauflage besorgen kann.


    Da stimme ich dir gerne zu. Diese Cover schreien rein äußerlich Ramsch!. Ich mag sie auch nicht. Man hat fas Gefühl, dass die Einsparung von Tinte ein Hauptargument bei deren Kreation war.


    Wirklich vorbildlich ist das Label jpc, die m.E. ein sicheres Händchen beweisen, wenn es darum geht, ein passendes Covergemälde auszuwählen. Da hört das Auge wahrlich mit. Ein gelungen und ansprechend gestaltetes Cover erweckt den Eindruck eines gleichwertigen Inhalts und signalisiert idealiter, dass es den Herstellern wichtig ist, dem inhaltlichen Wert auch äußerlich gerecht zu werden. Bei Büchern ist es ganz ähnlich. Auch wenn gilt: Beurteile ein Buch nie nach seinem Einband ist im übertragenen Sinne doch auch die Devise Kleider/Cover/Einbände machen Leute/CDs/Bücher wirksam.

    "Geduld und Gelassenheit des Gemüts tragen mehr zur Heilung unserer Krankheiten bei, als alle Kunst der Medizin." (W.A. Mozart)

  • Inwiefern Photos von Karajans Gepose oder den intellektuell in die Noten vertieften Abbado/Pollini der Musik der jeweiligen CDs besonders gerecht werden, erschließt sich mir weniger. Die eloquence-Cover sehen ein bißchen billig aus. Das trifft aber m.E. auf das Galleria-Cover u.v.a. günstige Reihen nicht unbedingt zu, zB die australische Eloquence (die ohnehin wesentlich besser ausgestattet sind). "Originals" heißen, wie schon gesagt, u.a. deshalb so, weil sie das Originalcover, wenn auch gekippt, so dass man es nicht verwechselt, abbilden. Die sehen also nicht ramschiger aus als die Originale. Ich gebe aber gern zu, dass es auch Fälle gibt, bei denen ich froh bin, ältere Ausgaben zu besitzen, auch wenn ich normalerweise nie so weit gehen würde, eine CD, die ich schon habe, durch ein "Original" zu ersetzen. Was bei den Beispielen unten aber auch daran liegt, dass Archiv (ähnlich auch Telefunken/Teldecs "Das Alte Werk" zu meinen "konservativen" Lieblingscovern gehören. Auch die "Archiv Galleria"-Cover gefallen mir, selbst wenn das LP-Cover auch nicht schlecht war, mir nun ein bißchen zu seriös, beinahe die "Karteikarten"-Cover von Archiv 45ern in den 1950ern, s. ganz unten. Die großen Boxen waren seinerzeit ja wohl in Echtleinen gebunden und hatten entsprechend eben diese beige Farbe, später hat man die Pappboxen entsprechend gestaltet.


    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Allerding ist es keineswegs durchgehend der Fall, dass Originalcover "schöner" oder "edler" aussehen. Klar, die DG hatte lange Zeit das große gelbe Schild nur auf den Original/Hochpreisausgaben. Aber abgesehen davon, dass die Aufnahme ja nicht besser/schlechter durch eine Wiederveröffentlichung wird, finde ich viele Cover der Majors der 1970er bis 80er langweilig und phantasielos. Nämlich gestellte Bilder der Interpreten.


    Das ist natürlich nicht von der Hand zu weisen. Allein, ich finde diese langweiligen Cover toll. :D Statt 'langweilig' könnte man auch sagen, daß sie eine gewisse Seriösität ausstrahlen.



    Den Fall 'früher langweiliges Interpretenfoto - heute interessante Aufmachung' gibt es übrigens auch durchaus umgekehrt. Meine Pressung Mahlers 2. Sinfonie von Zubin Mehta / VPO sieht so aus:




    Dagegen müsste ich mir heute in den Schrank stellen:




    Da weiß ich doch, was ich will... Aber so ist's ja auch gut: jedem Tierchen sein Pläsierchen. :)

  • Der Journalist Dieter Fuoß hat es geschafft, dass bei den seinerzeit berühmten Elektrola-Opernquerschnitten bei der Wiederveröffentlichung auf der einen Seite im Grunde nichtssagende Grafikspielereien auf der anderen Seite jedoch die von ihm "geretteten" ehemaligen heute bereits nostalgisch wirkenden Originalcover vom Erscheinungsdatum verwendet wurden. Welch heimeliges Erinnerungsvergnügen wurde sofort allein durch Sehen und Wiedererkennen geweckt.
    Wie stark das Auge am Hören beteiligt beweist auch folgende Tatsache. Wenn ich die Lippenbewegungen des Sprechers sehe, dann ist die Verständlichkeit des Gesprochenen messbar höher. Jeder Schwerhörige kann dies bestätigen. Er wird sich deshalb immer bemühen, dem Sprecher auf's Maul zu schauen.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Hallo operus,


    Jeder Schwerhörige kann dies bestätigen. Er wird sich deshalb immer bemühen


    Ja - Er - der Schwerhörige, wie Du selbst schreibst, auch der Blinde setzt Ersatzsinne ein, um seine Blindheit z. T. zu kompensieren. Der normal Hörenden benötigt das nicht und für Musik ist es sowieso nicht tauglich.


    Auf Opernaufführungen angewendet: Wer es sich leisten kann, stets im Parket in der 1. odr 2. Reihe sitzen zu können (oder in der passenden Proszeniumsloge) kann dem/der Sänger/in aufs Maul schauen - für die letzten Reihen oder Ränge gilt das dann nicht und die hören wie ( die sich u. U. verschlechternde Akustk nicht beachtend)?


    LG
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

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  • Du hast recht. dass man bei den Legends, einer auch interpretenzentrierten Reihe, leider langweilige Cover gewählt hat.
    Aber keines dieser beiden ist das originale LP-Cover! Das findet sich wie bei allen Legends-Ausgaben auf der Booklet-Rückseite:



    Meine Ansicht ist: Interpretenfotos gehören ins Beiheft, vorne drauf was schöneres/originelleres. Freilich gab es zu LP-Zeiten bei Einzelscheiben meistens kein Beiheft, sondern nur Text auf der Rückseite. Ich kann auch einräumen, dass zB einige der Posen Karajans (oder C. Kleibers u.a.) einen gewissen Style haben. Aber viele davon sind wirklich einfach grauenvoll oder unfreiwillig komisch:



    Wer hat die schönsten Locken/Koteletten?



    Wann ist die Fotosession endlich vorüber...? (Starker hat vermutlich in einer der nicht sichtbaren Hände ne Kippe...)

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Starker hat vermutlich in einer der nicht sichtbaren Hände ne Kippe...


    Das glaube ich nicht, denn so etwas tun diese grossen Solokünstler ihren wertvollen Instrumenten nicht an !
    ;) In der Erstausgabe ist die Hand auch drauf, da die Ecke dort nicht abgeschnitten ist.


    Zu dem Decca-Cover Mahler 2 - Metha:
    Ich habe mir kürzlich diese Decca-Doppel-CD gekauft; aber nicht wegen Mahler 2 (gar nicht so toll wie allenortes propagiert, ;) wenn ich an Solti denke !), sondern wegen der TOP-Aufnahme der Schmidt 4 !
    Dieses Cover halte ich gegenüber den anderen abgebildeten Veröffentlichungen für das Gelungenste.


    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Mir gefällt das Mahler-Cover mit dem jüngsten Gericht oder was das sein soll auch nicht besonders.
    Starker war/ist ein starker Raucher; ich bin mir ziemlich sicher, dass ich Fotos gesehen habe, wo er beim Cellospielen eine Kippe im Mund hat (ebenso Feuermann und auch Casals mit Pfeife). In einem Beiheft sieht man bei Proben/Aufnahmen des Budapester Streichquartetts in den 1940ern oder 50ern im Studio eindeutig Aschenbecher in Reichweite der Musiker. Vielleicht nur für die Pausen...

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Emanuel Feuermann (Casals finde ich nur mit Pfeife ohne Cello oder umgekehrt)


    Struck by the sounds before the sun,
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    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Meine Kaufentscheidung wird nicht vom Cover bestimmt, sondern vom Inhalt, den Interpreten usw. A b e r: Ich finde es durchaus angenehm, wenn das Cover schon deutlich auf den Charakter des Inhalts oder auf Interpreten hinweist. Ich sammle seit Langem Sängerporträts. Die Reihe "Große Sänger der Vergangenheit" mag mit den Fotos der Sänger nicht sehr originell sein, aber allein ein neues Interpretenfotocover regt mich an, mir die CD genauer anzusehen. Ein weiteres Label lässt mich allein durch die (ebenfalls nicht einfallsreiche) Gestaltung des Covers aufmerksam werden: Walhall. Es wäre übertrieben zu sagen, dass hier das Auge mitisst, aber ein Stimulus wird im entsprechenden Gehirnareal wohl ausgelöst: Kauf es, kauf es, kauf es....
    Gruß
    Lohengrin