Konzertbesuche und Bewertung

  • Ich bitte um Pardon, falls ich dieses Porträt im falschen Thread unterbegracht habe. Falls die Moderatoren meinen, es passte besser in den Tastenlöwen-Thread : bitte, verschieben!


    Danke! Peter Schünemann

  • In Gera war ich am 11.07.2012 im letzten Konzert der Spielzeit, bei großer Hitze.


    Auf dem Programm:


    - Ravel - Alborada del gracioso


    - Manuel de Falla - Nächte in spanischen Gärten, Klaviersolist Herbert Schuch


    - Debussy - Iberia aus Images pour orchestre


    - Ravel - Bolero


    Es spielte unser Geraer philharmon. Orchester in voller Besetzung (79 Musiker), es dirigierte der in Gera sehr geliebte Gabriel Feltz


    Ein für meine Geschmack sehr anspruchsvolles Programm, welches trotz der Hitze und der Urlaubszeit vor fast ausverkauftem Haus stattfand. Natürlich Riesenjubel nach dem Bolero, aber auch sehr viel Beifall nach allen Stücken, und Zugaben nach dem de Falla.


    Ein gelungener Abend, dank Feltz. Wir wünschen uns in Gera einen solchen Dirigenten als Langzeitlösung. Feltz war 5 Jahre GMD und Chefdirigent in Gera, bevor er nach Stuttgart wechselte. Zur Zeit sucht Gera einen neuen GMD und wird hoffentlich bald fündig.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ich war gestern Abend in meinem letzten diesjährigen Konzert auf dem Klavierfestival Ruhr. Nach Radu Lupu, Arcadi Volodos und Steven Kovacevic war gestern András Schiff auf dem Programm. Grigory Sokolov habe ich jüngst wegen plötzlicher Erkrankung (Bandscheibe) verpasst.Heute Abend wird das Klavierfestival mit einem großen Jazzkonzert beendet.
    Andras Schiff, den ich in diesem Jahr schon zum zweiten Male sehen konnte, (nach dem Wohltemperierten Klavier in Essen), trat gestern in Mülheim auf. Ich war schon sehr gespannt auf dieses Konzert, weil zum einen endlich wieder ein reines Schubertprogramm auf der Agenda stand und zum anderen zum ersten Mal in einem Klavierprogramm ein historisches Instrument auf der Bühne stand, ein Hammerflügel von 1820, der Franz Brodmann aus Wien zugeschrieben wird.
    Vor der Pause stand eine meiner Schubertschen Lieblingssonaten auf dem Programm, die "sonata quasi und fantasia" G-dur D.894, die ich u.a. in einer unvergleichlichen Intrepretation von Swjatoslaw Richter in meiner Sammlung habe. Ich war auch ein wenig skeptisch, ob der Hammerflügel wohl diese gewaltigen Werke, die o.a. Sonate, in der meines Wissens Schubert zum einzigen Male (im Kopfsatz eine fff vorschreibt), und nach der Pause die B-dur-Sonate D.960 bewältigen würde.
    Ich merkte sogleich, dass ich von der Betrachtungsweise, Schubert nur mit dem Steinway zu akzeptieren, Abschied nehmen musste, denn, obwohl Schiff dem "Brodmann-Flügel" maximal ein f entlocken konnte, war sein Gesamtkonzept jedoch so schlüssig und seine Interpretation auf einem derartig hohen lyrischen Niveau, dass man die Beispiele Swatoslaw Richter, Elisabeth Leonskaja, Radu Lupu und auch Wilhelm Kempff, (für den Moment) einfach mal vergessen musste.
    Das war Schubertspiel auf höchstem Niveau, verbunden mit dem Wagnis, die dynamischen Vorgaben mit diesem Flügel nicht erreichen zu können. Wenn man das vergaß, konnte man hier einen wunderbar klingenden Flügel vernehmen, der von einem veritablen Klavierpoeten gespielt wurde. Dies merkte auch sehr bald das Publikum und lauschte gebannt dem Vortrag. Dies äußerte sich auch schon in reichem Beifall zur Pause und steigerte sich noch zu stehenden Ovationen am Schluss des Konzertes, nachdem eine meiner beiden Lieblingssonaten überhaupt, die B-dur-Sonate, verklungen war. (Die andere ist die ähnlich gelagerte c-moll-Sonate op. 111 von Beethoven).
    Die B-dur-Sonate habe ich nun schon so oft gehört, von allen sicherlich am häufigsten, von Leonskaja (2mal), Buchbinder, Andsnes, Knauer, Endres, Stadtfeld, Goode, und natürlich Alfred Brendel), und ich weiß nicht, ob ich noch jemand vergessen habe.
    Schiff kann natürlich nicht die dynamischen Spitzen objektiv herausarbeiten, aber im dynamischen Binnenverhältnis ist seine Interpretation ungeheuer ausgewogen und fesselnd. Seine Anschlagskultur ist vom Feinsten, und er strahlt auch eine enorme Gelassenheit aus, auch als mitten in der G-dur-Sonate eine der vier Metallstangen, die die Pedale mit dem Flügelcorpus verbinden, mit lautem Getöre zu Boden fällt. Schiff zuckt nicht mal.
    Auch rhythmisch und temporal ist sein Vortrag sehr ausgewogen, sozusagen in der goldenen Mitte.


    Zum krönenden Abschluss spielte Schiff zwei Zugaben, ebenfalls von Schubert, zuerst das Klavierstück Nr. 1 es-moll D.946 und zum Abschluss die Ungarische Melodie h-moll D. 817


    Dies war ein verklärender Klavierabend.


    Liebe Grüße


    Willi :rolleyes:


    Liebe Grüße


    Willi

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Gestern Abend stand im MuK (Musik- und Kongress-Zentrum) Lübeck beim diesjährigen Schleswig-Holstein Musik-Festival das Israel Philharmonic unter der Leitung ihres Chefdirigenten Zubin Mehta auf dem Programm, der diesen Posten seit 35 Jahren innehat, der ihm vor 31 Jahren auf Lebenszeit verliehen wurde.
    Interessant ist, wenn auch sicherlich zufällig, dass dieses Orchester 1936 von dem großen polnischen Geiger und Dirigenten Bronsilaw Huberman als "Palestine Orchestra" just in dem Jahr gegründet wurde, als sein heutiger Chefdirigent geboren wurde. Das erste Konzert am 2. Weihnachtstag 1936 wurde übrigens von Arturo Toscanini dirigiert.
    Auf dem Programm stand als Erstes die 8. Symphonie von Ludwig van Beethoven, die ich übrigens zum ersten Mal live hörte. Ich weiß nicht, wie oft ich dagegen schon die Eroica und die Neunte live erlebte. Die erste Neunte war 1962, die vorläufig letzte 2011.
    Wie dem auch sei, Mehta nahm die Achte nicht zu schnell, aber auch nicht zu langsam und verstand es, dieses groß aufgestellte Eliteorchester zu einem klaren, wegen des großen Streicherapparates sehr samtigen Klang zu führen. Es wurde auch schnell klar, wie perfekt die Übereinstimmung zwischen Dirigent und Orchester inzwischen ist. Durch die breite Aufstellung wurde eine ausgezeichnete Transparenz erreicht, und die musikalische Struktur wurde nicht zuletzt durch einen Herrn namens Dan Moshayev erreicht, den Solopuakisten des Israel Philharmonic.
    Hielt er sich im Kopfsatz der Achten noch vornehm zurück, so war natürlich im Finale kein Halten mehr. Seine Aktivitäten erfuhren in der Symphonie "Aus der Neuen Welt" natürlich noch mal eine Steigerung.
    In dieser Aufführung gab es keine schwache oder unauffällige Instrumentengruppe. Es war atemberaubend, wie organisch und harmonisch sich das musikalische Geschehen gestaltete. Auch wenn das Blech durchaus mal zur Sache kam oder eine längere heftige Tuttisteigerung anstand wie die, ich nenne sie mal "Furtwänglersteigerung" in der zweiten Hälfte des Kopfsatzes, blieb das klangliche Gleichgewicht erhalten.
    Das zweite Stück vor der Pause, das Capriccio espagnol op. 34 von Nicolai Rismky-Korsakoff, begeisterte das Publikum gleichermaßen, ist es doch ein Stück, bei dem das Orchester sämtliche Register ziehen kann und dies in Lübeck auch tat. Stehende Ovationen schon vor der Pause waren die Folge.
    Nach der Pause folgte eine kaum glaubliche Steigerung.
    Die Neunte Dvorak, schon von Natur aus ein publikumswirksames Stück, wurde zum Höhepunkt des Abends, auch, und vielleicht gerade, weil Mehta ein relativ zügiges Tempo wählte und das Largo nicht breitwalzte, sondern es eher als Larghetto auffasste. Überhaupt war das Klangbild des Abends nicht teutonisch-heroisch, sondern durchweg swingend, was, bei der Achten Beethoven und auch beim Capriccio selbstverständlich ist, aber bei der Neunten Dvorak nicht unbedingt. Es tat aber dem Stück sehr gut, und deswegegn steigerten sich die Jubelstürme nach der Neunten noch. Dann kam ich noch zu meinem Aha-Erlebnis.
    Zum ersten Mal, seit ich in Lübeck Konzerte sehe, gab es eine Zugabe, und Mehta wählte die Ouvertüre zu der Oper "Macht des Schicksals". Nun verstand ich auch, weshalb eine Dame neben mir in der Pause sagte, das Konzert würde bis 22.15 Uhr dauern. Nach meiner Rechnung hätte es nur bis kurz nach 22.00 Uhr dauern dürfen. Aber die Dame war am Abend zuvor in Kiel gewesen und hatte dort das Konzert schon einmal gesehen.
    Nach diesem Konzert weiß ich gar nicht so recht, warum ich bisher so wenig von Zubin Mehta auf CD habe. Aber das wird sich ändern.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Immer wieder schön zu lesen, dass Forianer auch wirklich in Konzerte gehen, leider lese ich hier so etwas viel zu selten.
    Und wenn es dann noch so mitreissend geschrieben wurde.


    Vielen Dank
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Komme gerade aus der ausverkauften Münchner Philharmonie aus dem Konzert der
    Sächsischen Staatskapelle DRESDEN unter der Leitung von
    CHRISTIAN THIELEMANN
    Wagner Vorspiel und Liebestod Tristan und
    Bruckner 7. Sinfonie!
    Ovationen für THIELEMANN und sein Orchester!
    Es war ein ganz großartiges KONZERT!
    Eine Sternstunde!
    :jubel::jubel::jubel:

    mucaxel

  • Eine Sternstunde!


    Schon erstaunlich. Vor einer Woche hat er die 7. Bruckner in seinem Einstandskonzert in Dresden dirigiert. Die Aufführung war sicherlich sehr ordentlich, von mir aus auch sehr gut, aber eine Sternstunde war beim besten Willen nicht zu vernehmen.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Gerade bei einer Live-Aufführung ist es doch ein ganz persönliches Ereignis, bei dem doch kaum ein anderer entscheiden kann, ob es eine Sternstunde für den Hörenden war.
    Deshalb lieber Mucaxel: "Schön für dich und beneidenswert. MÖge es lange nachhallen!"
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Danke Klaus 2 genauso ist es!!!
    Und genauso war es und deshalb hält es lange an.
    Positiv erstaunt war ich über die Qualität des Orchesters die spielten hinreißend.
    Nach dem Abgang von Christian Thielemann hier in München kam dem Konzert eine besondere Bedeutung zu.
    Das Publikum empfing den verlorenen Sohn schon zu Beginn mit lautstarken Bravo Rufen und am Schluß gab es für das Orchester und Thielemann lautstarke OVATIONEN.
    Es war also ein außergewöhnliches Konzertereignis und für mich eine STERNSTUNDE gemischt mit Trauer das wir Thielemann hier in München verloren haben!


    :jubel::jubel::jubel:

    mucaxel

  • Es ist schade für die Münchener, es ist gut für die Dresdener. Nur scheint man im MDR-Sendegebiet gar nicht zu begreifen, was da ins Dresdener Haus gekommen ist!! Sein Antrittskonzert wurde nicht im Fernsehen übertragen, für mich unverständlich. Als Thielemann in München seinen Einstand gab - mit der 5. von Bruckner - war das im Fernsehen zu erleben, und es war grandios!!


    Aus Dresden kommt dagegen nichts! Armes Mitteldeutschland (ich wohne auch da). Oder kommt das später, und ich weiß es nur nicht?


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Nach dem großen Erfolg der Opening Night 2011 stand das diesjährige Eröffnungskonzert des NDR-Sinfonieorchesters unter dem Motto "Wiener Melange". Auf dem Programm standen:


    I.Teil


    W.A.Mozart, Szenen und Arien aus Don Giovanni


    Olga Peretyatko als Donna Anna
    Véronique Gens als Donna Elvira
    Markus Eiche als Don Giovanni
    Guido Loconsolo als Leporell
    Wilhelm Schwinghammer als Il Commendatore


    NDR-Sinfonieorchester, Ltg. T.Hengelbrock


    II.Teil


    F.Schubert, Sinfonie Nr.8 C-Dur D944 "Die Große"


    NDR-Sinfonieorchester, Ltg. T.Hengelbrock


    III.Teil


    C.Millöcker, Ouvertüre zu Der Bettelstudent
    J.Brahms, Ungarische Tänze (Nr.1 g-moll, Nr.20 e-moll und Nr.6 D-Dur)


    NDR-Jugendsinfonieorchester, Ltg. T.Hengelbrock


    Werke von J.Strauß (Sohn) und F.Lehár


    u.a. NDR-Sinfonieorchester und "NDR-Sinfonieorchester-Chor", Ltg. T.Hengelbrock


    Um es gleich vorweg zu nehmen: Auch diese zweite Openning Night kann als voller Erfolg verbucht werden! - Doch der Reihe nach:


    Begonnen wurde der Abend im ersten Teil mit einer (halb-szenischen) Zusammenstellung einiger Pretiosen aus Mozarts Don Giovanni; u.a. Ouvertüre, die "Register-Arie" des Leporello, "Crudele! Ah no, ..." (Donna Anna) und Finale (ohne Epilog!). Am meisten überzeugt hat mich hierbei Olga Peretyatko mit brillianter Stimme und hochdramatischem Ausdruck. Ebenfalls profund Wilhelm Schwinghammers kräftiger, dämonischer Baß. Und auch die kleinen, szenischen Einfälle möchte ich meilenweit vor dem aktuellen Staatsopern-Don Giovanni von D.Dörrie einordnen!


    Der musikalische Höhepunkt jedoch folgte im zweiten Teil mit Schuberts großer C-Dur-Sinfonie: Zuerst die Idee, die einleitenden Hörner nicht auf der Bühne, sondern außerhalb des Saales im Gardrobengang zu platzieren und damit das Gefühl "eines Tones von überall her" zu geben. Dann, gleich mit dem ersten Einsatz des Orchesters machten Orchester und Dirigent sofort deutlich, dass man hier nicht den allbekannten Repertoire-Schinken der "himmlischen Längen" zum Besten geben wollte. Vielmehr ein von Beginn an straffes durchmusizieren, jedoch stets mit klarem Blick auf Struktur und Detail. Phänomenal die "Katastrophe" im zweiten Satz (Andante con moto) mit anschließendem Verhalt in genau der richtigen Länge.


    Zum dritten Teil dann wurde kurzerhand das Orchester ausgetauscht! Für die Ouvertüre zu Millöckers Bettelstudent, sowie dreier Brahmscher Ungarischer Tänze spielte nun das gerade neu gegründete NDR-Jugendsinfonieorchester auf. Hier scheint mir dem NDR ein großer Wurf in der Nachwuchsförderung gelungen zu sein. Das durchweg sehr jung besetzte Orchester begeisterte das Publikum durch Professionalität und vor allem unbedingte Spielfreude.


    Zum Schluß des knapp vierstündigen Abends dann wieder die "alt-ehrwürdigen" NDR-Sinfoniker mit einigen Operetten-"Rausschmeissern", wie u.a. die zweite Arie der Adele aus der Fledermaus mit einer abermals umwerfenden Olga Peretyatko, der Jupi Heesters-Klassiker gesungen von Markus Eiche, sowie "Lippen schweigen" einmal als Duett M.Eiche/V.Gens und einmal als Duett Damen/Herren des NDR-Sinfonieorchesters - ja, auch dieses Jahr wieder musste bzw. durfte das Orchester singen und es hatte sichtlich großen Spaß daran!


    Das einzige Problem an diesem herrlichen Spätsommerabend dürfte nun sein, dass es für die Opening Night 2013 noch etwas schwerer werden dürfte, an Karten zu kommen Zumindest einige der nun folgenden Abonnement-Konzerte habe ich bereits gebucht (siehe meinen Saisonplan).


    [i]p.s.


    Was das Feuilleton meint:


    Einmal Wiener Melange bitte seeeeehr!!


    Ein wilder, langer, leichter, fabelhafter Abend


    Und wer sich selber einen Eindruck verschaffen will:


    "Opening Night" zum Nachhören und -sehen


    Viel Spaß!

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • F. Schubert (1797—1828): Ouvertüre im italienischen Stile C-Dur D 591
    N. Paganini (1782—1840): Violinkonzert Nr. 2 op. 7 h-Moll "La Campanella"
    J. Haydn (1732—1809): Symphonie Nr. 103 Es-Dur Hob. I:103 "Mit dem Paukenwirbel"




    Paul Kropfitsch, Violine


    Österreichisch-Ungarische Haydn-Philharmonie
    Adam Fischer


    Drei Werke, von denen ich nur eines, das letzte, wirklich kannte. Und selbst das hatte ich ewig nicht mehr komplett gehört. Es fing beschwingt an mit der Italienischen Ouvertüre von Schubert, ein Stück, das zu Unrecht so im Schatten steht und schon sehr romantisch daherkommt. Es folgte das 2. Violinkonzert von Paganini, von dem ich bis dato nicht einmal von seiner Existenz wusste. Die Befürchtung, das würde der langweiligste Teil des Abends, erfüllte sich indes nicht. Mir war nicht bewusst, was für ein guter Komponist Paganini eigentlich war. Die Orchesterparts waren mehr als nur reine Begleitung, durchaus feurig und mitreissend orchestriert. Und dann natürlich der Solo-Geiger, ein gerade 12jähriger Bub und bereits mehrfacher Preisträger: Paul Kropfitsch. Zweifellos heimste er (zurecht) den meisten Applaus des Abends ein. Sehr viele Bravi. Da ich das Werk vorher nicht kannte, kann ich es nicht vergleichend beurteilen, aber die Stimmung im Saale verdeutlichte eindeutig: Wunderbar gelungen. Fischer begleitete ebenfals hervorragend, und spielte sozusagen nicht nur die zweite Geige. Ein interessantes Werk, das man sich mit Genuss anhören kann. Es folgte die Pause, danach kam der eigentliche Höhepunkt des Abends: Haydns 103. Symphonie. Erst jetzt also widmete man sich dem eigentlichen Namensgeber des Festivals. Und obwohl das Paukensolo am Anfang für meine Begriffe arg kurz war (hörte man deutlich ausgefeilter in diversen Aufnahmen), war es dann doch eine gewinnende Wiedergabe. Nur leider waren ausgerechnet die Pauken in dieser "Paukenwirbel-Symphonie" etwas unterbelichtet. Aber na ja. Als Zugabe folgte das witzige Finale der 88. Symphonie, das nochmal ein Highlight wurde. Am Ende sehr viel Beifall im restlos ausverkauften Haydnsaal, übrigens eine sehr hübsche Räumlichkeit im ebenfalls beeindruckenden Schloss Esterházy. Insgesamt gesehen sicher ein gelugenes Konzert.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich finde sowieso, dass Konzerte mit Nachwuchskräften immer einen ganz besonderen Zauber haben. Da mag manches vielleicht ein wenig unreif sein, die Begeisterung, Spielfreude und der STolz machen sehr viel wett. Sicher, die Diskussion über überforderte/überförderte Wunderkinder ist auch nicht zu vernachlässigen. Trotzdem, König Josef hat es ja auch erlebt: Nachwuchskonzerte sind einfach klasse!


    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Sagitt meint


    Eben die missa solemnis mit diesen Kräften:


    Simone Schneider, Sopran »
    Bernarda Fink, Alt »
    Dominik Wortig, Tenor »
    Jochen Kupfer, Bass »
    Chor des Bayerischen Rundfunks »
    Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen »
    Herbert Blomstedt, Dirigent »


    in der Bremer Glocke.


    Großer Jubel danach.


    Die Protagonisten waren hochrangig. Die missa für den Chor kein Problem, die Solisten gut anhörbar, Frau Fink ein wenig enttäuschend.


    Die Hauptherausforderung. Herbert Blomstedt. 1927 geboren.


    Natürlich muss ich schreiben, erstaunlich, fast unfassbar, wie ein Mensch mit 85 Jahren noch eine solche Leistung vollbringt.
    Aber ich muss auch schreiben, man würde diesem keine Hochgebirgstour zumuten.


    Die missa solemnis ist für mich das kühnste Werk Beethovens. Von seiner Kühnheit hörte ich nichts. Alle schwierigen Stellen, im Gloria, im Creda oder im Agnus Dei waren blitzsauber musiziert, aber kein bisschen existientiell. Wenn ich Gardiner höre, wenn ich die Kammephilharmonie sonst mit Beethoven höre (und Järvi) ist das aufregend. Hier konnte man allen Beteiligten Anerkennung bezeugen, aber aufregend war es nicht.


    Wie hätte das wohl Hermann Scherchen gemacht? Oder Currentzis?


    Blomstedt wieder sicher übermorgen im Feuilleton gefeiert werden.


    Ich ging mit einer gewissen Enttäuschung nach Hause.
    :

  • J. Haydn (1732—1809): Symphonie Nr. 24 D-Dur "Mit dem Flötensolo"
    J. Haydn (1732—1809): Symphonie Nr. 53 D-Dur "L'imperale"
    J. Haydn (1732—1809): Lira Concerto F-Dur, Hob. VIIh:5
    W. A. Mozart (1756—1791): Symphonie Nr. 10 G-Dur, KV 74
    J. Haydn (1732—1809): Symphonie Nr. 89 F-Dur


    Academy of Ancient Music
    Bernard Labadie


    Gestern ging es noch einmal nach "Deutsch-Südwest-Ungarn", sprich nach ins Burgenland nach Eisenstadt ins Schloss Esterházy. Diesmal stand der eigentliche Namensgeber des Festivals voll im Mittelpunkt: Gleich drei Haydn-Symphonien gab es diesmal, die 24. (1764), die 53. (1774) und die 89. (1787), ferner das sog. 5. Lira Concerto (1786). Der Haydn umrahmte gleichsam Mozarts 10. Symphonie (1774). Es fing recht beschaulich an mit der 24. Symphonie "Mit dem Flötensolo", die man fast auch Flötenkonzert hätte nennen können. Die Flötistin machte ihre Sache dann auch sehr gut und hatte im 2. Satz ihren großen Auftritt. Die anschließende 53. Symphonie "L'imperiale" machte ihrem Namen alle Ehre: sie klang wahrhaft imperial. Was ein einziger zusätzlicher Paukist doch ausmacht! Im Ganzen ein viel gewichtigeres, pompöseres Werk. Ein guter Kontrast und ansprechend dargeboten. Nach der Pause folgte das ominöse 5. Lira Concerto, dessen 2. und 3. Satz später in der 89. Symphonie, die noch folgen sollte, adaptiert wurden. Die Flötistin und der Oboist waren wiederum tadellos. Nun der "Einschieber": Mozarts 10. Symphonie. Eine völlig andere Tonsprache, sofort als "Nicht-Haydn" erkennbar, insofern ein interessanter Vergleich. Besonders die beiden Hörner in der Coda des Finalsatzes wussten zu beeindrucken. Abschließend folgte der fraglose Höhepunkt des Konzerts, die bereits genannte 89. Symphonie, die nie die Bekanntheit ihrer Schwester, der 88. erlangte, und von allen späten Haydn-Symphonien (ab der 82.) wohl zusammen mit der 91. das Schattendasein führt. Zu Unrecht, wie man eindeutig sagen muss! Bereits der Kopfsatz reisst mit, und das Niveau wird bis zuletzt gehalten. Da kann man nur eine Lanze brechen für dieses Werk und hoffen, dass sie künftig häufiger aufgeführt wird (sie live zu erleben, ist wohl fast schon ein Privileg). Ein Wort zum Orchester und dem Dirigenten: Die Academy of Ancient Music ist kein Unbekannter, handelt es sich doch um das Hogwood-Orchester. Das Spielen auf historischen Instrumenten erwies sich als großer Gewinn des Abends. Da waren hörbar echte Profis am Werke. Der mir bis dato völlig unbekannte kanadische Dirigent Bernard Labadie erwarb sich alle möglichen Sympathien des Publikums. Sein Dirigierstil war feurig, mitreissend und energisch. Ein neuer Hoffnungsträger für die Alte-Musik-Szene! Alles in allem ein sehr gelungener Konzertabend, auch ohne Zugabe. Das Haydn Festival 2013 soll übrigens im Zeichen von Beethoven stehen. Jos von Immerseel wird vertreten sein, wie man vernehmen konnte. Ein Grund mehr, wieder dorthin zu fahren.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Im Rahmen des Musikfestes Berlin, früher waren es die Berliner Festwochen, präsentieren sich neben den Gastensembles auch immer die Berliner Orchester mit interessanten Programmen. Mich reizten die Gastorchester wegen der sehr ausgefallenen Programmwahl diesmal überhaupt nicht, sondern ich entschied mich für den Beitrag des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin (RSB) unter seinem Chefdirigenten Marek Janowski.


    Der Janowski steht ja leider etwas im Schatten der anderen Orchesterchefs, obwohl er immerhin schon seit zehn Jahren Chef des RSB ist. Vielleicht weil er eben gar kein Pultstar ist, sich ganz in den Dienst der Musik stellt und eben völlig uneitel, vielleicht auch medienscheu ist. Dabei macht er großartige Programme, z.B. konzertant einen Wagner-Zyklus mit hervorragenden Solisten, dirigiert ein großes Repertoire meistens auswendig und strahlt eine ungemein beeindruckende Ruhe, aber auch Sicherheit aus. Dadurch gelingt es ihm, das Orchester stets zu Höchstleistungen zu führen.


    So auch jetzt wieder mit folgendem Programm:


    Hans Werner Henze: Sinfonie Nr. 6
    Sergej Rachmaninow: Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 d-Moll op. 30
    - Solist: Nikolai Lugansky


    Ehrlich gesagt bin ich wegen des Klavierkonzertes gekommen. Aber ich war auch neugierig auf die Henze-Sinfonie, über die ich mich vorher in meinem Konzertführer informieren konnte, so dass meine Erwartung schon entsprechend war.


    Beide Werke sind je von ca. 40 Minuten Spieldauer.


    Zunächst zu Henze:


    Aus eins mach zwei, die gesamte Bühne einschließlich dort, wo sonst die Podiumsplätze sind, war voll gestellt. Es ist eine Sinfonie für zwei Orchester. Allerdings ist alles völlig durchgemischt, es gibt Geigen da, Geigen dort, Celli da, Celli dort, Bläser hier und da, Percussion hinten und auch mittendrin, Saxophon, Gitarre, Hammondorgel , Klavier nicht zu vergessen. Es sind z.T. gewaltige Klangwogen, die sich durchziehen, bizarre Ausbrüche, aber auch zarte Empfindungen bis zum ekstatischen Abschluss sind zu hören und immer wieder neue Klänge. So durchgemischt wie die Orchesteraufstellung, so durchgemischt auch die Musik, mal Streicher solistisch, dann wieder tutti oder von links nach rechts und umgekehrt und wieder alles zusammen. Überwiegend war es laut, aber (vielleicht deshalb?) nie langweilig und musikalisch auch für einen konservativen Hörer nicht abstoßend. Ursprünglich wollte Henze für zwei Orchester auch zwei Dirigenten, das ging aber bei den Proben überhaupt nicht, so wurde bei der Uraufführung in Kuba 1969 darauf verzichtet. Im Jahre 1994 wurde die jetzige Fassung des Werkes in München vorgestellt, worin sich diese von der ursprünglichen Version unterscheidet, geht aus dem Programmheft leider nicht hervor.


    Wie der Dirigent das alles zusammenhalten kann, meine ganz große Hochachtung! Nach diesem Riesenwerk in einer Riesenbesetzung ein bescheidenes Kopfnicken vor dem begeisterten Publikum. Das ist Janowski.


    Anschließend der Dirigent im Hintergrund bei Rachmaninows gewichtigem Klavierkonzert.


    Lugansky beginnt ganz unsentimental das lapidare Eingangsthema, dann geht es spielerisch eine ganze Weile weiter bis sich dann die Akkorde auftürmen und sich mit rasanten Läufen abwechseln. Das Orchester präsentiert sich teilweise sehr breit in den Streichern, assistiert von präzise einsetzendem Holz und Blech. Aber der Star ist hier eindeutig der Pianist, der sich als ein wahres Energiebündel präsentiert. :jubel: Unglaublich, wieviel Kraft diese Musik im Klavier erfordert. Viele Bravos, die den Solisten dennoch nicht zu einer Zugabe veranlassen konnten. Ich verstehe das aber, nach solchem Gewaltritt.


    Viele Grüße aus Berlin


    :hello:



    Manfred

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Am Freitag, Kölner Philharmonie. Lisa Batiashvili spielt das Violinkonzert von Beethoven. Sie ist ganz Gefühl und Begeisterung, sie transportiert diesen Emonionensturm direkt ins Publikum. Es ist einfach herrlich, wohl noch nie so viele Tränen im Konzertsaal vergossen. Sie reisst auch das Orchester mit, das sich regelrecht verausgabt. (Vor allem der Paukist, der sowieso einen Traumtag erwischt hat).


    Zugabe ein kleines Stück von tja Tsintsadze oder so ähnlich. Den Beginn hatte ich ursprünglich für ein Handyklingeln gehalten, es waren aber lauter Flageolettöne, - wunderschön.


    Dagegen kam die 1. von Sibelius dann nicht mehr wirklich an. Saraste, immerhin auch Finne, ging das Werk sehr schroff und eckig an. Aber wie gesagt, der Eindruck von Beethoven war so stark, da war die Symphonie einfach nicht viel mehr als ein Anhängsel. Schade eigentlich.


    Aber ein toller Abend!!

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Sagitt meint:



    Do 20.9.2012, 20 Uhr, Bundeskunsthalle
    Choreographisches Konzert


    Midori Seiler (Violine)
    Akademie für Alte Musik Berlin
    Clemens-Maria Nuszbaumer (Musikalische Leitung)
    Juan Kruz Diaz de Garaio Esnaola (Regie, Choreographie)
    Antonio Ruz (Tanz)


    Jean-Féry Rebel:
    »Les éléments« (»Die Elemente«). Symphonie nouvelle für Streicher und Basso continuo


    Antonio Vivaldi:
    »Le quattro stagioni« (»Die vier Jahreszeiten«) op. 8, 1-4


    ausverkauft. Im ersten Teil Musik und Tanz, Einzelchoreographie, der zweite unter Einbeziehung des gesamten Ensembles.


    Schon eindrucksvoll, zu welcher Choreographie Musiker fähig sind, in welchen Haltungen sie noch spielen können.


    Es war nicht die mitreißendste Interpretation der quattro stagioni, aber sicher die köperbetonteste.
    Midori Seiler als Solistin eindrucksvoll, teilweise sehr schroff.


    Die Stimmungen der einzelnen Jahreszeiten wurden in intensiven Bildern eingefangen.


    Vor allem der pp-Zugang gefiel mir besonders. Da hörte man keine Stecknadel fallen. Das Publikum war gebannt.


    Am Schluss kein Jubel, aber intensiver Beifall.

  • Am Freitag, Kölner Philharmonie. Lisa Batiashvili spielt das Violinkonzert von Beethoven. Sie ist ganz Gefühl und Begeisterung, sie transportiert diesen Emonionensturm direkt ins Publikum. Es ist einfach herrlich, wohl noch nie so viele Tränen im Konzertsaal vergossen. Sie reisst auch das Orchester mit, das sich regelrecht verausgabt.


    Anscheinend "tourt" L.Batiashvili gerade mit Beethovens Violinenkonzert: Am 18. u. 21.10.2012 auch in Hamburg mit dem NDR-Sinfonieorchester unter T.Hengelbrock. Die Karten sind schon gebucht, allerdings hauptsächlich wg. Schostakowitschs 9ter, die ebenfalls auf dem Programm stehen wird.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Die Saison hat begonnen und wie schön, dass es schon wieder ins Konzert geht, diesmal zu den Berliner Philharmonikern.


    Gestern also in der Philharmonie mit Sir Simon Rattle und dem Hauptwerk Beethoven Sinfonie Nr. 7 A-Dur op. 92, ein mir sehr vertrautes Werk. Darauf komme ich nach den beiden anderen Stücken.


    Das Programm wurde an drei Tagen gegeben und immer ausverkauft, obwohl es nichts Außergewöhnliches oder Bombastisches zu hören gab. Offenbar hat Rattle in Berlin nach zehn Jahren den Bonus, der es ihm erlauben kann, ohne Programm- und Stilrücksichten Konzerte zu machen und ein volles Haus zu bekommen.


    Es fing ja auch sehr traditionell an mit Haydn Sinfonie Nr. 95 c-Moll, eine der wenigen moll-Sinfonien des Komponisten. Von den Musikern dürften es nur wenige kennen, denn seit 1989 wurde es nicht mehr gespielt. Rattle begann sehr zupackend und schwungvoll, im zweiten Satz sehr schön die Variationenfolge, deftig , ja fast etwas knallig dann das Scherzo, mit herrlichem Cello-Solo im Trio, bei dem Rattle nur zusah und die Streicher dabei sich selbst überlassen konnte, ähnlich flüssig dann der Schluss-Satz. Verdienter Beifall für einen Haydn, der so gar nicht zopfig war.


    Nach diesen 20 Minuten nun etwas ganz Unbekanntes: Jörg Widmann: Flute en suite für Flöte und Orchestergruppen. Solist Emmanuel Pahud. Ich habe schon mal in Berlin ein Stück von Widmann gehört und war froh, als es zu Ende war. So erging es mir auch gestern. Der Flötist zog alle Register, sehr virtuos und äußerlich effektvoll, beginnend Solo mit der Flötengruppe als Begleitung, und nur zögerlich setzten nach und nach andere Orchestergruppen ein und wechselten sich ab, ein tutti im eigentlichen Sinne gab es nicht. Die Musik ist wirklich nicht meine Welt, ich verfolgte nur den Einsatz dieser und jener Instrumente, das war ja nicht uninteressant, wenn der Cembalist schnell zur Celesta rübersprang und mit einem Akkord den Satz beendete oder die Harfe, die durchweg gut zu hören war sowie das reichhaltige Schlagwerk, das aber sehr dosiert zum Einsatz kam. Ganze 8 Sätze hatte dieses ausgedehnte Werk, von denen der letzte Satz noch recht versöhnlich stimmte, hieß er doch Badinerie und verballhornte auch gekonnt dieses bekannte Bach-Stück aus der 2. Orchestersuite.


    Nach der Pause die Beethoven-Sinfonie.
    Bereits beim Lesen des Programmheftes wurde ich stutzig, als ich bei der Besetzung 2 Kontrafagotte entdeckte. Die schreibt Beethoven eigentlich nicht vor.
    Die Kontrafagotte saßen hinter den Hörnern und spielten auch fast durchgängig mit, allerdings ohne sie explizit herauszuhören. Vielleicht ist das der Orchesterfassung von Jonathan Del Mar geschuldet. Ansonsten spielt Rattle sehr wechselhaft die Kontraste aus, mal sehr lyrisch, dann wieder triumphal, wie gewohnt verliebt in die Details. Dadurch wird der Spannungsbogen immer wieder unterbrochen. Den zweiten Satz hätte ich mir flotter gewünscht, denn er ist eben kein Trauermarsch. So sehr ich das Werk mag, nur nicht den dritten Satz, wo der Scherzoteil dreimal wiederholt wird (also insgesamt viermal kommt), der Trioteil zweimal, beim Ansetzen der dritten Triowiederholung schneidet der Komponist dann kurzerhand den Faden ab. Das brachte Rattle aber ganz ordentlich über die Bühne. Dann das Finale. Ich kenne weiß Gott viele Einspielungen dieser Sinfonie und freue mich immer auf den letzten Satz, wo sich alles schier überschlägt. Die "Apotheose des Tanzes" nannte das Wagner. Doch nicht so. Die Sechzehntel in den Streichern ab Takt 5 wurden völlig verschluckt. Nur die Noten auf eins und drei waren zu hören. Das ist nicht Beethoven. Man kann schnell spielen, aber es muss alles noch zu hören sein. So blieben nur noch Akkorde ohne das Füllmaterial. Ich habe Rattles Gesamtaufnahme aus dem Jahre 2002 mit den Wienern. Da hat er diese Stelle sauber ausmusiziert. Sicher war das Ganze recht wirkungsvoll, mir schien es jedoch zuviel an künstlerischer Freiheit.


    Der erwartete große Beifall wurde von den Philharmonikern nicht gewürdigt. Nach gerade mal zwei "Vorhängen", Rattle hatte gerade die Blumen in Empfang genommen, verschwand das Orchester vom Podium. Es sind eben die "Berliner Philharmoniker"... Aber so sollte man mit dem Publikum nicht umgehen.


    Wem das Ganze interessiert, das Konzert wird am 6. Oktober im rbb-Kulturradio ab 20.04 Uhr gesendet, steht im Programmheft.


    Mit besten Grüßen bis zum nächsten Mal


    :hello:


    Manfred

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

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  • Nun, es war nicht ganz ein Konzert, aber heute bei meiner Immatrikulationsfeier haben zwei junge Pianistinnen (ich weiß nicht, ob sie Studentinnen sind oder anderweitige Musikerinnen) vierhändig 4 Klavierstücke gespielt.
    Ihre Namen wurden genannt, aber ich habe sie mir leider nicht vollstänidg merken können.


    - Edvard Grieg : Symphonische Stücke op. 14 Nr. 2
    - Johannes Brahms : Walzer op. 39 Nr. 14/15
    - Antonin Dvorak : Slawische Tänze op. 72 e-Moll
    - Moritz Moszkowski : Spanische Tänze op. 12 Nr. 3/5


    Das ganze fand in der Konzertkirche Neubrandenburg statt und obwohl ich alles andere als ein Experte für Klavierspiel bin, fnad ich es wunderbar gespielt, die Stücke selbst haben mir auch sehr gefallen (bin am überlegen, mir die irgendwie auf CD zuzulegen). Auch wenn meine Mitgäste sichtlich weniger begeistert waren, mir ist kalr geworden, dass Klaviermusik deutlich etwas für mich ist.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Da war ich im Gegensatz zu dir, lieber Manfred, ja rundum zufrieden mit meinem letzten Konzertbesuch, der aber schon eine Woche vorüber ist, aber, wie ich an anderer Stelle ausführte, bin ich im Moment eigentlich noch offline.
    Zum ersten Mal erlebte ich Lorin Maazel am 16. September in der Essener Philharmonie live in einem seiner ersten Konzerte als neuer Chefdirigent der Münchener Philharmoniker.
    Er eröffnete mit der 4. Sinfonie c-moll D.437 von Franz Schubert mit von Anfang an üppiger Besetzung, will sagen, schon bei Schubert mit über 70 Musikern. Das war durchaus beeindruckend und zeigte, wie auch später (nicht in diesem Konzert) in der Unvollendeten, dass Schubert schon weit in die Zukunft vorausweist, direkt auf Mahler.
    Dann ging es zu Wagner, Vorspiel und Isoldes Liebestod aus Tristan und Isolde. Dieser berühmte Ausschnitt aus dem Tristan ließ ahnen, warum so viele Menschen der Musik Richard Wagners huldigen, ganz egal, was man sonst noch über Wagner sagt.
    Nach der Pause wurde es dann ganz eng auf dem Podium, stand doch nun "Also sprach Zarathustra" auf dem Programm, eines meiner Lieblingsstücke von Richard Strauss. Schon die Einleitung ist Gänsehaut pur, und Maazel dirigierte dieses Stück wie auch die anderen beiden auswendig und mit äußerster Akkuratesse. Er hatte den gewaltigen Klangapparat jederzeit im Griff, der ja auch von einem seiner Vorgänger, Sergiu Celibidache, schon mit der Spitzeninterpretation von großorchestralen Werken (Bruckner) von sich reden gemacht hatte. Auch die beiden zwischen Maazel und Celibidache liegenden Chefdirigenten, James Levine und Christian Thielemann als wagnererfahrene und strausserfahrene (Thielemann) werden sicherlich dazu beigetragen haben, dass dieses unter Celi erreichte Niveau erhalten blieb.
    Ich freue mich schon auf das nächste Konzert am 6. Oktober, das ebenfalls wie dieses unter dem Motto "Tristan-Akkord" steht, und in dem das hr-Sinfonieorchester unter Paavo Järvi mit Jörg Widmann auftritt, der zum Eingang Mozarts Klarinettenkonzert gibt, bevor nach der Pause Schönbergs "Pelleas und Melisande" auf dem Programm steht.


    Liebe Grüße


    Willi

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Sagitt meint:


    Der Bonner Kritiker war begeistert:"an kann über Sinn und Nutzen des Einsatzes von historischen oder historisierenden Instrumenten trefflich streiten - aber wenn es ein Werk gibt, dem sie zu ganz besonderen Klangeffekten verhelfen können, dann dürfte das Beethovens 6. Sinfonie sein. So viel orchestrales Gezwitscher wie beim Gastspiel des Ensembles La Chambre Philharmonique war selten beim Beethovenfest, und so viel dräuendes, unheimliches, aufregendes Gewitter bekommt man auch nicht jeden Abend zu hören. Diese Pastorale war tatsächlich ein Fest der naturnahen Farben und Stimmungen.


    Dirigent Emmanuel Krivine, einer der Mitbegründer des fabelhaften Orchesters, ist ein Mann fürs Genaue, für Detailtreue, für die treffsichere Pointe und für durchsichtiges, schwungvolles Musizieren. All das deutete sich bei diesem reinen Beethoven-Abend schon in der flink und frisch genommenen Ouvertüre zu "Die Geschöpfe des Prometheus" an und wurde erst recht bei der Sechsten deutlich: Nichts wird dabei auf die leichte Schulter genommen, aber alles wirkt locker und unverkrampft. Das Publikum in der ausverkauften Beethovenhalle war zweifellos beeindruckt.


    Dabei hatte die 6. Sinfonie in diesem Konzert durchaus keinen leichten Stand, denn zuvor hatte sich die Geigerin Isabelle Faust derart beglückend mit Beethovens Violinkonzert auseinandergesetzt, dass eine Fortsetzung solcher Interpretations-Großtaten fast unmöglich erschien. Krivine und sein Ensemble lieferten ihr dazu die perfekte Vorlage: eine gelöste, spielerische, fast tänzerische Orchester-Einleitung, die sehr intim wirkte. Es war der Beginn eines wunderbaren Dialogs.


    Das Violinkonzert lässt viele interpretatorische Möglichkeiten zu: von der nüchternen Analyse bis zur großen romantischen Geste. Isabelle Fausts Lesart ist eine ganz eigene: unpathetisch auf jeden Fall, mit einem Gespür für große Bögen und die Zärtlichkeit des Klangs. Sie kann das Instrument in ungeahnte Pianissimo-Welten zurücknehmen und es ungewohnt rau attackieren lassen (wie in der Überleitung zum dritten Satz). Der Ton ist klar, silbrig und schlank, speziell im Finale führte das zu einem gleichsam schwerelosen Tanz mit den Noten. Eine Referenz-Aufführung."


    ich merkte eine gewisse Ermattung. Keines der Stücke kannte ich bisher nicht aufregender. Es war nicht schlecht,aber keinesfalls mireissend. Die Geigerin war seriös,einverstanden,keine Mätzchen, hatte aber bei weitem nicht die Tongebung eines Zimmermann oder gar Oistrakh und Krivine hatte gottseidank die Pastorale ausgewählt,bei anderen, wie der 3ten oder 7ten hätte ich die Interpretation als "fad" eingeordnet.


    Das Publikum in der Bonner-Beethovenhalle wird ja keinesfalls jünger,die Zahl der Gehhilfen nimmt exponentiell zu. Wenn man nicht in dem gestört wird, was man seit Jahrzehnten kennt, ist man zufrieden. Ruhe sanft.


  • Anscheinend "tourt" L.Batiashvili gerade mit Beethovens Violinenkonzert: Am 18. u. 21.10.2012 auch in Hamburg mit dem NDR-Sinfonieorchester unter T.Hengelbrock. Die Karten sind schon gebucht, allerdings hauptsächlich wg. Schostakowitschs 9ter, die ebenfalls auf dem Programm stehen wird.


    Da bin ich mir gar nicht so sicher, denn so einer wie ich würde auch wegen des D-Dur-Konzerts mit der Batiashvili in ein derartiges Konzert gehen. Denn schließlich ist dieses Werk eines der bedeutendsten der Musikliteratur, und die Solistin ist auch nicht zu verachten. Aber leider gibt's hier kein Klaviergeklimper, und das ist bei unseren Geklimperfans offensichtlich zweitklassige Ware von der Stange.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Hallo, Fritz, schön wieder etwas von Dir zu hören, ich hatte mir schon Gedanken gemacht!


    Eine Frage: in Gera gibt Bernd Glemser am 6.10. ein Klavierrezital. Werke von Beethoven, Schumann und natürlich Chopin stehen auf dem Programm.


    Wenn ich mich recht entsinne, hat es bei uns seit gefühlten 10 Jahren keinen Klavier-Soloabend gegeben. Ich bin neugierig, kenne von Glemser alle Rachmaninow-Klavierkonzerte. Aber ein Soloabend? Empfiehlt mir jemand, hinzugehen, zumal ich von dieser Materie ziemlich unbeleckt bin? Ist Glemser ein extrem Guter?


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ich kenne Glemser vorwiegend als Duopartner der Cellistin Maria Kliegel - ein sehr gutes Gespann! -weiters mit drei Klaviersonaten von Prokofjew (Nr. 2, 7 + 8 aus 1994 im Studio). Wäre ich in Gera, so würde ich mir dieses Konzert gern anhören!


    Liebe Grüße von Wien ins schöne Thüringen
    von Fritz

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Danke, lieber Fritz,


    Die Überredung ist Dir gelungen, sogar ziemlich leicht. Bin sehr gespannt auf meinen ersten reinen Klavierabend!!


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ich habe Bernd Glemser auch schon vor vielen Jahren beim Klavierfestival Ruhr live erlebt. Ich kann Fritz nur beipflichten.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • Da bin ich mir gar nicht so sicher, denn so einer wie ich würde auch wegen des D-Dur-Konzerts mit der Batiashvili in ein derartiges Konzert gehen. Denn schließlich ist dieses Werk eines der bedeutendsten der Musikliteratur, und die Solistin ist auch nicht zu verachten. Aber leider gibt's hier kein Klaviergeklimper, und das ist bei unseren Geklimperfans offensichtlich zweitklassige Ware von der Stange.


    Diesen Einwurf verstehe ich schon wieder nicht: Wo habe ich gesagt, dass Beethovensche Violinenkonzert interessiere mich nicht auch? Trotzdem muss es doch erlaubt sein, zu sagen, dass der Hauptanreiz dieses speziellen Konzertes für mich die Schostakowitsch-Symphonie ist. Und was das Ganze nun mit Klaviergeklimper zu tun hat ... ?(

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Sagitt meint:


    heute: Erkki-Sven Tüür
    Action-Passion-Illusion
    Robert Schumann
    Konzert für Violoncello und Orchester a-Moll op.129
    Joseph Haydn
    Sinfonie Nr. 100 G-Dur Hob. I:100
    ›Militärsinfonie‹



    Järvi dirigierte, Isserlis spielte


    mal wieder, selten genug der Chefdirigent am Pult. Das erste Stück vom Tüür war sehr gut anhörbar und wurde vom Streicherensemble der Kammerphilharmonie perfekt gespielt.


    Das Cellokonzert von Schumann-ich kann mit dem Stück gar nichts anfangen, wurde durch Isserlis brilliant wiedergegeben. Seine ZUgabe, mir unbekannt, hat mich mehr überzeugt.


    Für mich war der Höhepunkt dann Haydn, nicht wegen des schmetternden Stücks, witzig kamen die Militärmusiker zu ihrem Einsatz im zweiten Satz extra in den Saal.


    Nicht wegen des Stücks also, aber bei Haydn ist die Kammerphilharmonie Weltspitze, absolut auf einer Ebene mit Kuijken, Harnoncourt, Norrington, Hogwood, Minkowski, vielleicht sogar noch besser. Alle Vorzüge Järvis, extrem differenziertes Dirigat, kommen hier zum Tragen.


    Jubel am Schluß - berechtigt

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