Was höre und sehe ich zur Zeit: KLASSIK auf BLU-RAY - DVD - VIDEO - - - OPER - SINFONIE - KONZERT - LIED

  • Gestern Abend habe ich auf Classica dieses Konzert von Lang Lang aus dem Jahre 2010 im Winer Musikverein gesehen. Da im Konzert-Thread niemand von unseren österreichischen Freunden über dieses Konzert berichtet hat, nehme ich an, dass auch keiner drin war. Ich kenne Lang Lang schon von verschiedenen Live-Konzerten, u.a. bei Klavierfestival Ruhr und weiß, über welch ezzellentes Können er verfügt.


    So gestaltete sich auch dieses Konzert, das er mit den Klaviersonaten Nr. 3 C-dur op. 2, Nr. 3 und Nr. 23 f-moll op. 57 "Appassionata" von Ludwig van Beethoven eröffnete. Er zeigte hier nicht nur sein offenbar grenzenloses technisches Können, sondern auch seine Fähigkeit, die lyrischen Passagen wie das Andante aus der Appassionata auszukosten. Desgleichen schöpfte er auch die dynamische Spannweite bei beiden Sonaten voll aus, was noch eine Steigerung in der Sonate Nr. 7 op. 83 von Sergei Prokofiev erfuhr, die er für meine Begriffe auch excellent interpretierte. Zu dem ebenfalls im Hauptprogramm interpretierten Buch I eins aus der Iberia von Isaac Albeniz kann ich nichts sagen, außer, dass es mir auch sehr gut gefallen hat.
    Einige Schmankerln hob er sich noch als Zugaben auf, nämlich Chopin, der ja 2010 Geburtstag hatte: Etude op. 25 Nr. 1, Polonaise Nr. 6 op.53 und Grande Valse brillante Nr. 2, op. 34 Nr. 1. Damit riss er das Publikum (und mich) vollends von den Sitzen.
    Nach alledem, was ich in der Vergangenheit an Negativem über diesen Pianisten gelesen habe, wahrscheinlich von Leuten, die nie in seinen Konzerten gewesen sind, kann ich nur sagen: Leute, lasst diesen Mann doch laufen. Der ist besser als die meisten anderen Pianisten.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • Don Giovanni mit Flimm und Harnoncourt - muss wenigstens mal kurz reinschauen, bin total gespannt nach der Graf/Furtwängler-Lesart im Stil des 19. Jhds. desselben Werks (vulgo Karikatur).


    Die 4-DVD-Box links mit Giovanni und Cosi ist derzeit bei jpc billiger als die 2-DVD-Box mit dem Giovanni alleine.


    :hello:


    P. S.:


    Ach, wie gut - die Regie suggeriert, dass das Techtelmechtel zwischen Donna Anna und Don Giovanni einvernehmlich ablief und dass Donna Anna sich erst post copulationem darauf besann, dass sie ihr Gesicht besser wahren könne, wenn sie um Hilfe ruft; so ähnlich, wie Spinnen nach dem Akte ihre Männchen fressen. Auch schon eine alte Platte - aber ich höre sie immer wieder gerne!


    Als Commendatore triit übrigens Salminen auf - darauf war ich gar nicht gefasst, gleichwohl hocherfreut! Herrlich!


    P. P. S.:


    Manchmal wirft man modernen Inszenierungen ja vor, dass sie alle Szenen vor einem einheitlichen Tableau spielen lassen. Derselbe Vorwurf trifft natürlich den Salzburger Don Giovanni von 1954 Graf/Furtwängler - was zu der absurden Konstellation führt, dass Commendatore, Zerlina und Don Giovanni gute Nachbarn sind -, ist also kein Spezifikum moderner Zeiten.


    Bei Flimm wird zumindest mit beweglichen Bühnenelementen gearbeitet - das ist ja schon mal was!


    :hello:

  • Wenn man vom Regietheater-Heckmeck einmal absieht, lieber Wolfram, dann kann man feststellen, dass es sich hier um eine richtig gute Aufnahme handelt, die ich noch in nebenstehender Ausgabe der Arthaus-Sehbuchreihe habe mit einer fabelhaften Cecilia Bartoli, meiner Lieblingsmezzosopranistin heutiger Tage. Aus der gleichen Reihe habe ich die Bartoli noch im Barbiere von den Schwetziner Festspielen 1988.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Vorhin habe ich, ich weiß nicht zum wie oft wiederholten Male, die Erste Brahms vom Abschlusskonzert des Schleswig-Holstein-Musikfestivals 1997 mit Günter Wand gehört und gesehen. Wenn man ihn in dieser Aufnahme erlebt, muss man sich immer wieder wundern, wie vital er mit seinen damals immerhin schon 85 1/2 Jahren immer noch war und welch einen mitreißenden Brahms er dort dirigierte. Ich habe in meiner Sammlung nur zwei Aufnahmen, denen ich den gleichen Rang einräume wie dieser Live-Aufnahme, das ist einmal die Aufnahme aus dem April 1996 von Wand selber , ebenfalls mit dem NDR-Sinfonie-Orchester, und dann die eines seiner Nachfolger auf dem Chefsessel des NDR-Orchesters, Christoph von Dohnany, die aber schon in den 80er Jahren entstanden ist mit dem damaligen Orchester von Dohnanys, dem Cleveland-Orchestra.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • An zwei Abenden gehört und gesehen: Eine GALA UNTER DEN LINDEN. Eine Erinnerung an große Zeiten dieses Opernhauses mit ihren großartigen Stimmen. Es singen Künstler von Rang und Namen in Kostümen der jeweiligen Epoche. Und nicht wie z. Bsp. im Regietheater wohl möglich aus dem ROSENKAVALIER "Die Überreichung des vollen Nachttopfes" sondern wirklich in innigem Duett die Überreichung der silbernen Rose. Es gibt ein Wiedersehen mit Künstlern wie THEO ADAM mit der Arie aus Don Giovanni "Treibt den Champgner", ANNA TOMOWA-SINTOW mit "Nur der Schönheit weiht ich mein Leben", PETER SCHREIER mit "Sieh schon die Morgenröte", und als Traumpaar aus dem Rosenkavalier ISABELLA NAWE und UTE TREKEL-BURCKHARDT mit der "Überreichung der silbernen Rose", FRITZ HÜBNER, bekannt als Fafner in Bayreuth, mit "In diesen heilgen Hallen", MARTIN RITZMANN mit "Keiner schlafe" und GISELA SCHRÖTER mit der Arie der Eboli "Verhängnis voll war das Geschenk". Es sind noch viele weitere Namen hier zu nennen wie R. OROFINO, der zu den besten und bekanntesten Sängern dieses Opernhauses gehörte. Diese DVD ist eine wunderbare Erinnerung an dieses große, unvergessene Opernhaus.

    W.S.

  • An zwei Abenden gehört und gesehen: Eine GALA UNTER DEN LINDEN. Eine Erinnerung an große Zeiten dieses Opernhauses (Deutsche Staatsoper Berlin) mit ihren großartigen Stimmen. Es singen Künstler von Rang und Namen in Kostümen und Bühnenbild der jeweiligen Epoche.

    Lieber Wolfgang


    Danke für Deinen Beitrag mit der Würdigung dieser DVD und somit Würdigung der Künstler. Es freut mich ganz sehr, daß sie Dir gefällt.



    Diese DVD ist eine wunderbare Erinnerung an dieses große Opernhaus.

    Diese Szenenausschnitte sind auch ein wertvolles Zeitdokument. Man sieht, wie Opern im führenden Opernhaus der damaligen DDR in den 70- er Jahren gemacht wurde. Für mich selbst sind es glückliche Erinnerungen an viele herrliche, wunderschöne Opernabende, die ich unendlich dankbar niemals vergessen werde.
    Auf ein Bild mit persönlicher Widmung schrieb mir der ital. Tenor Orofino "Zur Erinnerung an die schönste Zeit". Damals konnte ich nicht wissen und ahnen, wie recht er damit haben sollte. Solche Zeiten kommen wahrscheinlich nie wieder...


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Eine weitere Neuerwerbung möchte ich an dieser Stelle noch einmal erwähnen, obwohl ich sie zu einem früheren Zeitpunkt, als ich das Konzert auf Classica hörte und sah, schon einmal besprochen habe. Diese DVD ist ebenfalls eine wunderbare Erinnerung an einen unserer größten Dirigenten und eine Würdigung seines unvergessenen und un vergleichlichen Dirigierstils, mit dem er nicht nur sein Publikum, sondern auch die vor ihm sitzenden Musiker in seinen Bann zog, was man an diesem Beispiel wieder hervorragend sehen kann.
    Carlos Kleiber "malte" die Musik mit seinen Händen in die Luft. Seine Hände bewegten sich meistens in sanften Wellenlinien, und die Wiener Philharmoniker folgten jeder seiner Bewegungen aufs Genaueste. Diese Aufnahme belegt wieder einmal, dass sein extrovertierter Dirigierstil im Ergebnis einen ungeheuer expressiven Vortrag zeitigte, der alle im Saal fesselte. Außerdem war dieses Konzert teilweise von einer ungeheuren Leichtigkeit, nicht nur in der "Linzer" Sinfonie in C-dur KV 425 von Wolfgang Amadeus Mozart, sondern auch in der 2. Symphonie in D-dur op. 73 von Johannes Brahms, die, oftmals mit der "Pastorale" von Beethoven verglichen, doch in der Interpretation Kleibers wesentlich mehr dramatische Höhepunkte zeigte, als dies bei der "Pastorale" der Fall ist.
    Und noch eins zeigte diese Aufnahme. Kleiber war kein Freund kleiner sogenannter "Original"-Besetzungen, was ja zu Zeiten Mozarts und Brahms' sicherlich auch darauf zurückzuführen war, dass einfach nicht mehr qualifizierte Musiker zur Verfügung standen. So bot Kleiber schon in der Linzer Sinfonie 6 Kontrabässe auf, und auch die Geigenpulte waren gut bestückt. Bei Brahms waren es dann gar 8 Kontrabässe, 4 Hörner, 4 Fagotte, 3 Posaunen und noch mehr Streicher. Und bei den festlichen Tonarten C-dur und D-dur tat dies sowohl bei Mozart als auch bei Brahms unendlich gut. Nebenbei, trotz der großen Besetzung war das alles klanglich sehr transparent und homogen, was natürlich auch an den exzellenten Streichern und Bläsern lag sowie natürlich an den fesselnden Intentionen Kleibers. Wie lange mag er, der große Selbstzweifler, in den Proben an diesen Stücken getüftelt haben. Leider durfte ich ihn nicht einmal live erleben.


    Ein unvergessenes Konzert, das ich immer wieder gerne sehe. Als zweite Neuerwerbung von ihm werde ich in den nächsten Tagen über seine "Carmen" aus dem Jahre 1978 unter der Regie von Franco Zeffirellii berichten.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Meine neue DVD ist heute angekommen. Ich werde sie mir jetzt gleich in Ruhe ansehen:



    Cherubini, Medea


    Antonacci, Filanoti
    Evelino Pidò,
    Chor und Orchtester Teatro Regio di Torino


    (Leider ohne Deutsche Untertitel).

    Viele Grüße,


    Marnie

  • Der geplante Zoobesuch buchstäblich ins Wasser gefallen. Daher gönne ich mir nun eine (allerdings gekürzte) Gesamtaufnahme des "Wilhelm Tell". Es handelt sich um eine Live-Aufnahme von 1987 des Opernhauses Zürich unter der Ltg. von Nello Santi. In den Hauptrollen: Arnoldo: SALVATORE FISICHELLA; Gessler: ALFRED MUFF; Matilde: MARIA CHIARA; Edwige: NADINE ASHER; Guglielmo Tell: ANTONIO SAVADORI; Jemmy: MARGARET CHALKER.


    Eine sehr schöne Aufnahme mit hervorragenden Sängern in zeitgerechter Inszenierung.

    W.S.

  • Weil Liebestraum diese DVD erwähnt hat und Theophilus sie kommentiert hat, habe ich sie mir (weil sie zu meinen Lieblingsopern gehört) besorgt.
    "Der Goldene Hahn" von Nicolai Rimski-Korsakow


    Habe sie Freitagabend angesehen und sehr begeistert gewesen. Der satirische Märchenstoff in Form von Kabuki-Theater, wobei sich das nicht nur auf die schönen Kostüme bezieht, sondern teilweise auch auf die reduzierte und genau eingesetzte Gestik und die Bewegungsabläufe der Sängerriege. Die satirischen Elemente wurden gut herausgearbeitet.
    Auch sängerisch wirklich sehr gute (Kaiser, der ältere Prinz und der Astrologe) bis gute Leistungen...die Kaisierin von Schemacha habe ich schon einmal besser und weniger hart gehört, aber trotzdem noch sehr lobenswert. Das Orchestre de Paris unter Kent Nagano spielte mir an manchen Stellen etwas zu zackig, aber das ist nie richtig ins Gewicht gefallen. Vielleicht ist die Kameraführung etwas statisch.
    Insgesamt aber äußerst gut gelungen.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

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  • Aus dieser DVD-Box habe ich, leider zu spät, auf Classica nur noch den 3. und 4. Satz hören und sehen können, dafür um so intensiver, denn sehr intensiv war in der Tat dieses berühmte Konzert aus 1990 aus der Tokyoter Suntory Hall mit Sergiu Celibidache und seinen Münchener Philharmonikern. Mein Gott, das war ja Gänshaut pur. Wenn ich diese Box in Händen halte, werde ich noch mal das ganze Konzert besprechen, denn den schönsten Satz, das himmelhohe Adagio, konnte ich ja leider nicht hören. Wenn ich das eher gewusst hätte, hätte ich in Tamino später gepostet.
    Wer glaubt, dass Celibidache zu langsam dirigiert, soll sich ruhig mal die ganze Siebte anschauen.

    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Heute habe ich die beiden Bruckner-Antipoden hintereinander gehört und gesehen, zuerst um 20.15 auf Classica:


    Celi, dieses Mal von Anfang an, ein Konzert mit der Achten, das, ebenfalls aus der Suntory Hall, satte 100 Minuten dauerte, aber man hatte nie die Eindruck, dass es zu langsam sei, die ersten beiden Sätze, hier kaum aus dem zeitlichen Rahmen fallend, aber ungeheuer spannend und dramatisch musiziert, voller großformatiger Steigerungen, dann das über 31 Minuten dauernde Adagio, das bei anderen Dirigenten schon mal einige Minuten kürzer ist, aber wann hat man es schon eiinmal besser gehört? Genauso gut sicherlich bei Günter Wand, wenn auch kürzer. Wand nahm es ja mit dem Tempo auch viel genauer, deswegen waren sich die beiden auch wohl nicht so besonders grün, weil sie das Pferd wohl von verschiedenen temporalen Seiten aufzäumten, vielleicht ahnend, wenn auch nicht zugebend, dass man in beiden Fällen darauf reiten konnte. Dabei waren sie in der ersten Hälfte der 70er Jahre, als Celibidache den (leider nicht kompletten) Zyklus mit dem RSO Stuttgart aufnahm und Wand mit dem WDR-Sinfonieorchester, temporal gar nicht so weit voneinander entfernt. Noch einmal überragend war hier auch das Finale, an dessen Ende in der gewaltigen Coda die Seele fliegen lernte.


    Nach diesem Konzert machte ich einen kurzen Spaziergang zur Tanke, meinem neuen (Hermes)Paketshop, wo u.a. die folgende DVD angekommen war, die ich dann sofort in den DVD-Player legte und genießen konnte, da ich in diesem Konzert selber im Saal saß:

    Dieses Konzert war das einzige, dass ich in Lübeck von Günter Wand sehen konnte, leider war es auch das letzte, was er dort dirigierte. Im Februar drauf verstarb er ja leider kurz nach seinem 90. Geburtstag an den Folgen einer Sturzverletzung.
    Dieses Konzert war in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Zum einen war es das Programm: zuerst die "Unvollendete" von Schubert, dann, wenn man so will, die "Unvollendete" von Bruckner. Beide waren, hier speziell in der Interpretation Günter Wands, vollendete Meisterwerke, das beste Konzert, das ich je gehört habe. Vielleicht kam die Dritte Mahler in Berlin mit Sir Simon Rattle, in die Nähe. So, wie Günter Wand die h-moll-Sinfonie von Franz Schubert dirigeirte, war sie gar nicht so weit von der Neunten Bruckner entfernt, wie es die gut 70 Jahre Zeitunterschied hätten vermuten lassen können (ähnlich wie das Mozart-Requiem und das Verdi-Requiem). Allein die dramatischen Steigerungen vor allem im ersten Satz, aber auch im zweiten Satz, wiesen schon weit auf Bruckner hinaus, und bei Günter Wand kam das auch so rüber.
    Dann die Neunte Bruckner: ein fast 90jähriger Dirigent, der es nicht alleine bis zum Pult schafft (er wurde vom SHMF-Intendanten Rolf Beck geleitet), macht auf dem Podium fast eine Metamorphose durch und lässt in seinem federnden Dirigierstil mit den unermüdlich rudernden Armen das NDR-Sinfonie-Orchester unter Beweis stellen, dass es in den beinahe 20 Jahren unter seiner, Wands Leitung, zu einem der weltweit führenden Bruckner-Orchester herangereift war. Jeder Blick, jeder Wink mit einem Finger oder der Hand, saß, das Orchester reagierte unverzüglich und offenbarte seine Stärken, vor allem den homogenen Streicherklang und die fast überirdisch guten Hörner. Aber auch die Oboen und die Trompeten sowie die sonoren Posaunen legten sich mächtig ins Zeug. Und dann- dieser Paukist: überragend ebenso wie der Paukist in der Suntory Hall bei den Münchener Philharmonikern 11 Jahre eher.
    Beide DVD's, bzw. Boxen, möchte ich jedem Tamino, der sie noch nicht hat, besonders aber Wolfgang (teleton) und Accuphan, von dem ich lange nichts mehr gehört habe und gar nicht weiß, ob er noch bei Tamino ist, wärmstens ans Herz legen.


    Was sagte noch Jürgen Schulte, Kritiker der Lübecker Nachrichten, am Tag nach dem Konzert in seiner Kritik, die er mir persönlich per Email hat zukommen lassen: "Musik von einem anderen Stern". Dem ist nichts mehr hinzuzfügen:


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich stehe immer noch unter dem Eindruck des eben Gesehenen. Karajan dirigierte 1973 in der Berliner Philharmonie Tschaikowskys Vierte. Miteißender habe ich das nach meiner Erinnerung noch nie gehört, auch nicht von Mrawinsky oder Bernstein. Ob der machtvolle Kopfsatz, das sangliche Andante, das hochvirtuose Pizzikato-Scherzo oder die Krönung des Ganzen, das Allegro con fuoco am Schluss, es passte alles.
    Natürlich dirigierte der Maestro, der damals sicher im Zenit seines Könnens stand, das Ganze mit geschlossenen Augen, und die Coda am Ende war blanke extatische Raserei- Fantastisch!!


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich komme gerade von einem fünfeinhalbstündigen Fernsehmarathon zurück. Zuerst gab es um 20.15 Uhr:

    aus der nebenstehenden Box die Einführung zur Pastorale im Gespräch zwischen Joachim Kaiser und Christian Thielemann. Obwohl ich auch dieses Gespräch schon gesehen habe, schaue ich es mir immer wieder gern an, zumal jedes Mal etwas anderes haften bleibt, dieses Mal die Aussagen Thielemanns zu seiner Dynamikvorstellung und zur Tempogestaltung dieser Symphonie. Er war der Meinung, dass die Pianostellen in der Sechsten gar nicht exakt genug gespielt werden können und dass man durch zu große Tempohatz in dieser Symphonie vieles kaputt machen kann. Dem mag ich nicht widersprechen, und das Ergebnis, das die Wiener Philharmoniker zeitigten, bestätigte seine Aussagen.

    Um 21.15 Uhr folgte dann die "Pastorale" in der Interpretation von Leonard Bernstein mit dem selben Orchester aus dem Jahre 1978. Der Aufnahmeklang war zwar nicht so gut wie in der Thielmannschen Version, aber seine Interpretation war sehr intensiv, in der Tempoanlage etwas schneller und zählt für mich zu einer der besten. Dass Bernstein trotzdem über 45 Minuten brauchte, liegt sicher daran, dass er sämtliche Wiederholungsvorschriften beachtete.
    Herbert von Karajan, mit dessen digitaler GA ich mich gerade zu beschäftigen begonnen habe, braucht 34:30 Minuten, also über 10 Minuten weniger, ohne signifikant schneller zu sein, aber er lässt eben sämtliche Wiederholungen weg, obwohl es dafür keinen wichtigen Grund gibt.

    Das wunderschöne Ballett Coppelia von Leo Delibes, das ich noch nie gesehen und seit meiner Jugend nicht mehr ganz gehört habe, kam als nächster Programmpunkt, und zwar in einer aufregenden Choreographie von Maguy Marin, in der die Handlung in die Jetztzeit verlegt wurde. Regietheater, ik hör' dir trapsen. Aber wie gelungen war das. Das Ballett tanzte unter erschwerten Bedingungen auf nassem Asphalt, und die Handlung war durch die realistische Darstellung so offenbar, dass auch ich nach so langer Zeit sofort im Bilde war. Musikalisch war das Ganze mit dem Orchestre de l'Opera de Lyon unter Kent Nagano ganz mitreißend gestaltet. Ich habe die DVD umgehend auf meine Wunschliste gesetzt.

    Die Krönung des Ganzen war dann um 23:15 Uhr die Entführung von 1980 aus dem Nationaltheater in München unter Karl Böhm. Welch eine Leistung, die dieser 86jährige Ausnahmedirigent in dieser legendären Aufführung unter der kongenialen Regie von August Everding zu Wege brachte. Mit dem bestens aufgelegtem Orchester der Bayerischen Staatsoper samt Chor wurde eine derart frische und kraftvolle Aufführung präsentiert, die auch ideale Protagonsiten aufwies. Franzsico Araiza wandelte als Belmonte auf den Spuren Fritz Wunderlichs, wenn er ihn auch (natürlich) nicht ganz erreichte, aber zumindest konnte er mit Peter Schreier mithalten, den ich auf meiner Dresdner Böhm-Aufnahme habe. Ganz überragend war Edita Gruberova als Konstanze, ganz entzückend Reri Grist als Blondchen, die diese Partie auch in der Dresdner Aufnahme singt. Ein alter Bekannter, der mir schon vor 45 Jahren als fabelhafter Großinquisitor in Verdis Don Carlo unter Georg Solti auffiel, war Martti Talvela als Osmin, der, wie finde, heimlichen Hauptfigur der Oper, ähnlich wie Papageno in der Zauberflöte oder Rocco im Fidelio. Talvela kann sich mit dieser Leistung in die Championsleague der Osmins mit Gottlob Frick unter Josef Krips, hier mit Nicolai Gedda als Belmonte, und natürlich Kurt Böhme unter Eugen Jochum, hier mit Fritz Wunderlich als Belmonte, einreihen. Welch eine Reihe von veritablen Steinbässen.


    Selten habe ich ein Publikum gesehen, das derart aus dem Häuschen war, schon, während der Dirigent sich dem Pult näherte und auch, als er von den Damen Gruberova und Grist nach der Aufführung auf die Bühne geleitet wurde.


    Das war ein toller Fernsehabend. Beethoven muss noch warten. Übrigens, wer sich für die Live-Konzerte von den BBC-Proms mit den neun Symphonien Beethovens interessiert, am Donnerstag kommen die Nr. 5 und 6, am Freitag die Nr. 7 und 8 und am Samstag die Nr. 9, jeweils auf Classica.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup:

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    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Leider konnte ich nur noch die letzte Stunde des Don Giovanni der Salzburger Festspiele von 1954 hören und sehen, jene denkwürdige Aufführung in der restaurierten Filmfassung, die gleichsam das letzte Bilddokument von Wilhelm Furtwängler darstellt. Es war jedoch genug, um Furtwänglers Meisterschaft auch bei Mozart unter Beweis zu stellen. Vor allem die Schlussszene mit dem Komtur, der eindrucksvoll von Deszö Ernster gesungen wurde, war atemberaubend. Cesare Siepi gab einen fundierten, dämonischen Giovanni, auch Otto Edelmann als Leporello überzeugte durchaus, auch der junge Walter Berry als Masetto, und Anton Dermota als Don Ottavio sang mit leuchtender Stimme. Auch das Damentrio mit Elisabeth Grümmer als Donna Anna, Lisa della Casa als Donna Elvira und Erna Berger als Zerlina kann man sich in dieser überragenden Qualität heute gar nicht mehr vorstellen.
    Die Tonqualität war für eine Monoaufnahme außergewöhnlich gut. Ich habe ja begonnen, mit mehr Furtwängleraufnahmen zuzulegen, obwohl ich Mono sonst gar nicht sammle, aber bei Furtwängler, Fischer-Dieskau und Hotter (Schubert) habe ich mal Ausnahmen gemacht.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup:

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    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Da ich nächste Woche die Vierte von Bruckner live im Berliner Konzerthaus erlebe, habe ich mir zur Vorbereitung die Thielemann-Aufnahme angehört/gesehen.


    Also, der Funken ist nicht übergesprungen. Ob es an dem heißen Sommertag lag, wo diese schwere Kost nicht passt, ich weiß es nicht. Bei Thielemann ist die Sinfonie eine Ansammlung schöner Stellen, besonders die leisen und langsamen Stellen, zelebriert er besonders makellos, aber ohne eine Spannung aufzubauen wird es urplötzlich dann wieder laut. Es schleppt sich alles vor sich hin. Und der Übergang zum Schluss des 4. Satzes wird ganz besonders ausgekostet, wobei je lauter ums so schneller wird es bis ganz unvermittelt der Schlussakkord kommt. In der Dauer nähert er sich der Einspielung von Celibidache, 75 Minuten.

    Apropos Celibidache:


    Zitat

    Wer glaubt, dass Celibidache zu langsam dirigiert, soll sich ruhig mal die ganze Siebte anschauen


    Lieber Willi, ich habe die Siebte mit Celibidache 1992 live mit den Berliner Philharmonikern im Konzerthaus erlebt, es war ein Benefizkonzert des Bundespräsidenten. Schon damals fiel mir auf, dass alle Sätze, egal wie die Tempobezeichnung heißt, gleich langsam dargeboten wurden. Mir geht dabei die Spannung verloren. Deshalb zögere ich mit dem Erwerb der jetzt auf dem Markt angebotenen Celi-DVD.


    Viele Grüße


    :hello:


    Manfred

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Zuerst war heute Abend an der Reihe


    Herbert von Karajan mit den Berliner Philharmonikern in einem Konzert von 1978 mit der 2. Suite aus Daphnis und Chloe von Maurice Ravel.


    Dann folgte


    Thomas Dausgard mit seinem Danish National Symphony Orchestra mit einem Konzert aus dem Jahre 2009 mit der Symphonie
    Nr. 3 op. 27, Sinfonia expansiva von Carl Nielsen. Es war das erste Mal, dass ich eine Symphonie von Nielsen hörte, und was ich hörte und sah, davon war ich sehr angetan.


    Zur Zeit läuft auf Classica Beethoven und Barenboim bei den BBC Proms, heute Nr. 6 und Nr. 5.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Durch den Thread über Anja Silja bin ich dazu gekommen, mir diese DVD heute in aller Früh endlich mal wieder anzusehen :


    Musikalisch und gesanglich außerordentlich gut. Auch die Inszenierung gefällt mir, da sie sehr zu dieser Oper passt. Die Darstellungen der Sänger sind ebenfalls zu loben, besonders gefällt mir da Victor Braun als Baron Prus.
    Das absolute Highlight dieser Aufführung ist aber in jedem Fall die wunderbare Anja Silja als Emilia Marty. Sie singt und spielt so intensiv, dass man meint, sie leben diese Rolle, sie IST Emilia Marty in all deren Facetten von Koketterie, bitterem Zynismus und Verzweiflung. Mir treibt es jedes Mal die Tränen in die Augen, wenn sie am Ende auf das harsche Drängen aller kraftlos ihr erschütterndes Geheimnis preisgibt un danach erkennt was das Leben ausmacht, und nun endlich sterben darf. Grandios dargeboten!

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Auch heute morgen, ehe ich bei Tamino reinschneite, wieder mal eine DVD geschaut :


    Diese Oper für sich genommen ist schon wunderbar (obwohl das Wort diesbezüglich eigenartig anmuten kann), aber zusammen mit der hier gezeigten Inszenierung von Luc Bondy entfalltet sich erst so richtig ihr ganzes suggestives Potenzial.
    Die Solisten finde ich allesamt hervorragend, sowohl gesanglich als wie darstellerisch, auch die beiden Kinder sind wirklich gut.
    Das Mahler Chamber Orchestra unter der Leitung von Daniel Harding fängt richtig die Stimmung dieses Werkes ein.


    Sehr empfehlenswerte Opern-DVD

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Ich habe The turn of the Srew letztens erstmalig in der DOR gesehen und mir hat die Oper auch sehr gut gefallen!
    Die DVD werde ich mir mal besorgen.

    Viele Grüße,


    Marnie

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • auch die beiden Kinder sind wirklich gut.


    Anläßlich der Aufführungsserie dieser Oper an der Rheinoper habe ich gelernt, dass diese Kinder regelrecht "gezüchtet" werden. Es gibt da in oder bei London eine Schule (oder Internat?), in der die Kinder extra für diese Rollen ausgebildet werden.
    Wird dann in irgendeinem Opernhaus der Welt die "Drehung der Schraube" auf den Spielplan gesetzt, ergeht eine Anfrage an die Schule nach den kleinen Darstellern. Die werden dann dort aus dem vorhandenen Bestand ausgesucht und zusammen mit einem Coach in die entsprechende Stadt geschickt. Dort müssen sie zusammen mit dem Lehrer untergebracht werden und spielen dann abendlich ihre Rollen.


    Ähnliches gibt es wohl auch mit Tölzer Chorknaben für die "Zauberflöte".


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ich verweise hier auf Posting Nr. 586, in dem ich näher auf nebenstehende Aufnahme der Neunten eingegangen bin, die ich heute wieder einmal mit großer Begeisterung gehört und gesehen habe.
    Trotzdem möchte ich das eine oder andere sagen, das ich im o.a. Posting nicht gesagt habe, weil ich nicht dran gedacht habe oder es mir in der Situation nicht so präsent war.
    Ich hatte in jenem Posting gesagt, dass Karajan die passenden Sätze, Scherzo und Finale sehr schnell spielen lässt, aber als ich heute mal auf die Uhr schaute, fiel mir doch auf, dass er, der für gewöhnlich keine Wiederholungen spielen lässt, für das Scherzo in dieser Aufnahme nicht einmal neun Minuten brauchte. Das ist natürlich extrem kurz und schmälert in meinen Augen den Gesamtwert dieser Interpetation ein wenig. Manche HIP-Dirigenten verwenden für das Scherzo rund 15 Minuten.
    Dann fiel mir noch auf, nachdem ich es vor einigen Tagen anders gehört hatte, dass er sowohl im Kopfsatz als auch im Scherzo die Pauken ein wenig zu sehr in das Gesamtklangbild integriert hat, vielleicht auch, weil die Blechbläser doch sehr groß porportioniert waren. Normalerweise bringt eine stärker im Vordergrund stehende Pauke vor allem im Paukensolo im Kopfsatz und natürlich im Scherzo noch etwas mehr Dramatik. Vielleicht hat er auch gedacht, dass seine Interpretation schon Dramatik genug zeitigt. Sei's drum.
    Trotzdem sei noch einmal gesagt, dass es wohl kaum einen Dirigenten gibt, der die Neunte mitreißender dirigiert hat als Karajan, vielleicht Furtwängler 1954 in Bayreuth, (beide nähern sich in der Coda des Finales, was Tempo und Dramatik betrifft, unheimlich an), und Karajan selbst.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Da kommt Freude auf, wenn man so etwas lesen darf - danke, lieber Willi!

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Da das Musikhören und -sehen wegen der Olympischen Spiele etwas kurz gekommen ist, habe ich nach dem heutigen olympischen Abend eine im Gundula Janowitz-Tread erwähnte Aufnahme aufgelegt, das nebenstehende Deutsche Requiem von Johannes Brahms, das Karajan im März 1978 bei den Osterfestspielen in Salzburg dirigiert hat. Mit diesem Konzert, das nur wenige Tage vor seinem 70. Geburtstag (5. April 1978) stattfand, hat der Maestro sich selbst und haben ihm alle teilnehmenden Musiker, Gundula Janowitz, Sopran, José van Dam, Bassbariton, der Wiener Singverein und die Berliner Philharmoniker, wohl das schönste Geburtstagsgeschenk gemacht.
    Überhaupt, der Wiener Singverein, nicht nur hier im Forum, sondern auch von der übrigen Kritik oft gescholten, hat immer, wenn er mit Herbert von Karajan zusammenarbeitete, sich zu Höchstleistungen aufgeschwungen . Jedenfalls kann ich das von jenen Aufnahmen sagen, die ich von ihm habe, und das sind nicht nur die drei GA's der Beethoven-Sinfonien, 1962/63, 1977 und 1984, sondern auch die Missa Solemnis, die Schöpfung von Haydn und das Brahms-Requiem von 1964, um nur die wichtigsten zu nennen:
    Über dem Requiem aus Salzburg schwebt die Aura der Einmaligkeit, der Unwiederbringlichkeit. Zu dem nebenstehenden Requiem aus Wien, das ebenfalls außergewöhnlich ist, werde ich mich in den nächsten Tagen noch äußern.
    Salzburg jedenfalls war etwas ganz Großes, vor allem, was die Musik angeht. Das Coverphoto dagegen ist in einem ganz anderen Konzert aufgenommen worden, wahrscheinlich, wenn man den Hintergrund betrachtet, in der Berliner Philharmonie. In diesem Konzert Ende März 1978 in Salzburg hat Karajan ein reversloses Sakko mit Stehkragen getragen, darunter einen weißen Rollkragenpullover. Dieses Outfit passte auch viel besser zu seiner fast entspannten Art, dieses Konzert zu dirigieren. Nicht nur, dass er mit offenen Augen dirigierte, sondern auch sein Gesichtsausdruck war viel entspannter als sonst, zwischen den einzelnen Sätzen schaute er teilweise lächelnd auf seine Musiker, und er dirigierte ohne Taktstock.
    Wie ich eben schon erwähnte, gebührt ein ganz besonderes Lob dem Wiener Singverein, der hier in Größtbesetzung antrat, so mit ca. 150 Sängerinnen und Sängern. natürlich sangen sie auswendig, und trotz oder gerade wegen ihrer großen Zahl sangen sie ein berückendes Subito-Piano, was ja recht häufig in diesem Stück vorkommt, jedenfalls in Karajans Interpretation.
    Auch Gundula Janowitz, die in beiden Aufnahmen die Sopranpartie sang, und José van Dam, sangen ihre Partien mit großere Intensität und Meisterschaft, wenngleich ich erinnere, dass mir Eberhard Waechter in der 1964er Aufnahme noch besser gefällt als José van Dam.
    Bemerkenswert ist auch Karajans innere Tempo-Uhr, die auch zum Ausdruck kommt, wenn man einmal die Spielzeiten der knapp 14 Jahre auseinanderliegenden Aufnahmen vergleicht:
    1964: 11:31-14:41-11:41-5:39-8:12-12:29-12:09;
    1978: 10:23-14:30-11:18-5:41-7:52-13:23-11:41;
    Hier fallen eigentlich nur die Sätze 1 und 6 heraus, wobei er in der älteren Aufnahme den ersten Satz signifikant langsamer nimmt und in der jüngeren Aufnahme den sechsten.
    Auch ist hervorzuheben, dass Karajan nicht nur die lyrischen Sätze dieses Requiems berückend gestaltet, sondern auch die dramatischen Aspekte heraushebt, dass nicht alles in diesem Stück nur tröstlich ist, Besonders dramatisch geraten die großen Steigerungen im 2. Satz "Denn alles Fleisch, es ist wie Gras" und im 6. Satz "Denn wir haben keine bleibende Stadt", wo vor allem die Chöre "Denn es wird die Posaune schallen" und "Der Tod ist verschlungen in den Sieg" atemberaubend gelingen.
    Atemberaubend ist auch das richtige Adjektiv für die ganze Aufführung. Eine ganz dicke Kaufempfehlung!


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Sehe das Konzert aus dem Theater an der Wien von 1962
    Hans Knappertsbusch dirigiert die WIENER PHILHARMONIKER
    Solist Wilhelm Backhaus mit dem 4 Klavierkonzert von Beethoven.
    Birgit Nilsson singt Isoldes Liebestod.


    ARTHAUS MUSIK.

    mucaxel

  • Nach dem langen olympischen Tag mit einigen deutschen Goldmedaillen war mir der Sinn nach einer Musik, die die Goldmedaillen quasi in sich trägt, Beethoven, 7 und 8, hier kongenial interpretiert von Paavo Järvi und seiner Deutschen Kammerphilharmonie Bremen.
    Je öfter ich diese Werke höre, um so mehr geht mir ein, dass diese Lesart, besonders bezogen auf zwei der rhythmischsten Sinfonien überhaupt, Beethoven 7 und 8, , mit das Beste ist, was wir in den letzten Jahren an Neuaufnahmen der Beethoven-Symphonien gehört (und gesehen haben), trotz Chailly und Krivine. Chailly gehört ja noch in eine andere Schublade, obwohl er versucht hat, sozusagen ein Crossover zwischen HIP und Konventionell herzustellen. Rhythmisch sind Chailly und Krivine durchaus in der Nähe Järvis anzusiedeln, aber vom Dreieck Rhythmik-Dynamik-Tempo her gesehen, bevorzuge ich doch Järvi, zumal er die dynamischen Spannweiten optimal auskostet, es mit dem Tempo nicht übertreibt, alle Wiederholungen spielt und, zumindest, was diese beiden Symphonien anbelangt, wie ich finde, den Geist Beethovens in den Noten am besten wiedergefunden hat.
    Der eigene Körper des Hörenden gibt in Verbindung mit der Seele die Antwort darauf. Jedenfalls bei mir ist das so.
    Da ich mich im Einzelnen in den entsprechenden Threads schon näher auf die Interpretationen Järvis eingelassen habe, will ich es hier dann damit bewenden lassen.
    Jedenfalls läuft alles darauf hinaus, dass die GA Järvis eine der herausragenden Aufnahmen des 21. Jahrhunderts ist, bis jetzt jedenfalls.


    Liebe Grüße


    Willi

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Es gibt ja kaum Schostakowitsch-Aufnahmen auf DVD und so war ich froh, bei meinem Stammhändler Dussmann relativ günstig zu bekommen:



    Es beginnt mit Wagners Rienzi-Ouvertüre, wann hat man die auf DVD? Aus dem Nichts heraus eine großartige Steigerung, eine hochdramatische Interpretation, die mich sofort erstmal einstimmt auf das Folgende.


    Dann folgt der Tanz der sieben Schleier aus "Salome" von Richard Strauss, eine unglaublich farbige Instrumentation mit solistischen Kabinettstückchen.


    Nun aber das Hauptwerk, Schostakowitschs 8. Sinfonie. Eine Sinfonie des Schreckens! Sie entstand nach der siegreichen Schlacht bei Stalingrad und so wie man es von ihm erwartete, äußerte sich Schostakowitsch ganz brav mit dem Satz: "Dieses Werk spiegelt meine Gedanken und Gefühle nach den freudigen Meldungen über die ersten Siege der Roten Armee wider". Was sollte er auch anders sagen. Allerdings sind nicht die Schrecken des Krieges, sondern die Schrecken des Lebens Inhalt dieser Sinfonie. Eine große Tragik beherrscht den ersten Satz, dem sich sogar zwei Scherzi anschließen, als wenn eines nicht gereicht hätte. Ist der zweite Satz vornehmlich als Karikatur und Groteske zu verstehen, hört man im dritten das Niedertrampeln des Individuums, es begegnet einem Brutalität und Willkür. Dann im vierten Satz die Einsamkeit und Hilflosigkeit. Auch das Finale ist kein Siegesgesang und setzt mit dem pianissimo-Schluss in der Solo-Violine und dem Solo-Cello sogar nioch ein großes Fragezeichen.


    Alles das kommt in der Interpretation von Andris Nelsons vortrefflich rüber. Wie überhaupt dieser Dirigent für mich die Entdeckung ist! Er strahlt fast immer und führt mit großer Sicherheit das Orchester zu Höchstleistungen. Er dirigiert nicht auswendig, klebt aber überhaupt nicht an der Partitur im Gegenteil zu seinem Lehrer Mariss Jansons, der beim Dirigieren den Kopf kaum hoch bekommt.


    Eine Lob auch der exzellenten Kameraführung, die sehr aufmerksam alle wichtigen Einsätze zeigte, dabei keine Instrumente aussparte (einschl. Schlagwerk), leider sah man den Tubisten wegen des Rieseninstrumentes nicht, warum spielt er auch ausgerechnet Tuba.


    Diese DVD war ein Hochgenuss!


    Mit freundlichen Grüßen


    :hello:


    Manfred

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Ich will meinen Beitrag mal hier posten, weil ich das nebenstehende Konzert ja soeben gesehen habe, obwohl es momentan nur als CD zu haben ist. Vielleicht kommt es ja demnächst als Eigenproduktion des Concertgebouw heraus (wenn das ZDF damit einverstanden ist, denn "Mit dem Zweiten....).
    Mariss Jansons nahm sich Zeit für das Stück, denn wenn eine Symphonie wie die Dritte Mahler (meine Lieblingssymphonie von Mahler) schon so lang ist, dann sollte man m.E. nicht versuchen, sie durch zu hohes Tempo zu verkürzen, wenn man denn in der Lage ist, durch ein intensives, spannungsvolles Dirigat für diese Symphonie 100 oder mehr Minuten zu verwenden, wie hier Mariss Jansons oder weiter aus meiner Sammlung Esa Peka Salonen oder Sir Simon Rattle. Die weiteren in meiner Sammlung liegen alle über 90 Minuten, einige über 95 Minuten. Das geht ja auch nicht anders, wenn man die zahlreichen Tempobezeichnungen betrachtet. Außer in einigen Passagen im Kopfsatz und dem Chor "Es sungen drei Engel" im 5. Satz ist doch alles gemächlich bis sehr langsam.
    Mariss Jansons zeichnet hier einen vorbildlichen Spannungsbogen von der ersten bis zur letzten Note, er kostet die dynamische Spannweite voll aus, und die hervorragende Aufnahmetechnik tut ein Übriges, um die ppp-Stellen auch gut zu vernehmen. Was, je länger ich Konzert-DVD's sehe, sich mehr und mehr als positiv herausgestellt hat, ist die Feststellung, dass sich Musik durch Hören und Sehen besser einprägt, dass Melodieverläufe besser hörbar werden und dass musikalische Strukturen in der Tiefe des orchestralen Klangbildes klarer werden, eine Idee, die schon Maestro Karajan sinngemäß so umschrieb, dass man "mit den Ohren und Augen höre".
    Zum ersten Mal in den zahlreichen Aufführungen der Dritten, die ich gesehen habe, trat zum Schluss der Solist im 3. Satz: Commodo Scherzando mit einem Posthorn auf, das ja klanglich kaum von der Trompete zu unterscheiden ist, und überall, wo ich im Konzert am Ende den Solisten gesehen habe, trat er mit einer Trompete auf. Jedenfalls war dieser Hornist hervorragend, ebenso wie seine Kollegen mit dem Waldhorn, vor allem die beiden Damen und der Herr als Solohornisten. Prachtvoll auch die Posaunen, Trompeten und der Herr an der Kontrabasstuba sowie die Holzbläser, an ihrer Spitze der Solooboist, nicht zu vergessen auch die beiden Harfen. Auch die Streicher waren wie aus einem Guss und die Schlagzeugbatterie mit den beiden Paukisten und den Herren an der Japantrommel und dem Chinagong befeuerten das Ganze mit dem richtigen Rhythmusgerüst.


    Sehr gut waren auch die Mezzosopranistin Bernarda Fink mit ihrer warmen, aber deutlichen Stimme, mit der man wenigstens die heiklen Endungen auf "sch" bei "O Mensch" und auf "T" bei "gib acht" deutlich hören konnte, sowie die beiden Knabenchöre und der Damenchor des Niederländischen Rundfunks, wobei man den jüngsten Knaben zu gute halten muss, dass sie als einzige auswendig sangen. Alle anderen Sänger hielten Noten in den Händen. Auch Mariss Jansons dirigierte mit Partitur, aber ich kann mich erinnern, dass er das Verdi-Requiem vor drei Jahren in der Berliner Philharmonie auch mit Partitur dirigierte. Das tat aber der Qualität seines Dirigats keinen Abbruch.
    Es wäre schön, wenn weitere Aufnahmen der Mahler-Symphonien aus Amsterdam auch im Bild festgehalten worden wären, wie die Zweite, Fünfte, Sechste und Siebte, die als CD schon vorliegen.
    Das war ein erfülltes Konzerterlebnis, das ich natürlich der Abschlussfeier der Olympischen Spiele vorgezogen habe.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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