Robert Schumann / Frauenliebe und -Leben Op. 42

  • Lieber hart, Du hast hier auch Fans, bitte, vergiss das nicht. :)


    Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Er, der Herrlichte von allen hat für mich nun eine ganz andere Bedeutung gewonnen ... Mir schlichte Bequemlichkeit vorzuwerfen ist eine Frechheit ohnegleichen!

    Bitte nicht aufregen. Ich würde auch sehr gern im Liedforum schreiben, aber da ich nicht das Niveau von Helmut und anderen habe, begnüge ich mich mit meinen 55 Winterreisen und bin trotz zunehmenden Alters immer hocherfreut, wenn ich auch noch im Blindtest die Sänger errate. Auch das macht Freude. Also lieber hart, nimm's mit Gelassenheit. Helmut ist eben in Sachen Lied ein "Besessener" im positiven Sinn und solche forianer sind für tamino unverzichtbar.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Er, der Herrlichste von allen hat für mich nun eine ganz andere Bedeutung gewonnen


    Wer zu wissen begehrt, was die Liederwelt im Innersten zusammenhält, muss überlegen, mit wem er dazu paktiert. Nicht jeder Partner gibt die Festlegung der Regeln des Spiels dabei aus der Hand oder lässt mit sich darüber auch nur diskutieren.


    :hello:

  • Wenn ich Anlass zu einer solch heftigen Reaktion von hart - "Es reicht" (fett gedruckt) - gegeben haben sollte, dann tut mir das leid. Leider verstehe ich den Grund nicht.


    Ich habe in einem - an SchallundWahn gerichteten - Beitrag mein Verständnis von Betätigung in einem Thread zum Kunstlied zum Ausdruck gebracht und ausdrücklich hinzugefügt, dass dies meine ganz persönliche Sicht ist. Mir war dabei bewusst, dass diese selbstverständlich keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit haben kann, - die Art und Weise der Betätigung hier im Forum betreffend. Es versteht sich, dass jeder das so handhaben kann, wie er kann und mag. Warum fühlt hart sich angesprochen?


    Der Liederzyklus "Frauenliebe und Leben" wurde hier zum Gegenstand eines Threads gemacht. Er wirft - abgesehen davon, dass es hier um schöne Lieder geht - eine ganze Reihe von hochinteressanten Fragen auf. Theodor Storm schrieb zum Beispiel im Jahre 1874 an Paule Heyse: "Mörike sagte einstmals zu mir: das ist mir sehr zuwider - das ist auch meine Empfindung."


    Ein Liederzyklus mit solch kompositorisch höchst gelungenen Liedern ist einem Dichter wie Mörike "zuwider". Und Theodor Storm stimmt ihm darin zu. Mir aber ist er nicht nur nicht zuwider, - ich finde ihn sogar großartig. Das dürfte aus meiner Besprechung des ersten Lieds deutlich geworden sein.


    Wären solche Fragen nicht einen lebendigen Diskurs wert?
    Warum also diese Verärgerung des Thread-Starters? Lebhafte Betätigung in seinem Thread müsste doch in seinem Sinne sein.

  • Lass Dich nicht fertigmachen, Meister Hart. Ich hatte an anderer Stelle meine Probleme mit Helmut Hofmann und trage sicher meinen gleichberechtigten Teil Schuld, denn meine Invektiven waren auch nicht immer vom Feinsten. [.....]


    Es ist wieder einmal an der Zeit, auf die Bremse zu steigen! Persönliche Angriffe sind unerwünscht und werden nicht geduldet! Es scheint wieder einmal zu heiß gewesen zu sein...


    Theo


    Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Wenn man sich hörend wirklich auf die Lieder dieses Zyklus einlässt, stößt man auf vieles, das höchst interessant ist. Zum Beispiel auf dieses:


    Im ersten Lied tritt das Klavier zwar einerseits als eine Art rhythmische Bremse der Singstimme auf, andererseits aber bewegt es sich vor dieser in melodisch höhere Lagen und zieht sie gleichsam hinter sich her. Im zweiten Lied unterlegt es die melodische Linie der Singstimme dort, wo diese sich emphatisch zur Bewunderung des Geliebten aufschwingt, mit verminderten Septimakkorden.


    Das Klavier hat - und wen wundert das bei Schumann - in diesem Liederzyklus jede Menge Eigenes zu sagen. Schumann macht also mit den ihm ganz eigenen und ihn als Liedkomposnisten auszeichnenden kompositorischen Mitteln aus den Gedichten Chamissos weitaus mehr, als diese selbst lyrisch zu bieten haben.


    [.....]

  • Wenn man sich hörend wirklich auf die Lieder dieses Zyklus einlässt, stößt man auf vieles, das höchst interessant ist. Zum Beispiel auf dieses:
    Im ersten Lied tritt das Klavier zwar einerseits als eine Art rhythmische Bremse der Singstimme auf, andererseits aber bewegt es sich vor dieser in melodisch höhere Lagen und zieht sie gleichsam hinter sich her. Im zweiten Lied unterlegt es die melodische Linie der Singstimme dort, wo diese sich emphatisch zur Bewunderung des Geliebten aufschwingt, mit verminderten Septimakkorden.


    Oh ja, dass ist mir auch aufgefallen, wenn ich es so hätte auch nicht ausdrücken hätte können, dieses Abbremsen der Stimme durch das Klavier, die Stimme will weiter, aber das Klavier macht einen Punkt.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Zitat

    Warum also diese Verärgerung des Thread-Starters?

    Fällt Dir auf, wie oft Du diese Frage sinngemäß in den letzten Monaten schon gestellt hast? Die Antwort dürftest Du kennen.


    [.....]


    Es liegt mir fern, Dich zu verunglimpfen und zu beleidigen.


    Dann tu es auch nicht!


    [.....]

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Zit: "...aber das Klavier macht einen Punkt."

    Es handelt sich hier um ganz typische Schumann-Lieder. Das Klavier ist eigenständiger Partner der Singstimme, und es hat auch selbst etwas "zu sagen", - in Form einer genuinen Interpretation des lyrischen Textes. Im folgenden Lied ist das noch deutlicher zu sehen. Ich hoffe, dass ich dies aufzeigen kann.

  • Zit: "...aber das Klavier macht einen Punkt."
    Es handelt sich hier um ganz typische Schumann-Lieder. Das Klavier ist eigenständiger Partner der Singstimme, und es hat auch selbst etwas "zu sagen", - in Form einer genuinen Interpretation des lyrischen Textes. Im folgenden Lied ist das noch deutlicher zu sehen. Ich hoffe, dass ich dies aufzeigen kann.


    Gerne einverstanden. Aber gilt das nicht auch für die Lieder von Schubert, Brahms ... eines jeden Liedkomponisten von Rang, ist insofern eine Selbstverständlichkeit, deren Nachweis per se nicht lohnt ? Selbstverständlich gestehe ich Dir die Kompetenz zu, es im Detail nachzuweisen. :)


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Zit.: "Aber gilt das nicht auch für die Lieder von Schubert, Brahms ... eines jeden Liedkomponisten von Rang, ist insofern eine Selbstverständlichkeit, deren Nachweis per se nicht lohnt ? "


    Brahms behandelt das Klavier anders als Schumann. Das ist hier schon mehrfach aufgezeigt worden, zum Beispiel im Thread "Sprache und Musik im Lied". Bei Brahms ist die sog. Musikalisierung des Kunstliedes deutlich weiter fortgeschritten, als dies bei Schumann der Fall ist. Das Klavier ist nicht mehr - wie bei diesem - gleichsam "Dialogpartner" der Singstimme, es bringt eigenständige musikalische Expressivität in das Lied.

  • Schwärmerische Bewunderung, ja Anbetung des Geliebten drückt dieses Gedicht aus. Er wird mit einem Stern verglichen, der fern seine Bahnen wandelt und dem ihm liebevoll Zugeneigten nur die Möglichkeit lässt, in Demut zu ihm aufzublicken.


    In diesem lyrischen Bild zeigt sich die Untergründigkeit, die es wie im ersten, so auch in diesem Gedicht gibt: Liebevolle Zuneigung geht oft mit der Erfahrung der Individuation einher. Der andere, dem man sich ganz und gar hingeben möchte, bleibt ein fernes, letzten Endes unzugängliches Wesen. Davon, und nicht nur vom Jubel der Eingangsstrophe, spricht dieses Gedicht auch.


    Und Schumann? Wie hat er es kompositorisch gelesen? Genau so! „Innig, lebhaft“ steht über diesem Lied in Es-Dur. Es weist einen Viervierteltakt auf. Im eintaktigen Vorspiel stürmen akkordische Achtelrepetitionen los. Sie reißen die Singstimme regelrecht mit, die schon im nächsten Takt ohne Vorhalt einsetzt und in der ersten Melodiezeile einen himmelstürmenden Bogen über eine ganz Oktave beschreibt.


    Das „Wie so milde, wie so gut“ des nächsten Verses wirkt melodisch, ganz der Aussage des lyrischen Textes gemäß, wie ein Innehalten. Die melodische Linie verharrt auf einer Tonebene, und ein kleines Melisma drückt Verzückung aus. Die Verse danach wirken melodisch deskriptiv. Das jeweils zentrale lyrische Wort („Lippen“, „Auge“, „Sinn“) wird durch einen Quint, bzw. Sextsprung hervorgehoben. Aber auch hier drängt sich wieder Entzücken hinein: Ein Melisma dem Wort „fester Mut“. Danach greift das Klavier in einem eintaktigen Zwischenspiel den Jubelton der ersten Melodiezeile auf und wiederholt diese.


    In der dritten Strophe kommt ein neuer Ton in das Lied. Die Vokallinie bewegt sich ruhiger und meidet die Emphase des großen melodischen Bogens. Besinnlichkeit kehrt ein, das lyrische Ich wird sich der Ferne des Geliebten bewusst. Auch im Klavier herrscht weniger unruhige Bewegtheit. Und nicht nur das: Septimakkorde deuten die leise Traurigkeit an, die die in den Aussagen des lyrischen Ichs aufklingt. Bei den Worten „Nur in Demut ihn betrachten“ steigt die melodische Linie zwar zunächst in größere Höhe auf, fällt danach aber gleich wieder langsam und beständig ab und beschreibt bei „traurig sein“ einen höchst expressiven kleinen Sekundfall.


    Musikalisch eindrucksvoll ist die letzte Strophe des Gedichts gestaltet. Auf dem Wort „freuen“ liegt ein Sextsprung. Aber sofort danach folgt darauf bei dem Wort weinen ein Quintfall. Die Semantik des lyrischen Wortes spiegelt sich in der musikalischen Faktur. Und das gilt auch für den nächsten Vers: Bei „selig, selig“ geht die melodische Linie beschwingt in die Höhe, beim Bild vom „Brechen des Herzens“ erklingt danach wieder ein Quintfall, und die melodische Linie verharrt wie gebrochen auf einer Tonebene.


    Aber der Jubel will wiederkehren. Das Klavier artikuliert ihn schon vor der Singstimme, gibt dieser gleichsam den Ton vor, und sie braucht nur noch einzustimmen. Was es im Nachspiel zu sagen hat, ist aber schon kein ganz und gar ungebrochener Jubel mehr. Klänge der Nachdenklichkeit sind zu hören, - vor allem in den harmonischen Modulationen, in denen die melodische Linie wie gebrochen wirkt.

  • Fischer-Dieskau merkt zu diesem Lied an, es sei, mehr noch als das erste des Zyklus „ein absolutes Musikstück“. Wenn ich diese Feststellung richtig verstanden habe, so zielt sie darauf ab, dass die Musik hier nicht einfach „Träger“ des lyrischen Textes ist, sondern dessen semantischen Gehalt mit den ihr eigenen Mitteln aufgreift und zu einer Art „neuem Werk“ werden lässt. Mit „Mittel“ ist hier das für Schumann so typische dialogische Zusammenspiel von Singstimme und Klavier gemeint.


    Das Klavier liest den Text auf seine ganz eigenständige Art und setzt damit Akzente in der melodischen Bewegung der Singstimme. Diese Akzente sind sowohl rhythmischer als auch harmonischer Art. Die akkordischen Achtelrepetitionen entfalten von Anfang eine gewiss rhythmisch mobilisierende Wirkung. Sie tragen die Emphase des lyrischen Textes schon in sich, noch bevor die Singstimme diese zu artikulieren vermag.


    Aber das Klavier setzt auch harmonische Akzente, die die seelische Tiefenschicht dessen, was die Singstimme zu sagen hat, musikalisch ausleuchten. Besonders in der dritten Strophe ist das zu hören. Das lyrische ich redet sich ja hier etwas ein: Es will angeblich gar nicht zu diesem Geliebten hin, ihn nur in Demut betrachten und selig sein, - und traurig. Dieser Verzicht, aus der Not geboren, lässt Traurigkeit in die Emphase der Liebe einfließen. Und das Klavier greift dies auf und bringt es klanglich zum Ausdruck.


    Septimakkorde klingen auf. Und nach der Steigerung dieses – gar nicht wirklich gewollten - Verzichts in der Aufforderung: „Höre nicht mein stilles Beten“ erklingt sogar ein verminderter Septimakkord, der die Ambivalenz dieser Aufforderung musikalisch akzentuiert. Bemerkenswert auch, dass bei der Wiederholung der ersten Strophe der Klaviersatz nicht der gleiche ist wie dort. Zwar sind auch wieder die Achtelrepetitionen zu hören, aber da und dort schleiche sich harmonische Einfärbungen in Form von Septimakkorden hinein, etwa bei dem Wort „Allen“. Und auch das Nachspiel setzt mit einem verminderten Akkord ein.


    Heißt: Das Klavier weiß um den seelischen Untergrund all dieses Jubels in der Singstimme. Und immer wieder lässt sie das in deren melodische Bewegung einfließen.

  • Zitat

    Das Klavier ist nicht mehr - wie bei diesem - gleichsam "Dialogpartner" der Singstimme, es bringt eigenständige musikalische Expressivität in das Lied.


    Wenn das Klavier keine "eigenständige musikalische Expressivität" in ein Kunstlied von Schubert oder Schumann brächte, würde es keinen Sinn machen, dass Du Dich mit ihm gedanklich auseinandersetzt. Ebenso wäre es kein "Dialogpartner" der Singstimme. Wir befänden uns dann auf der Ebene eines Volksliedes, das beispielsweise mit einer überschaubaren Zahl von Akkorden auf der Gitarre begleitet wird. Bitte präzisieren!


    Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Einen kleinen Nachtrag möchte ich noch zu meiner Liedbetrachtung von „Er, der Herrlichste von allen“ machen:


    Beim Hören erinnert mich dieses Lied stark an Schumanns Lied „Widmung“, das erste aus „Myrthen“ op.25 („Du meine Seele, du mein Herz, / Du meine Wonn´, o du mein Schmerz…“). Und zwar deshalb, weil hier wie dort eine ähnlich weit ausgreifende Emphase der melodischen Linie zu vernehmen ist.


    Diese Liedersammlung hat Schumann „Seiner geliebten Braut“ gewidmet. Dem ersten Lied liegt ein Gedicht von Friedrich Rückert zugrunde, das in dessen Sammlung keinen Titel trägt. Der Titel „Widmung“ stammt also von Schumann selbst.


    Warum diese Anmerkung?
    Sie scheint mir zu bestätigen, dass Schumann in diesen Liederzyklus „Frauenliebe und Leben“ sehr viel von seinem eigenen Empfindungen Clara gegenüber hat einfließen lassen. Nur eben in der Form, dass er sich gleichsam in ihre Rolle hineinversetzte.

  • ich will mich nicht im Detail in diesem Thread beteiligen, möchte aber auf einen Artikel in "Zeit-Online" verweisen mit dem Titel "Robert Schumann, Das eiskalte Genie", welcher ein Schlaglicht auf Schumanns Frauenbild gibt. Das könnte in die Beurteilung seiner Vertonung einfließen.


    Gerade lese ich da etwas von "Links" und "Schumann, das eiskalte Genie". Wer diesen Titel erfunden hat, kann garantiert keine Ahnung von Robert Schumann haben. Wenn einer kein(!) "eiskaltes Genie" war, dann dieser Komponist. Bei einem Artikel, dem eine solche Überschrift vorangestellt wird, kann es sich nur um oberflächlichen Journalismus handeln. Ich plädiere noch einmal für das eigene Nachdenken über die Lieder dieses Zyklus.


    Und ich meine, wir sollten uns nun mit dem Liederzyklus selbst beschäftigen und den biographischen Hintergrund als hinreichend ausgeleuchtet betrachten.


    Ganz kurz zum erwähnten Artikel, den ich jetzt auch gelesen habe...nicht inhaltlich, jedoch stilistisch gesehen äußerst prätetiös. Zum Inhalt kann ich nur das gleiche sagen wie helmut, neu ist das alles für mich nicht, ich bin niemand, der Schumann je verherrlicht hätte.


    Zitat von »zweiterbass« Die Dissertation von Friedericke Preiß an der Musikhochschule Düsseldorf dürfte neueren Datums sein, sodaß obige Argumentation ins Leere gehen dürfte (incl. des gezeigten Interesses) - das genaue Datum zu finden, war mir zu aufwändig - wer's genau wissen will, kann's ja ausfindig machen und dann als Gegenbeweis posten.


    Die Dissertation wurde 2004 vorgelegt. Sie ist ja vor allem eine juristische Darstellung der Prozesse Schumanns gegen seinen ungeliebten Schwiegervater Wieck. Die Kompetenz der Autorin habe ich nirgends angezweifelt gesehen. Ich werde mir diese Arbeit besorgen, den Artikel darüber, der hier teilweise kontrovers diskutiert wurde, fand ich hervorragend - die Überschrift ist die Überschrift, nach deutschem Presserecht nicht gegendarstellungspflichtig. Schumann ist ja schließlich nicht der Erste, dessen Biografie bis zur Unkenntlichkeit verklärt wurde. Die Klassiker - und nicht nur diese - werden in Deutschland gern zu Gutmenschen umgeschrieben. Aber nicht nur hier wie das britische Beispiel Dickens zeigt.


    Ergänzend darf ich auf meinen Beitrag Nr. 67 im Thread "Robert Schumann - Dichterliebe op. 39" verweisen und auf die dort eingestellten Links - die nicht das Gerichtsverfahren zum Thema haben.


    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Die Zuordnung Dichterliebe ist falsch - ich bitte um Entschuldigung.


    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Nach zwei schlaflosen Nächten:
    Ich werde den Ton von harts Worten – von einer weisen Moderation inzwischen teilweise gelöscht – nicht los. Tiefes Verletzt-Sein klingt darin auf. Das Forum deshalb zu verlassen, hat sich nach zweitägigem Nachdenken für mich als der falsche Weg erwiesen.


    Aus diesem Grund nun:


    Ich bitte hart um Entschuldigung und Vergebung für mein Verhalten ihm gegenüber. Es zielte zwar nicht auf eine Verletzung der Person ab, gleichwohl hatte es diese zur Folge. Das bedauere ich zutiefst.


    Meine Hoffnung und mein Wunsch ist, dass er seine Betätigung in diesem seinem Thread fortsetzen möge.

  • Es ist ein Gebot der Kultur, eine Entschuldigung anzunehmen.


    Wenn man in so ein Forum geht, dann erwartet man eher in „eine bessre Welt“ entrückt zu werden als in eine schlechtere. Ich muss unter anderem auch die Freiheit des Zitierens haben, so wie es jeder hier für sich in Anspruch nimmt. In aller Regel zitiert man Meinungen anerkannt sachkundiger Leute, wenn sie mit der eigenen Meinung kongruent sind oder wenn man in keiner Weise damit einverstanden ist.


    Wenn jede und jeder gemäß seinen Bedürfnissen und Neigungen und meinetwegen auch Begabungen schreibt, dann kann so ein Thread sehr lebendig sein, was eine Qualität an sich ist. Sicher liegt man als Schreiber mal daneben, dann darf man durchaus auch korrigiert und kritisiert werden.


    Und weil zitieren so schön ist, zitiere ich mal Heinrich Heine:


    Selten habt ihr mich verstanden,
    Selten auch verstand ich euch,
    Nur wenn wir im Kot uns fanden,
    So verstanden wir uns gleich.


    Den beiden letzten Zeilen sollten wir aus dem Wege gehen und sie den bösen Menschen überlassen, die bekanntlich keine Lieder haben ...

  • Mehrmals am Tag, seit gestern 14.31 Uhr, habe ich diesen Thread angeklickt und auf einen Eintrag von hart gewartet.
    Nun ist er da. Ich bin erleichtert. Weitere Worte meinerseits wären auf dem Hintergrund dieses Gefühls Schall und Rauch.

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • 3. Ich kann´s nicht fassen, nicht glauben

    Ich kann's nicht fassen, nicht glauben,
    Es hat ein Traum mich berückt;
    Wie hätt' er doch unter allen
    Mich Arme erhöht und beglückt?


    Mir war's, er habe gesprochen:
    Ich bin auf ewig dein -
    Mir war's - ich träume noch immer,
    Es kann ja nimmer so sein.


    O laß im Traume mich sterben
    Gewieget an seiner Brust,
    Den seligsten Tod mich schlürfen
    In Tränen unendlicher Lust.


    Man könnte den gesungenen Text auch auf andere Weise erklären, indem auf Wiederholungen hingewiesen wird, aber ich stelle einfach mal den gedruckten und den gesungenen Text ein.
    In diesem kaum zwei Minuten dauernden Lied bricht sich die pure Leidenschaft Bahn; Unfassbares geschieht im Traum, der Anfangstext wird geradezu stammelnd vorgetragen. Das „Ich bin auf ehewig dein“ darf wohl zu den so genannten „schönen Stellen“ gezählt werden. Schließlich wird in diesem dritten Lied erstmals der Tod erwähnt, hier noch im Traum, im letzten Lied ist er dann Realität, wenn vom Todesschlaf des Mannes und vom Ende des Glücks gesungen wird.
    Nach „Mich Arme erhöht und beglückt?“ hört man zunächst nur ein paar Klaviertakte, danach verabschiedet sich Singstimme und Klavier fast träumerisch …


    Hier der gesungene Text mit den Wiederholungen:


    Ich kann's nicht fassen, nicht glauben,
    Es hat ein Traum mich berückt;
    Wie hätt' er doch unter allen
    Mich Arme erhöht und beglückt?


    Mir war's, er habe gesprochen:
    Ich bin auf ewig dein -
    Mir war's - ich träume noch immer,
    Es kann ja nimmer so sein.
    Es kann ja nimmer so sein.


    O laß im Traume mich sterben
    Gewieget an seiner Brust,
    Den seligsten Tod mich schlürfen
    In Tränen unendlicher Lust.


    Ich kann's nicht fassen, nicht glauben,
    Es hat ein Traum mich berückt;
    Wie hätt' er doch unter allen
    Mich Arme erhöht und beglückt?


    Ich kann's nicht fassen, nicht glauben,
    Es hat ein Traum mich berückt.

  • 4.
    Du Ring an meinem Finger


    Du Ring an meinem Finger,
    Mein goldenes Ringelein,
    Ich drücke dich fromm an die Lippen,
    An das Herze mein.


    Ich hatt' ihn ausgeträumet,
    Der Kindheit friedlich schönen Traum,
    Ich fand allein mich verloren
    Im öden unendlichen Raum.


    Du Ring an meinem Finger,
    Da hast du mich erst belehrt,
    Hast meinem Blick erschlossen
    Des Lebens unendlichen tiefen Wert.


    Ich will ihm dienen, ihm leben,
    Ihm angehören ganz,
    Hin selber mich geben und finden
    Verklärt mich
    in seinem Glanz.


    Du Ring an meinem Finger,
    Mein goldenes Ringelein,
    Ich drücke dich fromm an die Lippen,
    An das Herze mein.



    Eine Klaviereinstimmung entfällt, die Singstimme setzt unmittelbar mit dem Liedbeginn, noch vor dem Klavier ein.


    Das vierte Stück des Zyklus wird in fünf Strophen gesungen, wobei die erste und letzte Strophe textgleich sind.
    Das bisher nur erträumte Glück wird zur Gewissheit, was bei „ihm angehören ganz“ in der dritten Strophe geradezu jubilierend ausgedrückt wird; ein Beispiel dafür, dass mit einem „gesungenen Gedicht“ wesentlich mehr Gefühl vermittelt werden kann.
    Diese überschäumende Freude ist in der zweiten Strophe noch nicht zu hören – das Mädchen erinnert sich seiner Kindheit, fand sich allein verloren „im öden unendlichen Raum“. In der ersten, vierten und fünften Strophe werden Wörter wiederholt , was durch Unterstreichung kenntlich gemacht ist. Am Liedschluss gönnt Schumann dem Hörer dann noch einige Klaviertakte, bevor die Aufgeregtheit des folgenden Liedes beginnt.


  • Im vorigen Text wurde der Begriff „Aufgeregtheit“ für dieses fünfte Lied des Zyklus verwendet, weil sich die Singstimme nach wenigen Vorspieltakten sehr rasch durch den Text arbeitet und die gesamte Hektik der Hochzeitsvorbereitungen auf diese Weise zum Ausdruck kommt. Auch hier lässt sich feststellen, dass sich an diesen Umständen (der Ausrichtung einer Hochzeit) eigentlich bis in unsere Zeit praktisch nichts geändert hat; vielleicht sind die Accessoires etwas anders …


    Den Text würde man heute gerne etwas redigieren, aber bezüglich der Musik hat man ein solches Bedürfnis nicht, sie trifft genau die Situation.


    Die Braut verneigt sich – wie schon bisher im Zyklus – demutsvoll vor dem „hohen Herrn“, aber es ist nicht zu überhören, dass sie ihn in Besitz nimmt, was in dem so intensiv gesungenen Wort „mein“ zum Ausdruck kommt. Melancholie kehrt in den letzten drei Gedichtzeilen ein, wenn sich die Braut von den Schwestern verabschiedet, wobei die letzte Zeile wiederholt wird und die Stimme abdunkelt.
    Es ist ein Scheiden mit Wehmut, aber auch mit freudiger Erwartung. Ein dezentes Klaviernachspiel von etwa fünfzehn Sekunden Dauer leitet gedanklich hinüber zum nächsten, ganz anders gearteten Lied.

    5.


    Helft mir, ihr Schwestern,
    Freundlich mich schmücken,
    Dient der Glücklichen heute, mir.
    Windet geschäftig
    Mir um die Stirne
    Noch der blühenden Myrte Zier.


    Als ich befriedigt,
    Freudigen Herzens,
    Sonst dem Geliebten im Arme lag,
    Immer noch rief er,
    Sehnsucht im Herzen,
    Ungeduldig den heutigen Tag.


    Helft mir, ihr Schwestern,
    Helft mir verscheuchen
    Eine törichte Bangigkeit;
    Dass ich mit klarem
    Aug' ihn empfange,
    Ihn, die Quelle der Freudigkeit.


    Bist, mein Geliebter,
    Du mir erschienen,
    Gibst du mir, Sonne, deinen Schein?
    Lass mich in Andacht,
    Lass mich in Demut
    Lass mich verneigen dem Herren mein.


    Streuet ihm, Schwestern,
    Streuet ihm Blumen,
    Bringt ihm knospende Rosen dar.
    Aber euch, Schwestern,
    Grüß' ich mit Wehmut,
    Freudig scheidend aus eurer Schar.


    Dieser Abschied von den Schwestern ist der Beginn einer neuen Lebensphase und es ist im Lied zu hören, dass eine „törichte Bangigkeit“ zu verscheuchen ist; die Kindheit ist endgültig vorbei, es beginnt der Ernst des Lebens als Hausfrau und Mutter.
    Schumanns Werk entstand im Jahre 1840.

    Nebengedanken zum Thema:
    Wie war die gesellschaftliche Situation 60 Jahre später?
    Beleuchten wir einmal den Alltag eines Paares, in dessen Leben die Musik auch eine wesentliche Rolle spielte – die Mahlers.
    Man kennt eine Schilderung, welchen Stress Alma hatte, wenn der Herr Operndirektor zum Mittagessen kam und die dampfende Suppe auf die Minute pünktlich auf dem Tisch zu stehen hatte, alles musste nach den Bedürfnissen des Mannes ausgerichtet sein – das war 1902.
    Alma Mahler war jedoch alles andere, aber keine „niedre Magd“, sondern eine der attraktivsten Frauen Wiens in dieser Zeit.
    Zu Chamisso:
    1819 heiratet er die um 20 Jahre jüngere Antonie Piaste. Sie lebten in glücklicher Ehe, bis Antonie 36-jährig nach der Geburt ihres siebenten Kindes starb.
    Alma Mahler geb. 1879 / Gustav Mahler 1860 – 19 Jahre Altersunterschied

  • 6.


    Süßer Freund, du blickest


    Süßer Freund, du blickest
    Mich verwundert an,
    Kannst es nicht begreifen,
    Wie ich weinen kann;
    Lass der feuchten Perlen
    Ungewohnte Zier
    Freudig hell erzittern
    In dem Auge mir.


    Wie so bang mein Busen,
    Wie so wonnevoll!
    Wüsst' ich nur mit Worten,
    Wie ich's sagen soll;
    Komm und birg dein Antlitz
    Hier an meiner Brust,
    Will in's Ohr dir flüstern
    Alle meine Lust.


    Hab' ob manchen Zeichen
    Mutter schon gefragt,
    Hat die gute Mutter
    Alles mir gesagt,
    Hat mich unterwiesen,
    Wie, nach allem Schein,
    Bald für eine Wiege

    Muss gesorget sein.


    Weißt du nun die Tränen,
    Die ich weinen kann,
    Sollst du nicht sie sehen,
    Du geliebter Mann?
    Bleib' an meinem Herzen,
    Fühle dessen Schlag,
    Dass ich fest und fester
    Nur dich drücken mag!


    Hier an meinem Bette
    Hat die Wiege Raum,
    Wo sie still verberge
    Meinen holden Traum;
    Kommen wird der Morgen,
    Wo der Traum erwacht,
    Und daraus dein Bildnis
    Mir entgegen lacht.


    In diesem Lied wird dem erstaunten Mann (du blickest mich verwundert an) die Schwangerschaft mitgeteilt. Graham Johnson bemerkt dazu folgendes:


    < Die Gedichtsammlung ist bei weitem kein feministischer Alptraum, sondern argumentiert für seine Zeit stark für die Unabhängigkeit der Frau. Dieses Lied leuchtet wie ein Kleinod im Herzen von Schumanns großem Liederzyklus. Der eigentliche Moment der Offenbarung ist eine so intime Angelegenheit, dass Schumann die dritte Strophe von Chamissos Gedicht weglässt, damit die gute Neuigkeit von der werdenden Mutter in einer Art „schwangerem“ Klavierspiel geflüstert werden kann, Musik, die kaum das zunehmende Gefühl der Verwunderung in der perplexen Reaktion des Mannes verhüllt>


    Hier wird also mal wieder zitiert, aber da wir nicht in den Kopf eines Begleiters hineinschauen können, scheint es mir wichtig, auf Stellen hinzuweisen, die solche Gedankengänge sichtbar machen.


    In diesem sechsten Lied gerät der Auftritt des Mannes schon ein bisschen in den Hintergrund. Der süße Freund blickt verwundert und auch der Liedhörer weiß zunächst nicht so recht worum es geht (weil Schumann die hier im farbigen Kleindruck dargestellte Strophe nicht singen lässt). Erst in der letzten Strophe lüftet sich das Geheimnis, wenn gesungen wird: „Hier an meinem Bette hat die Wiege Raum.“ Nun ist es heraus, die Dame ist schwanger, das Paar erwartet Nachwuchs, ein neuer Lebensabschnitt (hauptsächlich der Frau) beginnt.

  • 7.

    An meinem Herzen, an meiner Brust,
    Du meine Wonne, du meine Lust!


    Das Glück ist die Liebe, die Lieb' ist das Glück,
    Ich hab' es gesagt und nehm's nicht zurück.


    Hab' überschwänglich mich geschätzt,
    Bin überglücklich aber jetzt.


    Nur die da säugt, nur die da liebt
    Das Kind, dem sie die Nahrung gibt;


    Nur eine Mutter weiß allein,
    Was lieben heißt und glücklich sein.


    O wie bedaur' ich doch den Mann,
    Der Mutterglück nicht fühlen kann!


    Du lieber, lieber Engel, du!
    Du schauest mich an und lächelst dazu!


    An meinem Herzen, an meiner Brust,
    Du meine Wonne, du meine Lust!



    War der Herr Gemahl schon im vorigen Lied – bei der Verkündung der Schwangerschaft – etwas in die Defensive geraten, so wird dieser Eindruck im siebten Lied noch verstärkt.
    Die Ehrerbietung und Unterordnung die aus den Texten der Eingangslieder spricht, lässt einen Standesunterschied vermuten. Nun ist sie als Mutter in eine ganz andere Rolle hineingewachsen und erzählt ihrem Gatten, was er alles nicht kann – er wird zum Bedauernswerten herabgestuft ...
    Musikalisch kommt das Mutterglück voll zum Ausdruck, das Notenblatt verlangt den Vortrag „Fröhlich, innig“. Zwei Klaviertakte, dann setzt auch schon die „aufgeregte“ Singstimme ein. Bei „nur eine Mutter weiß allein …“ fordert das Notenblatt ein „schnelleres Tempo“ – und bei „lieber, lieber Engel du“ geht es nochmals schneller, bis das Lied von der Sängerin geradezu jubilierend schon nach einer Minute beendet wird, aber es folgt noch ein schönes Nachspiel.

  • Dass die Strophen nach der Hochzeit also in helleren Kreuztonarten gestaltet sind, macht nachdem, was ich biografisch von Schumann weiß, ja deutlich Sinn.

    Tja, liebe Schall und Wahn,


    für den Musiktheoretiker allenfalls. Doch was ist mit uns weniger Geschulten. Um wieviel dunkler wird es uns erscheinen, wenn der Pianist irrtümlich Es-Dur anstatt Dis-Dur greift?

  • Zit. hami1799: "...für den Musiktheoretiker allenfalls. "


    Nein, lieber hami1799, das kann man doch hören. Du doch auch! Da bin ich mir völlig sicher!


    Das ist keine Sache der reinen "Musiktheorie" Deren Vertreter haben ihre Kenntnisse und Erkenntnisse aus der Empirie hergeleitet, - aus dem schlichten vergleichenden Hören. Und wenn ein Komponist wie Schumann eine bestimmte Tonart wählt oder ein bestimmtes Tongeschlecht, dann sehr wohl mit Blick auf den ganz spezifischen Klang, die diese haben.


    Schubert musste oft Lieder transponieren, weil er sie ohne Rücksicht auf ihre Singbarkeit in eine bestimmte Tonart gesetzt hatte, die dem, was er sagen wollte, angemesssen zu sein schien. Bis der Verleger reklamierte!


    Das hier zuletzt vorgestellte Lied Nr.7 ("An meinem Herzen, an meiner Brust") steht zum Beispiel in D-Dur. Die Vortragsanweisung lautet "Fröhlich, innig", und dem Lied liegt ein flotter, tänzerischer Sechsachteltakt zugrunde. Die Sechzehntel-Figuren in Bass und Diskant sind mit Bögen versehen und verdichten sich auf diese Weise zu dahineilenden akkordischen Gebilden. Das alles reflektiert musikalisch die Aussage des Textes. Und die Tonart D-Dur ist dafür genau die richtige. Das Ganze wirkt dadurch klanglich leuchtend.

  • Nein, lieber hami1799, das kann man doch hören. Du doch auch! Da bin ich mir völlig sicher!

    Ich weiß nicht, lieber Helmut,


    wie unterscheidet der Pianist denn Dis von Es?
    Ist nicht jede Kreuztonart auf dem Piano auch gleichzeitig eine Dur-Tonart?

  • Du fragst mich, lieber hami1799: "Wie unterscheidet der Pianist denn Dis von Es?"


    Diese Frage kann ich wohl gerade noch so beantworten. Aber nicht das, was dann an Fragen nachfolgt. Denn ich bin ein musikwissenschaftlicher Laie.


    Absolut genommen, ist ein Dis von einem Es nicht zu unterscheiden. Wohl aber in dem, was man harmonisch aus diesem Ton macht. Es geht also um den spezifischen Klang der Tonarten und der Tongeschlechter. Und das ist eine Wissenschaft für sich, - genauer: Es ist eigentlich gar keine, denn dahinter steht sehr viel subjektives Klangempfinden.


    Man weiß nur, dass Komponisten für bestimmte musikalische Aussagen oder Themen bestimmte Tonarten bevorzugt haben. So wählt zum Beispiel Schubert in den Fällen, in denen "Tod" das Tema ist, ein d-Moll, so dass man in diesem Zusammenhang bei ihm sogar von einer "Todestonart" sprach.


    Aus dieser empirisch ermittelten Verwendung der Tonarten für ganz bestimmte musikalische Aussagen hat zum Beispiel Christian Friedrich Daniel Schubart sein "Ideen zu einer Ästhetik der Tonkunst" (Wien 1806) entwickelt. Das ist aber keine wissenschaftlich fundierte Angelegenheit.


    Dort findet sich zum Beispiel eine solche einleitende Feststellung:


    "Jeder Ton ist entweder gefärbt (d.h. mit Vorzeichen versehen), oder nicht gefärbt. Unschuld und Einfalt drückt man mit ungefärbten Töen aus. Sanfte, melancholische Gefühle, mit B-Tönen; wilde und starke Leidenschaften mit Kreuztönen".


    Womit klar sein dürfte: Es geht hier um subjektives Klangempfinden, - mit all den Beschränkungen und Begrenztheiten, die Subjektivität nun einmal mit sich bringt.


    ABER: Es ist - um zum Thema dieses Threads zurückzukommen - auffällig: Schumann bevorzugt in diesem Zyklus von der Harmonielehre her nahe verwandte B-Tonarten. Und es ist auffällig, dass er Kreuztonarten nur dort einsetzt, wo es um das Glück ehelicher Mutterschaft geht.

  • So wählt zum Beispiel Schubert in den Fällen, in denen "Tod" das Tema ist, ein d-Moll, so dass man in diesem Zusammenhang bei ihm sogar von einer "Todestonart" sprach.


    Im Schumann-Zyklus „Frauenliebe und –Leben“ taucht ja im letzten Lied der Tod auf und Schumann bedient sich praktisch gleicher kompositorischer Mittel.
    Im „Liedführer“ wird der Beginn des letzten Liedes so beschrieben:
    „Dann aber fährt der D-Moll-Dreiklang, der das Lied eröffnet, wie ein Sensenhieb des Todes in den Glücksrausch hinein und lässt alle Freude verstummen.“

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose