Von Alben, Nibelungen, Riesen und Göttern (oder solchen, die sich dafür halten) - Die Musikhochschule, Teil 2 - Studenten

  • Früher oder später werden Sie in Ihrer Musikhochschule auch eine gewisse Studententypologie ausgemacht haben. Nein, keine Schubladen, sondern Muster, die Ihnen so oder in varierter Form immer mal wieder über den Weg laufen werden. Auch die verschiedensten Kreuzungen sind natürlich immer möglich.


    Fangen wir also an.....


    .....mit der Müslitante/dem Müslionkel


    Wenn es sich um eine weibliche Vertreterin dieser Spezies handelt, erkennen Sie sie meist an selbstgestrickten Pullis, Stirnbändern und sonstigen Kleidungsstücken, die vorzugsweise mit leicht schmuddeligen Cordhosen und ergonomisch geformten, fair gehandelten Fußbekleidungsversuchen kombiniert werden. Ganz harte Fälle kreuzen auch mit einem Palästinensertuch oder ähnlichen, politisch wahnsinnig aussagekräftigen Accessoires auf, damit die unbedarften Musikheinis, die ja sowieso nur in ihrer eigenen, seltsamen und egozentrischen Welt leben, auch mal mit politischen Realitäten konfrontiert werden. Zugegeben, diese Art wird Ihnen in einer Musikhochschule im Vergleich zur normalen Uni eher weniger begegnen, aber es gibt sie. Ihr bevorzugter Lebensraum ist meist das Asta-Büro, wo sie sich bei der Organisation von Wahlen, Demos, Protestaktionen und ähnlichen unentbehrlichen Veranstaltungen wenigstens ein bisschen darum bemühen, die Hochschule aus ihrer politischen Indifferenz herauszuholen. In der Mensa werden Sie sie kaum antreffen, es sei denn, dass auch biologisch-dynamische Gerichte angeboten werden. Ist dies nicht der Fall, sieht man sie mit ihrem eigenen, selbstgeschroteten und Vierzigkornmüsli missmutig in der Ecke sitzen, aus der sie jedem Ahnungslosen, der sich dazusetzt, lamoryant vorbeten, ob er wisse, wieviele Konservierungs-und Zusatzstoffe sein Mittagessen enthält und ob er wirklich gewillt sei, sich und seiner Gesundheit eine solche Schadstoffbombe zuzumuten.



    Der Womanizer


    Er ist der Star der Hochschule, oder zumindest ein Star. Er bricht die Herzen der stolzesten Frauen, er ist stürmisch, leidenschaftlich, und er ist sich seiner Sache absolut sicher. Klar, wie sollten die Frauen einem Tastenlöwen oder Teufelsgeiger wie ihm auch nicht zu Füßen liegen. Seine reichste Beute macht er auf der halbjährlich stattfindenden Hochschulparty, wo große Mengen an Alkohol dem unwiderstehlichen Charme unseres Casanovas zu Hilfe eilen, damit dieser am nächsten Morgen seiner Trophäensammlung weitere Opfer seines umwerfenden Sexappeals hizufügen kann. Diesen Jäger und Sammler finden Sie bevorzugt in der Rauchermensa, wo er sich im Kreise seiner Verehrerinnen sonnt, bevor er wieder in seiner Überzelle verschwindet, die er übrigens gern auch mal für amouröse Abenteuer zweckentfremdet.



    Das Seelchen


    Tja, das Seelchen werden Sie kaum allein antreffen, dazu ist die Welt einfach zu gefährlich und zu schlecht. Von empfindsamer Natur, verbirgt sich das Seelchen meist hinter anderen Studenten, um wie ein kleiner Schwarmfisch vom Schutz der Masse zu profitieren. Gelegentlich, wenn sich das Seelchen ganz sicher fühlt, wagt es sich auch aus diesem Schutz heraus, etwa wenn es zum Beispiel darum geht, die besonders schalen Witze des Dozenten mit einem mitleidigen Lächeln oder sogar kokettem Kichern zu honorieren. Weil das natürlich Punkte bringt! Beim Seelchen wissen Sie nie so ganz genau, woran Sie sind, denn seine Meinung vertraut das Seelchen sowieso nur absoluten Vertrauenspersonen an.




    Zu denen Sie nicht gehören


    Der Schleimer


    Er ist der Liebling der Götter bzw. der Professoren. Ja, so etwas wird man aber nicht einfach so, da muss man sich schon ein bisschen anstrengen. Man erkennt ihn daran, dass er nach Vorlesungen oder Seminaren noch gern ein paar Minütchen länger beim Professor weilt, um mit ihm, natürlich nur aus reiner Wissbegier, einige interessante Punkte aus der soeben zu Ende gegangenen Veranstaltung zu diskutieren. Nach einiger Zeit hat er sich dann zum Hiwi, oder vornehmer ausgedrückt, zum Assistenten hochgearbeitet und darf nun die Aktentasche des Meisters tragen und den Seminarraum für die Vorlesung vorbereiten. Steigt er in der Karriereleiter noch weiter nach oben, findet man ihn in der Mensa überhaupt nicht mehr, sondern höchstens im Büro des Professors, wo er als dessen rechte Hand mit wichtiger Miene Dokumente in den Laptop hämmert. Möchte man als Normalsterblicher ins Allerheiligste vordringen, muß man zunächst an diesem Zerberus vorbei, und wehe dir, o einfacher Student, wenn du keinen wirklich trifftigen Grund hast.....



    Die Melancholisch-Hysterische


    Sie ist das Nervenbündel der Schule. In ihrer Gegenwart fühlt sich selbst der nervöseste Student so nervenstark wie ein Testpilot. Aber Vorsicht! Ihre Nervosität kann ansteckend wirken! Man erkennt sie meistens an ihrem abgehärmten und leidvollen Gesichtsausdruck, an ihrem schleichenden Gang und ihre gebückten Haltung. Unbedarfte könnten vermuten, dass diese bedauernswerte Person gerade aus einer Gefangenschaft entlassen wurde, nicht aber, dass sie eine vom Steuerzahler finanzierte, exquisite Ausbildung durchläuft. Hat sie ein ahnungsloses Opfer gefunden, stimmt sie das einer endlosen Dacapo-Arie gleichende Lamento ihres traurigen Studentenlebens an, und wenn sie dann ihren gesamten Frust auf ihr bedauernswertes Gegenüber abgeladen hat, verzieht sie sich mit einem schwarzen Kaffee ins Asta-Büro, wo sie von den Müslitanten und -onkels schon erwartet wird. Aus dieser Lethargie erwacht die Melancholisch- Hysterische nur, wenn eine Prüfung ansteht. Dann sucht sie sich ebenfalls Opfer, diesmal aber nicht für das Lamento, sondern für ein Allegro agitato der Verzweiflung, und sie ruht nicht eher, bis die gesamte Hochschule über ihre Seelenqualen informiert wurde. Danach stürzt sie sich in die Prüfung wie Floria Tosca von der Engelsburg, aus der sie dann, oh Wunder!!!, meistens mit mit einer wider Erwarten guten Note entlassen wird. Das zaubert manchmal kurzfristig ein scheues Lächeln auf das Gesicht unserer tragischen Heldin. Aber nur ganz kurz, denn es war ja nicht die letzte Prüfung und überhaupt....Hilfe .... ICH ...SCHAFF... DAS.. ALLES.. NICHT!!!!!!!!


    Der Rebell


    Er ist das, was diese Hochschule braucht. (Glaubt er selber jedenfalls!) Ein richtiger Mann! Mit Dreitagebart, langer Wallemähne und ausgebeulten Jeans ist er der Rebell, der Übezellen-Che Guevara, der diesem elitären Club mal so richtig einheizt. In Vorlesungen stellt er die Aussagen des Dozenten sehr gern in Frage, rebelliert, wo er kann, und ist kurzum eine echte Kämpfernatur. Man fragt sich, aus welcher Sekt- bzw. Tequilalaune heraus unser Naturbursche ausgerechnet Musik studieren wollte, wäre er doch in der politischen Fakultät einer Massenuni viel besser aufgehoben gewesen, aber diese Frage gehört wohl zu den großen Fragen der Menschheit, auf die es so schnell keine befriedigende Antwort gibt. Wenn es um die Biographien der großen Komponisten geht, begreift der Rebell sie meist als Brüder im Geiste, die sich – genau wie er - als arme, verkannte Genies gegen das tumbe, bürgerliche Establishment auflehnten und diese aufrechte Geisteshaltung mit lebenslanger Armut und Ächtung bezahlen mussten. Selbst im galantesten Menuett erkennt er versteckte Rebellion, die aufgrund gesellschaftlicher Umstände natürlich nur getarnt vermittelt werden konnte. Seelchen und Müslitanten fühlen sich von diesem Mordskerl magisch angezogen, denn allzu leicht gaukeln ihnen ihre Hormone beim Anblick des Naturburschen die Verbindung zum keulenschwingenden Steinzeitmenschen vor, der mit markerschütterndem Geschrei ein totes, blutiges Tier vor den Höhleneingang knallt. Wen interessiert da noch das Amt der Frauenbeauftragten?



    Ergänzungen sind gerne und jederzeit willkommen. 8-)

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • :hahahaha::hahahaha::hahahaha::hahahaha::hahahaha::hahahaha:
    Obwohl ich nicht an der Musikschule war, sondern etwas anderes studiert habe, kenne ich sie alle, diese Leute! :)


    Hast du nicht noch vielleicht den Karrieristen vergessen?

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • :hahahaha::hahahaha::hahahaha::hahahaha::hahahaha::hahahaha:
    Obwohl ich nicht an der Musikschule war, sondern etwas anderes studiert habe, kenne ich sie alle, diese Leute! :)


    Hast du nicht noch vielleicht den Karrieristen vergessen?


    Den hatte ich eigentlich mit der Kategorie "Schleimer" bedacht. Aber du bist herzlich eingeladen, weitere Kategorien hinzuzufügen. Ich kann ja nur von der Musikhochschule ausgehen, sicherlich gibt es aber noch weit mehr Kategorien an den Unis.

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)