ernste und andere Musik

  • Ihr habt ja alle recht, außer, dass Ihr Unrecht habt. ;)
    Es ist ja schon so, dass z.B. Fernsehen genau so ist, wie es Frank Zappa in "the slime" beschreibt. Meistens. Ekelhaft genug. Aber andererseits gibt es (in Deutschland) recht viel gute Klassik zu sehen und zu hören (definitiv sehr viel mehr, als es der Quotendruck bewirken würde). Ganz Opern auf Arte, Konzerte auf 3Sat.
    Wir können in subventionierte Konzerte gehen und richtig gute Musik hören. Weil man das will, weil Kultur gefördert wird. Es gibt nirgendwo so eine Dichte an Orchestern wie bei uns. Durch Förderung.
    Wir jammern also auch auf hohem Niveau. Zwar wird gekürzt, was ich nicht gut finde. Aber es gibt in fast jeder Stadt noch akzeptable Hochkultur, obwohl sie sich fast nie selbst finanzieren kann. Das ist gut.
    Und wenn es daneben den Rieu gibt, der sich selbst finanziert, dann sollte uns das einfach egal sein.
    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Ist es verwerflich, wenn ein Opern- und Konzertfreund auch einmal zu einem Rockkonzert geht oder Andre Rieu besucht?


    Die Frage - sie stammt aus dem Eröffnungsbeitrag - fragt mehr oder weniger direkt, unter welchen Bedingungen jemand verurteilt werden kann, wenn er ein Rockkonzert besucht oder Andre Rieu besucht.


    Geht's noch? :no:


    Natürlich ist es nicht verwerflich, Metallica, die Berliner Philharmoniker, Andre Rieu oder Hansi Hinterseer zu hören.


    Kann ein Mensch, für den klassische Musik wesentlicher Lebeninhalt ist, sich auch irgendwelchen Formen von Pop-Musik zuwenden und gar Gefallen an ihnen finden?


    "Wesentlicher Lebensinhalt" wäre noch einmal zu definieren. Ich sage zunächst mal: Für viele Weinkenner ist das schönste an der Weinprobe das Bier danach. Ist die Frage "Zieht nach einer Bruckner-Sinfonie ein Besuch im Jazzkeller nicht voll rein?" ähnlich gestellt?


    Wenn jemand einen betont kopflastigen Zugang zu Musik hat und sogar behauptet, sein kopflastiger Zugang verstärke seine Emotionen - na ja, der wird mit Andre Rieu nicht so recht glücklich werden.


    Erst recht wird jemand, der klassische Musik zur sozialen Differenzierung benutzt ("ich höre Klassik, darum bin ich anders"), den Genuss anderer Musik, die in seinem Wertesystem niedriger gelagert ist, für sich ablehnen - und jemanden, der andere Musik hört, entsprechend einsortieren.


    Wer Musik als existenzielle Äußerung eines Komponisten wahrnimmt (und nicht etwa als Wiederherstellungsmedizin nach einem anstrengenden Arbeitstag oder als Zugang zu einer besseren Welt), wird die kommerzielle Absicht hinter der Musik André Rieus drei Kilometer gegen den Wind hören - und sich abgestoßen fühlen.


    Wer einen anderen Zugang zu Musik hat - überwiegend emotional, überwiegend kommunikativ (und nicht sozialdifferenzierend-ausgrenzend) -, der wird auch bei anderer Musik auf seine Kosten kommen. Warum auch nicht.


    Selbst unter Klassikhörern gibt es ja verschiedene Motivationen zum Hören dieser Musik. Einige habe ich schon genannt - die intellektuelle Onanie mancher Totanalysierer, die Sozialdifferenzierung (mit der man sich selbst natürlich im besten Licht sehen kann - eine gehobene Form des Narzissmus), aber auch ein gewisses Geltungsbedürfnis (sehen und gesehen werden in Oper und Konzert) ...


    ... wer will, kann natürlich auch das beurteilen. Na und?


    :hello:

  • Zitat

    Mehr kommt nicht? Als diese Haarspaltereien? Eigentlich hast Du mich schon verstanden und mir ist auch klar, was Du meintest.


    Sieh es mal so,
    Ich wollte/will mich nicht (richtig) streiten! Dazu ist das Thema zu gering, aber dennoch finde ich die Meinung vieler im Forum zu anmaßend. Also:haun wir mal drauf! Denn der Klassikliebhaber ist nämlich per se nicht der bessere Musikkenner!


    Ich bin in der Tat der Meinung: Wer in seinem Kulturkreis in seiner Zeit (also für mich dt, anglo amerikanisch, europäisch, seit ca. 1965) nicht über die generellen Strömungen auch der aktuellen (zumindest im Mainstream) Musik Bescheid weiß, sollte eigentlich nicht mitreden.
    Das ist dann wie bei meinem Schiwegervater, der weiß alles über Preussen vor 1800, aber er kennt nicht Kurt Beck (vielleicht auch ein Segen?!)


    Und zu Chrissy: Es gibt gute Oldies und es gibt grottenschlechten Mist, der sich als Oldie verkauft und genau das habe ich gemeint. Insofern widerspreche ich mir nicht, Du interpretierst nur was falsch. Oder anders gesprochen: Wie kann man allen Ernstes "Dave Dee", "Kinks" und "Spencer Davies" in ein Nest werfen? Das ist mind. ein Kuckucksei dabei. Aber dazu wird gejohlt.


    Nebenbei: Mit DEKAdance gibt es sehr gute Musik aus Dresden. Man soll sich wundern. :jubel:
    "Achtung, die Fette kommt" ist ein Meisterwerk, ebenso "Meine erste CP von den Phudys". Einfach wunderbar.


    Gruß aus Kiel

  • ... die dann auf alle Anstalten der ARD und das ZDF verteilt werden - lag ich mit meinen 8 Milliarden doch gar nicht so daneben. Schließlich hat es seit 2007 eine Erhöhung der Gebühren gegeben.

    Ja, da lagst du richtig. Die ARD mit ihren vielen Landesanstalten ist gut dreimal so groß wie das ZDF. Die ARD machte 2010 ein kleines Plus und nahm aus Werbung ca. 336 Millione Euro ein. Ohne Werbung hätte sie ein Minus von 250 Millionen Euro gemacht! ARD und ZDF haben also zusammen mehr als 450 Millionen Euro für Werbung eingenommen, das sind mehr als 5% der Gesamteinnahmen - alles andere als verzichtbar.



    Zitat

    Grundsätzlich gilt die Überlegung, dass der Popanz "Quote", um den die Medienwelt tanzt wie um das berühmte goldene Kalb, ein menschengemachter Unsinn ist, dem aber göttlicher (also quasi unveränderlicher und auf keinen Fall in Frage zu stellender) Ursprung beigemessen wird.

    Das Problem liegt darin, dass jeder Manager für den Einsatz seiner ihm anvertrauten Gelder Rechenschaft ablegen muss. Um dies beurteilen zu können, muss ein Maß gefunden werden, mit dem man den Erfolg zahlenmäßig erfassen kann. Und es ist offenbar noch niemandem ein besseres Maß als die "Quote" eingefallen. Daher kommt die ganze Misere. Dazu kommt, dass auch die reichen staatlichen BRD-Sendeanstalten offenbar mit ihren Finanzen gerade so durchkommen. Das heißt, sie haben keinen Spielraum, um Programme anzubieten, die auf längere Sicht klar defizitär arbeiten. Man braucht entweder ambitionierte Manager ganz oben in der Hierarchie, die diesen Spielraum schaffen (naive Wunschvorstellung) oder Politiker, die den Rundfunkanstalten vorschreiben, ihren Kulturauftrag in umfangreicherem Maße nachzukommen (letztlich wahrscheinlich auch eine naive Wunschvorstellung, aber ohne Zwang geht heute ohnehin nichts mehr).



    Zitat

    Warum für gutes Programm nicht gerne Gebühren bezahlen - wenn sich's vom Müll der 'Privaten' abhebt??

    Na ja, die Gebühren zahlst du ohnehin schon und du wirst wenige Mitstreiter finden, die für ein undefiniertes "Besser" freiwillig noch mehr bezahlen würden.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Wenn ich die Zahlen oben richtig verstehe und die repräsentativ sind, liegt der Anteil der Werbung an der Finanzierung der ÖffentlichRechtlichen Sender im Falle ZDF also bei etwa 6% (120 Mio von 2 Mrd.) Selbst wenn das, sofern man Hörfunk, ARD und alles mit hineinnimmt, sogar 10% sein sollten (was ich nicht glaube), entwertet das Garagulys Argumentation überhaupt nicht, >90% sind gebührenfinanziert. Außerdem kann "die Quote" nicht so direkt relevant sein, denn zur Hauptsendezeit gibt es bei den ÖR ja gar keine Werbeunterbrechungen, sondern nur die ganz kurzen Einspieler vor Tatort oder nach der Halbzeit usw.


    Der eigentliche Punkt ist aber ein ganz anderer. Auch in den 1970er und 1980ern war das ÖR Fernsehen teils werbefinanziert (etwas restriktivere Werbezeiten als heute, aber natürlich auch keine Konkurrenz, wie hoch der Anteil war, weiß ich nicht). Damals wurde aber, wenigstens noch ansatzweise, der "Bildungsauftrag" von Funk und Fernsehen wahrgenommen. Man hat dann die Rundfunkhoheit in den 1980ern (im Rahmen besagter "geistig-moralischer" Wende der Schwarzgeldschieber hin zu Trash- und T...en-TV) aufgegeben, freilich nicht ohne mit öffentlichen Milliarden ein Kabelnetz zu finanzieren, ohne das das Privatfernsehen kaum so lukrativ hätte werden können. (Was sonst noch zwischen Kumpels wie Kohl und Kirch ausgekungelt wurde, sei mal dahingestellt.) Behauptet wurde natürlich, man wolle durch Wettbewerb die Qualität steigern. Wenn noch jemand einen empirischen Beleg dafür benötigte, dass das nicht funktionieren muss, offensichtlicher als die letzten 30 Jahre TV geht es wohl kaum.


    Die Entwicklung hat dahin geführt, dass in den letzten 15 Jahren die ÖR-Sender ebenfalls "daily soaps" u.ä., bringen, den Herren Schmidt, Jauch und Gottschalk den A... zusätzlich vergolden, indem sie die von den Privaten abwerben. Wenn ich recht erinnere, sind auch durch die Gutwilligkeit der ÖR Sender Kosten für Fussballübertragungsrechte zunehmend explodiert, weil die bereit waren zu zahlen, was den werbefinanzierten Privaten zu teuer war (soviel zur Marktwirtschaftlichkeit...). Inzwischen ist damit das zu >90% gebührenfinanzierte ÖR-Fernsehen zu >90% genauso besch... wie das private und beim Hörfunk wird anscheinend kräftig an einer entsprechenden Entwicklung gearbeitet.
    Im wikipedia-Artikel zu "Privatfernsehen" wird eine Kommunikation zweier Politiker einer in einem südöstlichen Gebiet der BRD prominenten Partei zitiert, dahingehend, dass die Strategie der Einführung des Privatfernsehens politisch keineswegs so harmlos gewesen ist. (Das ist keine "Verschwörung", sondern der ganz normale alltägliche Kampf der Mächtigen um den Machterhalt)
    Von strategischer Volksverdummung ist daher durchaus zu Recht die Rede. Helmut Hoffmann hat recht, wenn er anmerkt, dass der Ausdruck "Verdummung" für das kulturell-ästhetische Gebiet nicht angemessen sein mag. Es gibt aber kein anderes griffiges Wort. Im Falle der unsäglichen Freak- und Ekelshows wäre "Verrohung" angemessen. Für die Kräfte, die das verantworten, ist die Erweiterung der Danteschen Hölle jedenfalls wünschenswert.... :thumbdown:


    Es sollte nicht unterschätzt werden, wie fatal diese Entwicklung für den Klassikhörer sein kann. Dass Klassik zunehmend mehr ein Nischendasein fristet, kann durchaus mit dem Verfall des ÖR-Fernsehens zusammenhängen (so unbeholfen Frantz' "Achtung Klassik" um 1990? gewesen sein mag). Ebenso, dass Hörer Rieu und Bocelli für Klassik halten. Daraus ergibt sich dann nicht nur zunehmend weniger Klassik/Oper im TV, sondern immer lauter werdende Stimmen, dass das doch eh nur ein paar reiche Schnösel interessieren würde, die das dann bitteschön auch selbst bezahlen sollten und entsprechende Einschnitte bei der Kulturfinanzierung insgesamt usw.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Auch in den 1970er und 1980ern war das ÖR Fernsehen teils werbefinanziert (etwas restriktivere Werbezeiten als heute, aber natürlich auch keine Konkurrenz, wie hoch der Anteil war, weiß ich nicht). Damals wurde aber, wenigstens noch ansatzweise, der "Bildungsauftrag" von Funk und Fernsehen wahrgenommen.

    Damals gab es aber noch nicht die Konkurrenz der privaten Sender und damit auch keinen Quotendruck von der Konkurrenz...



    Wenn ich recht erinnere, sind auch durch die Gutwilligkeit der ÖR Sender Kosten für Fussballübertragungsrechte zunehmend explodiert, weil die bereit waren zu zahlen, was den werbefinanzierten Privaten zu teuer war (soviel zur Marktwirtschaftlichkeit...).

    Das halte ich für eine Fehleinschätzung. WEIL eben die privaten versuchten, an die publikumswirksamsten Sportübertragungen zu kommen, kam es zur Lizitation. Nicht zuletzt aus Prestigegründen mussten die ÖR mithalten. Über die innerdeutschen Verhältnisse bin ich nicht ausreichend informiert, aber international mischen die privaten immer erfolgreicher mit und sind sehr wohl bereit, sich die publikumsträchtigen Sportarten zu leisten.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Bis Anfang der 1980er kamen Opern, Schauspiele oder Operette mitunter im Dritten Programm zur Hauptsendezeit oder sonntags vormittags? sogar auf ARD oder ZDF.


    Lieber Johannes Roehl,


    das waren noch Zeiten, als sich Anneliese Rothenberger die Ehre gab, als Everding Interviews führte, als Heinz Schenk Opernregie praktisch vorführte oder auch gefragt wurde "erkennen Sie die Melodie?"


    Oder Theo Adam durch die Oper führte und Rainer Süß, später auch Gunter Emmerlich in der DDR.


    Jetzt wird der Theaterkanal in einen Popsender umgewandelt. Klassik kommt manchmal von einerm der 3. Programme vormittags, ganz selten etwas sehenswertes bei Arte oder 3Sat. Armes Deutschland. Kultur bringt kein Geld, es kostet nur. Daran wird alles gemessen. Und wir können so gut wie nichts tun, denn unsere Proteste helfen nicht. Vielleicht sind wir zu wenige.


    Viele Grüße von La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Damals gab es aber noch nicht die Konkurrenz der privaten Sender und damit auch keinen Quotendruck von der Konkurrenz ...


    ... womit klar ersichtlich ist, dass es erst durch die Einführung eines marktwirtschaftlichen Regiments im Bereich von TV und Radio zu einer Unterwerfung unter die Quote kam. Dass es auch ohne diese Dummheiten ging, hatte man ja vorher mehr als drei Jahrzehnte erfahren können. Es ist schon erschütternd: der von allen bejubelte freie Markt hält Einzug und das Niveau verschlechtert sich. Für Deutschland gesprochen: Gäbe es zwei Hauptprogramme (ARD + ZDF), alle sogenannten 'Dritten' (aber alle deutschlandweit empfangbar) sowie 3sat und arte + noch die Spartenkanäle der öffentlich-rechtlichen (ZDFneo, ZDFkultur, br alpha ...) und die könnten ohne Quotendruck arbeiten = in paradisum.


    Die 'Privaten' sind überflüssig. Daily Soaps, Dumm-Talk am Nachmittag, schlechte amerikanische Serien (CIS in zahllosen Varianten), Ekelshows und Casting-Blödsinn, durch den gerade denjenigen Jugendlichen, die sowieso schon Schwierigkeiten haben ihren Platz in der Gesellschaft zu finden, suggeriert wird, sie könnten es anstrengungslos in ein Glamour-Leben schaffen (was natürlich nur eine Chimäre ist, quasi die dem Esel hingehängte Möhre, die der aber niemals erreichen wird, Hauptsache er trottet brav weiter), sind letztlich alles, was diese Sender zu bieten haben. Kurz: man braucht sie nicht. Wären sie nicht mehr da, vergäße das Publikum mit der Zeit schon, dass sie jemals da waren. Das würde wahrscheinlich sogar schneller gehen als man denkt :D .


    Grüße,


    Garaguly

  • Liebe Taminos,


    zu den Privatsendern ist schon alles gesagt worden, was ich schon immer von diesen gehalten habe, so dass ich mich nur anschließen kann. Mit der Zeit haben sich die öffentlich rechtlichen Sender diesem Schwachsinnsniveau fast gänzlich angepasst, so dass ich heute in meiner Rundfunkzeitschrift nur noch in das Programm von arte und 3sat, ab und zu noch in das der dritten Programme und Bayern alpha schaue. Bis Mai 2010 war ich auch immer noch auf das Programm vom Theaterkanal gespannt, aber seitdem sich dieser Kultursender schimpft, gibt es auch dort von Kultur keine Spur mehr und ein Hineinschauen in sein Programm ist absolut überflüssig. (Ich wüsste gern, was die Macher dieses Senders sich überhaupt unter Kultur vorstellen). Aber auch bei arte und 3sat ist die Klassik immer rarer geworden und scheint in der letzten Zeit auch dort immer mehr einzuschlafen. Auch ich bin der Meinung, dass die öffentlich rechtlichen Sender mit unseren Steuergeldern eine Bildungsaufgabe haben statt das Bildungsniveau auf den Schwachsinn der Privatsender zurückzuschrauben.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Die 'Privaten' sind überflüssig. Daily Soaps, Dumm-Talk am Nachmittag, schlechte amerikanische Serien (CIS in zahllosen Varianten), Ekelshows und Casting-Blödsinn, durch den gerade denjenigen Jugendlichen, die sowieso schon Schwierigkeiten haben ihren Platz in der Gesellschaft zu finden, suggeriert wird, sie könnten es anstrengungslos in ein Glamour-Leben schaffen (was natürlich nur eine Chimäre ist, quasi die dem Esel hingehängte Möhre, die der aber niemals erreichen wird, Hauptsache er trottet brav weiter), sind letztlich alles, was diese Sender zu bieten haben. Kurz: man braucht sie nicht. Wären sie nicht mehr da, vergäße das Publikum mit der Zeit schon, dass sie jemals da waren. Das würde wahrscheinlich sogar schneller gehen als man denkt :D .


    So willfährig und freudig ich Garaguly zustimme, daß nämlich die Privaten überflüssig sind, so klar ist auch, daß die Wirklichkeit eben anders ist. Gäbe es die Privaten nicht, würden sie umgehend erfunden. Dafür würden schon sämtliche internationalen "Investoren" sorgen. Gäbe es die Privaten nicht als TV-Programme würden sie unter Garantie sonstwo auftauchen, die Technik machts doch möglich. Und ob das so einfach wäre, wie es Garaguly schreibt, daß nämlich die Zuseher vergessen würden, das dürfte ebenso eine Chimäre sein.


    Es ist nunmal wie es ist - nicht zu ändern. Die technischen Neuerungen lassen erahnen, was noch alles auf die Menschheit zukommen wird und es ist nicht nur Gutes...


    Liebe Grüße vom

    .


    MUSIKWANDERER

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  • Es ist nunmal wie es ist - nicht zu ändern. Die technischen Neuerungen lassen erahnen, was noch alles auf die Menschheit zukommen wird und es ist nicht nur Gutes...


    Die Privaten gibt es, weil das Publikum ist, wie es ist. In diesem Sinne ist das Fazit von musikwanderer schlicht vernichtend, denn auch das "Schlechte" kommt von und aus der Menschheit... ;)
    An dieser Stelle fällt mir was von Tom Lehrer ein: "The reason why most folk songs are so atrocious is because they were written by - the people!" :D

    „In sanfter Extase“ - Richard Strauss (Alpensinfonie, Ziffer 135)


  • Die Privaten gibt es, weil das Publikum ist, wie es ist.


    Hmm?!?! Ich glaube, da treffen sich zwei Entwicklungen in der Mitte: Es gibt ein Publikum, das grundsätzlich empfänglich ist für Blödsinn à la Privatfernsehen, aber die Privaten haben sich ihr Publikum auch hübsch abgerichtet in den letzten 25 Jahren. Das heißt, Nachfrage nach Schwachsinn wurde künstlich erzeugt. Hätte man vor dreißig Jahren - also vor Einführung des Privatfernsehens einmal 'zeitreisemäßig' eine Folge 'Dschungelcamp' oder Bohlens Casting-Beschimpfungen von Unterschicht-Jugendlichen (und biiiiiitte, bevor der politisch korrekte Furor losheult wie die getretene Kreatur: Nein, ich habe wirklich nichts gegen diese Jugendlichen an sich - sie sind die weitgehend unschuldigen Opfer) der damaligen bundesdeutschen Öffentlichkeit vorgeführt - ein Aufschrei des Entsetzens wäre sicher die Folge gewesen.


    Accuphans oben geäußerte Ansicht entlässt die Macher der 'Privaten' aus ihrer Verantwortung.


    Grüße,


    Garaguly

  • Ach - und dieses noch:


    Es gibt in der Gesellschaft unterschiedliche Anspruchsniveaus, ob mit oder ohne Privatfernsehen.


    [Auch in den 70ern werden viele Leute die Nase gerümpft haben über Rothenbergers Schlager- und Operettenmix und meinten, dass dies niveaulos sei - sie ahnten nun nicht einmal Traume, was noch möglich werden sollte.]


    Das heißt also, diese unterschiedlichen Niveaus müssen natürlich bedient werden. Ein Programm, das nur aus Live-Übertragung des 'Fliegenden Holländers' aus der Oper in X, dem Eröffungskonzert irgendeines Musikfestivals mit Mahlers Achter, einer Aufzeichnung von Schillers "Wallenstein" vom Theaterfestival in Y und einem künsterisch hochwertvollen Autorenstreifen besteht hat es nie gegeben, wird es nie geben und soll es auch nicht geben.


    Doch - und auch dafür wird's wieder Prügel geben - ich bekenne mich durchaus zu volkserzieherischen Empfindungen. Man kann Geschmack auch vermitteln, man kann auch die Unterhaltung so gestalten, dass eine Hebung des geistigen Niveaus der Zuschauer im Blick behalten wird.


    Das jedenfalls, was heute produziert wird, senkt dieses Niveau - außer bei denen, die eh' schon vor dem riesigen Bücherregal aufwachsen - noch weiter herab.


    Grüße,


    Garaguly

  • Accuphans oben geäußerte Ansicht entlässt die Macher der 'Privaten' aus ihrer Verantwortung.


    Das ist nicht gemeint. Bevor aber immer "die Anderen" schuld sind (die Privaten, die Schule, die Politik, die (Lebensmittel-)Industrie etc. pp.) will ich vor allem die Konsumenten, die Gesellschaft nicht aus ihrer Verantwortung entlassen, aus der Verantwortung für sich selbst und für das von ihnen konsumierte Fernsehprogramm (die konsumierten Produkte, Lebensmittel etc. pp.).
    Eine Zeitreise mit erwartbarem Entsetzen funktionierte auch bei Mode, Musik (Strawinsky zu Zeiten Telemanns?!), Technik generell und wahrscheinlich fast allem.

    „In sanfter Extase“ - Richard Strauss (Alpensinfonie, Ziffer 135)


  • Das ist nicht gemeint. Bevor aber immer "die Anderen" schuld sind (die Privaten, die Schule, die Politik, die (Lebensmittel-)Industrie etc. pp.) will ich vor allem die Konsumenten, die Gesellschaft nicht aus ihrer Verantwortung entlassen, aus der Verantwortung für sich selbst und für das von ihnen konsumierte Fernsehprogramm (die konsumierten Produkte, Lebensmittel etc. pp.).
    Eine Zeitreise mit erwartbarem Entsetzen funktionierte auch bei Mode, Musik (Strawinsky zu Zeiten Telemanns?!), Technik generell und wahrscheinlich fast allem.


    Ja, aber sowohl die Musik Telemanns als auch die Strawinskys verfügen über außerordentliches musikalisches Niveau und Potential. Da trifft Hervorragendes auf Hervorragendes. Der gute Georg Philipp wäre vielleicht in Hamburg vom Michel gehüpft vor Entsetzen über Strawinskys Musik. Er hätte möglicherweise den geistigen Gehalt nicht erkennen können, da die Ausdrucksmöglichkeiten der Menschen der Telemannzeit schlicht andere waren als zu Strawinskys Zeit. Von daher ist Dein Vergleich fast ein bisschen gemein - denn er trägt in unserem Zusammenhang nicht.


    Wichtiger scheint mir Dein Einwand, man solle nicht immer den 'Anderen' die Schuld geben an Fehlentwicklungen, sondern bei sich selber anfangen mit der Fehlersuche. Grundsätzlich lobenswert. Doch dazu - um bei unserem Thema zu bleiben - müssten die Leute über innere Parameter verfügen um Dreck als Dreck zu erkennen. Doch das ist vielen nicht gegeben. Heißt schlicht: man dürfte die Menschen nicht sich selbst überlassen und müsste sie - natürlich immer im guten, im aufklärerischen und demokratischen Sinne ein wenig zum besseren Geschmack schulen.


    Grüße,


    Garaguly

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  • Zit. Garaguly: "Doch dazu - um bei unserem Thema zu bleiben - müssten die Leute über innere Parameter verfügen um Dreck als Dreck zu erkennen."


    Das ist wohl ein zentraler Aspekt unserer Diskussion hier. Was nützt alle Modifikation der Programme in den Planungen der Öffentlich-Rechtlichen Sendeanstalten in Richtung höherer musikalischer Qualität, wenn sie von einem hohen Prozentsatz der Zuschauern und Zuhörer als solche gar nicht erkannt wird und auf das angemessene Echo stößt. Eine Sendung wie der Musikantenstadel oder vergleichbare Formate werden ja gerade in die Hauptsendezeit plaziert, weil man sich sicher ist, damit einen großen Anteil der Zuschauer zu erreichen, die sich bei dieser Art von Musik wohlfühlen und sie für überaus wertvoll halten. Denen könnte man auch mit sog. "Leichter Klasssik" auch nicht annähernd beikommen. Sie würden zappen, und zwar auf der Stelle. Allenfalls sind sie - und das ist ja das Dilemma - mit Produktionen à la André Rieu zu erreichen.


    Was ist da zu tun? Man kann ja schlecht eine Art musikpädagogisches Konzept in das Programm integrieren. Ich fürchte, dass die Zuschauer den Braten riechen und wieder flüchten. Es müsste eine modern aufgemachte Mischung aus gängiger Unterhaltungsmusik mit Einlagerungen von mediengerecht präsentierter Klassik sein, mit der man da vielleicht so etwas wie eine Schulung des musiklaischen Geschmacks erreichen könnte. Irgendwann habe ich mal ausschnittsweise so etwas gesehen, - moderiert von einem Menschen mit einer seltsamen, nach vorne aufgetürmten Bürstenfrisur (ich habe leider den Namen nicht behalten, er könnte mit Vornamen Götz, oder so ähnlich, geheißen haben). Der musizierte sogar mit, am Klavier nämlich, und präsentierte eine Mischung aus Jazz, Unterhaltungsmusik und leichbekömmlicher Klassik. Und er machte das gar nicht schlecht, vor allem, weil er auch Erläuterungen dazu gab!


    So etwa, denke ich, könnte das mediengerecht gehen. Den Aspekt der Mediengerechtigkiet halte ich dabei für fundamental. Und im übrigen: So etwas wäre ein sehr langwieriger Prozess, Aber er könnte Erfolg haben. Erfolg im Sinne einer Heranbildung eines musikalischen Geschmacks und einer Urteilsfähigkeit für musikalische Qualität. Ohne ein Empfinden für musikalische Qualität und ein damit einhergehendes Urteilsvermögen - breit gestreut - ist Hopfen und Malz verloren.

  • ... moderiert von einem Menschen mit einer seltsamen, nach vorne aufgetürmten Bürstenfrisur (ich habe leider den Namen nicht behalten, er könnte mit Vornamen Götz, oder so ähnlich, geheißen haben). Der musizierte sogar mit, am Klavier nämlich, und präsentierte eine Mischung aus Jazz, Unterhaltungsmusik und leichbekömmlicher Klassik. Und er machte das gar nicht schlecht, vor allem, weil er auch Erläuterungen dazu.


    Du meinst Götz Alsmann. Ja, und da stimme ich Dir vollkommen zu, mit einem Konzept, wie dem von Alsmann könnte tatsächlich auf intelligent unterhaltende Art etwas von musikalischem Geschmack vermittelt werden - zumal Alsmann auch noch vom "Fach" ist. Ich meine gelesen zu haben, er habe Musikwissenschaften studiert.


    Grüße,


    Garaguly

  • Ja, danke, lieber Garaguly, - so hieß dieser Moderator. Und ich meine mich auch zu erinnern, dass er nicht nur aktiver Musiker, sondern auch Musikwissenschaftler ist. Was ich damals so gut fand, war nicht nur die Mischung der Musikgattungen, sondern auch die Tatsache, dass dieser Mischung ein thematisches Konzept zugrunde lag und dass zur Musik selbst und und zu den Komponisten auf unterhaltsame Weise Informationen gegeben wurden. Es wurde in überaus erfreulicher und herzerfrischender Weise niveauvoll musiziert.
    So etwas in dieser Art müsste man häufiger machen. Ich meine, dass den Öffentlich-Rechtlichen hier ein echtes Versäumnis vorzuhalten ist.

  • Nochmal: Was ist denn z.B. mit der Reihe "Beethoven entdecken" mit Thielemann? Anschließend immer ein Konzert. Das ist doch toll, dass man sowas anschauen kann. Ich habe mir sogar welche davon auf DVD gebrannt.


    WDR Rundfunkorchester und ein Synfonieorchester. Gebührenfinanziert und sehr gut! Das Orchester des BR als bestes Orchester der Welt (!) ausgezeichnet. Ich finde wirklich, dass wir richtig Glück haben mit unserem Öffentlich-Rechtlichen.
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Zit. Klaus 2: "Was ist denn z.B. mit der Reihe "Beethoven entdecken" mit Thielemann? "


    Das löst nicht das Problem, das von Garaguly und von mir in den letzten Beiträgen angesprochen wurde. Das sind sog. "Minderheiten-Programm-Formate", die es schon seit eh und je im Fernsehen gibt. Auch ich habe jede Menge Mitschnitte davon.


    Die zentrale Frage ist in der Tat diese:
    Mit welchen Mitteln und auf welchen Wegen können die "Öffentlich-Rechtlichen" einen Beitrag dazu leisten, einem breiteren Publikum einen Zugang zur klassischen Musik zu eröffnen. Es bedarf dazu einer mediengerechten Präsentation, die sich eben gerade nicht an die besagten "Minderheiten" richtet, sondern - um es mal plakativ zu formulieren - an die "breite Masse".


    Mit Sendungen, die - in der Regel im Spätprogramm - an Leute wie "Klaus 2" oder "Helmut Hofmann" adressiert sind, ist das zentrale Problem nicht zu lösen. Die Frage nämlich: Wie ist ein Gefühl und ein Empfinden für musikalische Qualität in den Schichten der Bevölkerung zu wecken und zu entwickeln, die bislang über dergleichen nicht verfügen? - Aus welchen Gründen auch immer.

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  • Zit. Garaguly: "Doch dazu - um bei unserem Thema zu bleiben - müssten die Leute über innere Parameter verfügen um Dreck als Dreck zu erkennen."


    Das ist wohl ein zentraler Aspekt unserer Diskussion hier. Was nützt alle Modifikation der Programme in den Planungen der Öffentlich-Rechtlichen Sendeanstalten in Richtung höherer musikalischer Qualität, wenn sie von einem hohen Prozentsatz der Zuschauern und Zuhörer als solche gar nicht erkannt wird und auf das angemessene Echo stößt. Eine Sendung wie der Musikantenstadel oder vergleichbare Formate werden ja gerade in die Hauptsendezeit plaziert, weil man sich sicher ist, damit einen großen Anteil der Zuschauer zu erreichen, die sich bei dieser Art von Musik wohlfühlen und sie für überaus wertvoll halten. Denen könnte man auch mit sog. "Leichter Klasssik" auch nicht annähernd beikommen. Sie würden zappen, und zwar auf der Stelle. Allenfalls sind sie - und das ist ja das Dilemma - mit Produktionen à la André Rieu zu erreichen.


    Was ist da zu tun? Man kann ja schlecht eine Art musikpädagogisches Konzept in das Programm integrieren.


    Dass nach einem Vierteljahrhundert oder mehr musikalischer Anti-Volksbildung das Kind erstmal im Brunnen liegt, ist klar! Aber genau deswegen ist es eben kein gutes Argument, einfach zu sagen, das Publikum wolle eben dieses oder jenes. Wenn man es jahrelang an den Mist gewöhnt wurde bzw. diejenigen vergrault wurden, die vielleicht Interesse gehabt hätten, darf man sich nicht wundern, dass man das nicht so einfach rückgängig machen kann.


    Gewiss war früher nicht alles besser. Ob damals Anneliese Rothenberger jemanden unter 40 hinterm Ofen vorlockte, da habe ich auch meine Zweifel. Aber, und das können hier im Forum die älteren sicher bestätigen, wie immer mal wieder angesprochen, war in meiner Elterngeneration (geboren in den 1940ern, ich bin derselbe Jahrgang wie Garaguly), Klassik und Oper ansatzweise auch unter vielen Menschen kleinbürgerlicher Herkunft präsent. Vielleicht keine Brucknersinfonien oder Mozart-Quartette, aber von typischen Wunschkonzertstücken und Operettenschlagern bis Zauberflöte, Freischütz oder Zar und Zimmermann doch einiges. Das zeigte sich noch in den "Kuli"-Stars, die ich oben erwähnt habe und auch noch im TV-Programm, an das ich mich aus meiner Kindheit vage erinnere.
    (Noch um 1988 habe ich bei drei Programmen eine Reihe gesehen, in der Bernstein, sämtliche Beethovensinfonien vorstellte und dann dirigierte, das lief zwar abends, aber immerhin. An einem Sonntag vor- oder nachmittag geriet ich mit meiner Mutter in Streit, als im TV "Gurrelieder"! liefen, weil sie das schrecklich fand.) Es ist ein Unterschied, ob wenigstens "leichte" Klassik einigermaßen präsent ist oder der gesamte Bereich eine obskure Nische bleibt.


    Die Frage wäre natürlich, ob derlei aus den Programmen verschwunden (oder in Spartensender oder an den Rand gedrängt worden) ist, weil es nie jemanden interessiert hat, oder ob das Desinteresse eben auch dadurch bedingt ist, dass hier alle möglichen Institutionen (nicht nur TV und Rundfunk) seit einigen Jahrzehnten "versagen".

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  • Aber wie soll denn sowas aussehen? Jeden Abend auf allen Programmen Kultur? Gleichzeitig Abschaffung aller Privatsender? Mal ganz davon abgesehen, dass die Jugend sowieso immer weniger fernsieht und sich die Programme am PC selber zusammenbastelt.
    Das ist doch völlig aussichtslos.
    (Und meine Eltern guckten bei EWG auch ganz schön blöd aus der wäsche, wenn die Opernfragen kamen)
    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Zit. Johannes Roehl: "Aber genau deswegen ist es eben kein gutes Argument, einfach zu sagen, das Publikum wolle eben dieses oder jenes. "

    Ob das ein "gutes Argument" ist oder nicht, das ist doch völlig irrelevant. Genauso denken die verantwortlichen Programmdirektoren und -planer in den "Öffentlich-Rechtlichen" eben. Und das kann man ja sogar nachvollziehen. Die wollen ihre Zuschauer und Hörer halten. Wer will ihnen das verdenken.


    Moralisieren ist hier völlig fehl am Platz. Eine kluge Strategie muss her. Daran fehlt es. Es fehlt an einer Programmstrategie, die dem gesetzlichen Auftrag der gebührenfinanzierten Anstalten gerecht wird: Die Zuschauer und Zuhörer nicht einfach dort abzuholen, wo sie sind - wie das bei den Privaten Praxis ist - , sondern sie im weitesten Sinne - also auch musikalisch(!) - zu informieren und zu bilden.


    Diesbezüglich ist man heutzutage viel zu bequem, - mal ganz abgesehen davon, dass man die Fernsehgebühren für den Einkauf höllisch teurer und die allgemeine Unbildung nicht gerade hebender Lizenzen für die Übertragung von Fußballspielen buchstäblich zum Fenster hinauswirft.
    Aber das ist ein anderes Thema.

  • Es muss nicht immer Schlager sein, so hieß eine der vielen Sendungen, hier Operette, ist aus dem TV ganz verschwunden. Heute gibt es dafür das Festival der Volksmusik und Musikantenstadl. Wer's mag? Opern nur noch ganz selten, sinfonische Musik und Klavier kaum noch. Die Öffentlich-Rechtlichen, obwohl von uns Hörern bezahlt, schielen auch nur noch nach Quoten. Das ist nun einmal so, und Dortmund gegen Bayern zieht eben mehr als der Lohengrin, aber das sehen wir ja auch nur via Privat-TV gegen Extrabonus. Dann kann ich ja gleich ins Opernhaus gehen. Da weiß ich dann auch nicht, wer gewinnt, die Musik oder das Regietheater.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • (Noch um 1988 habe ich bei drei Programmen eine Reihe gesehen, in der Bernstein, sämtliche Beethovensinfonien vorstellte und dann dirigierte, das lief zwar abends, aber immerhin. An einem Sonntag vor- oder nachmittag geriet ich mit meiner Mutter in Streit, als im TV "Gurrelieder"! liefen, weil sie das schrecklich fand.) Es ist ein Unterschied, ob wenigstens "leichte" Klassik einigermaßen präsent ist oder der gesamte Bereich eine obskure Nische bleibt.


    Die Frage wäre natürlich, ob derlei aus den Programmen verschwunden (oder in Spartensender oder an den Rand gedrängt worden) ist, weil es nie jemanden interessiert hat, oder ob das Desinteresse eben auch dadurch bedingt ist, dass hier alle möglichen Institutionen (nicht nur TV und Rundfunk) seit einigen Jahrzehnten "versagen".


    Ja, Erinnerungen, wie die von Johannes habe ich auch: Liszts 'Faust-Sinfonie' in einer LIVE-Übertragung im ARD-Hauptprogramm an einem Sommerabend Mitte der 80er Jahre und eine ziemliche gelangweilte Mutter im Wohnzimmer, die mich fragte, ob das denn jetzt wirklich sein müsse.


    Aber wesentlicher als das Schwelgen in Erinnerungen (daran merkt man auch, dass man langsam in Jahre kommt, wie es so schön heißt), ist die Feststellung des institutionellen Versagens. Und da stehen nicht nur die Sender am Pranger, sondern ganz sicher auch die Schulen.


    Wird ein Lehrer, der Musik unterrichtet, pensioniert, kann es mitunter dauern, bis die Planstelle neu besetzt wird. Zum einen ist Musik ein sogenanntes 'Mangelfach', d.h., es gibt zu wenig Lehramtsstudenten, die Musik als eines ihrer künftigen Unterrichsfächer im Angebot haben, zum anderen aber spart man natürlich Geld, wenn man eine Weile verstreichen lässt, bis eine solche Stelle wieder regulär mit einem voll besoldeten Beamten besetzt wird. Solange behilft man sich gerne mit Vertretungen, die häufig wechseln und nur selten vom Fach sind, oder man lässt den Musikunterricht dann gleich ganz entfallen.


    Ein konsequent aufbauender Musikunterricht, der über Jahre Kontinuität hat, findet beileibe nicht mehr überall statt.


    Mit Fächern wie Deutsch, Mathematik oder Englisch traut sich das kein Schulamt, denn da stehen sofort die Eltern auf der Matte und laufen Sturm.


    Den Stellenwert, der der Musik auch gesellschaftlich beigemessen wird, macht sich auch beim Wahlverhalten der Schüler beim Übergang von der Mittelstufe in die Oberstufe bemerkbar. Da können sie dann nämlich zwischen Kunst und Musik wählen, tja, dreimal dürft ihr raten, welches Fach dabei stets und zuverlässig den Sieg davonträgt? Klar, Kunst natürlich. Kunst-Grundkurse und sogar -Leistungskurse sind extrem beliebt - Musik dagegen gilt als völlig öde.


    Und wenn man dann schließlich noch mitbekommt, wie sogar gestandene Musiklehrer sich mitunter über klassische Musik äußern ("Der Bach mit seinem öden Passions-Geschwurbel" - Originalzitat einer Kollegin in der Woche vor den Osterferien) ... da könnte man ...... ahhhhhh :stumm:


    So sieht das institutionelle Versagen dort aus, wo es richtig schmerzliche Folgen nach sich zieht - an den Schulen.


    Grüße,


    Garaguly

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  • will ich vor allem die Konsumenten, die Gesellschaft nicht aus ihrer Verantwortung entlassen, aus der Verantwortung für sich selbst und für das von ihnen konsumierte Fernsehprogramm


    Das setzt aber ein Mindesmaß an Bildung voraus, die wo vermittelt wird? In der heutigen Schule? Da gehts darum, bis zur 4. die "Übertrittsreife" zu schaffen (der Drill fängt spätesten in der 3. an) und dann kommt die mittl. Reife und u. U. dann das Abi und dann u. U. der Bachelor, wo man auf HartzIV studiert, wenn nicht Technik, allgemein verstanden, angesagt ist.
    Wissen wird (päd. oft falsch) vermittelt, aber Bildung?


    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • dass man die Fernsehgebühren für den Einkauf höllisch teurer und die allgemeine Unbildung nicht gerade hebender Lizenzen für die Übertragung von Fußballspielen buchstäblich zum Fenster hinauswirft.


    :jubel::jubel::jubel::jubel:


    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • (Noch um 1988 habe ich bei drei Programmen eine Reihe gesehen, in der Bernstein, sämtliche Beethovensinfonien vorstellte und dann dirigierte


    Genauso war es im Beethoven- Jahr 1970 im damaligen DDR- Fernsehen. Der Dirigent Prof. Kurt Masur besprach ausführlich und verständlich jede einzelne Sinfonie, mit gleichzeitiger Demonstration am Klavier. Anschließend wurde die jeweilige Sinfonie vom Leipziger Gewandhaus Orchester gespielt. Das waren besonders für junge Menschen und Anfänger wertvolle Informationen.
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Hier kommt eine Geringschätzung der Lern- und Bildungsfähigkeit des Menschen zum Ausdruck, die man mit gutem Grund als bedenklich bezeichnen kann.


    Nein, daran ist gar nichts bedenklich, denn die Beurteilung ist einfach nur realistisch. Es ist die bedauerliche Tatsache, das die Menschen aus der Geschichte nicht lernen. In der Zeit, über die es aufgezeichnetes Wissen gibt, hat sich die menschliche Natur nicht wesentlich verändert, und schon gar nicht zum Besseren...

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Woran gewisse stark hierarchisch strukturierte und nach wie vor in bestimmten Bereichen einflussreiche Organisationen - jenseits der Politik - großes Interesse haben, das Bildungsniveau breiter Bevölkerungsschichten niedrig zu halten, weil sie sonst um ihren Machteinfluß (der zum großen Teil auf manipulierter Unwissenheit beruht) ganz erheblich fürchten müßten - und wer gibt schon Macht gerne ab?


    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

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