Ich mag keine Kammermusik - aber DAS gefällt mir!

  • Ludwig van Beethoven, Finale aus dem 9. Streichquartett C-Dur op. 59 Nr.3:



    Auch bekannt als Titelmusik der Sendung "Das literarische Quartett" mit Marcel Reich-Ranicki.


    Es spielt das Alban-Berg-Quartett:


    Günter Pichler - Violine I
    Gerhard Schulz - Violine II
    Thomas Kakuska - Viola
    Valentin Erben - Violoncello


    Mozart-Saal, Konzerthaus, Wien, 11. Juni 1989


    Wer kann, möge auch in die Aufnahme mit dem Emerson Quartet hineinhören!


    :hello:

  • Hallo Thomas,


    natürlich mag ich Kammermusik - es war scherzhaft gemeint; ich habe mich des Titels "Ich mag keine Klassik, aber das gefällt mir" bedient, den einige CDs tragen, die sich derzeit offenbar ganz gut verkaufen.


    Ja - wie kann man diesen Satz hören und sagen, man möge keine Kammermusik? Das ist doch der Hammer! Und diese Musik zeigt Facetten Beethovens, die man in den (eher auf Repräsentation angelegten) Sinfonien so nicht in dieser Ausprägung findet.


    Reinhören ... :hello:

  • Ich sach ma, das ist so ungefähr der am meisten auf "Repräsentation" ausgelegte Quartettsatz von Beethoven :angel:


    Zwei meiner Standardempfehlungen statt "Forellenquintett" und "Amerikanischem Quartett" (nicht dass mit denen was falsch wäre, aber die folgenden Werke sind erheblich ausdrucksstärker):


    Brahms' Klavierquintett op.34, hier der Anfang, man findet das Stück auch komplett (aber nicht mit so umwerfend aussehenden jungen Frauen... :angel: )



    Dvoraks Klavierquintett op.81


    "http://www.youtube.com/watch?v=npYih1VfWLk" (komplett, ca. 36 min)

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich mag auch keine Kammermusik. Aber diesen Satz hier finde ich beeindruckend:



    Der zweite Satz des d-Moll-Quartetts D810 von Franz Schubert: Variationen über eine Melodie aus dem Lied "Der Tod und das Mädchen". Es spielt das Takacs-Quartett.


    Viele Grüße,
    Frank.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Hallo Wolfram,


    da bin ich aber froh.


    Der Satz ist auch ein Traum.


    Wie kann man eine solch expressive Musik komponieren, ausdrucksstark, soviel power, das manche Hardrockband sich wie ein ausgelatschter Strandschuh dagegen anhört, und doch die Kontrolle, den roten Faden nie verliert? Dargeboten von einem Quartett in Höchstform!


    Auch die anderen Videos sind Klasse, danke schön. Ein Beweis dafür, welches Spektrum die Kammermusik bietet.


    Wer sagt, das Kammermusik langweilig ist?

  • Wer sagt, das Kammermusik langweilig ist?



    Eigentlich nur die, die keine Ahnung haben. Aber ich gebe gerne zu, dass es manchmal dauert, bis man auf den 'Trichter' kommt. Als ca. 11/12-jähriger stieg ich über Orchestermusik in die Klassik ein - und empfand Kammermusik mithin als langweilig, dieses Fehlurteil hielt sich hartnäckig eine ganze Weile lang. Erst als ich die Mitte meiner Zwanziger erreicht hatte, begann ich mich sachte mit Kammermusik zu beschäftigen. Intensiviert wurde das dann auch erst in den letzten 6-7 Jahren. Ein Beispiel: Bis ich alle Streichquartette Beethovens kennen gelernt hatte, konnte ich seine Symphonien schon lange rauf und runter, vor und zurück mitsummen. Bin aber heilfroh die Kurve noch gekriegt zu haben.


    Ich denke, die Sache mit der Kammermusik ist bei den meisten Menschen, die sich mit klassischer Musik beschäftigen, schon auch eine Frage zunehmenden Alters und der damit verbundenen zunehmenden Nachdenklichkeit und Lebenserfahrung - und natürlich auch der Hörerfahrung. Es dürfte eher ungewöhnlich sein, dass jemand über Kammermusik in die Klassik einsteigt. Vielfach wird es wohl so sein, dass man sich in die Klangwelt eines Komponisten über Orchestermusik, Opern oder auch geistliche Werke einhört um dann die 'Reife' zu erlangen, nun auch in den Bereich des kammermusikalischen Werkes eines Komponisten vorzudringen.


    Grüße,


    Garaguly

  • Zitat von »Thomas Sternberg« Wer sagt, das Kammermusik langweilig ist?


    Eigentlich nur die, die keine Ahnung haben. Aber ich gebe gerne zu, dass es manchmal dauert (...)

    Das ist eine gewagte Überspitzung. Ich kenne etliche Musikfreunde, die Kammermusik absolut langweilig finden, die Oper oder Sinfonik bevorzugen und die sich gegen diese Polemik verwahren würden. Ich habe 50 Jahre gebraucht, ehe mich Kammermusik zu interessieren begann, bin aber immer noch weit davon entfernt, diesen Bereich der Musikschöpfungen vollends interessant und hörenswert zu finden. Ich bin ohne Protest bereit, Garagulys Titulierung, keine Ahnung zu haben, anzunehmen.


    Ich denke, die Sache mit der Kammermusik ist bei den meisten Menschen, die sich mit klassischer Musik beschäftigen, schon auch eine Frage zunehmenden Alters und der damit verbundenen zunehmenden Nachdenklichkeit und Lebenserfahrung - und natürlich auch der Hörerfahrung.

    Da könnte etwas dran sein. Da könnte Garaguly aber trotzdem falsch liegen. Es gibt Musikfreunde (und ich zähle mich auch dazu), die mögen halt keinen Quartett-, Quintett- oder was auch immer für einen Klang, finden das zu dünn. Obwohl ich mal Geige gelernt habe, konnte ich mich nie an den Klang eines einzelnen oder auch mehrerer dieser Instrumente gewöhnen - außer in Orchesterstärke.


    Andererseits kenne ich einen Musikfreund, zugegebenermaßen nicht auf Klassik speziell eingestimmt, der kann keine Klaviermusik, weder Solo, noch mit Orchester, leiden. Der bekommt bei Klavierklängen (und das Instrument ist ja selbst aus Filmmusiken nicht mehr fortzudenken) Horrorvorstellungen (was natürlich übertrieben dargestellt ist).


    Nun gut, vielleicht kriege ich ja noch die Kurve zur Reife und bis dahin..?


    LG

    .


    MUSIKWANDERER


  • Aber ich gebe gerne zu, dass es manchmal dauert, bis man auf den 'Trichter' kommt. Als ca. 11/12-jähriger stieg ich über Orchestermusik in die Klassik ein - und empfand Kammermusik mithin als langweilig, dieses Fehlurteil hielt sich hartnäckig eine ganze Weile lang. Erst als ich die Mitte meiner Zwanziger erreicht hatte, begann ich mich sachte mit Kammermusik zu beschäftigen. Intensiviert wurde das dann auch erst in den letzten 6-7 Jahren. Ein Beispiel: Bis ich alle Streichquartette Beethovens kennen gelernt hatte, konnte ich seine Symphonien schon lange rauf und runter, vor und zurück mitsummen.


    Man kann natürlich nicht alles auf einmal kennen und schätzen. Ich habe mit 14/15 begonnen, Klassik zu hören und auch erst einmal Orchestermusik. Da dann aber Beethoven mein dominierender Lieblingskomponist wurde, bin ich als etwa 17jähriger dessen Streichquartetten begegnet, von denen mich einige auch sofort faszinierten. Ich hatte danach keine Hemmschwelle mehr, obwohl ich meistens bei anderen Komponisten auch zuerst Orchesterwerke kennenlernte. Bis ich alle von Beethovens Violinsonaten oder die wichtigeren Teile von Mozarts und Haydns Kammermusik kannte, war ich auch Ende 20 oder älter.
    Das lag ganz trivial daran, dass es einfach sehr viel Musik kennenzulernen gibt... Allerdings bin ich immer mehr "komponistenweise" vorgegangen als nach Genre. Ich meine auch immer noch, dass eine Beethovensinfonie mehr mit einer Cellosonate oder einem Quartett von Beethoven zu tun hat als mit einer Mahler-Sinfonie...


    Zitat

    Musikwanderer: Da könnte etwas dran sein. Da könnte Garaguly aber trotzdem falsch liegen. Es gibt Musikfreunde (und ich zähle mich auch dazu), die mögen halt keinen Quartett-, Quintett- oder was auch immer für einen Klang, finden das zu dünn. Obwohl ich mal Geige gelernt habe, konnte ich mich nie an den Klang eines einzelnen oder auch mehrerer dieser Instrumente gewöhnen - außer in Orchesterstärke.


    Ich bin mit Reife-Argument auch etwas vorsichtig (obwohl einige Erfahrung dafür zu sprechen scheint). Man hat seine Vorlieben nicht völlig in der Hand, man ist ihnen aber auch nicht ausgeliefert. Sonst hätte vermutlich niemand von uns irgendwann Geschmack an Bier, Wein, Whisky, Stinkekäse gefunden.


    Allerdings muss ich zugeben, dass ich diese Probleme mit der Klanglichkeit von solistisch besetzter Musik mit wenigen Ausnahmen (zB Bachs u.a. Stücke f. Violine solo) selbst nur sehr schwer nachvollziehen kann.
    Hörst Du auch keine Violin- und Cellokonzerte?
    Stücke wie Bachs 3. und 6. Brandenburgisches werden heute fast immer solistisch besetzt (also ca. 9 bzw. 6 Streicher + Cembalo); der Klangunterschied zu einem Streichquartett, erst recht einem Quintett bis Oktett ist für mich geringfügig.


    Hast Du mal Stücke wie Mendelssohns Oktett, Schuberts Oktett oder Beethovens Septett angehört? Oder auch romantische Klavierquintette (Schumann, Brahms, Dvorak, Franck), die für mich durchaus klangmächtig sind. Das von Franck ist mir fast schon zu "fett" und kann problemlos einen mittleren Konzertsaal füllen.


    Auf die Gefahr hin, durch Predigen zu nervevn: Man verpasst u.a. von Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Brahms einen großen Teil ihrer besten (oder gar ihre beste) Musik, wenn man sich der Kammermusik verweigert. Ein wenig Mühe lohnt sich. Wobei ich auch nur bedingt nachvollziehen kann, warum ein Haydn-Quartett oder ein Schubert-Trio mehr "Mühe" machen sollte als eine Mahlersinfonie oder eine Wagner-Oper...

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Johannes Roehl: Hörst Du auch keine Violin- und Cellokonzerte?


    Ich gehe mal davon aus, daß sie Frage an mich gestellt war und antworte mal so: Violin- und besonders Cello-Konzerte (das Instrument mag ich ganz besonders!) höre ich schon, da ist ja volle Orchesterbegleitung vorhanden. Insofern habe ich keine Probleme.


    Auch die Oktette, die Du ansprichst, sind mir nicht fremd und höre sie immer wieder gern. Zu den liebgewonnenen Werken gehören auch die Klavierquartette und -quintette. Von Mozart übrigens sowieso. Meine mangelnde Begeisterung für die Kammermusik ist eben nur ein "Mangel", ist also nicht auf das Ganze bezogen zu verstehen. Wenn ich mich da unglücklich ausgedrückt habe - Pardon!


    Liebe Grüße vom

    .


    MUSIKWANDERER

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose

  • Auch die Oktette, die Du ansprichst, sind mir nicht fremd und höre sie immer wieder gern. Zu den liebgewonnenen Werken gehören auch die Klavierquartette und -quintette. Von Mozart übrigens sowieso. Meine mangelnde Begeisterung für die Kammermusik ist eben nur ein "Mangel", ist also nicht auf das Ganze bezogen zu verstehen. Wenn ich mich da unglücklich ausgedrückt habe - Pardon!


    Dann habe ich Deine Aussage etwas zu stark interpretiert; nach den Streichersolokonzerten frage ich immer, weil ja die Solovioline hier ungeachtet der Orchesterbegleitung meist exponierter ist als in der Kammermusik.


    Wie auch immer, wenn Du "gemischte" Kammermusik wie Klavierquintette oder Schuberts Oktett schon liebgewonnen hast, dann solltest Du auf keinen Fall nachlassen und Werke wie die Streichquartette Beethovens, Schuberts letzte 3 und sein Streichquintett oder auch die reifen Quartette und Quintette Mozarts und wenigstens eine Auswahl der unerschöpflichen Quartette und Klaviertrios von Haydn nicht verpassen. Und als Cellofreund vielleicht doch den Bachschen Solosuiten und Brahms' und Beethovens Cello/Klaviersonaten mal eine Chance geben. M.E. gibt es kein einziges Cellokonzert, bei allem Respekt für Dvorak, Elgar oder Schostakowitsch, das diese Musik übertreffen würde.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Wie auch immer, wenn Du "gemischte" Kammermusik wie Klavierquintette oder Schuberts Oktett schon liebgewonnen hast, dann solltest Du auf keinen Fall nachlassen und Werke wie die Streichquartette Beethovens, Schuberts letzte 3 und sein Streichquintett oder auch die reifen Quartette und Quintette Mozarts und wenigstens eine Auswahl der unerschöpflichen Quartette und Klaviertrios von Haydn nicht verpassen. Und als Cellofreund vielleicht doch den Bachschen Solosuiten und Brahms' und Beethovens Cello/Klaviersonaten mal eine Chance geben. M.E. gibt es kein einziges Cellokonzert, bei allem Respekt für Dvorak, Elgar oder Schostakowitsch, das diese Musik übertreffen würde.


    Genau das habe ich mir ja auch vorgenommen. Und dann kommen wieder neue Werke auf meinen Plan, die ich hier im Forum gepostet sehr, aber eben keine Kammermusik, eher schon wieder Opern und Orchesterwerke, Geistliche Musik und...und...und...


    Aber ich arbeite dran. Übrigens habe ich die Bachschen Solo-Cello-Werke; auch diese Musik begeistert mich - wegen des geliebten Cello-Klangs. Die Cello-Klavier-Werke von Beethoven und Brahms fehlen auch bei mir nicht. Es sind wunderbare musikalische Kostbarkeiten. Die Violin-Solo-Werke Bachs aber habe ich mal im Radio gehört - und abgeschaltet. Ich glaube nicht, daß sie den Weg in meine Regale finden werden.Da kommt bei mir keine Freude auf.


    Ich kämpfe auch immer noch mit den Violinsonaten aller möglichen Komponisten - selbst der musikalische Hausgott Mozart kann hier noch nicht "punkten".


    Aber: Hopfen und Malz sind bestimmt noch nicht verloren. Da ich mir ja vorgenommen habe, altersmäßig "Jopi"
    nachzueifern, bleibt mir noch reichlich Zeit! In dreißig, nein vierzig Jahren sprechen wir uns dann noch mal wieder... :P

    .


    MUSIKWANDERER

  • DAS hat mir schon gefallen, als ich noch gar keine Kammermusik mochte:


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !