Du fragst, lieber seicento: . "Ist es nachvollziehbar, dass man eine gewisse Nähe zu den Menschen und ihrer Musik empfindet, die vor 300 Jahren einen ähnlichen "Ballast" zu tragen hatten? "
Ja, das ist nachvollziehbar. Nur muss ich Dir da als Historiker sagen: Du irrst Dich, wenn Du glaubst, das Lebensgefühl eines Menschen, der den Dreißigjährigen Krieg erlebt hat, aus Deiner heutigen Lebenwselt heraus "nachvollziehen" zu können. Das geht nicht. Der Historiker arbeitet, wenn er zum Beispiel eine Gestalt wie Wallenstein in ihrem politischen und menschlichen Handeln und Verhalten "verstehen" will, mit Analogien aus dem Bereich allgemeiner menschlicher Verhaltens- und Denkmuster auf der Grundlage der damaligen historischen Gegebenheiten und Rahmenbedingungen. Das bietet aber allenfalls die Möglichkeit einer "Annäherung" an die historische Realität. Sie wird damit in ihrem historischen Sein aber nicht wirklich voll fassbar.
Die Nähe, die Du zu der von Dir zitierten Musik empfindest, ist eine der Annäherug an das musikalisch Fremde auf dem Weg eines intensiven Rezeptionsprozesses. Was dabei herauskommt, empfindest Du als Dir nah. Es ist aber nicht das, was die Komponisten damals fühlten und dachten, als sie die Musik schrieben, sondern ein Neues: Eine Art Synthese aus Historischem und realzeitlich Gegenwärtigem.
Bitte versteh aber das, was ich da so von mir gebe, nicht als Versuch, Dir die von Dir gefühlte Nähe zu der Musik, die Du liebst, zu vermiesen. Ich habe ganz einfach nur mal ganz allgemeine Überlegungen angestellt.
Freilich denke ich jetzt mit einem Mal: Das gehört doch alles gar nicht hierher. Hier geht´s doch um "Gänsehautstellen",- Sinnliches also, das unter die Haut geht. Und gar nicht um abstraktes Zeug.