Gustav Mahler: Das Lied von der Erde

  • Vielen Dank, Norbert !


    Nach den Aufnahmen, die ich bis jetzt hörte und nach der Fachpresse, die ich gelesen habe, scheint es so zu sein, daß die Tenor-Vokalteile des Liedes von der Erde etwas "artgemäßer" von lyrischen Tenören gesungen wurden.


    Gruß,


    Antalwin

  • Zum Abschluß eine ganz allgemeine Frage: Sollten die Tenor-Vokalteile der Komposition eher von einem Lyrischen oder einem Heldentenor gesungen werden ?


    die Frage ist für mich nicht "lyrisch oder heldisch", sondern eher "passend oder unpassend".



    Wie man die Frage nun genau fassen sollte, lasse ich mal dahingestellt! Auf jeden Fall ist sie ausgesprochen spannend und ich habe Lust, mich damit etwas eingehender zu beschäftigen.



    Was gewinnt man denn, wenn man die drei Lieder mit einem eher lyrischen Tenor bestetzt? Und was gewinnt man, wenn man sich für einen heldischen Tenor entscheidet?
    Natürlich lässt sich die Frage auch genau anders herum pointieren: Was verliert man in bei der einen und was verliert man mit der anderen Option?
    Oder kommt es doch nicht so sehr auf diese Unterscheidung zwischen lyrischem und heldischem Fach sondern eher darauf an, was der Tenor, wenn er den drei Stücken denn überhaupt stimmlich und gesangstechnisch gewachsen ist, als Interpret an künstlerischer Kompetenz und Phantasie einbringen kann?


    Was die Auseinandersetzung mit diesen Fagen - wie man sie auch immer formuliert - so schwierig macht, ist meiner Meinung nach die Tatsache, dass sie nicht getrennt werden kann von der Frage, was wir denn für ein Verständnis von diesen drei Liedern haben und ob überhaupt ein Interpret alles auschöpfen kann, was in den Texten und in den Noten aufgehoben ist.


    Gleichwohl: Ich würde mich gerne mal etwas eingehender damit beschäftigen.
    Natürlich habe ich ein paar Eindrücke und Überlegungen im Kopf, aber ehe ich eine Antwort versuche, möchte ich schon noch mal die Aufnahmen in meinem Regalen durchhören. Alle - es sind inzwischen mehr als 70 Studioproduktionen und Konzertmitschnitte - muss ich gewiß nicht zu Rate ziehen, aber doch die Aufnahmen, die meiner Erinnerung nach für eine Beantwortung der Frage besonders aufschlussreich sein dürften.


    Das braucht natürlich Zeit! Und: irgendwie ist es gerade auch nicht das Wetter, bei dem ich mich im Haus einschließen und was vom Jammer der Erde vorsingen lassen will.


    Aber ich melde mich wieder!


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!


  • Hallo Antalwin,


    fast bin ich geneigt zu sagen "Kunststück, denn lyrische Tenöre findet man öfter als Heldentenöre"... ;)


    Liegt es daran? Zumindest sind lyrische Tenöre leichter zu klassifizieren als Heldentenöre. Siegfried Jerusalem und René Kollo wollten letzteres sein...


    Es scheint nach kurzem Durchstöbern zumindest mehr Aufnahmen mit lyrischen Tenören zu geben als mit Heldentenören.
    Bei letzterer Kategorie habe ich bisher Set Svanholm und Jess Thomas finden können. Ich habe mit Sicherheit noch einige übersehen, aber auch wenn ich Jess Thomas schätze, halte ich es für fragwürdig, ob er die sensible Phrasierungskunst besaß, um den Gesangspart adäquat zu gestalten.


    Ich glaube, es ist für Heldentenöre schwieriger "leiser" zu werden als für lyrische Tenöre "lauter".

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Ich glaube, es ist für Heldentenöre schwieriger "leiser" zu werden als für lyrische Tenöre "lauter".


    Oder etwas härter formuliert: man verzeiht den heldischen Stimmen etwaige Probleme bei "leisen" Stellen weniger leicht als den lyrischen Tenören fehlende Lautstärke.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Im Regal steht das Lied von der Erde 7 x


    Baker, Kmentt, Kubelik
    Meier, Heppner, Maazel
    Ludwig, Wunderlich, Klemperer
    Hampson, Seiffert, Rattle
    Ludwig, Kollo, Bernstein
    Ludwig, Kmentt, C. Kleiber
    Fischer-Dieskau, Wunderlich, Krips


    Wunderlich und Kmentt je 2 x eher lyrisch. Heppner, Kollo und Seiffert zur Aufnahmezeit wohl noch keine ausgesprochenen Heldentenöre, sie singen ihren Part ausnahmsweise gut. Schwere Helden würde ich als Fehlbesetzung bezeichnen. Im Prinzip hat Norbert recht, wenn er meint, das es für Heldentenöre schwieriger ist, leise zu singen. Aber es gibt Ausnahmen. Ich denke dabei an Vickers, der betörend lyrische Momente darstellen konnte und auch leise. Ebenso erinnere ich mich an eine TV-Sendung zu Ehren von del Monaco, Stellen aus Othello, die ich ihm so nie zugetraut hätte und auch nicht erkannt hätte, wenn ich es nur gehört hätte.
    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Ich glaube, dass bei Aufnahmen die lyrischen Tenöre sicherlich von Vorteil sind. Aber bei Konzerten habe ich immer die Erfahrung gemacht, dass die lyrischen einfach nicht gross genug waren und in den lauten Stellen untergingen. Allerdings habe ich in Konzerten auch nie die "allererste" Garde gehört, die auch auf Aufnahmen vertreten waren, wie z.b. Wunderlich und Kmentt. Aber selbst renomierte Sänger wie Hermann Winkler, der damals im Opernfach schon das Zwischenfach sang, gingen unter.


    Im übrigen bedauere ich die Tenöre in diesem Stück generell etwas, der Mezzo oder Alt "räumt halt im Schlusslied ab", dann ist der Tenor vergessen.


  • Im übrigen bedauere ich die Tenöre in diesem Stück generell etwas, der Mezzo oder Alt "räumt halt im Schlusslied ab", dann ist der Tenor vergessen.


    Hallo Günter,


    "Der Abschied" ist natürlich der zentrale Punkt des Lieds von der Erde, nicht nur, weil der Satz (fast) die Hälfte des gesamten Stücks einnimmt.


    Aber da wird ja schon die nächste Frage aufgeworfen, denn neben Mezzo oder Alt kann auch der Bariton brillieren.


    Ich weiß nicht, ob die Frage bei Tamino schon einmal gestellt wurde (falls ja, wird sie halt noch einmal gestellt ;) ), aber wenn man schon über lyrische oder Heldentenöre diskutiert, dann auch über weibliche oder männliche Gesangsstimme im zweiten Gesangspart.


    Die meisten Dirigenten favorisieren eine weibliche Stimme, Bernstein schien sich nicht so ganz einig zu sein, denn es existieren mit ihm sowohl Aufnahmen mit Christa Ludwig als auch mit Dietrich Fischer-Dieskau.


    Ich ziehe eindeutig weibliche Gesangsstimmen vor, ibs. nachdem ich Thomas Hampson in der Rattle-Aufnahme gehört habe. ;)
    Dem Ausdruck mag er gewachsen sein, aber nicht den stimmlichen Herausforderungen. In den hohen Lagen ist er deutlich hörbar bis über alle Grenzen gefordert, so daß des öfteren nicht mehr als ein Falsett zu hören ist.


    Fischer-Dieskau (in der orchestral hervorragenden Aufnahme mit Paul Kletzki) deklamiert zwar (über)deutlich, aber zeigt trotz besserer Höhe imo, daß Mahler eine Frauenstimme im Ohr hatte, als er "Das Lied von der Erde" komponierte.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Am 23. Mai veröffentlicht Hänssler eine Aufnahme, die 1992 produziert wurde:

    Ich habe sie (bei Hänssler direkt) vorbestellt und bin schon sehr gespannt.

    Da ist sie nun, sehnsüchtig erwartet und auf dem großbritischen Markt eine gute Woche früher erschienen und zugesandt. Ein erster Blick auf die Daten offenbart ein Kuriosum, das auch erahnen lässt, warum man die Aufnahme nicht in die 2004 erschienene GA-Box nahm: Sie ist, aufnahmehistorisch betrachtet, Stückwerk - die Lieder Nrn. 1, 3 und 5 sind mit Siegfried Jerusalem im November 1992 im Hans Rosbaud Studio Baden-Baden aufgenommen (Toningenieur Norbert Klövekorn), die Lieder Nrn. 2, 4 und 6 sind mit Cornelia Kallisch zehn Jahre später im November 2002 im Konzerthaus Freiburg aufgenommen (Toningenieurin Ute Hesse). In beiden Fällen dirigiert Michael Gielen das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg. Ein Déjà-vu der über 29 Monate hingezogenen 1964/66er EMI-Aufnahme des Liedes von der Erde unter Klemperer, bei der sich Wunderlich und Ludwig ja auch nicht getroffen haben?


    Ein Kompliment an die Postproduktion: dass hier in zwei unterschiedlichen Sälen und mit zehn Jahren Abstand musiziert wurde, lässt sich an keiner Stelle hören. Auch Gielens Konzept ist zwischen beiden Halbteilen völlig ungebrochen, absolut einheitlich. Befürchtet hatte ich, man könne hier eine Fortentwicklung der Werkauffassung des Dirigenten hören, wie dies letzthin auf der 2010 herausgekommenen CD mit Schumanns zweiter (Aufnahme Februar 2010) und dritter (Aufnahme März 2002) festzustellen war: Die Zweite war hier deutlich eine Fortentwicklung des dirigentischen Spätschaffens. Hier fallen die Aufnahmen von 1992 und 2002 in die Zeitspanne 1988 bis 2003 (die Zehnte/Cooke folgte 2005), in der die Aufnahmen der GA-Box eingespielt worden waren; das erklärt die Konstanz, die Stimmigkeit und Einheitlichkeit der musikalischen Auffassung über den langen Zeitraum. Von daher - trotz des Kuriosums - eine Werkdarstellung "aus einem Guss".


    Sowohl die gefühlten Tempi als auch die absoluten Satzlängen bewegen sich im üblichen Rahmen, eher lässt Gielen sich und seinen Solisten an zentralen lyrischen Stellen Zeit und Luft zum Atmen, was dem Ablauf und dem Ausdruck in hohem Maße gut tut. Wo Neumann mit Moser und Ludwig 1983 mit 27'40'' durch den Abschied fast eilt, gestaltet Gielen den Abschied mit Kallisch in 30'04'' (im allgemeinen Vergleich allerdings noch nicht einmal besonders langsam) zu einem zutiefst ergreifenden Verstummen, ohne aber je in Gefühlsduselei zu verfallen (Gielen eben!) - in meinen Ohren der stärkste Satz. Immer wieder fällt in allen Sätzen auf, wie virtuos Gielen das Stimmengeflecht durchgestaltet: ein Klangmagier, bei dem nicht ein Instrument, keine Einzelstimme untergeht. Wie schon von seinen Sinfonieeinspielungen bekannt, erschlägt er hier nicht mit Gewalt oder überflutender Emotionalität - eher besticht er mit Sensibilität, Erregbarkeit, Stimmung. Das Ergebnis ist für den, der sich auf Gielens Führung einlässt, berauschend.


    Leider stößt Jerusalem immer wieder an die Grenzen seiner Stimme, besonders im Trinklied natürlich, obwohl Gielen hier hörbar Rücksicht nimmt, später kommt auch so etwas wie streckenweise Heiserkeit hinzu. An keiner Stelle fängt Jerusalem allerdings auch nur ansatzweise an zu "schreien" (mein schlimmstes Negativbeispiel ist da Araiza für Giulini), das ist mir so allemal lieber. Andererseits ist Jerusalem ein großartiger Gestalter, die Heiterkeit, das Leichte, das er in Von der Jugend hineinbringt, ist wunderschön gelungen und packend. Im Trinklied gestaltet Jerusalem das "Dunkel ist das Leben, ist der Tod." in allen Wiederholungen textgerecht sehr ergreifend, baut dabei zum letzten "Dunkel ..." eine wachsende Spannung auf. Hierbei war ich zuletzt einigermaßen erstaunt, wie Wunderlich für Krips die ersten "Dunkel .." platt zügig durchsang, erst das letzte "Dunkel ..." dann angemessen verzögerte; allerdings steigerte das die Schlusswirkung kolossal. Für Klemperer hat er das später bereits anders gemacht, wie es heute eher allgemein üblich ist.


    Kallisch ist durchgängig wunderbar, die Stimme fünf Jahre nach ihren Parts in der zweiten und dritten Sinfonie nach wie vor völlig ermüdungsfrei, spannend gestaltend von der ersten bis zur letzten Silbe, wie gesagt ganz hervorragend im Abschied.


    Die Klangtechnik ist auf dem hohen Niveau, das auch die anderen Sinfonieaufnahmen der GA haben.


    Eine exemplarische spannende Einspielung des Liedes, die seine ganze emotionale Vielfalt gestaltet und dabei - Gielen lässt grüßen - vieles hörbar macht, was bei anderen untergeht ...

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  • Lieber Ulrich,


    danke für Deine ausführliche und ausgesprochen aufschlußreiche Besprechung.


    Ich werde das nächste Mal wohl auch in GB ordern müssen und kann es kaum erwarten, bis ich endlich die Aufnahme hören kann...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Diese Aufnahme kam für Jerusalem zu spät, ich werde sie mir daher nicht zulegen, da es von ihm ganz hervorragende Aufnahmen gibt, als er stimmlich noch auf der Höhe war.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Hallo,
    es gibt eine Gielen Aufnahme, die von 1992 und Live ist:
    Mahler. Das Lied von der Erde. 1992 Bonn.. Doris Soffel. Siegfried Jerusalem. SWF Orchester Baden Baden Dir. M. Gielen.Página 56


    Weshalb Gielen Frau Soffel dann ausgewechselt hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Vielleicht Verträge?
    Übrigens:

    Zitat

    gestaltet Gielen den Abschied mit Kallisch in 30'04''

    mit Frau Soffel war er gut 3 Minuten schneller!


    Die Quelle Todopera verzeichnet übrigens (Stand heute) ca. 30 Aufnahmen, die fast alle öffentlich zugängliche Liveaufnahmen sein sollen.
    Unter anderem auch diese hier:
    Mahler. Das Lied von der Erde. 1964,Dietrich Fischer-Diekau.Fritz Wunderlich. Dir. Joseph Keilberth.. Página 114
    Gruß S.


  • Oder meinst du diese Aufnahme, lieber s.bummer?


    Viele Grüße


    Willi ?(

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Schau mal selbst! Ich habe den Link dazu gestellt.
    Aber zur Probe: Die Satzlängen in der von mir genannten Keilberth Aufnahme sind: 8:14, 9:08, 3:02, 6:33, 4:04 und 28:54
    Und das passt nicht zu Krips!
    Gruß

  • Abbado in Berlin mit Jonas Kaufmann und Anne Sofie von Otter.
    Orchestral ne glatte 1.
    Aber kommt es mir so vor? Kaufmann ist recht überfordert, Frau Otter ist dagegen recht gut, wenn auch keine Frau Ludwig oder Janet Baker.
    Aber und da lasse ich mich gerne belehren, denn ich bin nicht so der große Gesangsspezialist.


    Ach ja, ich kann mir denken, weshalb (siehe oben) Gielen die Sängerinpartien nochmals aufgenommen hat. Frau Soffel singt schrecklich. Sie war wohl komplett außer Form. Mir kommt es irgendwie "sauer" vor.


    Gruß S.


    PS. Die Keilberth Aufnahme ist richtig gut! Fast wie die von Kletzki mit dem Vorteil, dass Wunderlich einfach göttlich singt (daher auch meine Einwände gegen Kaufmann, sicherlich unfair). Aber eben dem Nachteil, dass Kletzki das bessere Orchester hatte und vielleicht etwas mehr von Mahler verstand.

  • Abbado (sehr krank aussehend) und seine ehemaligen Berliner waren auch nach meiner Meinung Spitze. Otter ohne Schwierigkeiten, Kaufmann teilweise gaumig und mit starken Vokalfärbungen auf a, e, o, u, i, weil nicht offen gesungen wird. Trotzdem auch für ihn riesiger Beifall in der Philharmonie.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Abbado und die Berliner waren/ sind in der Tat eine Klasse für sich - der Finalschluß war phänomenal. Frau von Otter war sicherlich der bessere Part gestern abend; ein Vergleich mit den genannten Größen ist zwar gegeben, aber sicher nicht allumfassend "zulässig". Jonas sang das was er kann, nämlich Oper; und das war für diese Partie erheblich zu wenig (oder besser gesagt: zuviel!). Schade, so bleibt ihm die Goldene Zitrone als absolute Fehlbesetzung. Und das ist meine Meinung und nicht allgemeinverbindlich.

  • Hallo,
    es gibt eine Gielen Aufnahme, die von 1992 und Live ist:
    Mahler. Das Lied von der Erde. 1992 Bonn.. Doris Soffel. Siegfried Jerusalem. SWF Orchester Baden Baden Dir. M. Gielen.Página 56


    Weshalb Gielen Frau Soffel dann ausgewechselt hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Vielleicht Verträge?
    Übrigens:

    mit Frau Soffel war er gut 3 Minuten schneller!


    Lieber Hans,


    läßt sich herausfinden, mit welcher männlichen Besetzung Gielen 2002 "Das Lied von der Erde" aufgeführt hat?
    (Mit Sicherheit, denke ich, aber ich bin des Spanischen nicht allzu mächtig und habe das System der Seite noch nicht so recht durchschauen wollen... ;) )

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Norbert,
    ich habe da keine Ahnung.
    Vor wenigen Wochen war ich noch der festen Überzeugung, dass Gielen das "Lied von der Erde" nie dirigiert hätte. In seinen Erinnerungen (Unbedingt Musik) steht nix davon. Und so habe ich erst hier erfahren, dass es überhaupt eine Aufnahme gibt und dann habe ich in der argentinischen Silbermine (Wortspiel!) die 1992-er Aufnahme gefunden.
    Mehr erst mal nicht. Warten wir also ab. Recherchieren wir geduldig weiter.
    Gruß Hans

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  • Danke für die Antwort. Vielleicht gelingt es uns ja tatsächlich herauszufinden, wer den Tenorpart damals gesungen hat...


    Heute ist meine Gielen-Aufnahme angekommen und natürlich gleich in den CD-Spieler gewandert.


    Größtenteils ist Ulrichs Besprechung nichts hinzuzufügen.


    Gielens Offenlegung der musikalischen Strukturen und der vielen Details, die gerne einmal verschluckt werden, ist schon singulär zu nennen.


    Frau Kallischs Gesang hingegen bewerte ich nicht ganz so positiv. Sie singt zwar mit hörbarem Engagement und ohne Stimmprobleme, aber leider auch nicht gerade wortverständlich.
    So geht doch einiger gestalterischer Ausdruck verloren. Schade. Aber das ist für mich schon der einzige Wermutstropfen einer ansonsten hervorragenden Aufnahme.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Das Lied von der Erde ist ein großer sinfonischer Liederzyklus, den Gustav Mahler 1908-1909 auf Nachdichtungen altchinesischer Lyrik von Hans Bethge komponierte.
    Als Besetzung sind großes Sinfonieorchester und zwei Solisten (Alt oder Bariton sowie Tenor) vorgesehen.
    Die Uraufführung fand postum am 20. November 1911 in München unter Bruno Walter statt.



    (Der Abschied)


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Gustav Mahler's Das Lied von der Erde gibt es in einer Kammermusikversion für 14 Instrumentalisten, die Arnold Schönberg begonnen und Rainer Riehn vollendet hat. Diese Version wurde kürzlich vom Detmolder Kammerorchester unter Alfredo Perl (kannte ich bisher nur als Pianist) und Gerhild Romberger und Stephan Rügamer als Solisten eingespielt. Hat diese Aufnahme ein Tamino schon gehört und mag sich dazu äußern?


  • Gustav Mahler's Das Lied von der Erde gibt es in einer Kammermusikversion für 14 Instrumentalisten, die Arnold Schönberg begonnen und Rainer Riehn vollendet hat. Diese Version wurde kürzlich vom Detmolder Kammerorchester unter Alfredo Perl (kannte ich bisher nur als Pianist) und Gerhild Romberger und Stephan Rügamer als Solisten eingespielt. Hat diese Aufnahme ein Tamino schon gehört und mag sich dazu äußern?


    Die Aufnahme habe ich auch schon entdeckt und mir vorgemerkt, lieber Lutz! Das interessiert mich sehr! Was ich habe ist die Klavierversion - zum Glück ist diese Aufnahme des verblichenen Teldec-Labels wieder als Billig-CD aufgelegt worden:



    Herzlich grüßend
    Holger

  • Vom Lied von der Erde gibt es die von lutgra erwähnte Kammermusikfassung von Schoenberg/Riehn auch in einer schönen Aufnahme unter Philippe Herreweghe:



    Es spielt das "Ensemble Musique Oblique". Die Gesangssolisten sind Birgit Remmert und Hans Peter Blochwitz. Die Aufnahme entstand Anfang der 90er Jahre.


    Liebe Grüße


    Portator

  • Heute um 20:15 auf 3SAT gibt es unter dem obigen Titel als Erstausstrahlung ein Filmportrait von Gustav Mahler. Im Anschluss eine Aufführung des Liedes von der Erde


    Mit den Musikern Paul Groves (Tenor) und
    Thomas Hampson (Bariton)
    Orchester: Orchestre de la Suisse Romande
    Musikalische Leitung: Neeme Järvi
    Erstausstrahlung

  • Das einstündige Filmportrait von Jason Starr bezog sich in erster Linie auf den Zeitraum der Komposition des "Liedes von der Erde" und liess ausführlich u.a. Thomas Hampson und Mahler-Guru Henry-Louis de La Grange zu Worte kommen, letzterer zeichnet ja für eine vierbändige fast 4000 Seiten (!!) umfassende Mahlerbiographie verantwortlich, die aber bisher nur im Englischen vorliegt (wäre eigentlich mal ein nettes Weihnachtsgeschenk für mich :D ), dazischen immer schon Auschnitte aus dem Konzert.


    Das Konzert selber hat mir gut gefallen, was vor allem an dem hervorragend aufspielenden Suisse Romande Orchester lag. Aber auch die Sänger wussten weitgehend zu überzeugen, Paul Groves kannte ich noch gar nicht, aber er hat die mörderische Tenorpartitur gut gemeistert mit zwei, drei Ausdruckspatzern, die mir nicht gefallen haben. Thomas Hampsons Stimme ist natürlich nicht mehr ganz frisch, was er mit einigen Manierismen zu kaschieren weiss, aber wenn man der Tonproduktion nicht zusah, war es o.k. Allerdings werde ich in dieser Rolle immer einen Alt bevorzugen. Vermutlich wird man das Ganze demnächst auf DVD nachhören können.

  • Das Lied von der Erde ist mein liebstes Werk von Mahler, es kommt sogar noch vor der 6. und der 9. Symphonie. Wenn ich drei CDs auf eine einsame Insel mitnehmen dürfte, eine Aufnahme des Lieds von der Erde wäre sicher darunter. Nur welche? Das Problem ist, dass ich nahezu für jedes der sechs Lieder eine andere Lieblingsaufnahme habe. Das gilt besonders für die vom Tenor gesungenen Stücke. Während ich für das in exotischer Schönheit schwelgende „Von der Jugend“ einen lyrischeren Tenor bevorzuge, finde ich für die derberen Trinklieder Nr. I und V eine kräftige Stimme Richtung Heldentenor passender. Trotzdem habe ich drei relativ klare Lieblingsaufnahmen.


    1. Christa Ludwig, Fritz Wunderlich, Otto Klemperer, Philharmonia Orchestra


    Zu den Qualitäten dieser Aufnahme ist schon so viel gesagt worden, dass ich nichts hinzuzufügen habe außer dem Hinweis, dass vor einigen Jahren eine neu gemasterte Version bei dem Label Esoteric auf SACD erschienen ist, die den hohen Preis wirklich wert ist. Die Verbesserung gegenüber der älteren CD-Version ist deutlich hörbar, auch wenn man von einer Aufnahme aus den 60ern keine Wunder erwarten darf.



    Das einzige, was ich gegen Klemperers Interpretation einzuwenden habe, sind die langsamen Tempi. Insbesondere bei „Von der Jugend“ und „Von der Schönheit“ sind sie definitiv zu langsam.


    2. Christa Ludwig, René Kollo, Leonard Bernstein, Israel Philharmonic Orchestra



    Diese Live-Aufnahme von 1972 ist auch in der Sony-Box mit dem ersten Mahler-Symphonien-Zyklus von Bernstein mit dem NYP enthalten und wurde auch einmal in der Royal Edition von Prince Charles (mit einem früheren Remastering) veröffentlicht. Außerdem wurde die Aufführung gefilmt, der Film ist Teil der Unitel DVD-Box, die ansonsten den 2. Mahler-Zyklus von Bernstein mit den Wiener Philharmonikern (bzw. dem LSO bei der 2.) aus den 70ern enthält. Auch Ausschnitte aus den Proben und eine instruktive Werkeinführung von Bernstein findet man in dieser Box.



    Auch diese Einspielung ist hier schon mehrfach hervorgehoben worden. Wie immer, wenn Bernstein Mahler dirigiert, spürt man seine besondere Affinität zu dieser Musik, seine Vertrautheit mit deren Gehalt aus dem eigenen Fühlen und Erleben heraus. René Kollo gelingt besonders „Von der Jugend“ wunderschön, bei den beiden Trinkliedern ist er auch gut, aber dort gefällt mir James King auf der älteren Bernstein-Einspielung mit den Wiener Philharmonikern besser. Wie King den Höhepunkt des ersten Liedes, das „Hört ihr, wie sein Heulen hinausgellt in den süßen Duft des Lebens“ hinbekommt – Gänsehaut pur. Aber dort singt Fischer-Dieskau anstelle eines Alts, hier die großartige Christa Ludwig. Nichts gegen FiDi, aber im Lied von der Erde ziehe ich eine Frauenstimme eindeutig vor, daher ist diese Aufnahme meine Präferenz. Die Tempi sind hier deutlich schneller als bei Klemperer, im schnellen Mittelteil von „Von der Schönheit“ kommt Christa Ludwig kaum noch mit. In den auf DVD verewigten Probenausschnitten ist eine nette Szene, in der sie heftig gegen das Tempo protestiert, das könne sie nicht singen. Nachdem ich es einmal in diesem Tempo gehört habe, kann ich nur sagen: genauso muss es sein, „Das Roß des einen wiehert fröhlich auf und scheut und saust dahin“ etc. muss rasant, ja leicht gehetzt klingen. Christa Ludwig hat übrigens in einem Interview viele Jahre später bekannt, dass sie das Lied von der Erde erst durch ihre Arbeit mit Bernstein wirklich verstanden habe.


    Klangtechnisch ist diese Aufnahme leider auch in dem neuesten Sony DSD-Remastering nur befriedigend. Die auf der DVD deutlich zu hörenden Geräusche aus dem Publikum (viel Husten) sind auf der CD nicht zu vernehmen. Entweder wurden sie digital entfernt, oder es handelt sich doch um eine andere Aufnahmesession (auf der CD wurden Aufnahmen von 3 verschiedenen Tagen zusammengeschnitten).


    Meine dritte Lieblingsaufnahme wurde hier überraschenderweise noch gar nicht genannt:


    3. Jessye Norman, Jon Vickers, Sir Colin Davis, London Symphony Orchestra



    Der Grund, warum ich diese Aufnahme so hoch schätze, ist natürlich Jessye Norman. „Von der Schönheit“ gelingt ihr nicht vollends überzeugend, aber „Der Einsame im Herbst“ gestaltet sie mit einer wundervollen Ausdruckskraft, mit fahl-herbstlicher Melancholie in der Stimme und einem bewegenden Ausbruch der Verzweiflung am Ende. Den „Abschied“ schließlich singt sie überragend, ich kenne keine andere Aufnahme (und ich habe viele), in der dieses Lied so schön und vor allem so berührend gesungen wird. Das macht diese Aufnahme zu einem wirklichen Juwel.


    Leider ist die Tenor-Partie mit Jon Vickers auch nicht annähernd ebenbürtig besetzt. Er bringt zwar die nötige Kraft und Vehemenz für die beiden Trinklieder mit, aber er ist dort eben nur laut, ohne diese Partien wirklich gestalten zu können. Zudem klingt seine Stimme rauh, und er leistet sich zahlreiche Schlampigkeiten in der sprachlichen Artikulation. Das Dirigat von Sir Colin Davis ist im Großen und Ganzen zufriedenstellend, die Tempi sind im mittleren Bereich, zum Glück gelingt ihm gerade der „Abschied“ gut.


    Die Philips-Digitalaufnahme von 1981 klingt erstaunlich gut, ein Klangbild mit satten Tiefen und guter Transparenz. Die exotischen Klangfarben kommen hier voll zur Geltung, und das Orchesterzwischenspiel im „Abschied“ entfaltet den Klangzauber, den die anderen genannten Aufnahmen leider etwas vermissen lassen.


    Von den mir bekannten Aufnahmen aus neuerer Zeit, die aufnahmetechnisch noch besser sind, kommt leider in der sängerischen Leistung keine an die genannten heran, und daran hängt beim Lied von der Erde nun mal alles.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Lieber Bertarido,

    3. Jessye Norman, Jon Vickers, Sir Colin Davis, London Symphony Orchestra

    mit der wirklich phantastischen Jessye Norman gibt es auch noch diese Aufnahme (habe ich!):



    Und wirklich eine Offenbarung (und Alternative zu Klemperer) ist:



    Schöne Grüße
    Holger

  • Lieber Holger,


    vielen Dank! Die Levine-Aufnahme mit Jessye Norman habe ich bislang tatsächlich übersehen, die gehört natürlich in meine Sammlung. Bei Krips singt dann mit FiDi wieder ein Bariton, womit ich mich nicht so recht anfreunden kann, daher habe ich die Aufnahme bislang ignoriert. Mal sehen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

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