PIZZETTI, Ildebrando: FEDRA

  • Ildebrando Pizzetti [1880-1968]


    Fedra


    Phädra


    Oper in drei Akten


    italienisch gesungen


    entstanden von 1909 – 1912


    Libretto von Gabriele d'Annunzio [1863-1938]
    frei nach Euripides, Seneca und Racine


    Uraufführung am 20. März 1915 an der Mailänder Scala
    in der Hauptrolle mit Salomea Kurschelnitska


    Personen:
    Fedra – Phaedra, des Theseus zweite Gemahlin
    Ippolito – Hippolytos, Ihr Stiefsohn
    Teseo – Theseus, König von Athen
    Etra – Aithra, eine Dienerin
    Eurito d'Ilaco – Eurytos von Ilakos, ein Wagenlenker
    Ippanoë – Hipponois, ein thebanisches Sklavenmädchen
    Gorgo, eine Amme
    Ein phönizischer Händler
    und weitere



    HANDLUNG


    Eine Gruppe verängstigter Frauen erwartet die Rückkehr von König Theseus aus der Schlacht von Theben. Der Sitte gemäß wird der Ankommende die Asche seiner in der Schlacht getöteten Getreuen mitbringen. Unter den Wartenden befindet sich des Königs Gemahlin Phädra, die heimlich frohlockt, denn ein Gerücht verbreitet, dass der König in der Schlacht umgekommen sei.


    Noch ist sie genötigt, eine übermächtige Leidenschaft für ihren Stiefsohn Hippolytos, dem Sohn des Theseus aus einer früheren ehelichen Verbindung mit Mariope, versteckt zu halten. Befreit aus des Königs unerwünschten Umarmungen, könnte sie ihren Gefühlen freien Lauf lassen.


    Zu ihrem Verdruss stellt sich das Gerücht seines Todes jedoch als falsch heraus. Unversehrt kehrt der König zurück und zu Phädras zusätzlicher Betroffenheit präsentiert er Hipponois ein schönes Sklavenmädchen aus Theben, welches er als Kriegsbeute zum Geschenk für den geliebten Sohn mit heimbringt.


    Phädra heuchelt dem Mädchen gegenüber Freundschaft, aber als sie mit ihr allein ist, bedroht sie die Sklavin und sticht sie vor dem Altar des Zeus nieder.


    Hippolytos besucht Phädra in ihren Gemächern, stellt sie zur Rede und fragt nach den Gründen, weshalb sie das Mädchen umgebracht habe. Ermüdet von ihren Ausflüchten und der Doppelzüngigkeit ihrer Rede fällt er in Schlaf. Denkend, Hippolytos nimmt es nicht wahr, küsst Phädra ihn leidenschaftlich auf den Mund. Der Eingeschlummerte erwacht und beschimpft seine Stiefmutter als typische weibliche Schlampe. Frustriert und verärgert berauscht sich Phädra an dem Gedanken, sich selbst zu töten - aber nicht, bevor sie an Hippolytos Rache genommen hat.


    Dem Theseus erzählt sie, dass sein Sohn versucht habe, ihr Gewalt anzutun. Eine bösartige Amme intrigiert fleißig mit. Ungehalten über sein Fehlverhalten ruft der König den Meeresgott Poseidon an, die Bestrafung vorzunehmen, weil seine väterlichen Gefühle ihn wankelmütig machen könnten.


    Es dauert nicht lange, dass der König Information erhält, Hippolytos plane eine Ausfahrt, und der Weg ihn am Strand entlang führe. Dem vorbeirasenden Streitwagen stellt sich als Hindernis ein Felsbrocken entgegen; das Gefährt gerät ins Schleudern und kippt um. Während der Wagenlenker mit dem Schrecken davonkommt, setzt Poseidon nach der Vorstellung des Librettisten ein Meeresungeheuer auf den Ahnungslosen an, welches ihn nicht auffrisst, sondern am Strand zu Tode trampelt.


    Der König bereut seinen Zorn und schließt sich mit seinen Empfindungen um den toten Prinzen der trauernden Bevölkerung an. Phädra kommt hinzu, enthüllt ihre Schuld und verkündet, dass sie Gift getrunken habe. Sie jubelt, dass sie von dem Geliebten nun niemand mehr trennen kann. Sterbend lässt sie sich auf seinen toten Körper fallen, um in einer letzten Umarmung mit ihm vereint zu sein.


    Anmerkung:


    Unzählige Male haben die Librettisten den Tonsetzern das Thema von der unglücklichen Liebe Phädras zu ihrem Stiefsohn als Augen- und Ohrenschmaus vorgesetzt. Die Bearbeitung durch d'Annunzio und Pizzetti ist nichts anderes, als der langen Kette von Vertonungen eine neue Variante hinzuzufügen, ohne jedoch auf anhaltende Resonanz zu stoßen. Man erinnert sich an eine Aufführung im Jahre 1959 mit Regine Crespin, Gaston Limarilli und Dino Dondi. Die deutsche Premiere fand erst am 24. Mai 2008 in Erfurt statt.


    Pizzettis Musik verzichtet aus avantgardistische Extravaganzen und bleibt in Form und Farbe strikt konservativ. Der Verbreitung seiner Musik stand seine Nähe zu Mussolinis Faschismus bisher entgegen. Heute interessiert das kaum noch jemanden und es ist denkbar, dass das eine oder das andere Theater sich seiner diversen Opern annimmt. An vorderster Front steht natürlich der 'Mord in der Kathedrale' der in jüngerer Zeit mit Ruggiero Raimondi in Szene gesetzt wurde.


    © März 2010, Tamino - Engelbert

  • Hallo Engelbert,


    kleine Korrektur: Der Stiefsohn heißt Hippolytos, also i und y andersrum.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)