Klassikinterpreten der DDR - Wer ist heute noch bekannt?

  • Ich bin Berlin Classics dankbar,daß Klassik-Aufnahmen der DDR auf CD veröffentlicht werden.So lernt man Künstler kennen,die einem zu DDR-Zeiten unbekannt waren.Obwohl damals schon einige DDR-Künstler durch Coproduktionen mit westdeutschen Labels bekannt waren.
    Kegels Beethoven Sinfonien und Brahms Deutsches Requiem waren und sind auf Capriccio greifbar.Mozarts Figaro mit Suitner u.a. gab es bei EMI.
    Die meisten Klassikkünstler der DDR waren in Westdeutschland unbekannt,weil keine Werbung für sie gemacht wurde und die (geringe) Produktion von LPs nur für den Bereich der DDR stattfand.Ob es zu DDR Zeiten CD-Pressungen in und für die DDR gab,ist mir nicht bekannt.
    Grundsätzlich bin ich für DDR-Klassikproduktionen offen und informiere mich im Tamino-Forum über deren künstlerische Qualität.Ich möchte Kenner der Materie ermutigen,ihr Wissen über DDR-Klassikproduktionen hier auszubreiten.

    mfG
    Michael

  • Liebes Schneewittchen, ich fürchte, daß das Rezeptionsproblem gerade da liegt, wo Aufnahmen nicht als CD verfügbar gemacht werden. Das Problem haben die älteren West-Künstler zwar auch, deren Bekanntheit ist allerdings ein wenig höher.


    Um die DDR-Musiker kennenzulernen, muß man in der Regel über einen Plattenspieler und Sammelgeduld verfügen.


    Heute hatte ich eine Aufnahme von Schuberts op. 100 in der Post. In der Besetzung Amadeus Webersinke, Klavier, Manfred Scherzer, Violine und Karl-Heinz Schröter, Violoncello. Der hier im Thread zuweilen geschmähte Webersinke war für mich der Kaufgrund. Und ich habe das nicht bereut.


    Was diesen Thread sinnvoll macht -neben dem Austausch von Hörerlebnissen- ist der Umstand, daß über viele DDR-Künstler nicht so viel Biographisches zu erfahren ist. So besitze ich einige Platten von Karl Suske oder Walter Olbertz. Die sind musikalisch wirklich fabelhaft. Über die Künstler indes weiß ich nichts. Nun gut, wenn ich mir die verstörten Reaktionen auf Künstlerbiographien in anderen Threads anschaue, mag das kein Schaden sein. Wenn sich aber biographisch nichts in Erfahrung bringen lässt, dann ist es doch immerhin interessant, die Frage zu erörtern, warum die Einspielung der Violinsonaten von Ludwig van Beethoven durch Karl Suske und Walter Olbertz in Sammlerkreise so gesucht ist, daß sich für das Komplett-Set 500 EUR erzielen lassen (ich rede hier vom Vinyl).


    Dummerweise hat sich der DDR-Künstler nicht unbedingt über Schallplattenaufnahmen definiert, sondern durch Konzertauftritte. Es ist also schwierig, Musikern wie Karl Suske, Walter Olbertz, Amadeus Webersinke et altri nachzuspüren.


    Wenn dieser Thread dazu beiträgt, wäre sein Zweck erfüllt.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Nicht nur meine Mutter schätzte in den 80ern die Platten des Trompeters Güttler; er war im Westen anscheinend recht bekannt, bevor er dann später für den Wiederaufbau der Frauenkirche gesammelt hat (und dann auch vermehrt als Dirigent auftrat)...



    Und natürlich Silbermann-Orgeln usw. wobei ich zugeben muß, daß die Organisten (was aber auch an der Gattung liegt) mir namentlich nicht bekannt geblieben sind.



    Zum Bach/Händel Jubiläum 1985 wurden viele Produktionen (oft bei Capriccio oder auch Schallplattenclubs) auch im Westen herausgebracht, wenig später dann auch auf CDs. (Wenig später liegt der Beginn meines Interesses an der Klassik, daher habe ich das vielleicht besonders in Erinnerung behalten.) Zwar ist einiges davon inzwischen vermutlich von der HIP-Bewegung überholt worden, aber es hätte schlechtere Möglichkeiten gegeben, Kantaten, Orgelwerke usw. kennenzulernen.


    Zu Herbert Kegel gibt es ja zu recht schon einen eigenen thread


    Noch erwähnen möchte ich das Suske-Quartett (der Primarius wurde ja schon gewürdigt). Ich muß zwar gestehen, daß ich eine Doppel-CD mit Beethovens mittleren Quartetten wieder verscherbelt habe, aber das ist eines der klangschönsten Ensembles, die ich je gehört habe (für meinen Geschmack bei Beethoven eben außer in op.74 deutlich zu "lasch"), daher sicher empfehlenswert (diese Mozart-Box verkneife ich mir seit einiger Zeit mit Mühe). Eine andere CD, die ich mal wieder hören müßte, die mir jedenfalls vor einigen Jahren sehr gefallen hat, ist eine des mir sonst völlig unbekannten Brahms-Trios Weimar mit Haydn:



    Kennt jemand diese Box mit Aufnahmen aus den 70ern?
    Die wäre völlig an mir vorbeigegangen (ich habe sie auch noch nicht, weil einfach schon zu viele Aufnahmen), wurde neulich unerwartet in der internationalen Usenet-Gruppe sehr positiv beurteilt (von Leuten, die fast alles gehört haben, was es in diesem Repertoire gibt):



    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Schneewittchen
    Ob es zu DDR Zeiten CD-Pressungen in und für die DDR gab,ist mir nicht bekannt.


    Nein, gab es nicht. Statt dessen setzte VEB Deutsche Schallplatten auf ein verbessertes Mastering-Verfahren: DMM - steht für direct metal mastering. Viele Klassik-CDs der späten DDR wurden so produziert, waren aber auch etwas teuer: 15.10 M statt 12.10 M


    :hello:
    Reinhard

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Guten Tag


    ein heute noch bekannter und erfolgreicher Klassikinterpret der DDR
    ist die " Akademie für alte Musik Berlin ".
    Erstmals lernte ich dieses Spitzenensemble der damaligen DDR
    auf einer 1988
    vom "VEB Deutsche Schallplatten Berlin DDR" produzierten
    und in Westdeutschland durch "Capriccio" vertriebenen CD mit



    Orchestermusik von J.S. Bach kennen und schätzen.
    Ihre Einspielung z.B. des Konzert für zwei Cembali C-Dur BWV 1061
    oder der h-moll Suite BWV 1067 hauten mich damals (und heute noch) um.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

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  • Wenn ich mich nicht irre, sind die Namen Peter Schreier und Theo Adam noch gar nicht gefallen. Die Beiden haben eine beachtliche Karriere machen können.


    LG Uwe :hello:

  • Zitat

    Original von Reinhard


    Nein, gab es nicht. Statt dessen setzte VEB Deutsche Schallplatten auf ein verbessertes Mastering-Verfahren: DMM - steht für direct metal mastering. Viele Klassik-CDs der späten DDR wurden so produziert, waren aber auch etwas teuer: 15.10 M statt 12.10 M


    :hello:
    Reinhard


    Völlig richtig Reinhard! Um Mißverständnissen vorzubeugen heißt Dein letzter Satz dann aber korrekt:" Viele Klassik- LPs der späten DDR wurden so produziert,..."


    Für die CD- Technologie in Marktreife hat es in der größten DDR der Welt bis zum Ende nicht gereicht!


    Herzliche Grüße aus Thüringen nach Leipzig!
    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!

  • Zitat

    Für die CD- Technologie in Marktreife hat es in der größten DDR der Welt bis zum Ende nicht gereicht!


    Ich erinnere mich an Besuche in (Ost-)Berlin und Leipzig in den Jahren 1988/89, also noch vor dem Mauerfall. In den Intershops gab es damals allerdings schon ein (begrenztes) Angebot an CDs der VEB Deutsche Schallplatte - Aufnahmen der Klassik-Zugpferde des Labels eterna.


    Nohm man die Silberscheiben aus der Hülle und besah sich die genau, konnte man ganz klein "made in Japan" lesen.


    Zitat

    Wenn ich mich nicht irre, sind die Namen Peter Schreier und Theo Adam noch gar nicht gefallen. Die Beiden haben eine beachtliche Karriere machen können.


    Das waren nicht die einzigen! Es gab eine ganze Reihe hervorragender Sänger an den Opernhäusern der damaligen DDR. Darüber sollte man eigentlich einen eigenen Thread machen!


    LG
    Harald :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Zitat

    Original von Reinhard


    Nein, gab es nicht. Statt dessen setzte VEB Deutsche Schallplatten auf ein verbessertes Mastering-Verfahren: DMM - steht für direct metal mastering. Viele Klassik-CDs der späten DDR wurden so produziert, waren aber auch etwas teuer: 15.10 M statt 12.10 M


    :hello:
    Reinhard


    Ich bitte jetzt um Korrektur, wenn ich falsch liege: die Aufnahmestudios der VEB-Schallplatte konnten durchaus digital aufzeichnen. Das wurde auf den LP's seinerzeit auch stolz vermerkt. Woran es fehlte war die Möglichkeit, daraus inländisch CD's zu pressen und dann wohl auch an Abspielmöglichkeiten. Da dergleichen nur über Valuta ging, war die DDR am Ende mit dieser Technologie wohl überfordert. Somit kamen dieses Digitalaufnahmen dann lediglich als LP auf den Markt.


    Meines Wissens nach ist die GA der Beethoven-Sonfonien unter Herbert Kegel deren erste digital-GA. Und die kam aus der DDR.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Die erste voll digital aufgenommene Opern-Gesamtaufnahme kam ebenfalls aus der DDR:



    Sie entstand im Januar 1980 in der Paul-Gerhardt-Kirche in Leipzig.


    Es handelte sich um eine Gemeinschaftsproduktion zwischen der VEB Deutsche Schallplatten Berlin/DDR und der Ariola-Eurodisc München (ein Unternehmen der Bertelsmann-Gruppe Gütersloh).


    Die digitale Technik hat allerdings der Eurodisc-Produzent Oskar Waldeck in Form eines mobilen SoundLabs aus Westdeutschland mitgebracht.


    Produziert wurde in der DDR, weil da die Kosten für Chor und Orchester und örtliches Personal nur einen Bruchteil der Kosten im Westen ausmachten.


    Die Beethoven-Sinfonien unter Kegel entstanden ca. 2 Jahre später. Ob die Technik damals schon DDR-eigen war entzieht sich meiner Kenntnis.


    LG


    :hello:

    Harald


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    (Vinícius de Moraes)

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  • Zitat

    Original von Oolong
    Völlig richtig Reinhard! Um Mißverständnissen vorzubeugen heißt Dein letzter Satz dann aber korrekt:" Viele Klassik- LPs der späten DDR wurden so produziert,..."


    Du hast natürlich recht, dummer Vertipper...


    Zum Thema CDs und DDR demnächst an anderer Stelle mehr...

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Na, dann werd ich mal in meiner zugegeben bescheidenen Eterna-LP-Sammlung kramen.


    Da fällt mir als erste diese in die Hand - eine meiner Lieblingsplatten:


    Johannes Walter und Isolde Ahlgrimm spielen Flötensonaten von J. S. Bach:


    [amx=B000024TWO]300[/amx]



    zumindest Isolde Ahlgrimm dürfte sich auch außerhalb der DDR einen Namen gemacht haben.


    Schöner Nebeneffekt: Bis eben wußte ich noch gar nicht, daß diese Aufnahme auch auf CD vorliegt.

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Lieber Reinhard,


    da ich in Leipzig einen Plattenhändler habe, bei dem ich mich prächtig mit Eterna's versorgen kann, schaue ich nicht so sehr, ob es die Sachen auch auf CD gibt.


    Meine weiter oben angesprochene Aufnahme von Schuberts Trio op. 100 gibt's tatsächlich auf CD. Ich verstehe nicht so recht, was man gegen Amadeus Webersinke vorbringt: als Ensemble-Mitglied bewährt er sich stets prächtig. So auch hier. Was ich an dieser Einspielung hervorhebenswert finde: Sie wird nicht vom Klavier aus organisiert. Die Stimmen spielen gleichberechtigt, ein Ansatz, wie ich ihn beim Beaux Arts Trio ähnlich höre.


    Webersinke gelingt dies mit seinem Beethoven-Trio mit einer sehr weichen, zurückhaltenden Klavierstimme.


    Ich will jetzt nicht Webersinke, den Solisten rühmen, das wäre vielleicht zu speziell. Die Trio-CD empfehle ich jedoch ausdrücklich.



    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Zitat

    Original von Thomas Pape
    da ich in Leipzig einen Plattenhändler habe, bei dem ich mich prächtig mit Eterna's versorgen kann


    Darf ich mal neugierig sein? Schließlich habe ich einen neuen Plattenspieler...

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Zitat

    Original von Reinhard


    Darf ich mal neugierig sein? Schließlich habe ich einen neuen Plattenspieler...


    Aber klar: der ebay-nick lautet: leipzig-vinyl.


    Den direkten Kontakt findest Du in Deiner PN.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
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  • Hallo Thomas, hallo Harald!


    Ihr habt vollkommen recht. Es scheiterte nicht an der vorhandenen Technik für digitale Aufnahmen. Es gab in der DDR schlicht kein CD- Presswerk - das erste entstand meiner Erinnerung nach unmittelbar nach der Wende durch ein Joint Venture mit der Pilz- Gruppe in Suhl- Albrechts ( und führte dann zu einem Riesen- Wirtschaftsstrafverfahren).


    Außerdem scheiterte es daran, dass die DDR noch keine Eigenproduktion an CD- Playern hatte ( warum auch, wenn es keine CDs gab :D ) und aufgrund der Valutaknappheit ja überhaupt nicht daran zu denken war, solche auf den Weltmarkt einkaufen zu können.


    Gruß
    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!

  • Zitat

    Original von MosesKR1
    Wenn ich mich nicht irre, sind die Namen Peter Schreier und Theo Adam noch gar nicht gefallen. Die Beiden haben eine beachtliche Karriere machen können.


    LG Uwe :hello:


    Ich habe im Tamino-Forum schon mehrfach gelesen, dass Peter Schreiers Stimme hier eher nicht gemocht wird. Ich kann das durchaus nachvollziehen. Auch wenn mich diese Musikrichtung seinerzeit im Teenageralter als junger Bürger der DDR wahrlich nicht interessierte, war mir doch Stimme und Antlitz Schreiers durchaus zu DDR-Zeiten geläufig :wacky:.


    Mit Theo Adam verknüpfe ich gerade nur ein Gesicht!
    Beide wirken ja hier mit:



    Künstler: Auger, Adam, Schreier, Dresdner Kreuzchor, BachDresdner Philharmonie, Flämig
    Label: Berlin , ADD, 1975


    Zumindest Peter Schreier trifft eine kleine Mitschuld, dass ich mit dem Weihnachtsoratorium Bachs noch nicht so richtig warm geworden bin. :pfeif: War ein kleiner Scherz! Mein Problem liegt mehr bei deutschsprachigen Oratorien (und Opern)!


    Die Pressestimme bei JPC hätte mich eigentlich aufhorchen lassen sollen und mich doch vielleicht für eine andere Aufnahme entscheiden lassen sollen.


    :hello: Steffen

  • Zitat

    Ich habe im Tamino-Forum schon mehrfach gelesen, dass Peter Schreiers Stimme hier eher nicht gemocht wird.


    Das "Tamino Klassikforum" hat in den letzen 2 Jahren allmählich gewisse "dogmatische Züge" in künstlerischen Fragen bekommen , eine kleine Lobby (der ich nicht angehörte) diktierte hier erbarmungslos was gemocht wurde und was nicht.
    Mir ist indes zu Recht der Vorwurf zu machen, daß ich das habe geschehen lassen um die Forenstrukturen nicht zu zerstören.


    Peter Schreier - er war auch im Westen sehr angesehen - hatte das Pech - nach Fritz Wunderlichs Tod sehr oft dessen Rollen übernehmen zu müssen - und mit ihm verglichen zu werden.


    Wunderlich war jedoch eine Ausnahmeerscheinung mit der sich kaum ein Künstler seiner Zeit vergleichen konnte - das wurde durch die naturgegebene Glorifizierung des Verblichenen noch zusätzlich beton - ähnlich wie bei Caruso - Alle Nachfolger (bis heute !!!) wurden und werden noch an ihm gemessen.


    So hatte Schreier ein zusätzliches Handycap, für das er nichts konnte.
    Schreier wurde vielleicht aber auch deshalb nicht in diesem Thread genannt, weil er von einer breiten Öffentlichkeit als WESTLICHER Künstler wahrgenommen wurde. Er konnte mehr oder weniger reisen wohin und sooft er wollte. Durch die Kooperation zwischen VEB Deutsche Schallplatten Berlin DDR mit Deutsche Grammophon erschienen seine Aufnahmen immer wieder am Gelblabel. Er war somit ein "internationaler" Künstler.


    mfg
    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Beim Belesen zu diesem Thema fand ich über einen Wikipedia-Link auf der Webseite des MDR eine geschichtlich beleuchtet Ausarbeitung.


    Da Weblinks leider öfter die Eigenart haben nicht mehr zu funktionieren, erlaube ich mir mal, Interessantes auszugsweise hierher zu kopieren.


    Quelle: mdr.de
    _________________________________________________________

    Schallplatten in der DDRAmiga | Eterna | Litera | Nova | Schola


    Weltberühmte Klassikaufnahmen, die Stars der DDR-Unterhaltungsmusik und beliebte Märchen- und Kinderplatten - die Schallplattenproduktion der DDR brachte es zu Erfolgen im Inland und der Welt. Dabei hatte auch die Schallplatte mit den Schwierigkeiten zu kämpfen, die die Mängel der Planwirtschaft und der Dirigismus von Partei und Staat ihr aufzwangen.


    Nach Ende des Zweiten Weltkrieges lag auch die Schallplattenproduktion Deutschlands in Trümmern, Matrizen waren ausgelagert, die Produktionsstätten waren zerstört oder lagen in verschiedenen Besatzungszonen. 1946 erteilte die Sowjetische Militäradministration dem Sänger Ernst Busch eine Lizenz zur Herstellung von Schallplatten. Die "Lied der Zeit Schallplatten-Gesellschaft mbH" produzierte zunächst nur Lieder, 1953 wurde sie zum volkseigenen "VEB Deutsche Schallplatten" und blieb bis zum Ende der DDR einziger Hersteller von Schallplatten und Musikkassetten. Neben dem "VEB Deutsche Schallplatten" entstand 1954 auch ein "VEB Verlag Lied der Zeit".


    Die "VEB Deutsche Schallplatten" produzierte unter den Labeln "Eterna", "Nova", "AMIGA" und "Litera". Einige Jahre lang erschienen unter dem Etikett "Schola" auch Platten für den Unterricht.


    "Eterna" - hervorragende Einspielungen klassischer Musik
    In der "Eterna"-Serie erschienen Aufnahmen klassischer europäischer Musik, Kirchenmusik, Opern und Operetten, aber auch Arbeiterlieder. Der Zweig der neuen E-Musik aus der DDR wurde später unter das Label "Nova" gefasst. Herausragend sind die "Eterna"-Aufnahmen mit den großen Orchestern der DDR und den Stars der klassischen Musik wie Kurt Masur, Peter Schreier, Theo Adam und Ludwig Güttler.


    Durch Austausch-Programme entstanden auch Einspielungen mit internationalen Interpreten und Dirigenten. Herbert von Karajan war ebenso auf "Eterna" zu hören wie Colin Davis. Eine publizistische Großtat war die Veröffentlichung des kompositorischen Gesamtwerks von Ludwig van Beethoven auf 116 Langspielplatten im Jahr 1977. 1978 erschien eine Gesamtausgabe der gemeinsamen Werke von Bertolt Brecht und Hanns Eisler.


    CD-Produktion wegen hoher Produktionskosten nicht genehmigt
    Aufnahmestudios gab es in Berlin, Leipzig und Dresden, Firmensitz war Berlin. Seit Mitte der 60er Jahre wurde in Stereo produziert, seit Mitte der 80er Jahre erfolgten die Aufnahmen auch digital. Die Produktionsstätten in Potsdam-Babelsberg (Schallplatten) und Berlin-Johannisthal (Musikkassetten) bemühten sich stets um den besten Stand der Technik, konnten aber auch mit ständig gesteigerten Auflagen (1980 wurden 20 Millionen Tonträger produziert) nie den enormen Bedarf befriedigen.


    Der Ende der 80er Jahre versuchten Produktion von CDs wurde wegen der hohen Produktions- und Umstellungskosten von Seiten des Wirtschaftsministeriums die Genehmigung verweigert. Die wenigen produzierten CDs der 80er Jahre waren von der Prager Schallplattenfirma "Supraphon" hergestellt, zu der der "VEB Deutsche Schallplatten" enge Kontakte unterhielt, wie überhaupt zu den Studios der anderen sozialistischen Länder.


    Schallplatten-Preise - subventioniert und stabil
    Die Preise für die Platten des VEB waren bis zuletzt staatlich gestützt und veränderten sich kaum. 12 Mark kosteten die Platten der "Litera"-Reihe, nur 10 Mark die der "Nova". Für eine "Amiga"-Platte waren 16 Mark zu bezahlen. Dabei wurden die höheren Erlöse aus den Amiga-Verkäufen auf "Litera" und "Nova" umgeschlagen, um Klassik und Neue Musik zu unterstützen. Zusätzlich zum Produktpreis waren beim Kauf einer Schallplatte 10 Pfennige "Kulturabgabe" zu bezahlen, mit der das "sozialistische Kulturleben" gefördert werden sollte.

    _________________________________________________________


    Für mich auch Aufarbeitung meiner Geschichte! Sehr fasziniert hat mich kürzlich in diesem Kontext auch die Geschichte von Otmar Suitner als Dirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden.


    :hello: Steffen

  • Nun,nun- Dogmatik ist meine Sache nicht! Indes hat es mich nie interessiert, ob Peter Schreier hier gemocht wurde oder nicht.


    Für mich waren Peter Schreier und Theo Adam in meiner Jugend DIE Kammersänger!


    Insbesondere mit Bach haben sie mir als einem Jungen der nie Klassik gehört hatte, die Erhabenheit und Majestät dieser Musik gezeigt. Dies wollte ich immer wieder erleben.


    So banal und doch tragfähig bis heute ist manchmal der Einstieg in die lebenslange Liebe zur Klassik.


    Und weil sie mich mit der Liebe zu dieser Musik maßgeblich mitbeschenkt haben, werden sie für MICH immer zu den Allergrößten ihrer Zunft gehören und auch " bessere" Sänger, die ich in der Folge natürlich kennenlernte, werden Ihnen diesen Rang nie streitig machen können.


    Ich erlaube mir, Sie in der Verklärung der Jugendzeit zu verehren... :beatnik:


    Und dennoch gibt es bis heute auch Aufnahmen mit Ihnen, die ich unabhängig von dieser persönlichen Sicht als absolute Referenz betrachte:


    Da ist Bach in der Mauersbergerschen Tradition, aber da ist auch Mendelssohn - Theo Adam als Elias und Peter Schreier als Obadja in der Einspielung unter Wolfgang Sawallisch - das ist später zwar anders auch gut, aber nie besser gemacht worden...



    Gruß
    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!

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  • Von Peter Schreier und Theo Adam spricht heute noch jeder. Aber mir fällt in diesem Zusammenhang auch eine - leider kurz vor der Wende verstorbene - bedeutende Sängerin der DDR ein: Annelies Burmeister.
    Sie war durchaus international bekannt, vor allem durch ihre grandiose Fricka bei den Bayreuther Festspielen (unter Karl Böhm, neben Adam, Windgassen und Nilsson). Großartig ist sie auch als Haushälterin in einer Emi-Aufnahme von Straußs "Schweigsame Frau". Eine besonders eindrucksvolle Einspielung ist ihre Arie der Hexe Jezibaba in einem - leider ziemlich vergessenen - Querschnitt von Dvoraks "Rusalka", auch an der Seite von Theo Adam. In Rollen wie Marzelline (Figaro und Barbier), Witwe Browe, Mary, Ciesca in Gianni Schicchi und in Einspielungen von Dessau-Opern sollte sie ebenfalls in Erinnerung geblieben sein. Ein Mißgriff ist leider ihre Interpretation der Dorabella in einer Suitner-Aufnahme von "Cosi". Das war denn ihr Fach nicht.

  • Zitat

    Original von MosesKR1
    Es ist schon spannend zu sehen, wie ein jahrelang brachgeleger Thread wieder zu neuem Leben erweckt wird. :baeh01: :baeh01: :baeh01:


    LG Uwe


    Ja genau, wenn er aufgeräumt wird..... :pfeif:


    Ich möchte in diesem Zusammenhang übrigens darauf hinweisen, daß sein ausgekoppelte Bruder (wenn ich Thread denn mal mit Konversationsfaden übersetze), der mir sehr am Herzen liegt hier zu finden ist.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Man möge mir verzeihen, wenn ich hier womöglich etwas bereits Geschriebenes wiederhole....aber die Fülle der Beiträge ist oft nicht ganz vollständig zu erfassen:


    Als ehemalige DDR-Interpreten sind mir besonders lieb und teuer der Rostocker Motettenchor unter der Leitung von Hans Grüss zusammen mit der Capella Fidicinia Leipzig mit Aufnahmen der Bach-Motetten.


    Eine für mich sehr transparente und mal erfrischend NICHT historisierende Interpretation...besonders der Motette "Der Geist hilft unserer Schwachheit auf"

  • Hallo,


    nicht zu vergessen Jochen Kowalski, Countertenor geboren Wachow Mark Brandenburg. Er ist DER bekannte Händel Spezialis, scheute sich aber nicht auch Operette und Salonmusik zu singen.




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  • Wenn musica schon auf einen Kastraten hinweist, soll auch eine tiefere Stimme nicht fehlen:


    Der Bassist Rainer Süß, 1930 in Chemnitz geboren, Thomaner Chorknabe in Leipzig, dann Radiosänger in Leipzig, später eine steile Karriere als Opern- und Oratoriensänger, im DDR-Fernsehen auch als Moderator einer eigenen Schau.


    Gerade ist bei Berlin Classics eine CD von ihm zum Budget-Preis neu erschienen:



    Ein äußerst vielseitiger Künstler, von dem ich einen ganzen Stapel alter Eterna-Vinyls besitze.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • 1983 wurde in der Dresdner Lukaskirche der "Schwanengesang" (Königs und Propheten Davids Hundertneunzehnter Psalm in eilf Stücken nebst dem Anhange des Hundertsten Psalms: Jauchzet dem Herrn alle Welt und eines teutschen Magnificats: Meine Seele erhebt den Herrn) von Heinrich Schütz eingespielt: SWV 482-494). Dietrich Knothe leitete die Berliner Solisten und die Capella Sagittariana Dresden, dabei waren außerdem Werner Marschall und Jochen Kowalski als Diskantisten.



    Eine stilsichere und lebendige Aufnahme, die den hohen Standard der Künstler unterstreicht.


    Es war die Erstaufnahme des umfangreichen Schütz-Werkes; sie ist für mich immer noch eine Referenz-Einspielung.

    .


    MUSIKWANDERER

  • In der DDR gab es eine stattlich geförderte, sehr entwickelte Kulturlandschaft, die nicht wenige herausragende Künstlerpersönlichkeiten aufweisen konnte. Einige sind hier schon erwähnt worden, aber es gab bei weitem noch mehr und gute.


    Persönlich erlebt habe ich den Chef des damaligen Berliner Sinfonie-Orchesters Kurt Sanderling sowie auch seinen Nachfolger in diesem Amt, Günther Herbig. Letzteren habe ich noch im "Trabi" zum Konzert fahren sehen. Sanderling ist wohl unumstritten ein großartiger Musiker, der auf der anderen Seite dieses Landes eine noch viel größere Wertschätzung erfahren hätte. Eine Referenz sind wohl seine Schostakowitsch-Einspielungen.





    Hier wird bei jpc Sinfonie Nr. 5 angegeben, es ist aber die Sinfonie Nr. 15!


    Auch Tschaikowsky habe ich mit Sanderling in allerbester Erinnerung, lagen ihm doch die russischen Komponisten durch seine lange Zeit bei den Leningrader Philharmonikern besonders gut.



    Dann will ich hier noch den Dirigenten Otmar Suitner nennen, über den es ja hier einen eigenen Thread gibt, in dem ich mich bereits geäußert habe.


    An Dirigenten fällt mir dann noch natürlich Kurt Masur ein, dann der hier oft erwähnte Herbert Kegel,
    und ganz besonders, was das Chor-Repertoire betrifft, Helmut Koch.




    Bei den Pianisten denke ich an den hier bereits ausführlich genannten Dieter Zechlin, dessen Theatralik beim Spielen unfreiwillg komisch wirkte, weiter an Günter Kootz (Chorfantasie), Amadeus Webersinke, und Peter Rösel, der auch in der Gegenwart noch sehr präsent ist.


    Auf der Opernbühne sind mir in guter Erinnerung Namen wie Hannelore Kuhse, Jutta Vulpius, Adele Stolte und Sylvia Geszty, bei den Herren Martin Ritzmann und natürlich die Stars Peter Schreier und Theo Adam, aber auch der hier genannte Reiner Süß hatte ein sehr eigenes Profil.



    Ganz sicher ist diese Aufstellung nicht vollständig. Ich begrüße es sehr, dass man über berlin classics viele beachtenswerte Aufnahmen zu annehmbaren Preisen erwerben kann. Technisch muss man zweifelsohne mitunter einige Abstriche machen, das ist gilt aber für historische Aufnahmen mit Furtwängler, Böhm etc. pp. noch viel mehr, wichtig für mich ist jeweils die musikalische Aussagekraft. l


    :hello:


    Viele Grüße aus Berlin


    Manfred

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Herr Kral!


    Wenn Sie Rainer Süß erwähnen, dann sollte Siegfried Vogel auf keinen Fall fehlen. Während Rainer Süß mehr Buffo-Partien sang (Ollendorf), war Siegfried Vogel der seriöse Baß. Sein Mephisto ist schon hörenswert. Auch Hannelore Kuhse, Helga Pilarczik, Martin Ritzmann als dramatischer Tenor (Kalaf) und als lyrischer Tenor der jüngeren Generation Eberhard Büchner haben sich auf Platte und CD einen Namen gemacht.


    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Lieber Wolfgang,


    wenn Harald den guten Reiner Süß erwähnt, dann erhebt das ja nicht den Anspruch auf Vollständigkeit :D (BTW: wir sind hier untereinader per Du: Herr Kral ist ein fürchterlich sympathischer Mensch und hat nichts gegen die Anrede Harald :D ).


    Klar gab es den Siegfried Vogel. In meiner Lieblings-Zauberflöte habe ich den übrigens als Sprecher. Mit Blick auf den Waschzettel eben dieser Aufnahme vermisse ich in der Sänger-Aufzählung Günter Leib, der in eben dieser Aufnahme eine fabelhaften Papageno gibt (und da der Papageno meine liebste Opernfigur ist bin ich auch gerne gereit, darüber zu diskutieren, wessen Darstellung die angemessendste ist).


    Selber würde ich gerne eine Lanze für den Pianisten Amadeus Webersinke brechen. Der war Organist und Pianist. Hat eine feine Aufnahme der Klaviertranskription des Beethovenschen Violinkonzertes mit Kurt Masur vorgelegt. Und eine ebenso gute Aufnahme der Orgelmesse von Bach. Von Bach noch die Englischen Suiten. Und einiges mehr. Bach dürfte wohl der Meister gewesen sein, für den er das tieftse Verständnis hatte. Dennoch gibt es Perlen in seiner Diskographie jenseits von Bach: Beethoven habe ich schon genannt; ich füge noch den Kammermusiker Webersinke hinzu: Schuberts op. 100. Oder das "Forellenquintett". Ich schätze diesen Pianisten sehr. Er ist in Neusprech "hopelessly underrated".


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

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