Brahms versus Bruckner - Für welchen entscheidet Ihr euch ?

  • Zitat

    Original von rappy
    Spiritualität enttarnt sich letztendlich als leerer Begriff. Können die Vertreter der "sprituellen Dimension", die eine Musik von anderer unterscheidet, Spiritualität überhaupt definieren?


    Einen leeren Begriff wird man dir sicher nicht zu deiner Zufriedenheit definieren können... ;)

  • Zitat

    Original von rappy
    Spiritualität enttarnt sich letztendlich als leerer Begriff. Können die Vertreter der "sprituellen Dimension", die eine Musik von anderer unterscheidet, Spiritualität überhaupt definieren?


    Wohl kaum, was aber auch kein Beweis des Gegenteils ist. Für mich persönlich, der ich Bruder im Geiste Richard Dawkins bin, ohnehin schwer. Das ist hier aber auch nicht das Thema. Thema ist, ob man Bruckner missversteht oder falsch versteht, wenn man eine "spirituelle Dimension" in sich angesprochen fühlt, wenn man ihn hört, oder sich ihm gar von vornherein auch spirituell nähert. Und diesbezüglich, bin ich der Auffassung, dass das nach allem, was wir über den Menschen Bruckner und sein Werk wissen, nicht ohne weiteres angenommen werden kann. Man kann sogar sagen, dass diese "spirituelle Dimension" bei Bruckner wahrscheinlich sogar angemessener ist, als ihre konsequente Leugnung. Ich meine, darauf sollte man sich einigen können. Deshalb hat Caesar73 natürlich recht, wenn er bemerkt, dass seine Sinfonien zunächst einmal absolute Musik sind. Und Johannes Roehl hat aus dem gleichen Grund recht, wenn er mahnt, dass man dem einen oder anderen durch allzu viel spirituelles Drumherum den Zugang zu Bruckners Musik auch verstellen kann.


    Vielleicht ist insoweit auch ein Vergleich Bruckners mit Mahler hilfreich, der auf der Linie Schubert - Bruckner aufbaut. Auch Mahler wird man (so geschehen) spätestens ab der 5. Sinfonie falsch verstehen, wenn man sich ihn ausschließlich absolut-musikalisch auffassen will und misst (da fällt er glatt durch). Die außermusikalische (menschliche) Dimension in Mahlers Schaffen ist für unsere säkularisierte Welt nur verträglicher, ja offenkundig geradezu willkommen. Daher auch sein großer Erfolg, der sicherlich nicht auf seiner (rein musiktheoretisch betrachteten) Kompositionsweise beruht, die man leicht als Werk eines hysterischen Dilettanten abtun könnte.


    Loge

  • Hallo,


    Ich habe jetzt die meisten Beiträge dieses Threads durchgelesen.
    Meiner Meinung nach kann man Beide nicht gegeneinander ausspielen, jeder hat für sich einen ganz anderen Ansatz, eine andere Formgebung und Tonsprache und letztendlich ist wohl hauptsächlich der subjektive Eindruck ausschlagebend wohin dann letztendlich die Vorliebe tendiert.


    Brahms ist noch sehr mit den Traditionen des frühen und mittleren 19.Jhdt. verbunden während Bruckner sich wohl bewußt davon loslösen wollte, diverse Eigenheiten wie das blockartige Gegenüberstellen von Instrumentengruppen, die extreme Ausweitung der Schlußgruppe die hier im Gegensatz zu Brahms mit der Bedeutung des Haupt- und Nebensatzes gleichzieht. Ebenso wird die Harmonik noch ausgebaut, die Tonsprache scheint mir allgemein pathetischer vor allem in den Tuttis mit Bleachbläserbeteiligung regelrecht harsch und auf einen gezielten bombatischen Effekt ausgelegt. Für mich selber finde ich aber auch dazwischen einige großartige Stellen deren Stimmsatz, Anlage, Artikulation,... sehr ausgeklügelt, detailliert und wohlüberlegt wirkt.
    Wobei im Gesamten gesehn ist mir Bruckner stilistisch in allen seinen Sinfonien im Vergleich zu Brahms etwas monoton wirkend, seine Abwechslung scheint mir mehr in den Details zu liegen, die allgemeine Tonsprache sowie Form und Schematik ist hingegen ziemlich gleichförmig, zum. mehr als bei Brahms.


    Im booklet der DGG (zur 7.Sinfonie) steht im Sinne Bruckners folgendes:

    Zitat

    "Bruckner ist in der Harmonik fortschrittlicher als Brahms. "Fortschrittlicher" das will heissen: die terzverwandtschaftlichen, mediantischen Beziehungen spielen in seinem Schaffen eine bedeutendere Rolle als bei Brahms, der Alterationsharmonik kommt bei ihm eine größere Bedeutung zu, er macht von der Chromatik und von bestimmten Dissonanzen einen häufigeren und freieren Gebrauch und er geht - vor allem - bei der Erweiterung des Tonartenkreises viel weiter als andere zeitgenössische Komponisten"


    Wobei man dieses wie ich finde je nach Geschmack ebenso teilweise negativ deuten könnte. So gefällt mir persönlich ein etwas dezenter, subtil gestalteter Umgang mit gewissen kompositorischen Mitteln besser
    als in Übermaß davon gebrauch zu machen. Die erwähnten Blechbläser finde ich im Gegensatz zu den sonst oft originellen Stellen als ziemlich einfältig und plakativ...augenscheinlich auf einen im Konzertsaal beeindruckenden Effekt ausgerichtet.

    Zitat

    Original von Alfred_Schmidt


    Den Durchbruch schaffte bei mir Eugen Jochum im Rahmen eines Konzertes der Wiener Festwochen. Bruckner muß man eben LIVE hören - Tonträger können die Faszination nur bedingt wiedergeben (über dieses Theme eröffne ich heute oder morgen noch einen eigenen Thread)


    Da ich mich mit Bruckner allgemein noch nicht so lange beschäftige und ich ihn unlängst überhaupt das 1.Mal erst im Konzert gehört habe kann ich das nur bestätigen. CD und live-Konzert ist vor allem bei Bruckner beinahe ein Tag- und Nachtunterschied. Spielt man oben erwähnte Tuttis in normaler Zimmerlautstärke wirken sie fast geradezu banal während diese im Konzert aufgrund ihrer wesentlich höheren Lautstärke mehr Effekt mit sich bringen. Dazu finde ich macht dann die Optik eines regelrecht vibrierenden, wild spielenden Orchesters zusätzlich seine Wirkung der man sich trotz martialisch anmutenden Gedröhne schwer entziehn kann, während ich bei CD schon auf das Ende des fortissimos warte.


    Ich mag subjektiv gesehn Brahms insgesamt etwas mehr, kann aber stellenweise auch Bruckner etwas abgewinnen obwohl meine Lieblingsepoche(n) eher mehr Spätklassik bis Frühromantik angesiedelt ist, denke aber das man durchaus auch aus dieser Musik seinen Gewinn ziehn kann wenn man sich vorurteilsfrei und aufgeschlossen damit beschäftigt. Sehe aber sowieso jeden Komponisten einzeln für sich und stelle eher selten (wie jetzt gerade ;) ) Vergleiche an.
    Hat man Bruckner/Brahms eigentlich nur wegen ihrer damaligen Konfrontation herangezogen?


    lg
    Thomas

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Zitat

    Original von âme
    CD und live-Konzert ist vor allem bei Bruckner beinahe ein Tag- und Nachtunterschied. Spielt man oben erwähnte Tuttis in normaler Zimmerlautstärke wirken sie fast geradezu banal während diese im Konzert aufgrund ihrer wesentlich höheren Lautstärke mehr Effekt mit sich bringen. Dazu finde ich macht dann die Optik eines regelrecht vibrierenden, wild spielenden Orchesters zusätzlich seine Wirkung der man sich trotz martialisch anmutenden Gedröhne schwer entziehn kann, während ich bei CD schon auf das Ende des fortissimos warte.


    also bei mir gibt es keinen Unterschied in der Lautstärke zu Hause und im Konzert. Wenn man für die richtige Dröhnung sorgt, klappt das auch mit dem Kennen- und Liebenlernen von CD :yes: :D


    ...natürlich hast du recht. Bruckner eignet sich schlecht für Zimmerlautstärke und unterdimensionierte Anlagen (ebenso wie Mahler usw.).
    Ich denke das deckt sich gut mit dem Fakt daß Bruckner praktisch gar keine Kammermusik geschrieben hat.


    :hello: Khampan

  • Zitat

    Original von Khampan
    ...natürlich hast du recht. Bruckner eignet sich schlecht für Zimmerlautstärke und unterdimensionierte Anlagen (ebenso wie Mahler usw.).


    Dann müßtest du aber unterdimensionert mit "generell für" ersetzen, denn es sollte ja klar sein das keine Hifi-Anlage der Welt ein live-Orchester ersetzen kann. (auch wenn man keine Rücksicht auf Nachbarn nehmen muß bzw. einfach keine nimmt) ;)


    lg
    Thomas

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Als ich gerade 17 Jahre alt gewesen bin , das habe ich in der Londoner Royal Albert Hall Bruckners 4te und 9te gehört . Beide Werke haben mich tief beeindruckt , aber es fehlte etwas , in dieser Musik , das mich längere Zeit bewegt hat .


    Ganz anders der "sperrig" klingende Brahms mit seiner ersten und vierten Symphonie . Diese Musik ist nie mehr aus meinem Herzen gegangen .


    Dann mit etwa 19 Jahren an der Wende von Schul- zu Unizeit : Vor allem das d-Moll-Klavierkonzert , das mich wie das Späzwerke für Klavier solo niemals mehr losgelassen hat .


    2008 habe ich mich durch einen sehr kenntnisreichen "Tamino" beraten lassen über seiner Meinung nach herausragende Brucknerinterpretationen .


    Ich gebe , ausgestattet mit den Hörerlebnissen auch der Bruckner-Symphonien , auch Bruckner den ihm sicherlich gebührenden Platz .


    Müsste ich mich entscheiden Pro und Contra , so würde ich dies für Joahannes Brahms ganz eindeutig tun .


    Auch als Persönlichkeit , mit seinem so widersprüchlichen Lebensweg , seiner inneren Zerrissenheit , seiner groossen Menschlichkeit gibt es kaum einen anderen Komponisten , der mich über Jahrzehnte so bewegt wie Brahms .


    Wenn ich in der Düsseldorfer Altstadt bin , denke ich immer an Johannes Brahms und man findet heute noch Häuder , in denen er gelebt und gearbeitet hat . Und wahrscheinlich auch geliebt hat .


    Grüsse ,



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • natürlich Brahms :jubel: :jubel::stumm:, ohne dabei ins Bruckner-Bashing verfallen zu wollen. Gründe siehe Thread: was mich an Bruckner fasziniert....


    add Mahler Daher auch sein großer Erfolg, der sicherlich nicht auf seiner (rein musiktheoretisch betrachteten) Kompositionsweise beruht, die man leicht als Werk eines hysterischen Dilettanten abtun könnte.
    Wieso soll das für Mahlers komplexen instrumentalen Mittelsinfonien und das Spätwerk Mahlers gelten ? ("Rein Musiktheoretisch" ist alles möglich; auch Einwände gegen bedeutende Bachfugen) "Dilettant" könnte als Wortprügel viel eher Bruckner unterstellt werden, obwohl ich das bei aller Bruckner-Distanz nicht so sehe.


    :hello:

  • Lieber Amfortas ,



    es hängt auch vieles davon ab , w e r die Symphonien wie dirigiert .


    Mit den Jahren , so meine Erfahrungen , lässt man doch einige Aufnahmen beiseite , die einem früher "gefallen" haben .


    Neues ist bei mir bei Johannes Brahms an Aufnahmen der Symphonien wenig hinzugekommen .


    Wie ist dies bei Dir ?


    Viele Grüsse ,


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin


  • Hallo Frank !


    Dann solltest Du dir auf jedenfall einmal die Aufnahmen der Brahms 1 und 2 unter Gardiner anhören.
    Obwohl ich etliche Aufnahmen der besagten Sinfonien habe, hört man in diesen Interpretationen ( insbesondere bei der ersten ) einiges neu.


    :hello:


    Gruss
    Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Lieber Frank


    bei den Brahms-Sinfonien 2,3 und 4 bin ich schrecklich mäkelig. Meistens Radio- oder TV-Mitschnitte...
    Nr. 2 vom 20.03.88 Kleiber Wiener Philharmoniker; leider ohne Expo-Wiederholung
    Nr. 2 TV-mitschnitt mit Lenny + den Wienern: die beiden Mittelsätze sind unübertroffen (aber nichts für Puristen), die Ecksätze fallen dagegen ab. Aber mit Expowiederholung
    Nr. 2 Roberto Abbado und das NDR-Sinfonieorchester 26.03.01 mit Expowiederholung, aber die NDR-Tonmeister haben den Klang leider verbockt :boese2: :boese2: und das KK1 auch mit versaut :boese2: :boese2:
    Nr. 3 Klee Hr-Sinfonieorchester
    Nr. 3 Robertson NYC -Philharmonic 2008
    Nr. 4 Colin Davis S.O des Bayrischen RF 1989
    Nr. 4 28.02.06; Nagano; Deutsches Symphonieorchester Berlin
    Nr. 4 Metzmacher 22.02.09 Metzmacher Deutsches Symphonie-Orchester Berlin


    Nr. 1 gibt es etwas mehr sinnvolle Radiomitschnitte und Studio-Cds Norrington, Lenny mit den wienern ( beide sogar mit Expowiederholung), Wand, Dutoit mit dem Philadelphia usw.


    S 4 mit Harnoncourt + den Berlinern (vermutlich Studio-Konserve) hatte die Dreambox mal vom Nachtkonzert mitgeschnitten, aber hat mir überhaupt nicht gefallen. Schade.


    Die Konzerte (beide KKs, VK + DK), Serenaden, Kammer- und Klaviermsik ist bei Brahms viel leichter zu realisieren.


    also wenn im Radio Brahms S 2, 3 oder 4 gibt dann lauert die Dreambox immer wieder, um mal endlich mal wieder einen richtig fetzigen Knaller auf die Festplatte zu bannen. Ist bei Brahms leider selten...


    :hello:

  • Niemals sollst Du mich befragen:
    Bruckner 4. (Die Romantische), die 9., das Tedeum.
    Brahms Sinfonien, die Klavierkonzerte, das Violinkonzert, Ein Deutsches Requiem.
    Brahms oder Bruckner, wer wagt es, bei diesen grandiosen Werken der Musikgeschichte hier wertend zu entscheiden.
    Ich kann es auch nach einem langen Leben mit Musik und jahrzehntelanger Rezensententätigkeit nicht. Ich beuge vor diesen Werken und dem musikalischen Genius von Brahms und Bruckner in tiefer Verehrung. Bewunderung und Bescheidenheit meine Knie.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Brahms versus Bruckner - Für welchen entscheidet Ihr euch ?


    Wahrlich ein schöner Thread wo noch so richtig am Anfang (2007) heiß diskutiert wurde. Ich jedenfalls kann hier wahrlich nicht viel mit diskutieren. Ich mag einfach beide.


    Als ich anfing klassische Musik zu hören, habe ich unter anderem mit Brahms angefangen. Seine Sinfonien, all seine Konzerte, die Serenaden, alles herrrliche Musik. Später habe ich seine Kammermusik entdeckt. Hier dasselbe Phänomen. Ich mag einfach alles, seine Trios, Quartette, Sonaten, etc.


    Ich habe das Gefühl (oder es ist wirklich so) Brahms hat nur Werke veröffentlicht die beim Publikum gut ankamen, ich meine er hat vielleicht vieles vernichtet oder erst gar nicht veröffentlicht.


    Über Bruckner möchte ich nicht viele Worte verlieren, er ist sowieso mein Liebling. Müsste ich ein Werk (Brahms oder Bruckner) für die “Insel” aussuchen wäre es natürlich eines von Anton Bruckner.


    gruß
    roman

  • Lieber Holger :



    von der 1. Symphonie unter Gardinaer habe ich gehört .


    Da ich derzeit bettlägrig erkrankt bin , habe ich leider keine Möglichkeit gehabt , mir die CD ( CDs mit der 2ten ) zu besorgen .


    Ich erinnere mich noch gut an die damaligen Neuinterpretationen der Beethoven-Symphonien mit Gardiner , die teilweise wirklich vieles neu haben hören lassen .


    Daher : Danke für den Hinweis !


    Gibt es Deines Wissens eine GA der Symphonien von Brahms mit Gardiner ( dies wäre wesentlich günstiger im allgemeinen als nur eine CD zu kaufen ) ?


    Viele Grüsse ,


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Lieber Amfortas ,



    Du scheinst meine Liebe für Livemitschnitte zu erahnen oder irgenwoher zu kennen .


    Ja , so wie Du dies beschreibst , ist es auch . Ich erinnere mich noch an meine Studienjahre als nicht nur ich in der Stduentenbude Konzertübertragungen auf Tonband (!9 mitgeschnitten haben , wenn diese von diversen Festspielen übertragen worden sind .


    FDann gab es kurzfristig die Ziet der ( extrem ) teuren MC - Aufnahmegeräte .


    So sind nicht selten bei Musikliebhabern Sammlungen zusammengekommen , die ledier nicht immer die Zeite überdauert haben ( Bandreissen , Verschleisserscheinungen etc. ) .



    Generell : Johannes Brahms ist nach wie vor leider , wie "operus" ja anschliessend zusammenfassend in Verwehrung gerade auch für die grossen Werke von Brahms anmerkt , nicht angemessen in den Konzertprogrammen repräsentiert in unserem Jahrzehnt .


    ( Dasselbe finde ich auch bei Tschaokowsky ) .


    Viele Grüsse ,


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Lieber Roman ,



    Brahms dürfte aus welchen Gründen auch immer nicht nur Briefe aus seinem Briefwechsel mit Clara Schumann ( und wahrscheinlich auch mit einigen von derer Kinder !!! ) vernichtet haben .


    Bei eigenen Kompositionen ist es immer noch schwerer zwischen fertigen Kompositionen und Skizzen zu unterscheiden .


    Ich bin überzeugt , dass Joahannes Brahms keineswegs aus einem opportunitätsdenken heraus Werke veröffentlich hat , von denen er zudem spekulativ angenommen hat , dass diese beim Publikum ankommen würden .


    Da Du es angesprochen hast : Müsste , dürfte ich mich für zwei Werke für die berühmte "Insel" entscheiden , so wären dies bei Johannes Brahms dessen 1. oder 4. Symphonie ( in beiden Fällen die Aufnahmen des frühen Carlo Maria Giulini ; philharmonia Orchestra , EMI o d e r die Interpretatioenn durch Arturo Toscanini , Philharmonia orchestra London ; 'Tetament' ) u n d


    Brahms' Spätwerk für Klavier solo ( Katchen , Lupu , Teile von Pogorelich , Op. 118 A-Dur mit Weissenberg ) .


    Bei Bruckner : Symphonie Nr. 9 mit C M Giulini .


    Viele Grüsse ,


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Beide Komponisten gehören nicht zu den Komponisten, deren Werke ich auf die berühmte Insel mitnehmen würde (das sind Mozart, Beethoven, Schubert, Mendellssohn), aber ich muss schon sagen, dass ich die Sinfonien (besonders die Ecksätze der Vierten) schon überaus schätze, auch das erste Klavierkonzert (nicht das 2te) , das Violinkonzert und die herrliche Tragische Overtüre und schließlich das Deutsche Requiem. Super ist auch die frühe Sonate in C-Dur und das späte Klarinettenquintett, ansonsten kann ich mit seiner Klaviermusik und recht spröden Kammermusik und langweiligen Liedern gar nichts anfangen.
    Aber insgesamt spricht er mich doch noch eher an als Bruckner. Ganz überragend von Bruckner ist für mich eigentlich nur die Achte (Adagio!!) und das Adagio des Streichquintetts in seinem spät-beethovenschen Geist. Ansonsten immer nur bestimmte Passagen wie zB. der herrliche Schluß des ersten Satzes der Sechsten Sinfonie oder das Scherzo der Dritten.
    Jemand hat hier im Thread mal gesagt, Bruckner, sei die Fortsetzung von Schubert. Dem kann ich wegen dessen Mangel an Melodien nicht zustimmen. Ich denke da eher an Dvorak, zumindest bei dessen herrlichen späten Streichquartetten ...

    "When I was deep in poverty, you taught me how to give" Bob Dylan


  • Lieber Frank,


    es kann noch keine GA der Sinfonien geben, da ja noch nicht einmal alle einzeln erschienen sind. Es dauert wenigstens noch ein Jahr, bis das Projekt abgeschlossen ist. Wenn das "Deutsche Requiem" noch dazu kommt, bestimmt noch ein paar Monate länger. Und dann dauert es wieder eine Weile, bis eine GA auf den Markt geworfen wird. Wenn überhaupt (er ist ja nicht mehr bei der DG).



    gerdprengel:

    Zitat

    Jemand hat hier im Thread mal gesagt, Bruckner, sei die Fortsetzung von Schubert. Dem kann ich wegen dessen Mangel an Melodien nicht zustimmen.


    Gerade bei Bruckner entdecke ich immer herrlichste Melodien (7. Sinfonie!). Bruckner scheint mir aber eher der Schubert-Nachfolger im formalen als im melodischen Sinn zu sein. Die 3 Themen in Bruckners Expositionen beziehen sich klar auf Schuberts Vorbild.



    LG, Peter.

  • Bei der Auswahl bleibt festzuhalten: B R U C K N E R .

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Zitat

    Original von petemonova
    gerdprengel:


    Gerade bei Bruckner entdecke ich immer herrlichste Melodien (7. Sinfonie!). Bruckner scheint mir aber eher der Schubert-Nachfolger im formalen als im melodischen Sinn zu sein. Die 3 Themen in Bruckners Expositionen beziehen sich klar auf Schuberts Vorbild.


    Die 7. ist aber auch eher eine Ausnahme; anderswo dominieren schon häufig dieselben lapidaren Motive. Es gibt jedoch sicher viele Gemeinsamkeiten mit Schubert.


    Was man aber vielleicht anderswo mal aufgreifen sollte, was ich nämlich bisher überhaupt nicht verstanden habe, ist das Gewese, das um die "drei Themen" (wie die Dreifaltigkeit! :rolleyes: ) bei Bruckner gemacht wird. Es ist schon bei Mozart (seltener bei Haydn) recht häufig ein melodisch ganz eigenständiges Schlußgruppenthema zu finden. Ebenso gibt es manchmal markante Überleitungsthemen in der Doppeldominante zur Vorbereitung des Dominantbereichs. Bei Beethoven (man nehme etwa op.2,3i) kommt es vor, daß vor der Dominanttonart vorübergehend ein eigenes Thema in einer anderen (meist terzverwandten) Tonart auftritt. Wenn es nur um markante melodische Gestalten geht, gibt es Expositionen mit 5-6 "Themen" (wieder besonders bei Mozart).
    Welche Besonderheit Bruckners in diesem Zusammenhang ich hier verfehle, würde ich gerne mal am Objekt erklärt haben...


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl


    Die 7. ist aber auch eher eine Ausnahme; anderswo dominieren schon häufig dieselben lapidaren Motive. Es gibt jedoch sicher viele Gemeinsamkeiten mit Schubert.


    Am deutlichsten bzw. auffälligsten wird die Verehrung Bruckners zu Schubert (wie ich schon mal schrieb) im Seitenthema des Finalsatzes seiner 6. ausgedrückt, das sich deutlich an den 2.Satz Schuberts großer C-Dur anlehnt. Vielleicht mag er ja generell nicht direkt vergleichbar sein aber man merkt schon hie- und da gewisse Ähnlichkeiten, manchmal an bestimmten Modulationen, Intervallsprüngen, Harmonien wie auch harmonische Rückungen usw. vor allem in Bezug zu Schuberts 2 letzten Sinfonien, auch wenn Bruckner dann höchstens nur ankratzt und nicht zu vergessen vor allem im Regelfall viel mehr an Wagner intus hat. ;)


    lg
    Thomas

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Oh weh - gibt es noch irgend etwas, was nicht gesagt wurde?


    Bei mir ist es so, daß ich zu einer bestimmten Zeit meine Lebens kaum etwas anderers als Brahms gehört habe und ihn daher wesentlich beser und umfassender kenne als Bruckner.


    Von den schönsten Chorsätzen (Nänie) über die "Wiegenlieder meiner Schmerzen", die Lieder und die Kammermusik bis in die symphonischen Großwerke zieht sich bei Brahms unüberhörbar ein Ton von Verzicht, Versagung und Resignation, der, gepaart mit den Sujets verlorener Liebe gerade in den Liedern, bisweilen etwas Penetrantes gewinnt. Ich habe Brahms im Verdacht, im vierten der Vier ernsten Gesänge sogar das "und hätte der Liebe nicht" in diese etwas kleinbürgerliche Liebesverzichts-Heroik umzumodeln, die so schmerzlich und sentimental auf das ewig verlorne Paradies der Jugend zurückblickt.


    Zum anderen baut Brahms in der Rhetorik und Dramatik seiner Sinfonien unüberhörbar auf Beethoven auf, bei dem man ja immerhin noch an die Revolution, die Menschheitsbefreiung denken kann; während ich mich bei Brahms immer frage, ob es nicht ins Große getriebene private und bürgerlich Dramen sind, die hier tröstlich die Knappheit der Zeit und die Vordringlichkeit des Befristeten zum Klingen bringen.


    Die vielbesprochene motivische Dichte der musikalischen Organisation bei Brahms hat etwas bisweilen Gewaltsames: Zu Beginn des zweiten Klavierkonzertes, nach den wenigen präludierenden Takten des Solisten, fällt sich das erste Orchestertutti im Hauptthema mehrfach selbst ins Wort; das hört sich immer so an, als ginge das einfache Aussingen dem Komponisten bereits auf die Nerven, als dauere ihm alle zu lang, so daß er uns quasi den director´s cut bietet.


    Ich stimme daher an dieser Stelle mit all denjenigen überein, die bei Bruckner eine Durchlichtung und Fülle, ein sich Aussingen bis zur Neige, etwas Ungebrochenes in der Fähigkeit zum Glücklichsein finden. Das hat sehr viel mit der zeitlichen Organisation seiner Sinfonien zu tun (die schiere Länge allein tut´s noch nicht; aber die Fähigkeit zur Expansion ist eine andere als bei Brahms, bei dem, mit Wagner zu sprechen, noch stets gilt: Time is money). Natürlich gibt es auch einen dionysischen Brahms (z.B. die akademische Festouvertüre oder die Coda zum ersten Satz der Zweiten Sinfonie). Aber es gibt, wenn ich so sagen darf, nirgends bei Brahms musikalische Echtzeit.

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

    2 Mal editiert, zuletzt von farinelli ()

  • Hallo!


    Schwere Frage: Gott sei Dank, kann ich heute beide hören und muss nicht einem der beiden Lager angehören :pfeif:
    Nun ja die Frage ist sehr schwer: mir gefallen Werke von beiden außerordendlich gut... :jubel:


    Im Chorischen/Vokalbereich sind sich beide ziemlich ebenbürtig würde ich sagen: Von Bruckner kommt sein "Te Deum", das ich sehr schätze und von Brahms z.B. sein "Deutsches Requiem". Beides großartige Werke...


    Tja und in der Sinfonik...schwere Sache... :rolleyes:
    Aber unterm Strich muss ich sagen, dass mir Brahms einfach mehr liegt...
    ich mag seine Sinfonien einfach lieber (z.B. 2 und 4), obwohl natürlich Bruckners 5. auch Wellen schlägt... :D
    Tja aber so ist es eben...
    Unterm Strich aber Brahms...fürs erste... :)


    Gruß :hello:

    Komponiert ist schon alles - aber geschrieben noch nicht. (W.A. Mozart)