Der Bruch mit Simrock: Antonín Dvorák: Sinfonie Nr. 8 G-Dur, op. 88 "Die Englische"

  • Liebes Forum, werte Dvorák-Freunde.



    Es soll nunmehr einen speziellen Thread geben, der sich mit Dvoráks sinfonischem Schaffen beschäftigt.
    Hierbei geht es um die Achte Sinfone in G-Dur op. 88, die den Beinamen "Die Englische" trägt.


    Diese Sinfonie wurde am 2. Februar 1890 in Prag uraufgeführt.
    Kennzeichen dieser Sinfonie ist unverkennbar die Programmatik und die musikalische Poesie. Obwohl es hier kein eindeutiges Programm zur Musik gibt, fällt es doch nicht schwer, sich etwas darunter vorzustellen. So gibt es in dieser Sinfonie eine Fülle von neuen Gedanken und Impulsen, die aus unterschiedlichsten Bereichen kommen.
    Man hört beispielsweise Naturlaute, Fanfaren oder rhapsodieähnliche Elemente. Die traditionelle Form wird dramatisch aufgelockert und bereitet so auch den Weg zu Dvoráks Meilenstein, der Neunten Sinfonie.


    Warum heißt diese Sinfonie nun die "Englische"?
    Dvorák hatte ein jahrelanges Verhältnis zu seinem Verleger Fritz Simrock. Da der aber immer mehr von Dvoráks hohen Honorarforderungen schockiert wurde, kam es bei der 8. Sinfonie zum Bruch. Bei der Siebten hatten sie sich noch einen Kompromiss ausgehandelt, danach ging es aber nicht mehr weiter.
    So verkaufte Dvorák sein Werk an den Londoner Verleger Novello, der das Werk 1890 in England erscheinen ließ.
    Diesem Umstand verdankt diese Sinfonie ihren Beinamen.
    Er hat demnach keinerlei programmatische Bedeutung.


    Ich besitze die 8. Sinfonie in einer Einspielung mit dem NY Philharmonic Orchestra unter Kurt Masur.



    Mit dieser Einspielung bin ich ganz zufrieden, möchte aber noch weitere kennenlernen und bin nun auf Empfehlungen gespannt.


    Es können auch allgemeine Eindrücke zum Werk hier gepostet werden.
    Nur ran und traut euch! :yes:



    Gruß, Peter.

  • Hallo, Peter!
    Ein thread zu Dvoraks Achter, das finde ich gut!
    Nur leider habe ich Dvoraks Achte schon viel zu lange nicht mehr gehört. Das wird morgen, d.h. heute nachgeholt! Dann kann ich auch näheres zu meinen Aufnahmen und meinen Eindrücken sagen.
    Eines ist mir jetzt schon klar: Ich finde, das Werk steht zu unrecht im Schatten der populären Neunten. Qualitativ sind Dvoraks späten Symphonien sicher nicht weit auseinander.


    Der Beiname hat mich etwas stutzig gemacht. Die Bezeichnung "Die Englische" kenne ich zu dieser Symphonie gar nicht. Sie würde auch eher zu Dvoraks Siebter passen, da sie zu seiner Ehrenmitgliedschaft in der London Philharmonic Society komponiert und auch in London uraufgeführt wurde. Die Achte hingegen wurde, wie Du auch geschrieben hast, für das Prager Publikum komponiert. Bist Du sicher, daß der Beiname so stimmt?
    Viele Grüße,
    Pius.

  • Hallo Dvorak-Freunde,


    die Dvorak-Sinfonien mit Kubelik / Berliner Philharmoniker sind eine mustergültige Interpretation. Die Sinfonie Nr.8 ist 1972 aufgenommen.
    Da gibt es nichts zu meckern - einfach nur OK !


    Nun bin ich der Meinung das sich gerade von den Sinfonien Nr.7-9 mehrere Aufnahmen lohnen und möchte eine kleine Story erzählen,
    wie ich zu meiner ultimativen Aufnahme der Sinfonie Nr.8 gekommen bin:

    Im Büro hörte ich um 1990 mal WDR3 und es lief auf einmal Dvoraks 8te ! Was hörte ich da für eine feurige Musik, aus den winzigen Lautsprechern meines kleinen Büroradios, mit Pauken, die unüberhörbar waren und mit einem Brio, wie ich es nie gehört hatte. Ja, ich unterbrach meine Arbeit und hörte die Sinfonie zu Ende um ja nicht die Ansage zu verpassen - was ist das für ein Dirigent ?
    Es war die DECCA - Aufnahme mit Dohnanyi / Cleveland Orchestra, die ich mir dann umgehend zugelegt habe. Eine Wahnsinns-CD, auch in klangtechnischer Hinsicht - einfach Klasse ! Es gab diese zu der Zerit noch als Einzel-CD - jetzt als Doppel-CD mit den Sinf.Nr.7-9.


    PS: Die 7.Sinfonie mit Dohnanyi ist ebenso ertsklassig !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Unbedingt empfehlenswert, aber leider anscheinend mit dieser Aufnahme nicht erhältlich, ist Carlo Maria Giulini:



    Erwartungsgemäß läßt sich Giulini in dieser Einspielung von 1990 sehr viel Zeit, aber auch hier beweist er, daß er den "großen Atem" besitzt, damit die Tempi nicht langsam oder gar langweilig wirken. Im Gegenteil, man hört hier viele Details und Nebenstimmen, die in etlichen anderen Aufnahmen längst nicht so präsent 'rüberkommen.


    Sehr präsent und sehr gut gestaffelt wird das Concertgebouw Orchester abgebildet, das hier, wie auch in den Aufnahmen der 7. und 9. Sinfonie Dvoraks unter Giulini, ein traumhaft schönes Orchesterspiel aufzuweisen hat.


    Zum Vergleich der Tempi:


    Giulini: 11'13'', 11'36'', 07'16'' und 11'32''


    Maazel: 09'53'', 11'05'', 05'48'' und 09'26''

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo!



    Ich habe heute beide Aufnahmen, die ich habe, angehört. Es handelt sich um diese:



    Mir gefallen beide etwa gleich gut, wobei ich etwas zu Jansons tendiere. Möglicherweise, weil ich mit dieser CD die Symphonie kennengelernt habe. Entweder haben beide das Zeug zur Referenzaufnahme oder keine. Ich fürchte, eher zweiteres. Ich sollte dringend mal andere Interpretationen hören.


    @Peter: Welche unverkennbare Programmatik meinst Du?
    Die "aufgelockerte Form" ist mir bewußt, und auszugsweise klingt das Werk eher nach Symphonischer Dichtung (mit viel Phantasie auch mal Vogelzwitschwern im 1. Satz), aber dennoch ist es für mich "absolute Musik".


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Eine absolute Empfehlung, sowohl zu Dvorak's achter Symphonie (vielleicht meiner liebsten) als auch zu der gekoppelten sechsten ist IMHO folgende Aufnahme:



    selbst im Vergleich zu der vielgerühmten Aufnahme mit dem London Symphony Orchestra unter Kertész (jetzt u.a. als DECCA-Eloquence Wiederauflage in Form einer Doppel-CD der fünften, siebten, achten und neunten Symphonie).


    katlow

  • Hallo Pius,


    Zitat

    Original von Pius
    @Peter: Welche unverkennbare Programmatik meinst Du?
    Die "aufgelockerte Form" ist mir bewußt, und auszugsweise klingt das Werk eher nach Symphonischer Dichtung (mit viel Phantasie auch mal Vogelzwitschern im 1. Satz), aber dennoch ist es für mich "absolute Musik".


    Ja, natürlich hast du Recht, es ist absolute Musik.
    Aber obwohl dem Werk kein Programm zugrunde liegt, stufe ich es doch als programmatisch ein. Und zwar in dem Sinne, dass man sich sehr leicht Bilder vor sein inneres Auge stellen kann.


    Das ist eine schwierige Sache, aber diese Sinfonie scheint mir als Grenzgänger zwischen absoluter und programmatischer Musik.
    Vielleicht war diese "unverkennbare" Programmatik ein wenig übertrieben beschrieben von mir.



    Gruß, Peter.

  • Meine gewünschten Zweitaufnahme der 8. Sinfonie ist die Einspielung mit Giulini und dem Philharmonia Orchestra geworden.



    Ich muss gestehen, dass ich begeistert bin.
    Masur fand ich ja schon nicht schlecht, aber mit welch einer Intensität und Spannung Giulini hier ans Werk geht ist beeindruckend.
    Es wird nie langweilig oder langatmig, der Bogen zieht sich immer weiter. Ganz toll gelungen ist besonders das Finale im letzten Satz.


    Die Einspielung ist im Übrigen von 1962, also 28 Jahre früher entstanden als die von Norbert vorgestellte Amsterdamer Aufnahme.




    Gruß, Peter.

  • Hallo


    Karel Ancerl hat am 28.1.1970 mit dem Concertgebouworchest eine wunderschöne Aufführung gezaubert. Es fällt mir sehr schwer zu beschreiben, wie diese Aufnahme klingt... Das Orchester spielt wundervoll und Ancerls Interpretationsansatz ist weder zu rustikal noch zu brahmsverhaftet und auch nicht "megabombsatisch". Auch die auf mich ansonsten etwas eindimensional wirkende Fanfare im letzten Satz klingt hier für meine Ohren anhörbar.



    Das Label Praga (CD Nr. PR 54006) hat einen Livemitschnitt mit Ancerl und der Tschechischen Philharmonie vom November 1960 im Angebot, der nicht so sehr wie der Amsterdamer Mitschnitt begeistert. Dafür klingtdas Scherzo hier rustikaler. Die Trackaufteilung bei Praga ist allerdings ungewöhnlich, da das Ende des dritten Satzes in den vierten übergeht.
    Gruß, Markus

  • Ich hatte mir schon seit 3 Tagen überlegt, ob ich einmal einen Threat mit der 8ten beginnen soll. Aber jetzt sehe ich zu meinem Erstaunen, dass es denschon gibt :D


    Also kurz mein Kommentar dazu:
    Kennengelernt hatte ich sie, als ich mir damals ein doppel Pack (2 LPs) der letzten (7,8,9) Sinfonien mit Georg Szell gekauft hatte.
    Zwar habe ich die 8te schon etliche Jahre nicht mehr gehört, aber ich erinnere mich noch gut, dass ich den 3ten Satz zu den schönsten der Musikgeschichte zählte.


    (Doch gefunden, allerdings als CD. Ist aber die selbe Hülle)



    Einmal editiert, zuletzt von Daskalos ()

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  • Hallo allerseits!


    So, nachdem ich dann doch noch eine andere Einspielungen gefunden habe (Masur ist eine Leihgabe), ein kleiner Vergleich.


    Masur
    10´03", 11´00", 6´13", 10´50"
    Sawallisch
    9´15", 10´34", 5´29", 8´52"


    Wie man sieht, ist die Masur langsamer, als die von Sawallisch.
    38,06min geht die Masur-Interpretation und 34,10min die von Sawallisch.


    Dennoch gefällt mir auch die Masur-Aufnahme.


    Wenn ich mich jedoch entscheiden müsste, dann würde ich mich für die Sawallisch-Aufnahme entscheiden.



    Sie hat einfach etwas, dass mich mehr gefesselt hat. Die Masur-Aufnahme zwar auch, aber nicht so intensiv und das ist für mich dann doch ziemlich entscheidend. Auch wenn es schlecht zu begründen und beschreiben ist, ist es doch ein Gefühl, dass ich beim Hören habe/hatte.


    Sawallisch ist halt schön flott und das gefällt mir eben...


    Gruß, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Hallo Wolfgang,


    du hattest mir bei den Lieblingssymphonien eine Aufnahme empfohlen (hier):



    Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ist es diese Aufnahme, die du angesprochen hattest???
    Vor den gut zwei Wochen, als du mir diese Empfehlung gegeben hast, wurde ich gar nicht fündig und jetzt auch nur diese CD.


    Gibt es aber auch nur bei Marketplace (Ama).


    Könntest ja mal bitte bescheid geben :hello: Damit nicht die falsche gekauft wird ;)


    Gruß, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Hallo Maik,


    ja, das ist die Dohnanyi-Decca-Aufnahme der Dvorak-Sinfonie Nr.8, von der ich auch weiter oben in diesem Thread schon begeistert berichtet habe :jubel: .
    Die gibt es jetzt bei Decca als Doppel-CD mit den Sinfonien Nr.7 und 9 gekoppelt. Ich habe diese Aufnahmen noch als Einzel-Decca-CD´s !
    Die Sinfonie Nr.7 ist auf dieser Doubel-Decca ebenfalls ein Dohnanyi-Meisterstück !


    Die Sinfonie Nr.9 "Aus der neuen Welt" ist mit Dohnanyi vor kurzem als SACD herausgekommen. Da ich diese Aufnahme noch nicht kannte habe ich mir die auch noch zugelegt. Diese ist zwar perfekt, aber im Vergleich zu meinen anderen Aufnahmen mit Kondraschin (Decca), Maazel (DG), Kubelik(DG) und ganz besonders Fricsay (DG) ist mir diese (Dohnanyi) teilweise zu flott gespielt. Wenn ich die anderen nicht kennen würde, wäre Dohnanyi absolut perfekt bei der Nr.9.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Seit meiner 'Anfangsphase' hier im Forum und zugleich in Bezug was klassische Musik betrifft haben sich nun ein paar Einspielungen dieses Werkes bei mir eingefunden.


    Sawallisch bildete den Anfang und sofort war mir klar, dass mir diese Symphonie gefällt - zwischenzeitlich erklimmte sie sogar die Spitze meiner Lieblings-Symphonien. Mittlerweile ist zwar ein Teil der Euphorie verloren gegangen, aber ihren positiven Einfluss hat sie nicht verloren.
    Je nach Einspielung gefällt sie mir sehr gut...dann wieder nur gut...oder auch nur langweilig (ja, das habe ich mittlerweile gelernt, die Interpretation kann das Bild des Hörens sehr stark beeinflussen - ich erinnere mich anfangs anderer Meinung zu sein, was bei '5' CDs und weniger auch nicht verwunderlich ist...).



    Václav Neumann ist einer jener, welche sie meiner Meinung nach etwas müde dirigieren.
    In diese Reihe gesellt sich auch ein Iván Fischer, der mich zwar mit seinem Interpretation der 9.Symphonie zum schmelzen bringt, bei der 8. aber für mich jegliches (inneres) Feuer vermissen lässt.




    Wolfgang Sawallisch habe ich mit Kauf weiterer Einspielungen immer seltener gehört, kann mich aber ans letzte Hören vor wenigen Monaten erinnern, wo mir sein Ansatz immer noch gut gefallen hat...Doch verdrängt wurde er durch Christoph von Dohnanyi. Er und auch Rafael Kubelik haben in meinen Ohren die packendsten und aufregendsten Aufnahmen. Wobei eben bei Dohnanyi immer noch etwas mehr das zündelnde Etwas mit drin ist...
    Die manchmal erklingende 'Eintönigkeit' oder empfundene 'Gleichgültigkeit' bei den erst genannten (Neumann, Fischer) ist hier in keinster Weise vorhanden - wie ich es eben gern zu sagen pflege: mit Schwung und Begeisterung wird man durchs Werk getragen.



    So ein eindeutiges Bild hat dagegen ein István Kertesz noch nicht hinterlassen. Überzeugen tut er mich immer noch nicht, aber ich bin auch nicht so enttäuscht wie zum Beispiel von Neumann (hier hatte ich wirklich mehr erwartet, aber vielleicht müssen sich hier die Höreindrücke auch noch weiter vertiefen...).
    Na ja, letztlich hat jeder seinen Geschmack und teils bringt ein neuer Tag neue Höreindrücke. Wenn sich also gravierend etwas ändert, dann hört ihr von mir!



    Für mich bleibt es trotzdem eine wundervolle Symphonie und ich habe zwei tolle Einspielungen, welche ich hiermit dennoch gerne noch einmal empfehlen möchte.



    LG
    Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Meine Lieben,


    In der Reihe der "Centurion Classics" kam 2004 Dvoráks 8. in einer Aufnahme von Bruno Walter mit dem New York Philharmonic Orchestra heraus - pikanterweise kombiniert mit der 9. von Karajan und den Berliner Philharmonikern.
    Nähere Angaben fehlen (wie oft in dieser Reihe, die dafür extrem preisgünstig ist).
    Der Gegensatz hat es in sich: Bruno Walter unaufgeregt, klassisch im besten Sinn, musikalische Perfektion ohne Aufdringlichkeit und richtig nobel. Karajan kostet die Effekte aus, sowohl in positiver wie in negativer Hinsicht, scheut weder Pathos noch Schwulst noch Romantik - zugegeben, er macht das auch perfekt (und die 9. lädt ja auch mehr dazu ein als die 8.), aber wenn es nicht um Kunst sondern um Verkehr ginge, würde ich Bruno Walter als soignierten Herrenfahrer mit untadeligem Stil einstufen, Karajan als ein bisserl Neureichen im Protzschlitten, zwar (anders als bei sonstigen Neureichen) auch mit Stil, aber weit strapaziöser. An seinem Stil hört man sich irgendwann satt und muß dann erst wieder Abstand gewinnen, um ihn aufs neue zu goutieren. Der Interpretation durch Bruno Walter könnte ich auch zehnmal hintereinander lauschen, ohne müde zu werden.



    LG


    Waldi

  • Peter hatte in seinem Eröffnungsbeitrag kurz etwas dazu geschrieben - vielleicht aber nur die eine Seite der Medaille? Nämlich die Problematik mit dem alten und dem neuen Verleger.
    Ich den beiden Biographien, welche ich gelesen habe, hatte ich zwar auch gelesen, dass es diesen 'Bruch mit Simrock' gab - aber den Teil mit dem englischen Verleger und den daher resultierenden Beinamen irgendwie nicht...


    Jetzt hab ich eben eine andere Variante oder die zweite Seite der Medaille gelesen.


    Anlass war Dvorák Ernennung zum Mitglied der Tschechischen Akademie der Künste und Wissenschaft - daher dirigierte er sein Werk auch selbst zur von Peter genannten Uraufführung.
    Wenn der Hintergrund als doch eher seiner Heimat gehörte, schwappte die Symphonie recht schnell nach England über - neben Dvoráks England-Phase (die ich ja schon andernorts im Forum zusammengefasst hatte) reiste er 1890 und 1891 auch anlässlich seiner Promotion zum Doktor h.c. der Universität Cambridge. Zu eben jenem Anlass brachte er seine 8.Symphonie zur Aufführung...von der Erfolgsgeschichte seiner Musik in England kann auch die Achte ein Liedchen singen.


    Tja...und (angeblich) soll sie aus diesen zwei Gründen (Ernennung Doktor h.c. und Aufführung mit Erfolg ;) ) gelegentlich als Dvoráks "Englische" bezeichnet werden.


    Ein leidiges Thema mit diesen ungewollten Beinamen...zumal letztlich der Entstehungshintergrund des Werkes in keinem der beiden Fälle etwas mit England zu tun hatte (ich denke doch mal, dass der Streit mit dem Verleger Simrock nicht vorher ausgetragen wurde...).


    LG Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Zitat

    Original von Maik


    Sawallisch
    9´15", 10´34", 5´29", 8´52"


    Hallo Maik,
    sicher, daß Du Dich beim ersten Satz nicht verguckt hast? Ich habe eine andere (ältere) EMI-Ausgabe, dort ist die 8te mit Nummer 7 gekoppelt, die Tracklängen stimmen überein, bis auf Satz 1 (bei mir 10:02). Bei Satz 2 bei mir 10:38, also innerhalb der Toleranz, die anderen Sätze stimmen auf die Sekunde überein.


    Ansonsten kann ich als noch nicht erwähnte Aufnahmen beisteuern:


    CHANDOS \ Belohlávek, Jirí \ Czech Philharmonic Orchestra
    Excelsior \ Horvart, Milan \ ORF Symphonic Orchestra
    Philips \ Davis, Colin \ Concertgebouw Orchestra


    Hab die 8te zugegebenmaßen ewig nicht mehr gehört, aber die Belohlávek-Aufnahme wäre aus der Erinnerung heraus die erste, die ich (neben Sawallisch) wieder hören würde...


    :hello:
    Reinhard

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Morgen Reinhard,


    also lustigerweise habe ich mich nicht verguckt, dennoch hast du Recht. Auf der Rückseite der CD steht für den 1.Satz 9'15. Im Booklet meiner Aufnahme steht 9'59 - um dann jetzt einfach mal sicher zu gehen hab ich die CD in den Laptop eingelegt und der MediaPlayer sagt 10'02.
    Es dürften also die gleichen Einspielungen sein (09.1989).


    LG
    Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Vor kurzer Zeit wurde ich auf die Aufnahmen der Dvorak - Sinfonien Nr.3+7 / 6+8 mit Myung-Whun Chung / Wiener PH (DG) aufmerksam.
    Kurzum bestellt/gehört ...


    Meine erwartete Begeisterung blieb jedoch aus. Im Prinzip hatte ich mit Dvorak soweit abgeschlossen, was meine gesuchten Aufnahmen anbetraf ... mit Dohnanyi (Decca) und Kertesz (Decca) bin ich bestens bedient ... Kubelik (DG) tritt bei dem Vergleich deutlich ins Hintertreffen - diese GA gilt nach meinen Höreindrücken als die "nicht mehr so Wichtige" ...


    *** Chung bietet (ohne Vergleich) wirklich schöne und begeisterungswürdige Aufnahmen dieser Sinfonien, die schonmal die von Kubelik (DG) an Spielfreude und zupackendem Gestus deutlich übertreffen.


    Im Prinzip hat mich mit Chung nur die Sinfonie Nr.6 richtig überzeugt, die er mit einer Musikalität und Spielfreude mit purem Hörspass in Szene setzt.


    Die Sinfonie Nr.8 bleibt mir bei Chung zu sehr am "wiener Schönklang" hängen. Es fehlt mir das Überdrehte, das Temprament mit der gebotenen Brillanz, was dieses Meisterwerk ausmacht.
    :thumbsup: Wie das richtig klingen sollte, das hat Dohnanyi (Decca) = siehe auch Beitrag 3 in diesem Thread mustergültig vorgemacht.


    :thumbup: Ebenso Karajan (Decca, 1961) mit einer tollen Dramatik und Spielfreude, mit excelleneten Pauken. Hier zeigt sich, das auch die Wiener PH das Werk packend in Klang setzen können, wenn der richtige Dirigent vor ihnen steht.


    Der Klang ist gut und durchsichtig, natürlich, ohne jeden Mangel. Aber ich finde - nur für die Sinfonie Nr.6 eine Empfehlung:



    DG, 1995, 1999, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Lieber Wolfgang,


    ich kenne Chungs Aufnahmen seit Jahren und war von ihnen immer sehr angetan. Im Übrigen hat er die 7. und 8. Sinfonie 1987 bzw. 1989 schon einmal für BIS eingespielt:



    Ich habe diese Aufnahmen lange nicht mehr gehört, was ich aufgrund Deiner Besprechung allerdings gerade nachhole.


    Kurz zu Kubelik: Ihm "Spielfreude und zupackendem Gestus" absprechen zu wollen halte ich für nicht ganz angemessen. Im Grunde haben seine DGG-Dvorak Aufnahmen das gleiche Manko wie seine DGG Mahler-Aufnahmen: Das höhenbetonte, auf Transparenz getrimmte, dafür aber bassarme Klangbild.
    Durch die Höhenbetonung haben alle Werke etwas "leichtgewichtiges".


    Ja, Christoph von Dohnanyi hat eine an Brillianz kaum zu übertreffende Interpretation abgeliefert. Allerdings überzieht er mir in der Coda des Finales das Tempo derart, dass die Musik wie aufgedreht, gar überdreht wirkt. Dir gefällt es, in Ordnung, ich kann auf diesen Effekt verzichten, auch in Ordnung. ;)


    Immerhin, da die 6. Sinfonie sich gerade dem Ende nähert, kann ich deine Empfehlung bestätigen. Chung weiß für sich einzunehmen durch eine temperamentvolle, dynamische und detailhaltige Interpretation.


    Zu der 8. melde ich später wieder...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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  • Lieber Norbert,


    ich finde ja im Prinzip keine bisher genanten Aufnahmen total schlecht.
    Aber durch die Vergleichsmöglichkeiten geraten dann früher geschätze Aufnahmen (wie Kubelik) ins Hintertreffen. Ihm "Spielfreude und zupackendem Gestus" abzusprechen wäre das Letzte was ich tun würde.
    Aber höre Dir mal dagegen Dohnanyi (Decca) = meine Lieblingsaufnahme der Achten und den feurigen Kertesz (Decca) an, was die daraus machen. Ja, ich schätze es so !


    Vor kurzem entdeckte ich dann die Karajan-Aufnahme (Decca, 1961) mit den WPO, die als CD mit dem ganzen Programm seinerzeit gleich mein "Best Buy x.Quartal" wurde.
    Die hebt sich auch deutlich von Karajan´s späterer DG-Aufnahme (und seinen Anderen) mit den Berlinern ab, die mir bei allem Wohlwollen und ihrer Nobellesse im Vergleich zu weich ist. Ohne Vergleich gewiss auch eine Spitzenaufnahme !


    Aber was Karajan hier an packender und mir entgegenkommender Überdrehheit bietet, das sprengt alle Grenzen und steht zu ziemlich mit der Dohnanyi-Aufnahme auf einer Stufe.
    :hail: Da habe ich wieder gesehen/gehört was wir an Karajan für einen grossen Taktstockmeister hatten. Von Schönklang keine Spur - einfach der tolle Wahnsinn:


    - ich finde gerade nur die neuere Originals-Version; ich habe die Jubillee/Ovations-Version -



    Decca, 1961, ADD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Lieber Wolfgang,


    die von Dir beschriebene Karajan Aufnahme besitze ich auch und bin von ihr ebenfalls angetan.


    Soeben habe ich Myung-Whun Chungs Aufnahme mit den Wiener Philharmonikern gehört und kann nachvollziehen, warum sie bei Dir nicht ebenbürtig mit CvD oder Kertesz ist. Im Laufe der Jahre lernt man sich kennen und so auch die persönlichen Präferenzen...


    Mir gefällt Chungs Aufnahme außerordentlich gut, weil die 8. bei ihm kein "Bravourstück" ist. Er animiert die Wiener Philharmoniker zu einem filigranen Spiel, legt viel Wert auf Piano und Pianissimo Stellen und agiert im dritten Satz sehr zurückhaltend, entsprechend des Satzcharakters "allegretto grazioso". Gerne nimmt er, z.B. im ersten Satz oder vor der Schlusscoda des Finales, das Tempo zurück, um noch mehr "Intimität" zu erzeugen. Zart erklingen Holzbläsermotive, die sonst gerne einmal untergehen.


    Die Wirkung setzt weniger "plakativ" ein als ibs. bei CvD, aber wer die 8. einmal "anders" hören möchte, der ist mit Chung bestens bedient (und kann sich trotzdem an der Brillianz der Dohnanyi Interpretation erfreuen).

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Wegen Levin´s ausserordentlich mitreissenden Aufnahme der Sinfonie Nr.7 (Chicago SO - RCA) habe ich mir seine Aufnahme der Sinfonie Nr.8 (und 9) mit der Dresdener Staatskapelle, in der Hoffnung ähnlich Packendes zu hören zu bekommen, zugelegt.
    In den letzten Wochen haben mich ja so einige Levine-Aufnahmen neu bereichert, die zeigen welch ein fabelhafter Dirigent mit vollblütigen emotionalen Aufnahmen er ist/war. Bislang hatte ich über Jahre nur Levines überzeugende Aufnahme von Smetanas Vaterland mit den Wiener Ph (DG) ... das lag wohl daran, dass ich ihn eher als Operndirignet der MET eingeordnet hatte ... da lag ich aber voll daneben.


    Die Preise für die DG - CD liegen zwischen wenigen Cent und 33 Euro.


    oder
    DG, 1996, DDD



    *** Levine lässt die Pauken auch hier prägnant tönen und liefert aus Dresden eine feurige und überdurchschnittlich gute Aufnahme, bei der der Hörspass nicht ausbleibt. Schöner 2.Satz und braves Scherzo. Doch das vollends Mitreissende (wie bei der Siebten aus Chicago) bleibt aus. Allemal "besser" als Chung (DG), aber an die bis in die kleinsten Verästelungen ausgehörte und fulminaten Wahnsinnsaufnahmen von Karajan (Decca, 1961) = Beitrag 21 oder ganz klar auch Dohnanyi (Decca) und auch Szell (SONY) kommt er leider nicht ganz heran. Levine lässt in seiner Int aus Dresden einen Hang zur Romantik verspüren, der mir stellenweise "zu schön" ist; aber wenn die Pauken dran sind, dann gönnt er ihnen wenigstens auch eine prägnante Darstellung.
    Man höre nur mal Karajan, wie der die Übergänge gestaltet um dann in dramatische Ausbrüche überzugehen ...


    :angel: Ich habe heute Morgen diese Karajan - Decca- Aufnahme gehört = :hail: Whow ist das ein Dvorak !!!

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ich habe dieses Werk in den 1950er Jahren kennengelernt, mit dieser alten Aufnahme:

    Fritz Lehmann und die Bamberger Symphoniker (Aufnahme: DGG ca. 1954, Mono). Eine schöne Version, leider klanglich nicht zufriedenstellend. Mich hat die Sinfonie sehr beeindruckt (damals wurde sie noch als Nr. 4 gehandelt) und später einige Stereo-Aufnahmen angeschafft. Am meisten schätze ich diese beiden:

    Herbert von Karajan und die Wiener Philharmoniker (AD: 1961). Sie übertrifft m.E. die spätere mit den Berlinern bei der DGG. Klanglich ist sie super gelungen, und darstellerisch (für mich) ein Aha-Erlebnis.
    Und dann noch diese:

    George Szell und das Cleveland Orchestra (EMI, 4/1970).
    Für mich ist sie Szells schönste Darstellung des Werks. Es gibt weitere, mit dem CGO (Decca 1951, mono) und mit dem Cleveland Orchestra (CBS 1958, Stereo). Die EMI-Aufnahme ist klanglich besonders toll, sie entstand kurz vor dem Tod des Dirigenten. Es gibt sie in verschiedenen Ausgaben, u.a. gekoppelt mit Beethovens Klavierkonzert Nr. 5 (mit Emil Gilels) als 2 CD-Album.

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Die Achte von Dvorák, das ist ein wirklich eigener Fall. Jahrelang habe ich sie kaum beachtet, nicht nur wegen der Neunten, auch die Siebte, Fünfte und zuletzt auch die Sechste sprachen mich mehr an. Bestimmt tut man dem Werk damit aber Unrecht.


    Zwei Aufnahmen will ich hier beisteuern, beide aus Übersee und aus der Frühzeit der Stereophonie:



    Die eine Einspielung ist diejenige von Bruno Walter mit dem Columbia Symphony Orchestra. Die stammt aus der Spätphase dieses legendären Dirigenten und wurde am 8. und 12. Februar 1961 in der American Legion Hall, Hollywood, für Columbia eingespielt. Es ist demnach eines der letzten Tondokumente Walters überhaupt, der fast auf den Tag genau ein Jahr später starb. Die inkludierte Neunte stammt übrigens von 1959.


    "Während seiner letzten Aufnahmesitzung mit dem Columbia Symphony holt er das Beste aus dem episodischen, locker strukturierten zweiten Satz heraus. Es ist schwer zu glauben, dass diese strahlende Interpretation das Werk eines 83-jährigen Mannes ist." (Terry Teachout, commentary.org)



    Fast zeitgleich spielte Charles Munch mit dem Boston Symphony Orchestra seine Aufnahme für RCA ein, nämlich am 13. März 1961 in der Symphony Hall in Boston. Munch muss das Werk wohl geschätzt haben, eine Studioeinspielung der "Neue Welt"-Symphonie gibt es mit ihm nämlich erstaunlicherweise nicht.


    "Amerikanisches Blechbläserspiel in seiner prägnantesten Form, auch wenn es manch einem ein wenig scharf erscheinen mag." (John Quinn, musicweb-international.com)


    "Referenzaufnahme" (David Hurwitz, classicstoday.com)


    Während Walter eine klassisch ausgewogene Konzeption hat, die man als mustergültig bezeichnen könnte, ist Munchs eruptive Dramatik wie ein ausbrechender Vulkan. Beide Einspielungen sind auf ihre Art ausgezeichnet und klingen noch dazu für ihr Alter formidabel. Man findet sie in diversen Aufmachungen, auch als Teil größerer Boxen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões