Bach Violoncello solo

  • Hallo.


    Ich habe mir gerade die fünfte der Suiten mit Fournier über Kopfhörer angehört und er spielt schön, aber für meinen Geschmack ist da zu wenig Melancholie und wenn, klingt sie sehr blaublütig - sie unterstützt das Noble, bleibt aber vollkommen an der Oberfläche.
    Ich verstehe, daß nicht alle sich mit vollem Einsatz ihrer schwarzen Galle hingeben wollen, aber ich brauche das und daher werde ich Fournier nur selten hören und erwarte sehnsüchtig die zweite Tortelier-Aufnahme (eigentlich die erste).


    Liebe Grüße aus dem müden Wien


    Bernhard

  • Ich habe mir einmal interessehalber so gut wie alle der hier genannten Aufnahmen entweder zu Hause oder in Auschnitten im Netz angehört.


    Dabei habe ich folgendes festgestellt:


    Klanglich:


    Für mich klingt ein darmbesaitetes, baulich unverändertes Barockcello ( mit einem leichten Barockbogen gespielt) für diese Musik wesentlich schöner als ein umgebautes Instrument mit Stahlsaiten, dass überdies in höherer Stimmung gespielt wird.
    Eine räumliche, nicht zu trockene Akustik ist dem Gesamtklangbild für meinen Geschmack förderlich. So finde ich z.B. Bylsmas Einspielung in dieser Hinsicht zu trocken klingend - schade.
    Gerade bei dieser vornehmlich einstimmigen Musik kann man wunderschön den Raumklang in sein Musizieren miteinbeziehen.
    Duftig schwebende Effekte bei schnelleren Tanzsätzen oder auch die Unterstreichung des Meditativen einer Sarabande gelingen besser, wenn der Musiker in einem gutem Raum spielen kann und man diesen auf einer Aufnahme auch hört.


    Das Violoncello da Spalla ist zweifellos eine klanglich interessante Bereicherung für diese Literatur.
    Gelungene Darstellungen auf einem Barockcello werden hierdurch aus meiner Sicht aber nicht überflüssig, und man kann es m.E. auch nicht als falsch oder sogar "nicht im Sinne Bachs" bezeichnen, wenn man es auf einem solchen Instrument hervorragend spielt.


    Musikalisch:


    Hier sprechen mich neben meiner HMF-Referenzaufnahme Jaap ter Lindens am stärksten die Darstellungen von Hidemi Suzuki und auch Kujikens Neueinspielung an, wobei ich die beiden letztgenannten Aufnahmen nur in Ausschnitten hören kann, weil ich sie noch nicht besitze.
    Suzuki scheint mir hier bei allem stilistischen Sachverstand und der immer vorhandenen inneren Statik ein gutes Stück temperamentvoller und beherzter aufzuspielen, was mich bei den Anspielproben spontan mehr anspricht.
    Bei längeren Hörsitzungen könnte sich diese Meinung jedoch noch relativieren.
    Dass er hier jedoch auf höchstem handwerklichen, klanglichen und musikalischen Niveau spielt, hört man ja schon nach wenigen Noten.


    Ein für mich wichtiges Argument für die Suzuki-Aufnahme ist auf jeden Fall die schon weiter oben im Thread gerühmte Aufnahmetechnik.
    Die Vorstellung, diese solistische Musik in SACD-Surround- Qualität erleben zu können und sich dabei in einem optimal nachklingenden Raum zu wähnen, finde ich schon sehr reizvoll.


    Ich werde diese SACD also auf meine ziemlich lange Einkaufsliste setzen.


    Gruss :hello:
    Glockenton


    (ebenfalls aus dem einigermassen kalten Østfold/ Norwegen)

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Hallo,


    ist ja schon interessant, wie beliebt die Cellosuiten gerade in Norwegen sind ! Hat das was mit dem Klima dort zu tun ? *Scherz*


    Glockenton


    Du scheinst eine Vorliebe für historische Einspielungen zu haben, kann das sein ? Wenn ich mich nicht sehr täusche, waren sowohl ter Linden wie auch Suzuki Schüler von Kuijken.


    Suzuki hat meines Wissens die Suiten wenigstens zweimal eingespielt. Die zweite Aufnahme - ich meine sie wäre zeitlich die frühere - ist in der Box "50 Jahre Deutsche Harmonia Mundi" enthalten.


    515dzVZ6i7L.jpg


    Ob sie auch einzeln erschienen ist, weiss ich nicht. Kennst du die ?


    Vg, Bernd

  • Hallo zapopek,


    die von Dir angesprochene zeitlich frühere Suzuki-Aufnahme kenne ich nicht.
    Ich dachte ehrlich gesagt bis gerade eben auch, dass die von mir erwähnte SACD seine erste Einspielung gewesen wäre.


    Zitat

    Du scheinst eine Vorliebe für historische Einspielungen zu haben, kann das sein ?


    Ja klar, das ist bei mir so.
    Dabei gilt das nicht nur für die Cellosuiten, sondern überhaupt für Bachs gesamte Musik, vor allem auch die Orchester und Vokalwerke.
    Und Bach auf einer romantischen Orgel zu hören/spielen, ist auch nicht besonders befriedigend.
    Goulds zweite Aufnahme der Goldbergvariationen sowie einige Sachen von Angela Hewitt/Andras Schiff sind da bei mir eher Ausnahmen, aber ansonsten bin ich von der eigenen Hör- und Spielerfahrung her schon der Auffassung, dass sich eine adäquate (d.h. eine gleichermassen das Verstehen und das emotionale Mitgehen fördernde) Interpretation mit Hilfe des alten Instrumentariums auf der Basis eines historisch informierten Musizierens leichter und natürlicher verwirklichen lässt.


    Bei den Streichern, wie hier beim Cello, kann ich mir nur vom Hören her eine Meinung bilden.
    Und die ist eben so, dass ich z.B. die von mir genannten Aufnahmen der Herren ter Linden und Suzuki für Bachs Musik als besonders schön empfinde, im Sinne der von mir oben grob umrissenden Kriterien für eine gelungene Bach-Interpretation.


    Das schliesst aus meiner Sicht natürlich nicht aus, dass man mit modernen Instrumenten ( hier auf einem "normalen Cello", in meinem Fall auf einem guten Flügel) eine sehr musikalische und faszinierende Wiedergabe hinbekommen könnte.
    Im Bereich der Tasteninstrumente habe ich aber die praktische Erfahrung gemacht, dass sich die erwünschte "sprechende" Spielweise leichter und natürlicher auf guten Cembali bzw. guten Orgeln umsetzen lässt.
    Leichter machen es einem die "modernen" Instrumente also nicht immer.
    Oft ist eher das Gegenteil der Fall.
    Wie es sich hier genau verhält, würde aber ein Thema für einen anderen Thread sein.
    Grundsätzlich halte ich mich aber an den Spruch von Frans Brüggen: 20% Instrument, 80% Musiker.
    Jemand wie er muss es ja wissen.


    Das tänzerische Element höre ich bei den JPC-Schnipseln der Suzuki - Aufnahme vielleicht noch etwas deutlicher heraus, als bei Jaap ter Linden, dessen HMF-Aufnahme ich, wie gesagt, besitze und gut kenne.
    Hier hört es sich für mich wiederum im Vergleich besonders kontemplativ an, wozu auch die schöne Akustik und die nicht zu dichte Mikrofonierung beiträgt.
    Dass diese Musik als eine Rede in Tönen, mit Absätzen, Figuren etc. verstanden werden kann, finde ich ebenfalls in Jaap ter Lindens Aufnahme immer noch am überzeugendsten herausgearbeitet. Die von ihm gewählten Artikulationen und seine Agogik sind aus meiner Sicht exemplarisch und sehr geschmackvoll.
    Leider hat man zum Zeitpunkt dieser Einspielung noch nicht in SACD-Qualität und mehrkanalig aufgenommen, sonst könnte man sich auch hier noch stärker von der meditativen Atmosphäre eines zum Klingen gebrachten Raumes gefangennehmen lassen.


    Zitat

    ...ist ja schon interessant, wie beliebt die Cellosuiten gerade in Norwegen sind ! Hat das was mit dem Klima dort zu tun ? *Scherz*


    Vielleicht eher mit der Wohnsituation: Wir wohnen ziemlich einsam am Waldesrand. Elche, Rehe und Füchse im Garten zu sehen, ist im Winter keine Seltenheit.
    Wenn ich jetzt aus dem Fenster schaue, dann sehe ich nicht viel mehr als schneebedeckte Bäume und eine weisse Landschaft.
    In diese meditative Einsamkeit passen die Cellosuiten für meinen Geschmack ganz gut hinein. Man muss nur zusehen, dass man genug Holz im Ofen hat, sonst wird es kalt in der Bude ;)


    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Hallo Glockenton,


    höre doch mal in diese Aufnahme herein:



    Anette Maria Slaatto spielt die Suiten auf der Bratsche. Ich stelle mir dabei immer vor, wie J.S. Bach selber sie gespielt haben mag; er soll ja ein hervorragender Bratschist gewesen sein.


    Wenn du "Räumlichkeit" bevorzugst und gleichzeitig gegenüber einer etwas moderneren Spielweise aufgeschlossen bist wäre auch Jean-Guihen Queyras ein Anhören wert:



    Er spielt auf einem barocken Cello und die Aufnahmeumgebung (Eglise Saint-Cyriak in Salzbug) ist ganz wunderbar eingefangen. Das einzige was vielleicht stören könnte wären die deutlich vernehmbaren Atemgeräusche. das Mikrophon stand imo eindeutig zu nah am Musiker.


    Mein Favourite bei der Symbiose von Raum und Aufnahme ist die (zweite) Einspielung von Wenn Sinn Yang.



    Leider recht teuer, aber dafür bekommt auch etwas geboten ! Man mag darüber streiten, ob es spannend ist, einem Cellisten beim Spielen der Suiten zuzusehen. Aber die Umgebung - die Aufnahme fand in der Servatius-Kirche im Chiemgau statt - ist einfach umwerfend, Yang spielt grandios und wenn man möchte, kann man sich seine Erläuterungen zu den Suiten und der Spieltechnik anhören.


    VG, Bernd

  • Hallo zatopek,


    die beiden letztgenannten Aufnahmen können mir durchaus gefallen, die erste mit der Viola allerdings nicht.
    Diese Spielweise empfinde ich nicht als modern, sondern vielmehr als relativ althergebracht. Man spielte Bach so schon vor Jahrzehnten: Zu breiter , schwerer Strich, kaum Glockentöne, ein zu häufiges, undifferenziertes Vibrato, kaum Klangrede. Track 10 ist so ein Beispiel. Da höre ich viele Dinge, die ich bei einer Bachinterpretation ungern höre; Anderes wiederum vermisse ich.
    Gegen die Verwendung einer Viola hätte Bach sicher nichts gehabt, wobei ich schon denke, dass er andere Instrumente, wie z.B. das Barockcello oder das neue entdeckte Schulter-Cello bei entsprechenden Möglichkeiten vorgezogen hätte.
    Durch die wärmeren, tiefen Register hören sich diese Stücke für mich einfach schöner an. Das heisst nicht, dass ich sie nicht etwa auch auf Blockflöte gespielt gerne hören würde. Marion Verbruggen :jubel: hat hier eine sehr schöne Aufnahme eingespielt.


    Bei der DVD darf man wohl mit einem 5.1 -Raumklang rechnen, was meinem Hörgeschmack für diese Solosuiten entgegenkäme.


    Danke also für den interessanten Hinweis! :)


    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Hallo Glockenton,


    Zitat

    Original von Glockenton
    Hallo zatopek,


    die beiden letztgenannten Aufnahmen können mir durchaus gefallen, die erste mit der Viola allerdings nicht.
    Diese Spielweise empfinde ich nicht als modern, sondern vielmehr als relativ althergebracht. ...


    Einverstanden. Mir ging es auch eher um den Klang des Instruments. Es scheint meines Wissens die einzige Aufnahme mit der Viola zu sein.


    Zitat

    Original von GlockentonDurch die wärmeren, tiefen Register hören sich diese Stücke für mich einfach schöner an. Das heisst nicht, dass ich sie nicht etwa auch auf Blockflöte gespielt gerne hören würde. Marion Verbruggen :jubel: hat hier eine sehr schöne Aufnahme eingespielt.


    Die meines Erachtens abgefahrendste Einspielung dürfte wohl die von Ivan Mancinelli auf der Marimba sein (es ist nicht einmal die einzige auf diesem Instrument !)



    Das ist dann aber eher nur ein Gag !


    Es soll noch eine Aufnahme mit Harfe geben, aber wohl leider nicht hier erhältlich.


    Es ist schon erstaunlich, auf wie vielen Instrumenten diese Stücke schon eingespielt wurden, wie Gitarre (von Wangenheim), Laute (Nigel North), Theorbe und andere mehr.


    VG, Bernd

  • Zitat

    Original von zatopek
    Hallo Glockenton,



    Einverstanden. Mir ging es auch eher um den Klang des Instruments. Es scheint meines Wissens die einzige Aufnahme mit der Viola zu sein.


    Nanu? Die Viola dürfte das Instrument sein, mit dem es (vom Cello mal abgesehen) die meisten Aufnahmen der Suiten geben dürfte.



    Und das sind wahrscheinlich auch noch nicht alle...



    LG, Peter.

  • Hallo Peter,


    Zitat

    Original von petemonova
    ....
    Nanu? Die Viola dürfte das Instrument sein, mit dem es (vom Cello mal abgesehen) die meisten Aufnahmen der Suiten geben dürfte.


    LG, Peter.


    Du hast völlig recht: es gibt natürlich mehrere Einspielungen. Mir war bisher nur die von Anette Slaatto bekannt. Ich sammle aber eigentlich nur Gesamteinspielungen aller sechs Suiten und das reduziert den Kreis der Kandidaten dann wieder. Ausserdem würde ich Paolo Pandolfo nicht zu den Violas rechnen, weil er eine Viola da Gamba spielt, also eine "Kniegeige".


    VG, Bernd

  • Tach,


    vorgestern und heute habe ich die Einspielung der Suiten von Matt Haimovitz gehört.



    Um es gleich vorweg zu sagen: mein Fall ist es nicht !


    Haimovitz ist so eine Art énfent terriblé der jüngeren Cellisten. Geboren 1970 stand er bereits mit 15 Jahren auf dem Podium. Nach der Absolvierung der Julliard School schlug er etwas extravagante Wege ein. Ich zitiere mal aus Wikipedia:


    Zitat

    "A 2002 North American tour that attracted international attention saw Haimovitz performing J. S. Bach's cello suites in night clubs, restaurants and other highly untraditional venues in a wide variety of towns and cities across the United States. "


    Die Aufnahme der Suiten stammt aus dem Jahre 2000. Technisch scheint er - so weit ich das als musikalischer Laie beurteilen kann - durchaus auf der Höhe zu sein. Die Suiten sind recht abwechslungsreich gespielt. Mit Verzierungen und Ausschmückungen hält er sich - im Vergleich zu anderen - doch ziemlich zurück. dafür sind seine Tempi recht variantenreich. Aber irgendwie fehlt mir an seiner Einspielung das tänzerische Element völlig. Mir scheint, jede Note wird mit Bedeutung aufgeladen und tiefsinnig interpretiert. Irgendwie geht mir das an den Stücken völlig vorüber. Nett der Einfall, die Wiederholung des 1. Menuet der 1. Suite zu zupfen. So etwas hat Maria Kliegel in ihrer Einspielung mit der Sarabande der 5. Suite auch schon gemacht.


    Ich habe dann mal direkt die Starker Einspielung der 6. Suite aus dem Jahre 1963 mit der von Haimovitz verglichen.



    Ich gebe ja gerne zu, es ist eine meiner Lieblingsaufnahmen. Während beim Starker die Musik der 6. Suite wirklich "strahlt" und sich spannungsreich auf einen Höhepunkt hinbewegt, bleibt es bei Haimovitz doch stets auf einem bestimmten Level. Irgendwie geht bei ihm die Spannung gänzlich verloren.


    Er soll wohl mal - sinngemäß - gesagt haben, man müsse die Suiten so spielen, dass der Hörer die anderen Stimmen hinzuhören kann. Na, ich habe da meine Zweifel, ob er mit dieser Einspielung dieses Ziel wirklich erreicht hat.


    Kennt sonst noch jemand die Aufnahme und kann meine Einschätzung bestätigen, oder ist das alles Quatsch, was ich glaube gehört zu haben ?


    VG, Bernd

  • Banner Interviebanner 1 Gelbe Rose
  • Hallo Bernd,


    danke für deine Einschätzungen über Janos Starker und Heimovitz. Die Suiten, eingespielt von Haimovitz kenne ich nicht, aber andere Einspielungen von ihm. Teile Grundsätzlich deine Meinung über seinen Stil. Starker ist ja einer der ganz großen, auch wenn mir sein Interpretaionsstil nicht immer zusagt. Interessant fand ich das Zitat aus der Wikipedia. Es ist schon zum verwundern, wie sich so mancher Musikus auf unkonventionellen Pfaden bewegt. Trotzdem erlaubt das m. E. nicht unbedint ein Urteil. Im Buch "Mein Cello und ich" von G. Piatigorsky kann man nachlesen, dass er es auch nicht anders gemacht hat (in Cafes und Bars zu musizieren), allerdings oft blos um einer Malzeit willen.


    Herzlich grüßt aus dem immer noch verschneiten hohen Norden


    Stefan.M

    Stefan

  • Dank eines Tamonianers konnte ich meine Sammlung der Aufnahmen der Cello Suiten um eine weitere erweitern: der tschechische Cellist Evzen Rattay hat diese 1996 für das Label Clliope aufgenommen.



    Die einzige Information die ich über Ratty finden konnte ist folgende:


    Zitat

    Evžen Rattay is one of the most eminent Czech cellist. He is a graduate of the Academy of Music in Prague and plays a Stredivarius cello. In 1972 he won First Prize at the Beethoven Cello Competition in Hradec u Opavy (Czech Republic). He toured the world with the Talich Quartet (of which he was the cofounder), with whom he performed more than three thousand concerts. Each year, the Talich Quartet performed concerts in leading French Festivals and was also highly appreciated in Great Britain, Germany, Japan and the United States. The Quartet recorded many musical masterpieces, including the complete Beethoven, Mozart and Bartók string quartets, for which they obtained the “Grand Prix du Disque”. In recent years Evžen Rattay has been devoting more time to his soloist career. He has performed throughout Europe (including at the Wigmore Hall in London) and in Japan (in the Santory Hall Tokyo). He recorded the complete Beethoven sonatas and variations for Calliope, the French record label, and also the complete Suites by J.S.Bach. He also recorded the complete Vivaldi Sonatas. Besides the common cello repertoire, Evžen has also been accompanied by non-traditional instrumants and arranged some famous pieces for such musicial ensembles. Some of these works are available on two CD’s, Best of Cello and Cello – Party. Evžen Rattay is also member of Trio of Antonín DvoYák.


    (Quelle: http://hf.jamu.cz/aktuality/bulletin.pdf)



    Die ersten drei Suiten habe ich in der Bahn auf dem Weg zur Arbeit gehört und war schon sehr davon angetan. Den Rest dann heute nachmittag zu Hause. Rattay spielt die Suiten - ganz im Gegensatz zu dem zuletzt gehörten Haimovitz - schnörkellos aber mit einem sicheren und guten Gefühl für das richtige Tempo. Da stimmt alles: weder zu schnell, noch übermäßig bedächtig, aber immer darauf bedacht, die schönen Kompositionen für sich sprechen zu lassen. da kommt die Spannung ganz von alleine. Ich finde das gerade in der Gigue der 3.Suite, die quasi einen Art "Zwischenhoch" bedeutet ganz wichtig. bei vielen guten Aufnahmen merkt man, dass hier zwar etwas zum Abschluss kommt, aber die Erwartung auf den zweiten Teil geweckt wird. Leider fehlen mir Informationen, auf welchem Instrument er spielt. Ich würde auf ein modernes Cello tippen. Es hat einen sehr vollen, weichen Klang, nicht so nervig, wie z.B. manchmal das von J. Berger. Die Griffgeräusche sind zwar recht deutlich zu hören, was imo auf eine nahe Aufstellung des Mikrophons deuten läßt, haben mich jetzt aber nicht gestört. Atemgeräusche hört man gar nicht; das stört mich an anderen Aufnahmen schon eher. Fazit: eine unspektakuläre aber sehr schöne Aufnahme, die man sich gewiss mehr als einmal mit Genuss anhören kann.


    Die Aufnahme ist in Deutschland wohl nicht erhältlich - jedenfalls habe ich sie bei den einschlägigen Internet-Händlern nicht gefunden; allerdings in den USA soll sie lieferbar sein.


    Ich hätte mal eine Frage an die Fachleute, insbesondere die Cellisten: welches Stück aus den Suiten ist nach eurere Ansicht das technisch anspruchsvollste und schwierigste ? Ich persönlich würde auf die Courante in der 6. Suite tippen. Sie ist zwar nicht allzulang, Rattay spielt sie aber mit einem hohen Tempo, so dass ich quasi darauf gewartet habe, dass er sich doch endlich mal vergreift und einen falschen Ton produziert - was aber nicht der Fall ist.


    VG, Bernd

  • Zitat

    Original von zatopek
    Leider fehlen mir Informationen, auf welchem Instrument er spielt. Ich würde auf ein modernes Cello tippen. Es hat einen sehr vollen, weichen Klang, nicht so nervig, wie z.B. manchmal das von J. Berger.


    Servus Bernd,
    Rattay spielt die Suiten auf einem Stradivarius-Cello, welches freilich durch entsprechende Umbauten "modernisiert" sein dürfte. Details kann ich heute Abend nachschauen.


    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Hallo Thomas,


    Zitat

    Original von salisburgensis
    Rattay spielt die Suiten auf einem Stradivarius-Cello, welches freilich durch entsprechende Umbauten "modernisiert" sein dürfte. Details kann ich heute Abend nachschauen.


    Na, da habe ich ja nur ganz knapp daneben gelegen :untertauch:


    VG, Bernd

  • Zitat

    Original von salisburgensis
    Details kann ich heute Abend nachschauen.


    Im booklet zur CD steht zum Instrument lediglich, dass Rattay ein Instrument von Antonio Stradivari, 1699 in Cremona gebaut, spielt. Laut der Liste der von A.Stradivari gebauten Instrumente, die u.a. bei Wikipedia verfügbar ist, gibt es jedoch kein 1699 gebautes Cello. Wahrscheinlich handelt es sich um das ein Jahr früher entstandene Cello, das heute der Deutsche Bank Stiftung gehört.


    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Zitat

    Im booklet zur CD steht zum Instrument lediglich, dass Rattay ein Instrument von Antonio Stradivari, 1699 in Cremona gebaut, spielt. Laut der Liste der von A.Stradivari gebauten Instrumente, die u.a. bei Wikipedia verfügbar ist, gibt es jedoch kein 1699 gebautes Cello. Wahrscheinlich handelt es sich um das ein Jahr früher entstandene Cello, das heute der Deutsche Bank Stiftung gehört.


    Hier ist eine Liste der von Stradivari gebauten Celli (höchstwahrscheinlich unvollständig):


    "http://www.cozio.com/Luthier.aspx?id=17&iid=3"

  • Hallo Flotan,


    vielen Dank für den Tipp ! Die Seite ist ja wirklich sehr informativ. Da wird tatsächlich ein Cello aus 1699 aufgeführt, aber mit einem anderen Musiker Orfeo Mandozzi (sagt mir nun wirklich gar nichts).


    VG, Bernd

  • Zitat

    Hallo Flotan,


    vielen Dank für den Tipp ! Die Seite ist ja wirklich sehr informativ. Da wird tatsächlich ein Cello aus 1699 aufgeführt, aber mit einem anderen Musiker Orfeo Mandozzi (sagt mir nun wirklich gar nichts).


    VG, Bernd


    Orfeo Mandozzi, ehemaliger Solocellist des NÖ Tonkünstler- Orchesters spielt mittlerweile auf einem Ruggieri Cello. Ist bestimmt einer der allerbesten in Österreich lebenden Cellisten (er ist an sich Schweizer- glaube ich).

  • Zitat

    Original von flotan


    Hier ist eine Liste der von Stradivari gebauten Celli (höchstwahrscheinlich unvollständig):


    "http://www.cozio.com/Luthier.aspx?id=17&iid=3"



    Danke, flotan, für den aufschlussreichen link. Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil... :D



    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Servus nochmal,
    Zwischenzeitlich habe ich Kuijkens Aufnahme auf dem Violoncello da Spalla auch kennenlernen dürfen.


    Ich bin nun nicht der Cellosuitenguru und höre diese Stücke auch nicht allzu oft. Es ist mir dennoch schwer gefallen, mich auf den Klang des Schultercellos einzuhören. Für mich klingt es mehr nach Bratsche, vor allem in tieferen Regionen. Mir fehlt da schon etwas das körperhafte, voluminöse eines "richtigen" Cellos. Im Vergleich zu einer Aufnahme mit Barockcello (bei mir Hidemi Suzuki) fällt auch der ziemlich raue und ungehobelte Klang des Instrumentes auf. Interessant ist es aber allemal...


    Kuijkens Interpretation hat mich eher enttäuscht. Gelegentlich drängte sich mir der Eindruck auf, da spiele einer, der zwar die Stücke technisch beherrscht, aber sonst nix zu sagen hat. Mir fehlen da größere Bögen und Zusammenhänge, das ist mir alles zu gleichförmig. Gleichwohl gibt's aber auch Ausnahmen von der Tristesse, wie beispielsweise die Bourrée aus der 3. Suite. Das ist schön leichtfüßig-tänzerisch gespielt.




    Johann Sebastian Bach: Cellosuiten BWV 1007-1012
    Sigiswald Kujiken, Violoncello da Spalla (Schulter-Cello)



    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Zitat

    Original von salisburgensis
    Zwischenzeitlich habe ich Kuijkens Aufnahme auf dem Violoncello da Spalla auch kennenlernen dürfen.


    Läuft hier auch gerade.


    Zitat

    Es ist mir dennoch schwer gefallen, mich auf den Klang des Schultercellos einzuhören. Für mich klingt es mehr nach Bratsche, vor allem in tieferen Regionen. Mir fehlt da schon etwas das körperhafte, voluminöse eines "richtigen" Cellos.


    Unten kratzt und rumpelt es gehörig, aber ohne 'richtiges' – will sagen, vom Cello gewohntes – Fundament. Nach einer Weile geht es aber, man muss sich wohl einhören. Das Präludium von 1010 bleibt mir trotzdem etwas zu rustikal. :D


    Ein bisschen kommt es mir vor, als wäre Kuijken immer noch nicht immer und überall mit dem Instrument wirklich verheiratet.


    Zitat

    Kuijkens Interpretation hat mich eher enttäuscht. Gelegentlich drängte sich mir der Eindruck auf, da spiele einer, der zwar die Stücke technisch beherrscht, aber sonst nix zu sagen hat. Mir fehlen da größere Bögen und Zusammenhänge, das ist mir alles zu gleichförmig. Gleichwohl gibt's aber auch Ausnahmen von der Tristesse, wie beispielsweise die Bourrée aus der 3. Suite. Das ist schön leichtfüßig-tänzerisch gespielt.


    Für die Insel ist das wirklich nix, aber sooo schlimm ist es nun auch nicht. Die 6. ist doch ganz anhörbar, auch wenn es da in der Courante z. B. manchmal wieder ein bisschen hakt.


    Dieses Ding wird wohl ein Exot bleiben, wenn das wirklich nicht souveräner und interpretatorisch ein bisschen überzeugender geht.


    Zitat

    Interessant ist es aber allemal...


    :yes:

  • Zitat

    Original von Hildebrandt
    Ein bisschen kommt es mir vor, als wäre Kuijken immer noch nicht immer und überall mit dem Instrument wirklich verheiratet.


    Den Eindruck hatte ich auch. :yes:

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Zur Kliegel-Aufnahme ist hier im Thread ja noch nicht so viel zu lesen (das Grau ist nur Pappe, unter der Oberfläche sieht die Aufnahme naxostypisch aus):



    Letzten Sonnabend habe ich mir die Kliegel-Einspielung gekauft. Den Eindruck, dass sich der Kauf gelohnt hat, hat mir das mittlerweile zweimalige Hören nicht verschaffen können. Von daher interessiert mich, wie ihr zu der Kliegel-Aufnahme steht. Gefällt sie euch besser als mir oder stehen die beiden CDs bei euch auch nur im Schrank rum und hört ihr lieber andere Aufnahmen?


    fragt freundlich grüßend
    Thomas

  • Tach Thomas,


    Zitat

    Original von ThomasNorderstedt
    Gefällt sie euch besser als mir oder stehen die beiden CDs bei euch auch nur im Schrank rum und hört ihr lieber andere Aufnahmen?


    Ich möchte mich der Auffassung von sal vom http://www.schallplattenmann.de anschließen:


    Zitat

    Johann Sebastian Bach / Maria Kliegel "Suiten für Violoncello solo"
    Klassik – Respektable Einspielung der Cello-Suiten
    (2CD; Naxos)...
    Insgesamt gibt es rund 50 verschiedene Aufnahmen der Cello-Suiten.
    Die Essener Cellistin Maria Kliegel gehört zu den produktivsten ihrer Zunft. Geradezu selbstredend, dass eine Künstlerin mit ihrer Bandbreite die Bach'schen Cello-Suiten einspielt, zumal sie über ein Stradivarius-Cello aus dem Jahre 1693 verfügt, dass mit seinem bezaubernd warmen Klang die wundervollen Kompositionen adelt. Es ist vor allem ihre Lesart der Suite No. 5 in C-Moll (BWV 1011), die diese Aufnahme auszeichnet. Ihr Pizzicato-Spiel in der Sarabande ist aufregend und stimmig, wenn auch unter puristischen Gesichtspunkten ein Sakrileg. Wäre Maria Kliegel bei allen Suiten so mutig gewesen, dann wäre dies die Chance auf einen Meilenstein in der Interpretation dieser Suiten gewesen. So bleibt eine rundum gelungene Einspielung mit einem lohnenswerten Highlight. [sal: @@@]


    Gelungen, ja, aber auch ohne besondere Höhepunkte. Für mich klang das eher nach einer Art "Pflichtübung", die man dem Label schuldete (obwohl gerade Naxos mit Alexander Rudin und Szaba Onzcay noch zwei weitere Interpreten im Katalog hat). Es scheint irgendwie nicht so ganz ihre Musik zu sein, vielleicht zu wenig Romantik ? Ich schätze Kliegel an sich sehr. Aber hier, na ja, in der Sammlung eher verzichtbar.


    VG, Bernd


    P.S.: sal irrt übrigens, was die Zahl der Aufnahmen der Suiten angeht; ich bin bei mittlerweile um die 90 angekommen.

  • Es gilt eine interessante Neuaufname hier zu verzeichenen: Der Italienische Cellist Enrico Bronzi hat sie beim ganz neuen Label Fregolimusic in Italien aufgenommen. Unter dem angegebenen Link sind Ausschnitte sowie ein Interview zu sehen.



    Bronzi wird manchem womöglich ein Begriff sein von seiner sehr gelobten Aufnahme der Boccherini-Konzerte, die er bei Brilliant Classics herausgebracht hat. Am 5. Mai 2009 wird er in Salzburg mit dem Hagen Qaurtett Schuberts Quintett in C zum besten geben.


    :hello

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke


  • Im iTunes-Store gibt es sie schon, aber zu teuer. Da warte ich lieber noch etwas, bis sie auch hier erscheint.


    VG, Bernd

  • Tach,


    seit kurzem gibt es eine DVD - leider noch nicht zu einem Schnäppchen-Preis - mit dem letzten (?) Konzert von Paul Tortelier 1990 auf dem Pablo Casals Festival in Prades. Er spielt die Suiten 1 - 6 komplett.


    Paul Tortelier
    Testament to Bach
    The Complete Cello Suites



    Tortelier starb wenige Monate später. Ich habe bisher nur das Prelude der 1. Suite hören können. Sehr getragen und mit einem schwermütigen Ton; kann natürlich auch Einbildung sein.


    VG, Bernd

  • Guten Abend


    Zitat

    Original von zatopek



    Dabei soll es sich - laut Wikipedia - um eine andere Bezeichnung für die fünfseitige Viola Pomposa handeln. Angeblich soll Bach den Bau dieses Instrumentes selbst angeregt haben.


    Darüber berichtet auch Franz Benda im Zusammenhang über einen Besuch Bachs in Dresden:


    " Wobey ihm Herr Pisendel mit der Viola Pomposa begleitete.
    Dies Instrument ist wie ein Violincell gestimmt, hat aber in der Höhe
    eine Sayte mehr, ist etwas größer als eine Bratsche,
    und wird mit einem Bande so befestigt, dass man es vor der Brust
    und auf dem Arme halten kann.
    Der seel. Kapellmeister Herr Bach in Leipzig hat es erfunden.
    Der ehemalige Geigenmacher in Leipzig Hoffmann hat deren
    verschiedene, auf Angaben Joh. Seb. Bach verfertigt."



    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Eine meiner großen Lieben sind die Cellosuiten. Es ist mE nicht möglich/sinnvoll (?) von der besten Einspielung zu sprechen. Ich teile einfach mal mit, welche mir am meisten zusagen und mich seit Jahren begleiten.


    Eine kann ich getrost vorwegnehmen hat mir überhaupt nicht gefallen, trotz mehrmaligem Anhören, Heinrich Schiff, ist imo schon sehr eigen.


    Immer noch mein Favorit, wegen ihrer meditativem Grundhaltung Phoebe Carrai, ihr Spiel berührt mich sehr und ebenso ihre Aussagen, die ich wahrzunehmen meine.
    Sehr gerne höre ich mir derzeit die Aufnahme von Boris Pergamenschikow an.


    Immer wieder kommt mir auch diese von Wieland Kuijken in den Player, der nach 30 Jahren Auseinandersetzung imo einiges zu sagen hat.


    Sehr angetan bin ich auch von Wen-Sinn Yang:


    Weitere Aufnahmen die mir ganz gut gefallen: Fournier, Harrell, Starker, Bylsma.


    Nach dem Reinhören hat mich die Neuaufnahme von Martin Ostertag sehr angesprochen, die ich mir demnächst gönnen werde.


    Für die Zukunft interessant vom Querhören: Queyras, Kniazev, Suzuki, Kuijken(da spalla), Thedeen, Beschi, Nyffenegger, Bruns.


    Wenn möglich höre ich den Zyklus immer ganz, mindest jedoch Teil 1 oder Teil 2.

    BECK ohne MESSER
    "Jeder Mensch ist eine Melodie. Lieben heißt: sie innehaben." (Franz Werfel)

  • Banner Interviebanner 1 Gelbe Rose