Claudio Monteverdi: Marienvesper

  • Guten Tag



    Anfangs konnte mich diese Einspierlung überhaupt nicht begeistern, fand sie irgendwie fad. Doch nach mehrmaligen Hören erlebte ich sie als "Monteverdi in Reinkultur", mitreißend, transparent und klangprächtig. Eine vitale Einspielung, Alessandrini und sein Ensemble wissen durch manigfache Erfahrung (Madrigalbücher etc.) mit Monteverdi umzugehen.
    Nur das 2. (abgespeckte) Magnificat scheint mir etwas zu hoch angesetzt.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Wenn hier eine Empfehlung von mir aufgegriffen wird und auch wenn es der falsche thread ist, möchte ich allen Monteverdi-Fans doch sehr die neue Alessandrini-Aufnahme des L Orfeo empfehlen.





    Eine meiner Lieblingsopern, bei der ich immer wieder Neuaufnahmen versuche. Und diese Aufnahme bringt wirklich eine neue Qualität. Eine wirkliche Alternative zur alten Züricher Harnoncourt-Aufnahme. La Venexiana, von denen ich sonst sehr viel halte (etwa die Gesualdoaufnahmen), habe ich mit der kürzlichen L Orfeo-Aufnahme angehört - äußerst klangschön, aber im Vergleich zu dieser Aufnahme nicht wirklich interessant. Überhaupt wo wir bei Alessandrini und Monteverdi sind - neben diesen beiden noch die Aufnahme des 5. Madrigalbuches, die es gerade sehr günstig gibt (und für mich zu den Unverzichtbaren gehört).


    Soweit meine Reaktion auf das Zitat.


    Mit besten Grüßen


    Matthias

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • Guten Tag



    Am 29.04.08 wird im Dom zu Speyer im Rahmen der "Schwetzinger Festspiele"
    Monteverdis Marienvesper in einer hochkarätig besetzten Aufführung dargeboten. Die Musica fiata und La capella ducale unter der Leitung von R. Wilson sind diesjahr Gäste bei den Schwetzinger-Festspielen, einige Konzerte finden seit Jahren auch im Speyrer Dom statt.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard


    (P.S.: ich habe eine Karte hierfür :] , geht noch wer hin ? )

  • Sagitt meint:


    Öfters hatte ich davon gelesen, dass Jochum eine Marienvesper gemacht hatte. 1957!


    Aber nie gehört.


    2...1 macht es möglich, für 4.99, JOchum von 1957, nicht 1955,wie öfters in den Unterlagen steht.


    Mit Sängern wie Stader, Töpper,Höffgen.Holm,Krebs. Berry.


    1957, da spielte Harnoncourt noch bei den Wiener Sinfonikern.


    Irgendwie schon fascieniernd. Keiner hat was mit historischer Spielweise zu tun, aber die Stimmen legen sich kräftig ins Zeug. Interessant, alle diese Sänger eine solche Musik singen zu hören.


    Der Chor riesig gross. Die Vesper mächtig und natürlich schwerfällig. Aber, ich will gar nicht abwerten. 1957. Schon eine Sensation.


    Wer kennt diese Aufnahme noch ?

  • Guten Tag


    eine weitere Einspielung der Marienvesper ist zwischenzeitlich auf dem Markt:



    Sigiswald Kuijken hat mit seinem Ensemble Le Petite Bande sich an das große geistliche Werk gewagt. Er bezieht sich auf die im Druck von 1610 gemachten detailierten vokalen und instrumentalen Besetzungsanweisungen. So werden die Sänger stehts solistisch eingesetzt, die Möglichkeit einzelne Sätze mit einem Chor zu realisieren weist er mit Hinweis auf Monteverdis Paritur zurück. Auch beim Einsatz der Instrumente hält er sich genau an die Anweisung des Komponisten, viele Teile werden nur durch die Orgel begleitet.
    Für die Streicher lies er sich vom Geigenbauer Dmitry Badiarov je zwei Geigen und Bratschen aus der Spätrenaissance/Frübarockzeit anfertigen, gestrichen mit Bögen, die nach Abbildungen von Caravaggio



    bzw. Gentileschi um 1600 nachgebaut wurden. Gehalten werden die Streichinstrumente nicht untern Kinn, sondern in der Schulter, wie es Sigiswald Kuijken und sein Ensemble schon seit Jahrzehnten praktiziert. Dieses Violenenquartett ist gut in der Sonata sopra, dem Hymnus "Ave Maris stella" als auch im Magnificat à 7 zu hören. Erwähnenswert auch das virtusoe Spiel der Zinkenisten.
    Die stilsichere, 10-köpfige Sängerriege leistet sich einige Verzierungen (u.a. im Pulcha es), harmonisiert in den Chorsätzen.
    Sigiswald Kuijken fühlt sich in dieser Einspielung nicht als Dirigent im klassischen Sinn, sondern eher als "Leiter" bzw. "primus inter pares", der mehr koordinierend und stimulierend mitwirkt.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Hallo!


    Die Savall-Aufnahme, die von vielen als Referenz gesehen wird, hat mich begeistert und enttäuscht zugleich.
    Begeistert, weil es eine sehr schöne Aufnahme ist mit interessanten Andersheiten im Vergleich zu Jacobs.
    Enttäuscht, weil ich doch (entgegen meinem Frankfurter Moderatorenkollegen) bei Jacobs als Favoriten bleiben muß (wieviel davon ist Vorprägung?). Die savalltypischen "Überraschungsmomente" blieben irgendwie aus.
    Wenn ich mal viel Muße habe, höre ich mir beide Aufnahmen mal gründlich vergleichend an und berichte dann weniger schwammig als jetzt.


    Viele Grüße,
    Pius.


  • Zitat

    Original von Pius


    Enttäuscht, weil ich doch (entgegen meinem Frankfurter Moderatorenkollegen) bei Jacobs als Favoriten bleiben muß (wieviel davon ist Vorprägung?).


    Naja... Dein Frankfurter Moderatorenkollege kennt ja aber die Jacobs-Aufnahme nicht wirklich. Vielleicht sollte er sie sich nächsten Samtsag bei seinem Frankfurter Moderatorenkollegen nochmal gründlich anhören.


    :hello:


  • Hallo, diese Box wurde noch nicht erwähnt, sie enthält auf insgesamt 5 CD weitere Werke Monteverdis und ist mit 19,99€ sehr preiswert.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Natürlich ist die "Marienvesper" eine gewaltigsten Chorkompositionen überhaupt, und die Betrachtung (besser: die Umsetzung) dieses threads kann für mich ganz furchtbar teuer werden, weil mich einige der hier vorgestellten Aufnahme sehr reizen, vor allem die solistischeren und schlankeren im Klang. Bei Schütz gibt es solche Tendenzen auch, die ich bisher nicht überzeugend fand (Beispiel: Calmus-Ensemble Leipzig mit Motetten aus der "Geistlichen Chormusik", zu sehen bei YouTube). Man sollte doch meinen, dass die "venezianische Pracht" auch zu hören sein müsste. Allerdings muss ich zugeben, dass ich die Aufnahme von Paul McCreesh mit der solistischen Matthäuspassion sehr überzeugend fand, wenn auch ein wenig extrem.


    Meine Lieblings - CD der Marienvesper kam hier noch nicht vor, es ist eine Frankfurter Aufnahme mit einem Frankfurter Studenten(?)chor, mit ausgesucht jungen und frischen Stimmen, unter den Solisten ist Christoph Prégardien, die Leitung hat Ralf Otto, dessen Weihnachtsoratorium mit dem gleichen Ensemble für mich d i e Refernzaufnahme ist. Leider habe ich die CD gerade verliehen, daher kann ich keine genaueren Angaben machen.


    Die Aufnahme fußt auf einer Essener Aufführung in der prachtvollen Basilika in Essen-Werden, natürlich mit anderen Interpreten. Vor einigen Jahren war Ralf Otto nämlich Professor für Chordirigieren an der Essener Folkwang Musikhochschule und hat diese Aufführung einschließlich der Solisten und des Orchesters mit Musikstudenten gestemmt. Eine unglaublich gute Aufführung. Ich hatte damals als Eintrittskarte ein Programm erworben, auf dem Monteverdis "Marinevesper" angekündigt war, was man auf den Programmen zur Aufführung selbst aber dann noch korrigiert hat. Wenn man die Lage Venedigs bedenkt, ist "Marinevesper" so abwegig nicht.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)


  • Meine 5. Marienvesper von Monteverdi wird diese Aufnahme mit Christina Pluhar sein,die im Januar 2011 erscheint.
    Bisher habe ich Aufnahmen mit Gardiner,Herreweghe,Junghänel und Savall.

    mfG
    Michael

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  • Monteverdis Musik gehört fürmich zur schönsten, die unserer Musikkultur überhaupt hervorgebracht hat. Der L'Orfeo (Garrido!, Harnoncourt!) finde ich eine der großartigsten Opern überhaupt, die Poppeia (Gardiner!) überwältigend. Die Madriaglbücher (La Venexiana!) sind ein nicht enden wollender Quell an Freuden. - Meine ersten Begegnungen mit der Marienvesper waren aber irgendwie enttäuschend. So freue ich mich, auf diesen Faden gestoßen zu sein (was gar nicht so leicht ist, weil die Suchfunktion des Forums ärgerlicherweise nicht auf Faden-Titeln eingeschränkt werden kann). Hier hoffte ich, endlich einmal fundierte Hinweise zu bekommen, um mich gezielt auf die Suche nach einer mich restlos zufriedenstellenden Aufnahme zu machen.


    Irgendwie werde ich aber aus diesem Faden nicht recht schlau. Unterschieden werden romatische Aufnahmen von (mehr oder weniger) HIPen, dann auch große Chorbesetzugnen von eher solistischer Besetzung. Auch wird genannt, dass es rasende Interpreten gibt im Gegensatz zu eher getragenen. Auch wird vor ertrinkendem Kirchenhall gewarnt und durchhörbarer Akkustik gelobt. Alles schön und gut...


    Was mich aber viel mehr wirklich interessieren würde, ist folgendes:


    1) Klang: Wer von den Interpreten sucht eher einen verschmelzenden Gesamtklang; und wer arbeitet die einzelnen Linien eher polyphon getrennt herauas?


    2) Ausdruck: Wer sucht eher nach einem vergeistlich abgeklärten Sphärenklang ;und wer sucht eher Expressivität?


    3) Chromatik: Wer arbeit stark harmonische Wechsel heraus und kostet gewagte, reibende Harmonien (klangfarbreich) aus; und wer sucht eher eine vereinheitlichende Interpretation, sucht sozusagen mehr das Melos?




    Könnt ihr mir bitte helfen?
    ?(


    (Was ich suche, wäre nämlich tendentiell eine chromatisch überdeutliche Interpretation sinnlichem Klangfarbabwechslungsreichtums stark polyphon getrennter Linienführung nicht zu stark vergeistigten Ausdrucks, lebendig, aber gänzliche frei von sozusagen überzeichnender Operndramatik !)
    :whistling:

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Was für ein schöner thread!


    Dank an Sagittarius, den ich seit meiner Lektüre des "Treffen in Teltge" von unserem verehrten Günter Grass noch mehr schätze.


    Aber liebes Schneewittchen - wie gefällt dir denn die MV von Pluhar? - Ich habe gestern bei Saturn ratlos in alle verfügbaren MVn hineingehört und konnte mich irgendwie zwischen King´s Consort, Pluhar, Kujken und Herrweghe nicht entscheiden - das schien mir dort, jenes hier schöner, nichtmal solistisch contra chorisch fand einen Richter. - Ich habe dann bloß, als Trostpflaster, Pluhars Teatro d´Amore mitgenommen, wegen Sì dolce è `l tormento (kennst du ...? Und ist Pluhars MV ein bißchen so?)


    Auf Platte hab ich bloß, edel und selten, die Erstausgabe der Harnoncourt-MV auf schwarzgoldenen Telefunken, die mir aber gar nicht zusagt. Oh weh mir, wenn ich alle vier kaufen muß (ach ich fühl´s ...)


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Waren Garridos und Jacobs' Einspielung auch im Laden? Von den erwähnten kenne ich nur Herreweghe und ich meine, mir hätten diese beiden besser gefallen: festlicher, saftiger, bombastischer, ohne puritanische Schlankheit, wie sie von manchen HIPisten auf jegliche Musik angewendet wird. Herreweghe ist aber auch nicht schlecht und nicht überschlank.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Was für ein schöner thread!


    Dank an Sagittarius, den ich seit meiner Lektüre des "Treffen in Teltge" von unserem verehrten Günter Grass noch mehr schätze.

    Ganz off topic (obwohl ich vieles zur Marienvesper zu sagen hätte: einmal ist die von Ralf Otto meine Lieblingsaufnahme, zum anderen wurde die vor vielen Jahren live im Werdener Dom in Essen von Ralf Otto aufgeführt, auf dem Programmheft stand: "Marinevesper". Das habe ich noch!): als Grass - Hasser liebe ich dieses Buch, vor allem, da die heimliche Hauptfigur mein geliebter Henricus Sagittarius ist. Die Stadt Telgte macht mit diesem Buch heute Führungen! Ansonsten, wieso glaube ich immer, Grass sei schon tot? Aber mit Stockhausen ging es mir genauso. Überhaupt ist Grass der Stockhausen der Literatur oder Stockhausen war der vereinte Böllgrassjelinekwalser der Musik.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Lieber Johannes,


    vielen Dank für die ergänzenden Tips; ich werde dem nachgehen. Mein Vorredner "a.b." hat ja recht gut umrissen, wie man eine perfekte Marienvesper haben möchte (wehe, es wird zu erbaulich!)


    Lieber Dr. Pingel,


    mein weit geschossener Pfeil traf doch sein Ziel (nach dem Motto: man lobt den Sack und schlägt den Esel). Deine Anti-Grass- und -Böll-Polemik ist mir natürlich noch sehr präsent. Schön, daß du das "Treffen" dennoch hochschätzt. Mich hat es sehr berührt, auch durch die doppelte Optik mit Blick auf das Jahr 1947.


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


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  • Aber liebes Schneewittchen - wie gefällt dir denn die MV von Pluhar? - Ich habe dann bloß, als Trostpflaster, Pluhars Teatro d´Amore mitgenommen, wegen Sì dolce è `l tormento (kennst du ...? Und ist Pluhars MV ein bißchen so?)


    Pluhars MV ist ein bisschen so, aber eben auch nur ein bisschen. Teatro d'Ámore swingt gelegentlich, die Marienvesper klingt "seriöser".
    Pluhars Aufnahme mit solistischer Chorbesetzung und akustisch mit wenig Hall klingt sehr intim. Gardiners MV wirkt dagegen breit und hallig, auch Savalls Aufnahme hat weniger Hall als Gardiners MV aber mehr Hall als Pluhars MV.

    Die Soundbeispiele bei JPC geben einen guten Eindruck der Aufnahme-Akustik.
    Ich will mich nicht entscheiden, welche Aufnahme mir besser gefällt, denn mir gefallen alle gleich gut.

    mfG
    Michael

  • Vielen herzlichen Dank! Morgen öffnen die Geschäfte!!


    Teatro d´Amore swingt gelegentlich - stimmt, v.a. Track 2; aber allein pur ti miro würde die Anschaffung lohnen!


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


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  • Da in den entsprechenden Bach-Threads viel Zuneigung für Aufnahmen großer barocker Vokalwerke unter Klemperer, Richter, Karajan, Beecham et al. geäußert wurde: Kennt jemand die Aufnahme der Marienvesper unter Eugen Jochum?


  • Eine Aufnahme aus 1966 die es, wenn ich das richtig sehe, auf CD nicht gibt, ich habe sie auf 2 LPs.


    Monteverdi-Chor - Knabensolisten der Wiener Sängeknaben - Concentus Musicus mit 25 einzeln genannten Solisten auf Originalinstrumenten - Choralschola der Capella Antiqua - R. Hansmann und I. Jacobeit, Soprane 1 + 2 - N. Rogers, B. van t'Hoff und M. van Egmot, Tenöre 1 - 3 - J. Villisech, Baß - Gesamtleitung J. Jürgens.


    Eine Aufnahme im "alten Stil", wenn man von den fehlenden Countertenören absieht. Ich vergleich sie gerne mit der Aufnahme unter Andrew Parrott.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    Ergänzung zu meinem gestrigen Beitrag; ich zitiere aus dem Booklet der Andrew Parrott-Aufnahme aus 1984:


    "...es gibt ein Problem bei dem "Magnificat" und dem "Lauda Jerusalem", die viel höher als die anderen Stücke in der Vesper gesetzt zu sein scheinen. Die Gesangs- und Instrumentalsolisten sind ohne ersichtlichen Grund in unterschiedlichem Umfang notiert...Die Notation dieser Stücke, die verschiedene Schlüssel verwenden, war es, die in späteren Generationen Verwirrung gestiftet haben. Korrekt gelesen und nach einer Konvention, die damals gut verstanden wurde, wird die Musik eigentlich eine Quarte unter der notierten Tonhöhe gesungen und gespielt. Die Argumente sind undurchsichtig aber unwiderlegbar...Es macht einen großen Unterschied aus, wenn gut 1/4 der Vesper in einer um eine Quarte höheren Tonlage ausgeführt wird...Doch wenn auch des hohe Singen einen gewissen Reiz hat, ist es ein schlechter Tausch gegen den Verlust der Menschlichkeit und Wärme, die diese Stücke ursprünglich besitzen..."


    Die Marienvesper ist eines der wenigen Werke, die ich in 2 Aufführungen besitze, was durch vorstehendes Zitat erläutert wird; die Aufführung aus 1966 (LP) hat die (falsche) hohe Ausführung - Beides hat seinen Reiz.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

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  • Liebe Forianer,


    mein CD-Regal zieren die Marienvespern unter Harnoncourt (1986), Gardiner (DG), Bernius und Suzuki (Geheimtipp?!).


    Ich würde das Werk gerne noch in solistischer Besetzung hören - in den einschlägigen Empfehlungen tauchen Parrott, Kuijken und Pluhar auf. Von den Soundschnipseln her klingt Pluhar am interessantesten und lebendigsten, Kuijken scheint eine tendenziell eher keusch-korrekte Aufführung zu bieten. Parrott fand ich nicht so atrraktiv, aber ob die Schnipsel eine verlässliche Grundlage sind, ist vielleicht auch Glückssache.


    Welche würdet Ihr empfehlen? Gibt es noch eine andere empfehlenswerte in kleiner Besetzung?




    :hello:

  • Hallo Wolfram,


    ich nehme an, dass es sich bei der von Dir vorgestellten Parrott-Aufnahme auch um die handelt, die ich im Beitrag Nr. 38, 6.12.2010 (Aufnahmejahr 1983/84), vorgestellt habe; überprüfen konnte ich das nicht, da auf "Deiner" Parrott-Aufnahme bei JPC keine Schnipsel zu hören sind. Gefällt Dir an der Parrott-Aufnahme die tiefere Tonlage mancher Teile nicht?


    Solistisch besetzte Aufnahmen - auch bei den Chören - entspricht das der Aufführungspraxis zur Zeit Monteverdis? Wurden die Chöre, die Gesangs- und Instrumentalsolisten nicht an unterschiedlichen Stellen im Markusdom aufgestellt, sodaß der Klang von verschiedenen Seiten die Hörer erreichte. Wie soll das mit einer Besetzung wie bei Pluhar funktionieren (bei der mir, ganz persönlich, der Stimmklang mancher Gesangssolisten nicht gefällt)?


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Es handelt sich hier um die Wiederbelebung der Marienvesper in unserer Zeit überhaupt. Die Bezeichnung Monteverdi-Chor ist missverständlich, weil es sich hier um den Monteverdi - Chor Hamburg handelt, der wohl vor dem Gardinerschen existierte. Ich weiß das deshalb so genau, weil eine gute Freundin da gesungen hat und auch bei dieser Aufnahme dabei war.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Monteverdi-Chor - das fehlende "Hamburg" - war ein Flüchtigkeitsfehler von mir - sorry!

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Lieber Zweiterbass,


    danke für Deine Antwort!


    Oh - ich habe mich nur wenig mit der Aufführungspraxis der MV auseinandergesetzt. Ohne weiter über damalige Gebräuche nachzuforschen, würde ich davon ausgehen, dass man im Markusdom nicht nur die räumlichen Gegebenheiten ausgenutzt haben wird, sondern auch die Möglichkeiten zum Wechsel zwischen solistischer und chorischer Besetzung.


    Monteverdi hat ja wohl die Möglichkeit vorgesehen, zumindest einige Stücke der MV nur mit der Orgel begleiten zu lassen - dem würde eine zumindest kleine Chorbesetzung, im Extremfall solistisch ja nicht widersprechen. Auch ist das Werk ja nicht nur für den Markusdom komponiert, oder?


  • Die Einspielung der 1610 entstandenen, zusammen gehörenden Werke, bedient sich der neuesten Ergebnisse musikhistorischer Forschung. Sie enthält zusätzlich zu den liturgischen Kernstücken zugehörige Antiphonien, Benediktionen und Orationen. Erstmals wurde somit 2006 die Gesamtkomposition eingespielt, wie Monteverdi sie eigentlich konzipiert hatte.

    Unter anderem auch JPC angegeben!

    Interessant auch die Beschreibung im Booklett, über Tempi und Verzierungen!

    Herz was willst du mehr! <3

    Von diesem Gesichtspunkt aus gesehen braucht man keine andere :love:!


    LG Fiesco



    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Diese habe ich:


    Diese bekomme ich (dank Fiesco's Tip)


    Bin gespannt..

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • 2194.jpg

    Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum


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    Claudio Monteverdi: Vespro della beata vergine



    Cantar Lontano, Marco Mencoboni


    Diese Aufnahme ist sicherlich nicht nur eine aus der Masse, sondern hat in mehrfacher Hinsicht etwas zu bieten, das zumindest interessant ist und zum Nachdenken anregt. Nicht zuletzt die schöne Antegnati-Orgel ist ein Argument für diese Aufnahme.

    Zitat von Michael Wersin

    2010 zum ersten Mal erschienen, nun erneut veröffentlicht, konterkariert Marco Mencobonis Version von Monteverdis „Marienvesper“ noch immer liebgewonnene Hörgewohnheiten. Der Hintergrund: Das überlieferte Notenmaterial des Werks lässt eine Menge Fragen nicht nur zu seiner Bestimmung, sondern auch zur Aufführungspraxis offen. Nun ist die Marienvesper aber dennoch mittlerweile schon seit Jahrzehnten im breiteren kirchenmusikalischen Konzertleben landläufig „aufführbar“ – das kommt daher, dass Dirigenten heute ein historisierend spielendes Instrumentalensemble einkaufen können, welches dann eine bereits bestehende Einrichtung der Marienvesper anbietet. Auf diese Weise haben sich gerade in der historisierenden Szene wieder Konventionen festgesetzt, die meistens nicht mehr hinterfragt werden. Mencoboni, den dies schon früher als Mitglied anderer Ensembles störte, hatte sich für seine Aufführung vorgenommen, solche Selbstverständlichkeiten ganz neu zu überdenken.
    Was dem Hörer, der mit der Vesper einigermaßen vertraut ist, hier als erstes auffällt, sind die ungewöhnlich langsamen Dreiertakte: Sie sind bereits im dadurch weniger „fetzigen“ Invitatorium zu erleben, begegnen u. a. wieder im ersten Psalm und auch im Sopran-Concerto „Pulchra est“. Für letzteres Stück gibt Mencoboni eine auf dem Hebräischen fußende Lesart des vertonten Hohelied-Textes als Grund für die ungewohnte Temporelation an und bekundet, er gehe insgesamt davon aus, dass Monteverdi die alttestamentlichen Texte auch im hebräischen Original gekannt bzw. erklärt bekommen habe – eine nicht allzu weit hergeholte These, denn in Mantua gab es seinerzeit eine bedeutende Synagoge und zahlreiche jüdische Musiker. Fraglich bleibt nur, ob man aus einer solchen These Temporelationen ableiten kann.
    Abgesehen von solchen unvertrauten interpretatorischen Details, deren umfassende „Entdeckung“ auf diesen CDs auch dem Kenner des Stücks ein waches Ohr abverlangt, liefert Mencoboni mit seiner hervorragenden Vokal- und Instrumentalbesetzung aber eine insgesamt sehr klangschöne, homogene Live-Aufführung des berühmten Stücks. Die Solopartien werden glatter und weniger verziert dargeboten als in anderen Einspielungen – das fällt z. B. gleich im Tenor-Concerto „Nigra sum“ auf. Mencoboni lässt in diesen Concerti nicht einen Chitarrone oder eine Truhe, sondern die große Orgel spielen. Die daraus resultierende warme, dichte „Klanghülle“ begünstigt nicht gerade ein feingliedriges Singen im direkten Wort-Ton-Bezug, gibt dabei aber gleichzeitig den Blick frei auf andere Qualitäten der Musik. Ein ungewohntes Hörerlebnis, fürwahr – aber durchaus auch ein inspirierendes.

    Ich verehre Herrn Wersin und seine Rezensionen, auch seine Büchlein, Bach und Schubert hören!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Claudio Monteverdi

    Vespro della beata vergine



    Sopranos : Céline Scheen (CS), Perrine Devillers (PD) Mezzo-soprano : Lucile Richardot (LR) Tenors : Emiliano Gonzalez Toro (EGT), Zachary Wilder (ZW), Antonin Rondepierre (AR) Basses : Étienne Bazola (EB), Nicolas Brooymans (NB), Renaud Brès (RB)


    Nach dem wunEINE AUFNAHME, DIE KEINE WÜNSCHE OFFENLÄSST

    Zitat von BR Klassik

    Pichon und Pygmalion realisieren das alles atemberaubend. Fantastische Solisten, ein absolut homogen klingender Chor, 26 perfekt musizierende Instrumentalisten, diese Aufnahme lässt wirklich keinen Wunsch offen. Pichon erweist sich auch damit als einer der hochinteressanten Dirigenten der jüngeren Generation, was sich ja vielleicht sogar einmal bis zu den Wiener Philharmonikern herumspricht. Die interpretatorischen Lösungen, die die "Marienvesper" jedem Dirigenten abverlangt, eröffnen bei ihm einige überraschend neue Perspektiven, sind aber immer überzeugend. Die Idee, nicht mit dem großartigen "Gloria Patri" zu schließen, sondern den Bogen zur einleitenden Toccata zu schlagen, wirkt auf mich etwas gewollt. Aber das ist Mäkeln auf höchstem Niveau. Insgesamt war offenbar der Aufnahmeort, der Temple du Saint-Esprit in Paris, höchst inspirierend. Vielleicht schwebte ja wirklich der Heilige Geist über dieser Produktion.

    Zitat

    Claudio Monteverdi: Vesper der Heiligen Jungfrau Rezension von James Manheim

    Es ist schwer zu wissen, wo man anfangen soll, die Schönheiten dieser Veröffentlichung des Pygmalion-Ensembles und seines Regisseurs Raphaël Pichon aufzuzählen, der seine Gedanken zu Monteverdis Vespro della Beata Vergine in der Broschüre im Interviewstil aufzählt. Es gibt viele gute Aufnahmen dieses Werks, das manchmal auch als Vesper von 1610 bekannt ist. Gleich zu Beginn, mit dem jubelnden Glanz der unveränderlichen Harmonie im Eröffnungsinvitatorium, das ebenso deutlich wie alles andere in der Oper Orfeo verkündete, dass die Welt der Musik Die Wirkung dieser Darbietung ist außergewöhnlich kraftvoll, doch nicht nur das glitzernde Tutti beeindruckt. Vielleicht noch mehr als Orfeo vereint die Vesper alle musikalischen Ressourcen, die Monteverdi zur Verfügung stand. Es gibt ausschließlich Opernarien, außer im Text, perfekt vorgetragen von ausgewählten Solisten, die die Verzierungssprache der Zeit beherrschen. Es gibt mehrchörige Blechbläserstücke, die Monteverdis Entwicklung dieses Stils vor seinem Umzug nach Markusdom in Venedig zeigen. Es gibt Polyphonie der alten Schule und reine Monodie. In Pichons Händen werden all diese Stile in perfekter Balance gehalten. Der Klang von Harmonia Mundi aus dem Temple du Saint-Esprit in Paris erinnert an die Pracht der herzoglichen Kapelle in Mantua, für die die Vesper geschrieben wurde. Es gäbe noch viel mehr zu sagen, aber es genügt die Feststellung, dass selbst diejenigen, die glauben, die Vesper gut zu kennen, diese Position überdenken werden, nachdem sie diese bemerkenswerte Aufnahme gehört haben, die es im Spätsommer 2023 zu Recht in die Bestseller-Charts der Klassik geschafft hat.


    Keine Klarheit herrscht aus historischer Sicht über die Besetzung, aber mit einem solchen Ausdruck und einer eben

    solchen Anziehungskraft die auf diese fabelhafte Aufnahme zutrifft, kann man nur begeistert sein, sodass

    sie eine überwältigende Wirkung auf den Zuhörer haben muss!

    Für mich bisher die BESTE AUFNAHME, trotz der vielen Einspielungen! Hier passt wahrlich alles zusammen, das gesamte Ensemble!!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)