La donna e mobile - Verdis "Rigoletto"

  • Zitat

    Original von heldenbariton
    Man sollte nicht vergessen, wann die Aufnahme entstanden ist, denn sie spiegelt auch die Zeit wieder; wer Oper auf Deutsch hören wollte, wurde somit ausreichend bedient.


    Das ist natürlich zwiespältig. Sicher zeigt diese Fernseh-Version ein wenig, wie man einen Verdi 1963 aufgeführt hat. "Ausreichend bedient" wurde man damit aber wohl kaum, gänzlich unabhängig von der Sprache.


    Allein die Strichfassung, die Galliera verwendet, entstellt das Original.


    Ein Hauptproblem dieser Produktion ist neben Cesare Curzi, dessen Unarten selbstverständlich auch in dieser Aufnahme zu erleben sind, der Rigoletto von Ernst Gustein. Der ist alles andere als ein Verdi-Bariton und trägt auch nichts dazu bei, diesen Mißstand zu kaschieren oder abzumildern. Allein schon die blasse, kaum vorhandene Höhe, aber auch der Mangel eines vernünftigen Legatos, die nicht vorhandenen Farben, die oberflächliche Gestaltung - das alles macht den Sänger für mich eher zu einer Fehlbesetzung.


    Man darf nicht vergessen, dass es damals schon die Serafin-Aufnahme gab (Callas und Gobbi), Cellini vorlag (Berger und Warren), auch Perlea erhältlich war (Peters und Merrill) und kurz darauf Kubelik seine durchaus umstrittene, aber spannende Einspielung präsentieren sollte (Scotto und Fischer-Dieskau). Und natürlich gab es die Produktion unter Robert Heger, die deutsch gesungen wurde und interpretatorisch die Sänger/innenriege bei Galliera locker schlägt (Berger und Schlusnus).


    Original von Rideamus

    Zitat

    Zu Cesare Curzi nur dieses: ich fand ihn nur einmal absolut rollendeckend besetzt, und zwar als Tenor im ROSENKAVALIER.


    Es gibt noch eine Rolle, wo das funktioniert: als Alfred in der "Fledermaus", zu hören in der Aufnahme unter Robert Stolz - auch hier wirkt dieser Vortragsstil unfreiwillig - und rollendeckend - komisch.


    Dem Vernehmen nach war Curzi beim Publikum in Frankfurt sehr beliebt. Es lässt sich trefflich darüber spekulieren, inwieweit solche Vortragsunarten den eventuell schlechten Geschmack eines Publikums mitzuverantworten haben.

  • Kennt eigentlich jemand den "Rigoletto"-Fernsehfilm, von dem hier die Rede ist?
    Ich habe nur die Doppel-CD von EMI. Im Begleitheftchen (Text: Thomas Voigt) ist nur die Rede davon, dass es eine der letzten deutschsprachigen Gesamtaufnahmen einer Oper ist, aber von der Filmfassung ist nicht die Rede, offenbar kannte der Autor die auch nicht. Kürzungen waren wohl damals bei Verfilmungen durchaus die Regel.


    Trotz aller Mängel würde ich diese Fernseh-Oper doch mal gerne sehen!


    Zu Cesare Curzi ist im Booklet zu lesen, daß er trotz großer Erfolge seinem Stammhaus, der Nürnberger Oper - 40 Jahre die Treue gehalten hat. (Ich selbst habe mich mit ihm und seiner Stimme nie so recht anfreunden können)

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Herbert Henn


    In den letzten Tagen tauchte im Internet eine mir nicht bekannte Aufnahme des "Rigoletto" auf:


    Metropolitan Opera House
    March 19, 1949 Matinee Broadcast


    RIGOLETTO
    Giuseppe Verdi--Francesco Maria Piave


    Rigoletto... ......... ...Leonard Warren
    Gilda....... ......... ...Patrice Munsel
    Duke of Mantua...... ....Jan Peerce
    Maddalena... ......... ...Martha Lipton
    Sparafucile. ......... ...Dezsö Ernster
    Monterone... ......... ...Kenneth Schon
    Borsa....... ......... ...Leslie Chabay
    Marullo..... ......... ...George Cehanovsky
    Count Ceprano..... ......John Baker
    Countess Ceprano..... ...Maxine Stellman
    Giovanna.... ......... ...Thelma Altman
    Page........ ......... ...Thelma Altman


    Conductor... ......... ...Pietro Cimara


    Diese Besetzung war mir bisher nicht bekannt. Ich werde sie mir wohl zulegen, allein schon wegen Deszö Ernster als Sparafucile. Dieser Bassist hat viele Jahre hier in Düsseldorf gesungen.


    Auch die Sängerin der Gilda, Patrice Munsel, ist sehr interessant (sie hat im Film die Nelli Melba dargestellt!).


    Kennt jemand diese Aufnahme und kann etwas dazu sagen? Die Tonqualität (1949) scheint etwas marode zu sein.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • @Frank Schreiber


    Vielen Dank für Deine Meldung.
    Ich freue mich dass eine positive Antwort auf meine Frage kam und werde mich per pn melden.


    LG
    Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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  • Eine klitzekleine Anmerkung vielleicht:


    La donna e mobile (anstatt é), heißt auf deutsch: die Frau und das/ein Möbelstück (der Kasten), wobei ich anfügen möchte, dass man die italienische Sprache durchaus ohne Umstände auf der deutschen Tastatur schreiben kann. (ich schreibe ja auch ohne besondere Tricks auf einer deutschen Tastatur)
    Danke

  • Zitat

    Original von heldenbariton


    Warren, weil er das, was er singt, erlebt; ihm zur Seite Tucker mit Bravour und Roberta Peters, die bis zum Schluß Mädchen bleibt.
    Schade, dass Cleva nicht weiß, was er dirigiert (NY. 1956).


    Lieber Heldenbariton,


    Bei Cleva bin ich nicht ganz Deiner Meinung, der hat Schwung und Emotion. Bei einer Live-Aufnahme darf man natürlich keine Studio-Perfektion erwarten.
    Leonard Warren ist der absolute Star der Aufnahme und liefert eine der intensivsten Rollengestaltungen, die ich bisher von ihm kenne. Alle seine Vorzüge kommen hier zur Geltung. Roberta Peters hat es da schwer, neben ihm zu bestehen, sie steigert sich aber im Verlauf der Oper, ist für mich insgesamt nur eine gute, aber keine durchgehend außerordentliche Gilda - hat aber das Zeug dazu, wie man in einigen Abschnitten hört, namentlich im dritten Akt.
    Richard Tucker singt traumhaft (rein musikalisch ist das umwerfend) , wirkt aber für den Duca etwas zu akademisch. Das Feuer bleibt künstlich - kein Wunder mit Warren als Gegenspieler, der da die Maßstäbe setzt. Giorgio Tozzi als Sparafucile: Sauber, aber es fehlt das Bedrohliche. Gegen die "schwarzen" Stimmen fällt er ab.


    Die Aufnahme hat einige minimale Tonfehler, die technisch nicht auszubügeln sind. Im Begleittext wird aber ausdrücklich darauf hingewiesen. Sie bedeuten auch keine schwerwiegende Beeinträchtigung.


    "Kein Top 3"-Rigoletto, sondern "Top 10", aber einer, dessen Anschaffung man bedenkenlos empfehlen kann (wenn keine Reserve gegenüber Live gegeben ist). Für ausgesprochene "Rigoletto"-Sammler und Warren-Verehrer (anch' io!) ein Muß.


    LG


    Waldi

  • Zitat

    Original von Michael
    Eine klitzekleine Anmerkung vielleicht:
    La donna e mobile (anstatt é), heißt auf deutsch: die Frau und das/ein Möbelstück (der Kasten), Danke


    ...und ich dachte immer, das heißt: Die Dame ist beweglich. :D

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Meine Lieben,


    Hochgradiges Rigoletto-Fieber ist eine Krankheit, von der man sich ungern heilen möchte. Besser man gibt sich drein, daher noch der Hinweis auf eine weitere Live-Aufnahme:


    Mario Rossi mit dem RAI-Orchester von Turin, 1967, und einer teils tollen Besetzung: Pavarotti, Cappuccilli, Zaccaria, Rinaldi...


    Im Vergleich zu früher gibt sich Rossi jetzt etwas klassischer, läßt aber mehrere Male das Feuer, das seinen deutschen "Rigoletto" so auszeichnete, auch hier hoch auflodern (vielleicht hatte er nicht genügend Proben). Luciano Pavarotti bietet eine etwas ungleichmäßige Leistung. Eher routinierte Momente folgen manchen leicht affektierten, dann wieder zeigt er sich genial und voll in Höchstform (vor allem beim "La donna é mobile", das man nicht besser singen kann). Demgegenüber reiht sich Piero Cappucilli als Rigoletto unter die absolut besten Vertreter dieser Rolle - jeden Augenblick präsent und den Schöngesang mit starkem Ausdruck verschmelzend. Schon wegen ihm allein wäre die Aufnahme quasi unverzichtbar. Margherita Rinaldi (*1933, zog sich 1981 von der Bühne zurück und ging ins Lehrfach) verfügt über eine wunderbare Mittellage (so nennt man das ja wohl, bitte mich allenfalls zu belehren) und kann da als Gilda mit weit berühmteren Kolleginnen mühelos mithalten. Das Mädchenhaft-Innige verliert sich aber meist in der Höhe, wo sie manchmal etwas scharf und sogar angestrengt wirkt. In einer Studio-Aufnahme, wo sie nachbessern hätte können, wäre das sicher eine Spitzen-Gilda geworden, so ist es trotz eindrucksvollem Timbre nur eine gute. Bei Nicola Zaccaria ist der Sparafucile in verläßlichen Händen, nein, in einer verläßlichen Kehle natürlich, ebenso der Monterone bei Plinio Clabassi, der in den 1950er und -60ern in Italien ein gefragter Bass war, der aber auch so ziemlich dem Vergessen anheimgefallen ist, schade!


    LG


    Waldi

  • Lieber Waldi,
    Du lieferst mit Deinen Beiträgen wertvolle Hinweise auf Sänger, die zu Unrecht vergessen sind. In diesem Fall auf den Bassisten aus Udine, Plinio Clabassi, dem Schwiegersohn Benjamino Giglis. Vielen Dank!
    LG
    Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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  • Hallo Harald


    Das war eine etwas gewagte Aussage, denn es ist nicht überliefert, dass Plinio Clabassi jemals in einer Undine gesungen hat. Dafür ist er in Udine geboren worden.


    :hahahaha:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo zusammen,
    dieses Forum hat mich nach längerer Zeit wieder dazu gebracht, in meine „Rigolettos“ hineinzuhören. So schön es ist festzustellen, daß einen auch noch mit zunehmendem Alter das Rigolettofieber packt, so frage ich mich doch, ob nicht gleichzeitig meine Aufnahme- bzw. Lernfähigkeit nachgelassen hat, da die Aufnahmen meiner Jugend immer noch meine Favoriten sind. Es sind dies, um bei der Hauptperson zu bleiben, auch in dieser Reihenfolge: Warren, Taddei und Gobbi.


    Mit Warren war ich darauf darauf programmiert, daß die Rolle nur von einer Stimme mit einem gewissen Volumen bewältigt werden konnte, d.h. sie mußte kraftvoll und umfangreich sein. Das war nicht ganz so selbstverständlich und ist mir eigentlich, wie ich später merkte, nur noch bei Taddei, Iwanow, Herlea und Merrill begegnet. Aber dann beginnt die eigentliche Crux. Wer kann schon den zynischen ganz in den Machenschaften des Herzogs aufgehenden Narren mit dem liebevollen und rachedürstenden Vater verbinden. Verdi: „Eine gänzlich mißgebildete, lächerliche, doch ganz leidenschaftliche, liebevolle Gestalt." Da fallen, bei allem Respekt, Iwanow, Herlea und Merrill ab. Damit soll keineswegs gesagt werden, daß z.B. Merrill ohne Ausdruck singt, aber das Pathos eines Warren, der in der Rolle ganz aufgeht, berührt mich mehr.


    Selbstverständlich gibt es nicht den Rigoletto, so ist m.E. der Auftritt des zynischen Narren zu Beginn der Oper nie eindringlicher dargestellt und vor allem gesungen worden als von Taddei. Hier kommt gegenüber Warren die größere Beweglichkeit von Taddeis Stimme zum Tragen. Sehr beindruckend auch sein Dialog mit Sparafucile, in dem sich Violoncello und Kontrabaß und der pechschwarze Baß von Neri zu einer Szene von tödlicher Eleganz mischen. Sowohl Taddei als auch Warren bewältigen die hohe Tessitura der Rolle, z.B. in den Duetten mit Gilda, und gestalten diese Szenen herzzerreißend. Möglicherweise ist Taddei der perfektere Sänger, aber für mich sind die dramatischen Eruptionen, zu denen Warren fähig ist, ausschlaggebend, welche vielleicht nur von den Alten, wie Amato oder Ruffo überboten wurden, von denen es aber keine Gesamtaufnahmen gibt.


    Auf die Aufnahmen mit Taddei (Questa 1953) wurde bereits hingewiesen. Von den mir bekannten Aufnahmen mit Warren (Toscanini 1944, IV. Akt; Cellini 1950, Cleva 1956) würde ich die bisher in diesem Forum noch nicht genannte Aufnahme unter Sodero (1945) mit Bidu Sayao und Jussi Björling favorisieren. Warren ist hier der leidenschaftlichste Rigoletto, den man sich vorstellen kann, mehr Düsternis, mehr Verzweiflung geht nicht. Und dann ist da noch Björling in weit besserer Verfassung als 1956 unter Perlea, ein Herzog mit einem Elan der seinesgleichen sucht. Sayao ist in Ordnung, aber auch nicht mehr; dasselbe gilt für das Dirigat. Eine Nachmittagsvorstellung der Met als Jahrhundertaufnahme, das waren Zeiten. Wer auf eine bessere Klangqualität und eine ausgeglichenere Besetzung (Gilda) Wert legt, muß zur Cellini-Aufnahme greifen. Das Urteil von GiselherHH zu Cellini („belanglos“) finde ich zu schroff. Es ist ein traditionelles Verdi-Dirigat in der Nachfolge Toscaninis durchaus gefühlvoll aber auch straff und dramatisch.


    Der dritte im Bunde, Tito Gobbi, besaß zwar nicht Volumen und Attacke der beiden, aber es ist, und dies, obwohl mir persönlich sein Timbre nicht liegt, nicht zu leugnen, daß Gobbi die Rolle überaus nuanciert zum Ausdruck bringt. Seine Interpretation bleibt im Gegensatz zu Fischer Dieskau meist innerhalb der gesanglichen Linie, aber wenn breites Strömen auf dem Fluß der Melodie angesagt ist, ist auch Volumen und sinnlicher Wohllaut gefragt, und Gobbi kann dies nicht bringen. Theophilus bringt die Wertung der Gesamtaufnahme (Callas, di Stefano) auch für mich gut zum Ausdruck. Trotz aller Mängel „passiert das Unerwartete, dass nämlich diese Aufnahme fast unverzichtbar ist. Das Ganze ist viel mehr als die Summe der Einzelteile. Vielleicht nicht als erste, aber spätestens als zweite Aufnahme des Rigoletto gehört sie in jede Verdi-Opern-Sammlung.“ Inwiefern allerding Theophilus Gobbi für zu schwer hält, habe ich nicht verstanden.


    Bei der restlichen Rollenbesetzung kann man eigentlich nur bei den Aufnahmen bleiben, in welchen Warren, Taddei und Gobbi den Titelpart geben. Was nutzt die beste Gilda, wenn die Hauptperson abfällt. Ist Gilda ein verliebtes Mädchen oder eine liebende Frau? Das ist die Frage. GiselherHH entscheidet sich für letztere und lehnt deshalb die mädchenhafte Erna Berger ab. Abgesehen davon, daß Verdi diese Rolle offensichtlich für einen leichten, flexiblen Sopran geschrieben hat, durchaus mit Hang zum dramatischen, ist m.E. in dieser Oper eine Entwicklung vom ersten Sehen in der Kirche bis zur liebenden Frau nicht nachvollziehbar. Sie ist Opfer jugendlichen Schwärmens. Der reine Sopranklang Erna Bergers deckt sich für mein Empfinden mit der Rolle der naiven, keuschen Tochter. Dazu singt sie anrührend und makellos. Ähnliches gilt für Lina Pagliughi. Auch wenn sie, zwar jünger als die Berger, ihren Zenit hinter sich hatte, gelingen ihr gegenüber der Aufnahme unter Sabajno (1927) fast schwerelos phrasierende Momente - eine beseelte Gilda. Da kann die Stimme ruhig mal etwas dünn oder die Koloraturen unsicher werden. Maria Callas nähert sich schon von der Stimmanlage dem Konzept „liebende Frau“. So singt sie anfangs mit einer naiven, unschuldigen Stimme um in „tutte le feste“ und im Duett „Piangi, fanciulla“ mit anderer Stimme zu agieren. Diese Entwicklung aufzuzeigen offenbart die Kunstfertigkeit der Callas, aber sie ist keine Gilda naturel. Nicht umsonst hat sie die Gilda nur zweimal auf der Bühne gesungen; dennoch eine große, unverzichtbare Interpretation. Was in der Schlußszene möglich ist, zeigt Magda Janculescu, neben Herlea (Bobescu 1963): Wie bereits aus einer anderen Welt setzt sie ihre in ein schwebendes Piano zurückgenommenen Spitzentöne.


    Gewiß hatte Toscanini seine Gründe für den bevorzugten Einsatz von Jan Peerce, aber die Stimme des Herzogs sollte auch verführerisch sein. Dasselbe gilt auch für Richard Tucker, obwohl mir sein Timbre weitaus besser gefällt und er die Rolle technisch souverän und mit Schwung meistert. Über das klangsinnliche Material verfügt di Stefano, aber es mangelt an Flexibilität. Für Ferruccio Tagliavini kommt die Aufnahme etwas spät. Leider hat der Zweite Weltkrieg seine beste Zeit als Nachfolger Giglis geschluckt, aber seine lyrische Stimme verfügt immer noch über ein süßes, verführerisches Mezzavoce und schwingt sich leicht in die Höhe. Ein Stilist von untadeliger Diktion und eleganter Phrasierung. Wer allerdings mehr den Draufgänger hören will, greife zu Björling, dessen Elan und Brio nicht zu übertreffen sind.
    Obwohl ich nicht alle im Forum genannten Aufnahmen kenne, gehe ich davon aus, daß die von mir genannten Aufnahmen meine Favoriten bleiben werden. Generell beunruhigend, wenn auch nicht für mich persönlich, anscheinend bin ich nicht allein so vergangenheitsfixiert, ist die Tatsache, daß das Forum keinen Verdibariton nennen kann, der stilbildend für die Gegenwart sein könnte. Aber auch ich träume lieber von der Vergangenheit und male mir z.B. aus, wie der russische Rigoletto mit Iwanow auf italienisch geklungen hätte, und der wahrhaft verführerische Herzog Iwan Koslowskijs durch ein Dirigat Giulinis diszipliniert wäre – dazu mit Iwan Petrow ein Monterone, dessen Fluch wirklich zu erschüttern vermag.
    Im Übrigen möchte ich, anläßlich des Todes von Kostas Paskalis in diesem Jahr, auf dessen ausdrucksvollen Rigoletto in einer Live-Aufnahme aus Florenz hinweisen, die durch eine gleichmäßige Besetzung auf hohem Niveau besticht. (Pavarotti ist ja allerorten gewürdigt worden, über Paskalis habe ich nichts gelesen)


    Kostas Paskalis; Renata Scotto; Luciano Pavarotti; Carlo Maria Giulini (1966)


    Grüße an alle :hello:
    arimantas

  • Hallo arimantas,


    auch für mich ist TAMINO immer wieder ein Grund, in einige Aufnahmen hineinzuhören, die sich bei mir für längere Zeit nicht gedreht haben.


    Auch für mich ist Warren derjenige Sänger, der die sinistren Seiten der Partie und auch die Verzweiflung des Vaters am eindringlichsten zum Ausdruck bringen kann.


    Merrill hat mich überrascht: Durch sein "schöneres", etwas harmonischeres Singen hatte ich ihm mir in dieser Rolle nie recht vorstellen können. Wenn er auch in den dramatischen Teilen der Partie meiner Meinung nach hinter Warren zurückbleibt, so gehört seine Szene ab "Lará, lará" und der anschließenden flehenden Bitte an die Höflinge, seine Tochter herauszugeben, für mich zu den bewegendsten Interpretationen dieser Szene überhaupt.


    Es freut mich, dass du Lina Pagliughi als Gilda schätzt. Sie gehört zu meinen Lieblingssängerinnen und ist meiner Meinung nach durchaus nicht nur die süße, aber langweilige Koloraturnachtigall, zu der sie von manchen Kritikern gemacht wird. Ich kenne auch beide Aufnahmen, die Ausschnitte aus dem Jahr 1927 und die Aufnahme von 1953 und mir gefällt sie auch in der letzteren besser, eben des "beseelten" Tones wegen.


    Obwohl Jussi Björling mein Lieblingssänger ist, kann ich mich mit seinem Herzog nicht ganz anfreunden; er ist mir in dieser Rolle allzu stürmisch-draufgängerisch. Den charmanten, lächelnden Verführer hört man bei ihm leider nicht so sehr. Was ich an seinem Herzog jedoch in einer Aufnahme von 1957 aus Stockholm immer wieder gern höre, ist sein zweites "La donna é mobile" in der Szene mit Maddalena: Hier hört man wirklich einmal einen Herzog, der sich zur Nacht fertig macht und dabei immer müder und müder wird - auch stimmlich klasse dargestellt. Ansonsten ziehe ich die etwas weniger stürmischen Ducas vor.


    :hello: Petra

  • Zitat

    Original von arimantas
    So schön es ist festzustellen, daß einen auch noch mit zunehmendem Alter das Rigolettofieber packt, so frage ich mich doch, ob nicht gleichzeitig meine Aufnahme- bzw. Lernfähigkeit nachgelassen hat, da die Aufnahmen meiner Jugend immer noch meine Favoriten sind.


    Lieber Arimantas,
    danke für diese sehr intensive Auseinandersetzung, die mich in der Lektüre überzeugt, obwohl ich die meisten Aufnahmen, auf die Du Dich beziehst, gar nicht kenne.


    Ich denke, Du legst den Finger auf ein Phänomen, mit dem wir uns hier und andernorts noch zu wenig auseinandergesetzt haben, obwohl es permanent auftaucht und ersichtlich die Wahl der Favoriten prägt - anscheinend ganz unabhängig davon, wieviel besser die wirklich sind. Ob wir es wollen oder nicht, unser Eindruck von dem, wie ene Oper klingen soll, wird viel mehr durch unsere frühen Eindrücke von ihr geprägt, als wir oft wahrhaben wollen. Danach haben es andere einfach schwerer, sich zu behaupten. So ist für mich Renato Capecchi ein maßstäblicher Rigoletto schon deshalb, weil ich jahrelang nur die Aufnahme von Molinari-Pradelli mit ihm, Tucker und Gianna d'Angelo besaß, die bis heute eine der elegantesten ist. Hinzu kommt eine Geschmacksfrage: will man den Rigoletto lieber besonders gut gesungen oder besonders überzeugend dargestellt haben? Letzteres wäre ohne bestimmte Kompromisse in der Gesangslinie für mich fast undenkbar.


    Beides muss nichts Schlimmes sein, und ein Mittelweg ist natürlich denkbar. Ich bin auch sehr froh, Kostas Paskalis noch live als Rigoletto erlebt zu haben, auch wenn er in einer der Frankfurter Vorstellungen, die ich hörte, im ersten Akt so auffällig für die Rampe sang, dass man gewisse Irritationen bei Ileana Cotrubas nicht übersehen konnte, weil er immer wieder Töne länger hielt als sie. Nach kräftigen Buhs bot er im zweiten Akt den sängerisch wie darstellerisch überzeugendsten Rigoletto, den ich je live gesehen habe.


    Aber es impliziert eine gewisse Ungerechtigkeit gegenüber den nachrückenden Sängern, die oft nicht weniger talentiert, aber anderen Moden -und Dirigenten! - verpflichtet sind. Deswegen bin ich immer etwas skeptisch, wenn Favoriten ausschließlich vor mehr als einem Vierteljahrhundert aufgenommen wurden. Beim RIGOLETTO, der vielleicht meisteingespielten Oper des letzten halben Jahrhunderts, lässt sich das besonders gut beobachten.


    :hello: Rideamus

  • Ich habe einen Rigoletto Thread gesucht und grabe nun diesen wieder aus. Heute gab es den Rigoletto an unserer Opera de Lille. Ein armselges Bühnenbild(mit stiliserten Holzbuden dein Badehäuser oder Wohnwagen erinnnerten, die szenerie wurde in die 20iger Jahre verlegt- absurd!!!!! Und der Duca trug auch noch Uniform Ich werde bei sowas noch zum aggressiven Staubi :motz:) . Aber: tolle Personenregie, musikalisch und sängerisch sehr zufriedenstellend und daher insgesamt ein toller Genuss meiner Fast-Lieblingsoper von Verdi (neben Don Carlo und Traviata).
    Insbesondere ein Bilderbuch-Rigoletto namens Stefano Antonucci sorgte für anhaltenden Jubel und viele Zwischenbravos.
    Ist jemanden dieser Bariton schon akustisch/schauspielerisch über den Weg gelaufen? In beiden Disziplinen war er gleichermassen herausragend. dazu kam die harrgenau passende Statur: sehr klein und mager, ausserlich grosser Ähnlchkeit mit Charlie Chaplin mit Buckel , nur been viel bemitleidenswerter als Erscheinung zurechtgemacht. Und dann einer echten Rigoletto-Stimme-das war komplett rollendeckend besetzt.
    Ich weine sehr selten in der Oper, aber dieses Psycho-Drama war so authentisch, dass nicht nur bei mir Tränen flossen.
    Am Ende hat Rigoletto hier, im Glauben es sei der tote Duca, noch drei wohlgesetzte und sehr aggressive Meserstiche in den Leichensack getan-da stockte einem wirklich der Atem!
    Diese Oper ist für mich eine der Tragischsten, die man sich nur denken kann und wirkt mit einer guten Persoennregie dann auch heute noch vollkommen folgerichtig, nachvollziehbar und zum Blut in den Adern gefrieren.


    Ich môchte auch noch auf eine sehr schönstimmige, junge amerikanische Gilda namens Stacey Tappan aufmerksam machen, die genau den anmutigen mädchenhaften Schmelz in der Stimme hat, den es für diese Rolle braucht.
    Einige Schwächen in Intonation und Durchhaltekraft wurden ihr deswegen und nciht zuletzt wegen der hervorragenden Rollengestaltung nur zu gerne verziehen.


    Fairy Queen

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  • Mit diesem Beitrag setzte in dem Thread über die Dresdner Inszenierung des RIGOLETTO ( RE: RIGOLETTO in Dresden mit Lucic, Damrau und Florez ) eine grundsätzlichere Diskussion über die Hauptfiguren dieser Oper ein, die besser hierher passt, zumal manche dieser Überlegungen schon in diesem Thread angestellt wurden. Ich habe diese Grundsatzdiskussion deshalb hierher kopiert und um Bezüge ausschließlich zur Dresdner Inszenierung bereinigt, die in dem anderen Thread zusammen mt ihrem vollständigen Umfeld erhalten bleiben, so dass man dort nach wie vor den gesamten Kontext und die Entstehung dieser Diskussion verfolgen kann. J.R. II



    Hallo Waldi,
    Monterone sagt doch wortwörtlich "Ich werde eure Orgien stören!", und schon vorher gibt es genügend Verweise im Text, um welche Art von Vergnügungen es bei diesen Hoffesten geht, nämlich um vordergründige Lustbefriedigung. Die Höflinge spielen mit, teils aus Überzeugung, teils angewidert - aber sie alle sind vom Herzog abhängig, ohne ihn sind sie nichts, denn was passiert, wenn einer wagt aus der kriecherischen Phalanx auszuscheren, zeigt ja das Schicksal Monterones.


    Abhängigkeitsverhältnisse gibt es auch heute genügend, und soooo abwegig ist es nicht, dass auch ein Krawattenträger die Schändung seiner Tochter durch den Boss beklagen könnte (Und vielleicht den Anfängen nicht gewehrt hat, aus Angst um den job!). Und es geht ja offenbar um Vergewaltigung, nicht darum, dass da jemand freiwillig seine Unschuld verloren hätte. Gerade das Rigoletto-Sujet bietet in meinen Augen viele moderne Ansatzpunkte, ganz ohne dass das Libretto und die Musik gegen den Strich gekämmt werden müssten.
    lg Severina :hello:

  • Abgersehen davon, dass mein Lieblings-Duca bisher( allerdings mehr als Rollenporträt und Timbre denn als Stimmtechnik, da finde ich auch Pavarotti besser geeignet) Placido Domingo ist, also eher ein gestandener "Heldentenor" denn ein Tenorino muss ich Waldi bei der charakterisierung der Rolle beipflichten.
    Der Duca sol einen typischen italienischen Renaissance-Potentaten darstellen und ist Alles Andere als ein primitiv funktionierender Macho.
    Hier handelt es sci hum einen hochbebilkdeten, in Dichtkunst, Malerei und Musik bewanderten Menschen von verfeinertem Geschmack und ich nehme ihm seine Begeisterung für die unschuldige Gilda auch durchaus ab!
    Ic hhabe mal eine serh gute Inszenirung gesehen, in der dieser Duca à la Goethe, auf dem nackten Rücken einer seiner Gespielinnen die schönsten Verse über seine Gilda geschrieben hat.
    So in etwa kann man sic hdas gut vorstellen, in Rcoihtung eiens Viconte de Valmont. total übersättigt;, aber alles andere als dumm, ungebildet oder primitiv. dann kommt da endlioch mal eine authentische Unschuld mit echten Gefühlen und sie ist imstande auch bei diesen Männern echte Gefühle zu wecken(siehe Mme de Tourvel in Bezug auf Valmont)


    Leider ist aber die Gewohnheit und die Zwänge des alten Egos und der gesellschaftliche Druck grösser, so dass diese Gefühle im Winde verwehen.
    Aber den Duca nur als gewissenlosen Verfûhrer zu sehen, fidne ich viel zu kurz gegriffen und auch nicht in verdis Musik so angelegt. wie Waldi sagt: im ersten Akt darf er wirklich verliebt sein und ist nciht nur auf Jungfrauenjagd ! Da passt Florez jugendlciher Verführercharme sicher bestens hin.
    Allerdings ist er auch m.E. noch zu serh charmanter Junge und Tenore di grazia, als dass er einen so ambivalenten Charakter überzeugend rüberbringen kann. Und das meine ich jetzt gleichermassen für Stimme und Person.


    F.Q.


    P.S. Liebe Severina, bist du sicher , dass es hier um Vergewaltigung geht???? Um Entführung ja, aber hat ein Duca eine Vergewatigung nötig? Das geht gegen die ehre jedes echten Casanovas!!!!
    Gilda ist immerhin in den Herzog leidenschaftlich verliebt, das darf man nciht vergessen!

  • Hallo Fairy,
    ich glaube, diese Diskussion hatten wir schon in anderen Threads ;) Bildung etc. gestehe ich dem Duca ja gerne zu, nur hindert ihn das nicht daran, als typischer Renaissancepotentat die absolute Verfügungsgewalt über seine Untertanen für sich in Anspruch zu nehmen, Menschen sind für ihn Spiel- bzw. Werkzeuge (Rigoletto), die er bedenkenlos für seine Interessen (und die sind zumindest in dieser Oper sehr triebgesteuert....) einsetzt bzw. missbraucht. Ich bleibe dabei, dass der Duca per se keine positive Gestalt ist, aber natürlich erliege auch ich dem Windhund-Charme der meisten seiner Interpreten (wer könnte einen Domingo schon ernsthaft zum Teufel wünschen ;) :D )
    lg Severina :hello:


    PS: Sehe erst jetzt dein zweites Posting: mit Vergewaltigung meinte ich nicht (unbedingt) Gilda, sondern Monterones Tochter. Was Gilda betrifft, so ist die Inszenierung so angelegt, dass zumindest (sanfte) Nötigung drinnen ist. Natürlich liebt sie den Duca, erkennt aber schon bei ihrer ersten Begegnung, welche Gefahr von ihm ausgeht, auch wenn sie letztendlich seinen Verführungskünsten beinahe schon jetzt erliegt. Diese Gilda erscheint mir nicht sooo naiv, dass sie gar nicht kapiert, was da eigentlich mit ihr passiert, und ich denke, dass es im Kabinett nicht ganz ohne Gegenwehr abgegangen ist, Aber natürlich, eine Vergewaltigung war es keinesfalls, aber sicher sanfter Nachdruck. Ich versuche mich in Gildas Lage zu versetzen: Sie wird in einer gewaltsamen Aktion entführt und findet sich im Schloss des Duca wieder, in dem sie zu ihrem Entsetzen den von ihr geliebten "povero studente" entdeckt - glaubst du wirklich, dass sie die Gefühle zu dem einen so problemlos auf den anderen übertragen kann? Fragt sie sich nicht, wozu dieser Betrug inszeniert wurde? (Sie weiß ja auch gar nicht, dass der Duca mit ihrer Entführung nichts zu tun hat!) Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie in dieser Situation dem Duca ohne die geringsten Vorbehalte an die Brust sinkt und denkt, dass schon alles seine Richtigkeit hat.

  • Zitat

    Original von Walter Krause


    Warum bitte eine Orgie bei Hof? Kann das jemand erklären? Ich kann eine solche in Verdis Musik nicht hören. Da geht es nicht so vordergründig zu, sondern wesentlich komplizierter. Das Problem beim Duca ist, daß er nicht nur leichtsinnig und gewissenlos ist, sondern daß er das alles mit Stil betreibt, nicht auf die primitive Hechelmanier. Bei Verdi geht es um verfeinerte Dekadenz, nicht um orgiastische Drastik, oder?


    Lieber Waldi,


    bei Verdi bin ich mir da nicht so sicher. Die Heidenangst Rigolettos vor den Folgen einer möglichen Begegnung zwischen seiner Tochter und seinem Brötchengeber spricht für mich auch im Text schon Bände, und das wird von der Musik schon zu Beginn keineswegs konterkariert. Noch deutlicher wird das bei Rigolettos flehentlichem "Cortigiani!". Versteht man allerdings den Herzog, wie Lehnhoff es offenbar tut und Florez durchaus rollendeckend realisiert, als einen noch sehr jungen und verantwortungslosen, wenn auch durchaus schon stilvollen Spielknaben (deutsch: Playboy), der nur seinem Vergnügen nachgeht, dann passt der orgiastische Makenball zu Beginn sehr gut. Ich fand das eine brilliante Einführung mitten ins Herz der Dinge. Schon beim ersten Blick weiß man, auf was für einem Hof man sich befindet.


    Deshalb finde ich es auch eine gute (wenn auch wenig konsequente) Entscheidung von Lehnhoff, Gilda nach der "Begegnung" mit dem Duca in dessen Schloss mit strategisch platzierten Blutflecken auf dem Nachthemd auftauchen und von ihrer Schande erzählen zu lassen. Allerdings sehe ich da einen gewissen Widerspruch zum ersten Akt, wo sie sich ja auch schon in Gildas Bett gewälzt haben. Das spricht doch eher gegen eine Vergewaltigung - allerdings auch gegen eine Entjungferung im Schloss. Da ist Lehnhoff eindeutig widersprüchlich.


    So oder so: natürlich liebt sie ihn schon da noch immer genug um die Folgen des Racheschwurs ihres Vaters für ihn zu fürchten, und später ohnehin. All das wäre bei einem machohaften Herzog eher nicht denkbar. Deshalb finde ich Florez auch eine durchaus diskutable Verkörperung. Wahr ist allerdings, das gerade der Herzog nicht im Verdi-Orchester und -Ensemble stimmlich untergehen dürfte. Deswegen glaube auch ich nicht, dass Florez gut beraten wäre, auf diesem Pfad weiter zu gehen - jedenfalls live. Sowohl um seines Rufes als auch um seiner Stimme willen.


    :hello: Jacques Rideamus

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  • Zitat

    Original von severina
    :


    PS: Sehe erst jetzt dein zweites Posting: mit Vergewaltigung meinte ich nicht (unbedingt) Gilda, sondern Monterones Tochter. Was Gilda betrifft, so ist die Inszenierung so angelegt, dass zumindest (sanfte) Nötigung drinnen ist. Natürlich liebt sie den Duca, erkennt aber schon bei ihrer ersten Begegnung, welche Gefahr von ihm ausgeht, auch wenn sie letztendlich seinen Verführungskünsten beinahe schon jetzt erliegt. Diese Gilda erscheint mir nicht sooo naiv, dass sie gar nicht kapiert, was da eigentlich mit ihr passiert, und ich denke, dass es im Kabinett nicht ganz ohne Gegenwehr abgegangen ist, Aber natürlich, eine Vergewaltigung war es keinesfalls, aber sicher sanfter Nachdruck. Ich versuche mich in Gildas Lage zu versetzen: Sie wird in einer gewaltsamen Aktion entführt und findet sich im Schloss des Duca wieder, in dem sie zu ihrem Entsetzen den von ihr geliebten "povero studente" entdeckt - glaubst du wirklich, dass sie die Gefühle zu dem einen so problemlos auf den anderen übertragen kann? Fragt sie sich nicht, wozu dieser Betrug inszeniert wurde? (Sie weiß ja auch gar nicht, dass der Duca mit ihrer Entführung nichts zu tun hat!) Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie in dieser Situation dem Duca ohne die geringsten Vorbehalte an die Brust sinkt und denkt, dass schon alles seine Richtigkeit hat.


    Liebe Severina, ich versuche auch , mich in Gilda zu versetzen und komme da in Teilen zu einem etwas anderen Ergebnis.
    Dass sie nicht blöd ist und die Zusammenhänge irgendwo erkennt und nciht einfach so hinnimmt , glaube ich auch.
    Aber sie ist eben auch bis über beide Ohren verliebt-was ja in ihrer grossen Arie mehr als deutlich wird.


    In unserer Inszenierung hier in Lille liegt sie am Ende der Arie und singt die letzten Zeilen mit ziemlich wollüstigen aber gleichzeitig sympathisch unschuldig-naiven Bewegungen im Liegen.
    Dass sie den Duca gerade auch nach dieser "Nôtigung" im Kabinett noch weiter liebt, spricht eine eindeutige Sprache. Hätte er sie brutal behandelt oder gar vergewaltigt, wäre das wohl kaum der Fall.
    Ich glaube eher im Gegenteil, dass er sie aufs Raffinierteste und Zärtlichste verführt hat-denn er war zumindest auch in sie verliebt-egal wie lange das nun angehalten hat, zu diesem Zeitpunkt war es noch der Fall.
    In der Inszenierung hier kommt Gilda nach der "Vergewaltigung" im Bademantel des Duca hinaus zu ihrem Vater und trägt dieses seidene Herren-Gewand während des ganzen Duetts mit Rigoletto. Sie fûhlt sich darinnen und seinem Duft offenscihtlch sehr wohl- was eindeutige Suggestionen zulässt. SO kann man das durchaus auch interpretieren, finde ich!
    Der Duca ist kein brutaler Idiot und ich finde gerade seine Ambivalenz so interessant. Er ist eine Mischung zwischen Don Giovanni und Casanova und sehr eng mit dem Vicomte de Valmont verwandt.
    Gildas eigentliche Schande und Todesentscheidung sehe ich darin, dass sie diesen Kerl, der sie dann mit einer hergelaufenen Maddalena "betrügt", wirkich liebt. Und zwar eindeutig mehr als ihren Vater.
    Mit dieser Erkenntnis kann sie auch angescihts dieses Vaters und seiener Ansprüche unmöglich weiterleben und ihr Todes-Opfer ist für mich auch aus Scham und Selbsthass geboren. Wäre sie unschuldig vergewaltigt worden udn würde ihren "Peiniger" hassen, gäbe es Rache an ihm aber nicht das Opfer ihres eigenen Lebens für ihn.
    So aber râcht sie sich an sich selbst und ihrem Vater, nciht aber am Duca!
    Die Gilda ist in meinen Augen kein unwissendes Unschuldslämmlein sondern eine durch die Tragödie Erkennende und verzweifelte Liebende.


    Fairy Queen, sonnambulierend

  • Meine Lieben,


    Also das mit der Vergewaltigung kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Natürlich sträubt sich bei Gilda die Tugend, die wird aber (und das wurde schon bei der Szene in ihrem Zimmer klar) von Liebe und Leidenschaft schnell verdrängt. Das Schockerlebnis ist für mich eher so zu deuten, daß der Herzog nach der Verführung keineswegs sofort einen Heiratstermin festsetzt (wie sein naiv-seliges Opfer erwartet), sondern auf zärtliches Verhältnis weitermachen will - das stürzt Gilda in einen tiefen Konflikt. Sie weiß, daß sie ihn liebt, sie weiß, daß er sie liebt - aber nur als Mätresse. Daraufhin flüchtet sie im vollen Bewußtsein ihrer Schande zu ihrem Vater, kann sich mit dessen Racheplänen aber keinesfalls identifizieren. Die bewußten Blutspuren fand ich absolut überflüssig und - abgesehen vom Physiologischen - widersinnig. Brutale Gewalt hatte der Duca nicht nötig, das sehe ich genauso wie Fairy. Er verletzt die Frauen nicht, indem er sie flachlegt, sondern weil er danach nicht das tut, was sie von ihm erhoffen und erwarten.


    Natürlich war es für Gilda ein bißchen schockierend, als aus dem armen Studenten ein strahlender Herzog wurde, aber man kann sich vorstellen, daß sie heilfroh war, in dem unbekannten Palast (für sie ein Gefängnis) und statt der tatsächlich Gewalt übenden maskierten Entführer plötzlich ihren Liebsten zu finden. Der konnte ganz ehrlich und glaubhaft schwören, daß er mit der vorangegangen Aktion nichts zu tun hatte und schloß sie tröstend in die Arme. Na, glaubt Ihr wirklich, daß bei soviel Gefühl und Charme noch viel Gewalt nötig war?


    Lieber JR, was die Orgie betrifft: Eine solche höre ich aus der Musik in "Tannhäuser" heraus, nicht bei "Rigoletto". Hier mißversteht nach meinem subjektiven Empfinden der Regisseur Verdi total. Dessen Oper ist kein Sexfilm, sondern sublimiertes Gefühl - verschiedenster Art zwar, aber Vordergründiges aus Prinzip vermeidend. Expressionismus, Wedekind u.a. sind noch weit. Und auch Richard Wagner hat den Venusberg nicht platt angelegt.


    LG


    Waldi

  • Lieber Waldi,
    an die Schande, nicht geheiratet zu werden, habe ich gar nicht mehr gedacht. Was zeigt, wie weit wir heute mental von solchen Vorstellungen entfernt sind.
    Diese Schande kommt also noch zu der Scham, einen leichtlebigen Frauenverführer zu lieben, der sogar einer Maddalena die Ehe verspricht, um ans Ziel zu kommen, hinzu. Ansonsten bin ich vollkommen mit dir d'accord, siehe men letztes Posting.
    Und noc hzu Severina: selbst wenn Gilda nicht ihre Gefûhle für den Povero Studente Gualtier Maldé widerspruchslos auf den Duca di Mantova übertragen hätte-was hat denn eine veliebte blutjunge Frau einem erfahrenen Verfûhrer schon entgegenzusetzen, wenn er kein vollständiger Idiot ist?
    Und seit wann lieben Frauen(so sie gesunden Geistes sind) Vergewaltiger nach begangener Tat so sehr, dass sie statt Rache zu nehmen, ihr eigenes Leben für sie opfern wollen ?
    Nein, der Herzog hat die totale Unerfahrenheit und Verliebtheit Gildas auf viel raffiniertere Weise ausgenutzt und sie ist ihm gegen ihre eigene Erziehung und "Moral" verfallen.
    Dass in der Dresdner Inszenierung da Blut im Spiel ist, finde ich auch übertrieben. Obschon man es ja auch ohne Gewalt als Entjungferung sehen muss und das Blut auch im positivsten Fall gegenseitigen Einvernehmens dazugehören kann.
    Ich würde das symbolisch sogar auch als Gildas Herzblut sehen.


    Fairy Queen

  • Hallo,


    aber dass "Orgien" im Italien der Renaissance stattgefunden haben (siehe nur die zeitgenössischen Berichte vom lasterhaften Treiben der Borgia-Päpste), dürfte unumstritten sein. Dass Verdi diese Triebe im vergleichsweise prüden 19. Jhd. musikalisch sublimiert hat (wenn auch nicht zu sehr), ist auch klar, insofern sollte ein Regisseur diesen Aspekt nicht überdeutlich werden lassen. Aber dass der Hof von Intrigen, Gier, Duckmäusertum und erotischen Ausschweifungen, kurz: vom Laster, beherrscht wird, kann von der Regie nicht ignoriert werden. Es reicht m.E. nicht, dem Chor Renaissance-Kostüme anzuziehen, ihn von links nach rechts und dann wieder nach links schlurfen zu lassen und dann die Gläser zu erheben. Ein bissel mehr Pep und erotische Spannung (wie sie etwa Ponnelle in seiner Fernsehinszenierung rübergebracht hat) sollten es schon sein.


    Was das Nachthemd angeht (ich habe die Inszenierung nicht gesehen): Die naturalistischen Blutflecken dürften wohl weniger einer stattgefundenen Vergewaltigung mit körperlichem Zwang als vielmehr der stattgehabten Defloration Gildas geschuldet sein. Dass diese nicht im 1. Akt passiert sein kann, erklärt sich auch mit der Reaktion Gildas genüber ihrem Vater (2. Akt, 5. Szene), wenn sie von der "Schande" spricht und vom "Erröten". Dass Gilda so naiv ist, zu glauben, der Herzog würde sie "aus Dankbarkeit" wie ein x-beliebiger Bürgerlicher heiraten, nachdem er bekommen hat, was er wollte, entspringt eben auch der Käseglocke, unter der sie von ihrem überängstlichen Glucken-Vater erzogen wurde. Denn ein bisschen mehr Kenntnis von der Welt hätte sie vielleicht davor bewahrt, ihre Unschuld einem Manne zu schenken, der es schon aufgrund seines Standes gewohnt ist, für die Dinge, die er sich nimmt, nicht zu bezahlen.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Lieber GiselherHH,


    Ich stimme mit Dir überein. Nur ist eben ein Unterschied zwischen lasziver Erotik (wie in dem von Dir erwähnten, für Liebhaber opulenter Optik sehr gelungenen Fernsehfilm) und wenig verbrämtem Sex. Das mit der Käseglocke stimmt hundertprozentig!
    Übrigens: So prüde, wie man immer sagt, war das 19.Jahrhundert gar nicht immer. Da muß man immer wieder differenzieren.


    Liebe Fairy,


    Das mit Maddalena passiert erst wesentlich später. Als Gilda ihrem Vater gegenüber von der Schande spricht, ahnt sie ja noch gar nichts von solcher Zukunftsbosheit, sondern hofft im Stillen, daß der Duca doch noch bürgerliche Vernunft annimmt, und hält an der Liebe fest. Eine Idealistin eben. Sie ist das einzige innerlich saubere Wesen in diesem lasterhaften Mantua, denn alle anderen haben sich mit den Zuständen arrangiert, auch wenn sie - wie Rigoletto - darunter leiden. Daß der Herzog ein wüstes Vorleben aufwies, ist im Hinblick auf die feudalen Zustände damals auch aus der Sicht Gildas als sozusagen noch verzeihliche Sünde zu werten. Und die Verführung wäre durch die Legalisierung des Gspusis ja kein Problem mehr. Wie man bei Cervantes nachlesen kann, geht die damalige machoeske Weltsicht ja sogar so weit, daß selbst nach einer echten Vergewaltigung alles in Ordnung kommt, wenn der Täter das Opfer heiratet (leider kommt das bekanntlich auch heutzutage noch oft genug in patriarchalisch strukturierten Gesellschaftssystemen vor, in Abwandlungen auch hierzulande). Insofern ist Gildas Verzweiflung mehr den fehlenden Konsequenzen geschuldet als der Übeltat selbst, die sie zweifellos mehr himmlisch als höllisch empfunden hat. Daß sie in der Liller Inszenierung im Schlafrock des Herzogts auftritt, halte ich für eine großartige Regie-Idee!


    LG


    Waldi

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  • Eine (ziemlich gewaltsame) Defloration war natürlich auch meine erste Assoziation, aber erklärt die wirklich den Umstand, dass Gilda am ganzen Körper, sogar am Kragen ihres Nachthemds, blutbefleckt war? Ganz abgesehen davon, dass das völlig gegen die (für Florez entworfene?) Konzeption des relativ kultivierten Herzogs geht, der in der Tat, und da bin ich ganz bei Severina, dergleichen nicht nötig gehabt haben dürfte.


    Ist das nur eine Inkonsequenz Lehnhoffs, oder übersehen wir da nicht den sehr deutlich ausgespielten, gewaltsamen Charakter der Entführung Gildas durch die geradezu plakativ teuflischen Höflinge, die sich keineswegs darauf beschränkt haben müssen, das Liebchen des Hofnarren "nur" zu entführen und ihrem Herzog ins Bett zu legen. Schließlich wussten sie nichts davon, dass der Herzog bereits sein Auge auf das Mädchen geworfen hatte, hatten aber allen Grund, den hasserfüllten Hofnarren ihrerseits zu hassen und ihm zu schaden, wo und wie sie nur konnten.


    Natürlich steht von dieser Weiterung kaum etwas in Piaves Text, aber ich bin ziemlich sicher, dass Lehnhoff bei dessen Vorlage, nämlich Hugos "Le Roi s'amuse", nachgelesen hat, die so bitter antiroyalistisch war, das Louis-Philippe das Stück schon nach der ersten Aufführung verbieten ließ, obwohl er erst zwei Jahre zuvor die Zensur abgeschafft hatte.


    Was auch gerne vergessen wird: erst auf Drängen der venezianischen Zensur, die Probleme mit Frankreich fürchtete, mussten Piave und Verdi das Stück vom Frankreich des Übergangs vom Mittelalter zur Neuzeit (Francois I, auf den sich Hugos Stück bezog, lebte von 1494–1547) in das Mantua der Renaissance verlegen, und, wie später erneut beim MASKENBALL, waren Verdi historische Details relativ egal, solange der emotionale Konflikt unbeschädigt blieb. Man passte also nur die Oberfläche den Forderungen der Zensur an.


    Deshalb scheint mir der Schlüssel zum Verständnis des Stückes auch nicht der Charakter des Herzogs zu sein, sondern der Hass des (nur bei Verdi) titelgebenden Hofnarren auf das System um ihn herum, das ihn vereinnahmt und total korrumpiert hat. Für ihn reicht schon die bloße Begegnung seiner Tochter mit dem Herzog zum tödlichen Racheschwur, denn nicht umsonst verbarg der dessen Umtriebe (und damit die seinen) er so konsequent vor seiner Tochter, dass er ihr nicht einmal seinen eigenen Namen verriet.


    Schon für Hugo war der Fluch St. Valliers, der übrigens der Vater von Diane de Potiers, der Kurtisane von Francois' Sohn Henri II war, und von Piave zu Graf Monterone gemacht wurde, nicht die Wurzel, wohl aber der Anlass der Tragödie, deren Wurzel der unbändige Hass des verkrüppelten Narren gegen seine gesamte Umwelt ist. Die stinkt zwar wie der sprichwörtliche Fisch vom Kopf her, aber hauptsächlich wegen der - im Gegensatz zu ihrem Oberhaupt - recht unkultivierten Höflinge, unter denen sich der Narr bis hin zur bereitwilligen (wenn auch irrtümlichen) Beteiligung an der Entfürhung seiner Tochter besonders schuldig gemacht hat. Die Tragödie selbst ist die Entlarvung seiner Illusion, er könne jemanden, wenn schon nicht sich selbst, von dem Unrat fernhalten, der ihn umgibt. Wie das im Detail geschieht, ist dabei fast sekundär, wenn auch hinreißend zwingend entwickelt.


    Insofern ist jede Inszenierung, die Piaves und Verdis Romantisierung des Dramas und seines Kernkonfliktes hinterfragt und drastisch auf die Exzesse des Hofes verweist, die damals (vom Publikum sehr wohl durchschaut) beschönigt werden mussten, legitim. Wenn allerdings, wie in der erlösenden "Himmelfahrt" Gildas am Schluss suggeriert, und worauf auch das wesentliche Thema der bisherigen Diskussion hin deutet, die Oper eigentlich GILDA heißen müsste (nicht nur, aber verstärkt dank der überragenden Diana Damrau), geht die Inszenierung in der Tat etwas an dem Kern des Stückes vorbei. Das aber in einer hochinteressanten und konstruktiv provokanten Weise.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Da bin ich ganz bei Herbert und Jaques, denn auch ich weigere mich, den hochbrisanten geselschaftspolitischen Kontext dieser Oper zu ignorieren und im "Rigoletto" nur das rührselige Drama um ein verführtes und dann sitzten gelassenes Mädchen zu sehen. Verdis Absicht war sicher nicht, einen pittoresken Renaissancebilderbogen auf die Bühne zu stellen, es ging ihm sehr wohl darum, diese dekadente Hofgesellschaft zu demaskieren, die ihren Herzog speichelleckend umgarnen und deren Ideale sich in vordergründiger Triebbefriedigung erschöpfen. Der einzige aufrechte Mensch an disem Hof mit moralischen Prinzipien, Monterone, wird dementsprechend dem Gelächter preisgegeben (Nicht laut Lehnhof, sondern laut Libretto!!!!) und bezahlt seinen Mut mit Freiheitsentzug. (Und das zu Zeiten ohne humanen Srafvollzug bedeutet, braucht hier wohl nicht näher erläutert werden......9
    Und noch einmal: Auch ich behaupte NICHT, dass der Duca Gilda vergewaltigt hat, wohl aber, dass sie sich anfangs zumindst ein wenig gesträubt hat. Aber das ist auch nicht das Entscheidende, entscheidend ist, dass der Duca, nachdem er sein Ziel erreicht hat, sofort jegliches Interesse an Gilda verliert. Wo bitte seht ihr im Text oder auch in der Musik nur den geringsten Hinweis, dass er das Mädchen als Geliebte behalten will?? Dazu ist sie doch viel zu unerfahren, um seinen Ansprüchen zu genügen. Er wollte die Blume pflücken, die Blütenblätter interessieren ihn nicht mehr. Wäre das anders, würde Gilda nicht so verstört zu ihrem Vater flüchten, dann läge sie noch im herzoglichen Bett und würde seine Liebkosungen genießen. (Die Ducas von heute müssen nach Thailand fahren, denn Jungfrauen sind bei uns eher selten geworden....) Dass sie ihn trotz der schockierenden Erkenntnis, dass ihre Gefühle nicht erwidert werden, liebt, ist eben mit der Irrationalität menschlicher Gefühle zu erklären. Ich kenne einige sehr reale Beispiele in meinem Bekanntenkreis, die sich ähnlich absurd verhalten und wider jede Vernunft (und eigene Erkenntnis!!!) bereit sind, für einen Mann, der es absolut nicht wert ist, das Letzte zu geben.
    Ich glaube außerdem nicht, dass Gilda sooooooo naiv ist, dass sie tatsächlich glaubt, der Herzog würde die Tochter seines Hofnarren heiraten.
    Interessant finde ich übrigens Rideamus Überlegungen, was wohl die Entführer mit Gilda angestellt haben - in diese Richtung habe ich ehrlich gesagt noch nie gedacht.
    lg Severina :hello:

  • Zitat

    was wohl die Entführer mit Gilda angestellt haben


    Ich denke nichts, denn sie mussten ihrem Herrn ein unschuldiges Opfer darbringen.


    Hätten die Entführer Gilda etwas angetan, wären Sie der Rache des Duca ausgeliefert gewesen. Sie wußten sehr gut, dass es Ihrem Herrn nur um die sogenannte erste Nacht mit einem unbescholtenen Mädchen ging. Im übrigen glaube ich nicht, dass der Duca überhaupt weiß oder auch nur ahnt, was Liebe ist. Er setzt diese mit triebhafter Lust und Gier gleich.


    Von dieser Warte aus gesehen, habt ihr Recht, Flórez, so gut er mir auch gefallen hat, war zu brav für diesen Part.


    LG


    Maggie

  • Zitat

    Original von Maggie
    Im übrigen glaube ich nicht, dass der Duca überhaupt weiß oder auch nur ahnt, was Liebe ist. Er setzt diese mit triebhafter Lust und Gier gleich.


    Liebe Maggie,


    In seiner Klage um die ihm vermeintlich geraubte Gilda bekennt der Duca, daß Gilda bei ihm zum ersten Mal die Empfindung echter Liebe ausgelöst und ihn fast zu einem tugendhaften Lebenswandel veranlaßt hat. Siehe Libretto. Er kann also zwischen "hoher" und "niederer" Minne sehr wohl unterscheiden.Warum sollte man in diesem Moment an seinen Worten zweifeln? Die Emotion ist echt. Das macht den Bösewicht erst so raffiniert, daß er nicht völlig pechkohlrabenschwarz ist, sondern auch besserer Empfindungen fähig. Fairy hat das ja schon ausgeführt.


    LG


    Waldi


  • Liebe Maggie,
    die Höflinge entführen Gilda doch nur , um Rigoletto eines auszuwischen, denn sie vermuten in ihr seine Geliebte!! Sie tun es nicht im Auftrag des Duca, sie wissen ja gar nicht, dass er das Mädchen überhaupt kennt, geschweige denn an ihm interessiert ist. Der Duca betrauert doch den "Raub" seiner Geliebten durch Unbekannte, erst als sich die Höflinge mit ihrem Streich brüsten, weiß er, dass sie ihm unbewusst einen Gefallen getan haben. Und während er sein Opfer vernascht, kommt es zur Konfrontation Rigoletto-Höflinge, in der sich herausstellt, dass Gilda seine Tochter ist.
    Die Höflinge könnten (Konjunktiv!) Gilda also sehr wohl vergewaltigt haben, noch dazu, wo sie ja nicht wissen, dass es sich um ein unschuldiges Mädchen handelt - sie glauben ja, es mit Rigolettos "Liebchen" zu tun zu haben. Deshalb würde es sogar sehr gut in ihren Racheplan passen, sich an ihr zu vergehen.
    lg Severina :hello:

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