Henry Purcell - ein englischer Vertreter des Barock

  • Zitat

    Original von Fugato
    Im übrigen habe ich als (Hobby-) Musiker viele Jahre lang in einem Ensemble mit Schwerpunkt Spätrenaissance/Frühbarock englische Consort-Musik gespielt und dadurch möglicherweise eine andere Sicht als Du. Mein Eindruck ist, dass hier oft Werke mehr für die Spieler und nicht so sehr für die Hörer komponiert sind (was man im übrigen auch Werken Frescobaldis nachsagt), was der damaligen Musizierpraxis ja durchaus entsprechen würde. Auf den heutigen Hörer wirkt diese Musik nicht immer spontan ansprechend, weil sich ihre Qualitäten sozusagen tief (manchmal sehr tief) unter der Oberfläche verbergen.


    Hallo Andreas,
    genau diesen Eindruck habe ich bei einer Vielzahl von Ensemble-Kompositionen des Barock (und übrigens auch in der Zeit danach) - ich meine, Deine Beobachtung gilt auch für die »Kammermusik« von (um nur ganz beliebeig einige zu nennen, die mir grade mal so aus den Fingern gleiten) Graupner, Johann Fischer, Johann Caspar Ferdinand Fischer, Gottfried Finger, Servaas van Konink, Mattheson, Pepusch, Daniel Purcell, den verschiedenen Loeillets u.v.a.m. Das sind wundervolle Kompositionen, wenn man die Musik musiziert - beim passiven Hören rauscht vieles oftmals als mehr oder minder gefällig aber beliebig an einem vorbei. Wohl nicht zuletzt deshalb ist die Diskographie dieser Meister auch relativ überschaubar...


    Zitat

    Original von Fugato


    Das bestätigt im Grunde nur meine obige These. Dein Eindruck hat allerdings nichts mit dem Namen des Komponisten zu tun, sondern mit der Art der Komposition. Wahrscheinlich würdest Du Dich bei einer Fantansie von Byrd oder Morley genauso gepflegt langweilen...
    :hello: Andreas


    Du hast schon recht. Allerdings hat es IMO schon mit dem Namen des Komponisten zu tun, daß die gemeine Hörerschaft eher gewillt ist, etwas bedeutsames und überdurchschnittliches in diesen Kompositionen finden zu wollen. Und der Wille gibt dann ja oftmals auch schon das Ergebnis des Hörerlebnisses vor. Also: daß H. Purcells Consort-Musik sich überhaupt einen gewissen Bekanntheitsgrad erhalten hat, ist sicherlich zumindest zum Teil seinen Qualitäten als Komponist von Opern und Anthems zu verdanken. ;)


    Ganz herzliche Grüße,
    Medard

  • Hallo!!


    Habe soeben diese Aufnahme erblickt:


    Geistliche Musik (inkl. TE DEUM)
    Hört sich sehr gut an, kann evtl. jemand was dazu sagen!


    Ich muss meine Purcellsammlung erweitern. Ich höre ihn zwar gerne, aber außer einer Dido, der Fairy Queen und einem Arthur Querschnitt hab ich nix und das ist eine Schande!! ;( ;( :untertauch:


    LG joschi

  • Zitat

    Original von Klawirr
    Das sind wundervolle Kompositionen, wenn man die Musik musiziert - beim passiven Hören rauscht vieles oftmals als mehr oder minder gefällig aber beliebig an einem vorbei. Wohl nicht zuletzt deshalb ist die Diskographie dieser Meister auch relativ überschaubar...


    Das stimmt - als Musiker erlebt man diese Musik viel intensiver und entdeckt Feinheiten, die dem Hörer oft verborgen bleiben.


    Zitat

    Allerdings hat es IMO schon mit dem Namen des Komponisten zu tun, daß die gemeine Hörerschaft eher gewillt ist, etwas bedeutsames und überdurchschnittliches in diesen Kompositionen finden zu wollen. Und der Wille gibt dann ja oftmals auch schon das Ergebnis des Hörerlebnisses vor.


    Das stimmt bezogen auf den Durchschnittshörer zweifellos - da spielt nicht nur der Name des Komponisten, sondern auch des oder der Interpreten (und sogar des Labels) eine ganz entscheidende Rolle. Bei mir war das in diesem Fall aber sicher nicht so: Ich hörte damals eine der Fantasien im Radio (erst die Musik, danach die Ansage!) und war so fasziniert, dass ich mir sofort eine Aufnahme besorgt habe. (Von Purcell kannte ich bis dahin nur eine Suite aus "The Fairy Queen".) Und diese Faszination hält bis heute an...


    :hello: Andreas


  • Die drei genannten gehören gewiß zu den wichtigsten und schönsten Werken.
    Die CD lohnt sich sicher, es gibt aber etliche der Aufnahmen Parrotts ebenso günstig auf Doppel-CDs (folgende enthält die oben gezeigte)



    Ich habe noch eine weitere mit Cäcilienoden usw., die anscheinend bei jpc nicht mehr im Programm ist. Oden und Music for Queen Mary müßte es auch sehr günstig mit Gardiner (ehemals Erato, heute apex u.ä.) geben.


    Weil sie wohl noch gar nicht genannt wurden: Außer den archaisierenden Fantasien für Gambenconsort komponierte der etwa 20jährige Purcell auch Triosonaten, beeinflußt von italienischen Meistern (allerdings noch bevor Corellis maßgebliches op.1 erschienen/bekannt war). Die sind auch hörenswert, jedoch etwas gewöhnungsbedürftig, wenn man eher spätere Barocksonaten gewohnt ist.




    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo allerseits,


    noch eine Ergänzung zu den Violenfantasien: 1963 nahm der Concentus Musicus Wien diese Werke auf (1987 vom Label Amadeo auf CD wiederveröffentlicht). Im Begleittext schreibt Nikolaus Harnoncourt, nachdem er die Entwicklung der Consort-Musik in England dargestellt hat, folgendes (Hervorhebungen von mir):


    Zitat

    Die Gambenfantasien Purcells, die letzten Werke, die für Gambenensemble geschrieben wurden, sind der großartige Schlußakkord dieser Entwicklung. Purcell schrieb sie mit 22 Jahren innerhalb weniger Monate, sie sind sein einziges Werk für diese Besetzung. Die technischen und klanglichen Möglichkeiten der Gambe werden bis zur letzten Konsequenz ausgenützt. [...] Die Fantasien Purcells dürften zu ihrer Zeit nicht sehr bekannt gewesen sein, da sie nur im Autograph des Komponisten überliefert sind. Vielleicht waren sie auch gar nicht zur Verbreitung gemeint, da diese Besetzung und dieser Stil damals schon aus der Mode war. Sie sind eine geniale Mischung von historisierendem und revolutionärem Geist. Die bewußte Rückschau zeigt sich besonders aus einer thematischen Verflechtung mit einem viel früheren Hauptwerk dieser Gattung: Dowlands Lachrimae von 1605. Besonders in den letzten Fantasien Purcells finden sich viele Zitate daraus, die Purcells Fantasien als eine Art Apotheose Dowlands erscheinen lassen.


    Ich bin also mit meiner Einschätzung der Fantasien nicht ganz allein :D


    :hello: Andreas

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  • Zitat

    Original von Fugato


    Das stimmt bezogen auf den Durchschnittshörer zweifellos - da spielt nicht nur der Name des Komponisten, sondern auch des oder der Interpreten (und sogar des Labels) eine ganz entscheidende Rolle. Bei mir war das in diesem Fall aber sicher nicht so [...]
    :hello: Andreas


    Lieber Andreas,
    das wollte ich Dir auch keinesfalls unterstellt haben, keinesfalls!! Es ging mir eher darum auf allgemeines Hörverhalten hinzuweisen. Und da sind wir, glaube ich, in unseren Einschätzungen d'accord.
    Herzlichst,
    Medard

  • Also, wenn William Christie Purcell genau so stark interpretiert wie einen Rameau dann kann man dies für meine Ohren wohl kaum überbieten :yes:


    :hello:
    Wulf

  • Zitat

    Original von Klawirr
    Lieber Andreas,
    das wollte ich Dir auch keinesfalls unterstellt haben, keinesfalls!! Es ging mir eher darum auf allgemeines Hörverhalten hinzuweisen. Und da sind wir, glaube ich, in unseren Einschätzungen d'accord.


    Hallo Medard,


    ganz genau, da stimmen wir mit unseren Einschätzungen überein. Dein Satz ist bei mir auch nicht so angekommen, als wolltest Du mich bei der "gemeinen Hörerschaft" einsortieren - mir ging es nur darum darzustellen, dass der Name des Komponisten in diesem Fall wirklich nichts zu meiner Faszination beigetragen hat, weil ich ihn noch gar nicht kannte, als ich das Stück gehört habe.


    :hello: Andreas

  • Angeregt durch den Thread möchte ich mehr von Purcells Musik hören. Bis dato kenne ich nur Dido und die Fairy Queen. Welche Aufnahme der Fantasien würdet Ihr denn empfehlen?


    Liebe Grüße,
    Christoph

    "Das Leben ohne Musik ist einfach ein Irrtum" - Nietzsche

  • Zitat

    Original von Pamphili
    Angeregt durch den Thread möchte ich mehr von Purcells Musik hören. Bis dato kenne ich nur Dido und die Fairy Queen. Welche Aufnahme der Fantasien würdet Ihr denn empfehlen?


    Hallo Christoph,


    bei den Fantasien kann ich die von mir genannte Aufnahme mit dem Rose Consort uneingeschränkt empfehlen, bei den Triosonaten die Aufnahme mit London Baroque, die Johannes genannt hat. Beide Aufnahmen sind zudem auch noch preiswert.


    :hello: Andreas

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  • Zitat

    Original von Fugato
    ganz genau, da stimmen wir mit unseren Einschätzungen überein. Dein Satz ist bei mir auch nicht so angekommen, als wolltest Du mich bei der "gemeinen Hörerschaft" einsortieren - mir ging es nur darum darzustellen, dass der Name des Komponisten in diesem Fall wirklich nichts zu meiner Faszination beigetragen hat, weil ich ihn noch gar nicht kannte, als ich das Stück gehört habe.


    :hello: Andreas


    Hi Andreas,
    werde mir abends jedenfalls die Fantasien mal wieder zu Gemüte führen (vielleicht heute auch mal den Jenkins, der gestern hinten runter gekippt ist), übrigens auch in der Aufnahme mit dem Rose Consort. Vielleicht höre ich sie ja heute anders... Das einzige was dazwischen kommen kann ist, daß mich - gleich wenn ich nach hause komme - wieder die Rosenkranzsonatensucht erfaßt ;)
    Herzlichst,
    Medard

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Ich freue mich ueber diesen Thread! =) :yes:


    Welche Cd und/oder DVD -Aufnahme von The Fairy Queen ist eurer fachmaennischen Meinung nach die Empfehlenswerteste?


    Fairy Queen :angel:


    Liebe Fairy Queen,


    meine Lieblingsaufnahme ist die unter Roger Norrington



    Ich hatte damals in London das Glück, an einem Workshop Norringtons zur "Fairy Queen" teilnehmen zu können, an deren Ende die Aufführung der "Fairy Queen" mit der auf der CD vertretenen Besetzung stand.


    Das Besondere der Aufführung war, dass hier die "Fairy Queen" tatsächlich als semi opera aufgeführt wurde, d.h. als Bühnenmusik einer zu Purcells Zeit bearbeiteten Fassung von Shakespeares Midsummer Night's Dream, die von Schauspielern dargestellt wurde. Als drittes Element kam ein Ballett, choreographiert im Stil der Purcell-Zeit, das die Tanzstücke aufführte. Ein langer Abend, der mir nie zu lang wurde und mich mit einem starken Eindruck hinterließ. Den anderen vorliegenden Aufnahmen begegne ich mit Achtung (genannt werden sollte noch die Einspielung mit The Sixteen), aber diese Aufnahme höre ich mit einer besonderen Leidenschaft die der Erinnerung an einen magischen Abend einschließt, den ich nicht mehr vergessen werde.


    Die Aufführung in der Queen Elizabeth Hall war begeisternd, immer wieder von einem so starken Beifall der Zuschauer unterbrochen, dass nicht wenige Stücke wiederholt werden mussten.


    Liebe Grüße Peter

  • Das klingt himmlisch!!!! Da werde ich ja ganz neidisch. :yes:
    Ich mag diese Oper sehr sehr gerne und ganz besonders das herrlcihe "O let me weep", das ci hja hier shcon öfter erwähnt habe.
    Leider habe ic hsie noch nie auf der bühne sehen können, immerhin läuft in der kommenden Saison bei uns Dido und Aeneas, auc heine wunderschöne Oper.
    Letzten Sommer in der Bretagne in Dinard gab es eine Purcell-Company die haben sich eine Opernrevue zusammengebastelt, in der Höhepunkte aus mehreren Purcelloper zusammengefasst waren und die dennoch auf der Handlung von The Tempest aufgebaut war.
    Das fand ich serh spannend, denn so konte man zwar der Handlung iener einzigen oper folgen, aber es wurden einfach die reisser aus anderen Opern miteingabaut, etwa "Fairest Isle" "Sweeter than roses" usw. Das Ganze dauerte auch über drei Stunden, die aber wie im Fluge vergingen.
    Das ist zwar für Puristen ein Sakrileg, aber für das Publikum war es eine Wonne.
    Und gemerkt haben es ohnehin nur die, die Bescheid wussten........ ;)
    Nicht umsonst habe ich mir ja meinen Nick ausgesucht-I love Purcell!!!!! :jubel:


    Fairy Queen

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Das klingt himmlisch!!!! Da werde ich ja ganz neidisch. :yes:
    Ich mag diese Oper sehr sehr gerne und ganz besonders das herrlcihe "O let me weep", das ci hja hier shcon öfter erwähnt habe.
    Leider habe ic hsie noch nie auf der bühne sehen können


    Liebe Fairy Queen,


    vielleicht findet sich ja doch eine Bühne, die die Quadratur des Kreises schafft, die bei diesem Stück erforderlich. In den jakobitischen Zeiten wollten die Zuschauer für ihr Geld auf jeden Fall stundenlang unterhalten werden. Da Purcell hier keinen Text vertont hat, der von Shakespeare geschrieben wurde, heißt die "authentische" Lösung 3 1/2 Stunden Shakespeare plus 2 1/2 Stunden Purcell, macht 6 Stunden. Norrington hat eine stark gekürzte Version des Shakespeare-Textes benutzt, das macht auf jeden Fall Sinn. Versuche, wie etwa die Pountney-Inszenierung der ENO, die es auf DVD gibt, sich hauptsächlich auf die masques zu stützen, können mich nicht überzeugen (diese Inszenierung sowieso nicht).


    Zitat

    immerhin läuft in der kommenden Saison bei uns Dido und Aeneas, auc heine wunderschöne Oper.


    Nun, Frankreich hat auch schöne Opernhäuser ... :hello:


    Zitat

    Letzten Sommer in der Bretagne in Dinard gab es eine Purcell-Company die haben sich eine Opernrevue zusammengebastelt, in der Höhepunkte aus mehreren Purcelloper zusammengefasst waren und die dennoch auf der Handlung von The Tempest aufgebaut war.
    Das fand ich serh spannend, denn so konte man zwar der Handlung iener einzigen oper folgen, aber es wurden einfach die reisser aus anderen Opern miteingabaut, etwa "Fairest Isle" "Sweeter than roses" usw. Das Ganze dauerte auch über drei Stunden, die aber wie im Fluge vergingen.
    Das ist zwar für Puristen ein Sakrileg, aber für das Publikum war es eine Wonne.
    Und gemerkt haben es ohnehin nur die, die Bescheid wussten........ ;)


    So etwas habe ich auch schon mal gesehen, warum auch nicht? Ich glaube nicht, dass der Meister etwas dagegen gehabt hätte - und das Publikum für Purcell zu gewinnen, ist mehr als lobenswert.


    Ich habe übrigens dieses fantastische Video "England, my England", eines der Beispiele, wie die Engländer aus einer faszinierenden Biografie eine visuell & klanglich berauschende Dokumentation machen können. Kennst Du das?


    Zitat

    Nicht umsonst habe ich mir ja meinen Nick ausgesucht-I love Purcell!!!!! :jubel:


    Fairy Queen


    Du nicht allein :angel:


    Liebe Grüße Peter

  • Nein, das kenne ich nicht-ich merke hier überhaupt dauernd, wie wenig ich kenne. :untertauch:
    Ich bin eher der LIVE-Konzert/Opern-Typ, bei Einspielungen fehlt mir einfach ein ganz wesentlicher Aspekt: das Bühnengeschehen und dei ausführednen Musiker in all ihrer Komplexität..
    Insbesondere bei Opern und anderen textbezogenen Musiken, ist mir das ein quasi unverzichtbares Element.
    Deshalb habe ich auch nur einen Bruchteil der Cd-sammlungen mancher Taminos hier, versuche aber, in alle mir erreichbaren Aufführungen zu kommen.
    Opern-DVDs sind ein Ersatz, den ich ganz gerne mag, aber eben auch nur Ersatz.
    Das ist eine grundsätzlche Sache, die man vielleicht mal als eigenes Thema diskutieren kann.
    Oper aus der Retorte oder Live?


    Nochmal zur Fairy Queen: heisst das, dass im Purcell-England nur Werke iene Chance hatten, die auf Original-Theaterstücken grosser Dichter basierten und eine "richtige" Opernhandlung hatten , die das Publikum stundenlang fesseln konnte? Ballet/Bühnenmusiken waren nur im Rahmen anderer Festivitäten zur Aufführung môglich bzw ohnehin zweckgebunden und nciht zur Wiederholung konzipiert?


    Dass es Konzerte im heutigen Sinne erst viel später gab, weiss ich wohl, aber dass Theater und Musik so eng zusammenhingen-das ist eine Vorstellung, die mir als Liebhaberin von Musik UND Theater sehr gut gefällt....
    Man ging ja auch mit gefüllten Picknickkorb in die Oper, spann dort (Liebes)-Intirgen, und machte sich mit allerlei munterem Treiben letztlich selbst zum Bestandteil des Spektakels.
    Wenn man dagegen die heutigen hehren Kunsttempel sieht, wo sogar ein Räuspern bereits streng mit bösen Blicken geahndet wird......


    Im 19 Jahrhundert hatte Oper auch noch einen anderen Stellenwert. Man ging dorthin, um zu sehen und gesehen zu werden. Die noblen Herren vom Pariser Jockey-Club z.B. hatten alle ihren Mätressen im Opernballett und übten nicht wenig Druck auf die Komponisten auf, in jeder neuen Oper entsprechende Tanzeinlagen unterzubringen.
    Heute wäre soetwas wohl ein absoluter Skandal, der laute Aufschreie aller seriösen Musikliebhaber zurfolge hätte;
    Oder sehe ich das zu naiv?????? ?(


    Opernfeste à la Lully, Purcell oder HÄndel-gibt es die noch?
    Und soll es die überhaupt geben????????


    Ja, ich weiss, dass sind jetzt mehrere Themen ineinandner verschlungen, eben eine assoziative morgendliche Gedankenkette.
    Es findet sich sicher ein analytischerer Geist, der da wieder Ordnung reinbringt. ;)


    Fairy Queen :angel:

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  • Zitat

    Opernfeste à la Lully, Purcell oder HÄndel-gibt es die noch?
    Und soll es die überhaupt geben????????



    Soetwas ist sehr selten, aber das gibt es.


    Und ja - das sollte es geben.


    In Versailles finden z.B. jetzt im Sommer große Festlichkeiten statt, da hat man auf dem Bassin de Neptune eine schwimmnde Bühne errichtet, dort treten Tänzer auf etc.



    England ist, was die Oper im 17. Jahrhundert angeht, ein komplexer Fall.


    Am Hof gab es die Oper - Charles II. hatte ja Robert Cambert nach London geholt, Lullys Wiedersacher.
    Es gibt auch von Matthew Locke (der Link zum Thread ist weiter oben) einige richtige Opern.


    In London selbst, waren aber nur die "Mascques" erfolgreich - ähnlich wie in Frankreich sträubte sich das Publikum dagegen 3 Stunden lang mit Sing-sang konfrontiert zu werden.


    Dann gibt es Stücke die wirklich nur für eine einzige Aufführung gedacht waren, gerade beim Ballet de Cour / der engl. Mascque war das (leider) sehr verbreitete.


    Überlebt haben meist nur einzelnen Lieder und diverse Instrumentalsätze.
    In Frankreich waren es vor allem die "Airs de Cour" die übrig blieben.
    (Nur bei Lully sind die Ballette meist vollständig erhalten - da sie auch mehrfach aufgeführt wurden, bzw. einzelnen Stücke immer wieder gewünscht wurden).


    Die erste Oper die in London richtig erfolgreich war, ist eben Händels "Rinaldo" (1711) davor gibt es wirklich nur sporadische Versuche.

  • Servus,


    fast unglaublich, dass ich in diesem Faden noch nichts geschrieben habe. Dabei schätze und liebe ich Purcells Musik über alle Maßen.


    Nie versiegend ist sein Einfallsreichtum, jedem noch so kleinen Stück hat er etwas besonders mitgegeben. Besonders eindrücklich zeigt sich das an den Stücken, die über eine ostinate Baßlinie verfügen - und davon gibt es viele in Purcells Oeuvre. Während andere Komponisten sich häufig mit einer in Sekundschritten abfallenden Quarte begnügen, bzw. leichten Variationen davon, findet man beim englischen Orpheus höchst unterschiedliche und zum Teil auch ziemlich lange Motive, auf- oder absteigend, mit größeren Tonsprüngen etc. Und nicht minder genial ist das, was Purcell dazu in den Oberstimmen macht.


    Ein zweiter Punkt, den ich Purcells Musik außerordentlich schätze, das sind die Überraschungen, die er immer wieder einbaut. Dinge, die in höchstem Maße außergewöhnlich sind. Da gibt es beispielsweise in der Cembalosuite in G (Werkverzeichnis 662) im mit Corant überschriebenen Satz eine Passage, die dermaßen off-beat ist, dass man sich im falschen Jahrhundert glaubt (sehr empfehlenswert die zwar alte aber unglaublich gute Aufnahme mit Bradford Tracey, erschienen bei FSM). Da gibt es klangliche Sensationen und Effekte, die man im späten 17. Jahrhundert nirgendwo anders zu hören bekommt.


    Insofern ist Henry Purcell für mich nicht nur ein englischer Vertreter des Barock, wie es in der Threadüberschrift heißt, sonder DER englische Vertreter des Barock.



    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Ich habe mir nun schon so einige Empfehlungen für (Semi)Opern-Aufnahmen und Fantasien notiert.


    Was mir jetzt noch fehlt, ist ein heißer Tipp für Lied-Aufnahmen (wie z.B. von "If Music be the Food of Love").
    Wer ist da im Barocken Eurer Ansicht nach führend?


    Wer interpretiert mit "Gesang im Alten Stil", wer schafft den Spagat zwischen Italienischer Schule (Technik) und barocker Musik?



    Danke im Voraus!

    Siehe und tue alles mit Liebe, dann wird Dein Leben erfüllt sein

  • Zitat

    Original von Chimene


    Wer ist da im Barocken Eurer Ansicht nach führend?


    Wer interpretiert mit "Gesang im Alten Stil", wer schafft den Spagat zwischen Italienischer Schule (Technik) und barocker Musik?


    Wenn man Emma nicht mag, kann man es damit versuchen:


  • meine lieblings Purcell CD mit Liedern ist diese:


    Essential Purcell

    von Robert King, the King's Consort et al.


    M0B000002ZDU-large.jpg



    da findest Du auch das von Dir gesuchte Lied. Die Interpretation ist so, wie man es von dem King's Consort gewohnt ist - einfach nur wunderbar.
    Es ist ein Sampler der Gesamtaufnahme aller Songs und Anthems... die ich mir auch noch unbedingt zulegen muss :rolleyes:

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  • Vielen Dank Euch beiden - ich werde dann mal zu jpc stiefeln und reinhören!


    (meine Soundkarte ist im Eimer)

    Siehe und tue alles mit Liebe, dann wird Dein Leben erfüllt sein

  • Gibt es eigentlich schon Meinungen zu dieser neu erschienenen 7 CD-Box mit Purcells Kammermusik?



    Die Hörproben gefallen mir (nach Stichproben) gut und auch das Ensemble habe ich aus der Corelli-Box in positiver Erinnerung.


    Andererseits: Die Triosonaten (CD 1 und 2) habe ich bereits in einer großartigen Aufnahme mit London Baroque und bei den letzten 3 CDs handelt es sich offenbar um reine Cembalo-Musik, was meist nicht so mein Fall ist. Aber auch hier gefallen mir die Hörproben erstaunlicherweise sehr gut. Das Ganze für 15 € bei 2001 - hm...


    Mit Gruß von Carola

  • Es wundert mich doch etwas, dass die Gesamtaufnahme der Bühnenmusiken von Purcell mit Christopher Hogwood und der Academy of Ancient Music, die seinerzeit eine Pioniertat war, hier noch nicht erwähnt wurde. Sei enthält zwar viele Einzelstücke, die ohne den Kontext der jeweiligen Theaterstücke auf mich etwas verloren wirken, aber die Instrumentalsuiten, vor allem Abdelazer, habe ich nie besser gehört. Die Box mit 6 CDs ist immer noch erhältlich.



    Bei dem günstigen Preis werde ich mir Belders Gesamtaufnahme der Kammermusik natürlich zulegen - die Aufnahmen, die ich für am empfehlenswertesten halte, vom Purcell Quartet auf Chandos oder Christopher Hogwood auf Decca, sind leider vergriffen. Für die Gambenfantasien ist Fretwork eine gute Wahl.


    Die Cembalomusik hatte Robert Woolley für Saga komplett aufgenommen, nach dem damaligen Wissenstand - kurz vorm Jubiläumsjahr tauchte ein bis dahin unbekanntes Manuskript auf, das Davitt Moroney für Virgin Veritas einspielen durfte, aber diese CD wie Kenneth Gilberts zweite Aufnahme der Suiten bei Harmonia Mundi France sind ebenfalls vergriffen.


    Bei Dido und Aeneas wäre Hogwood meine erste Wahl, seine Aufnahme zählt zum besten, das er gemacht hat.

  • Ich habe mir die bereits erwähnte Purcell-Box mit sämtlicher Kammermusik vor einigen Tagen gekauft.



    Meine Begeisterung hält sich allerdings durchaus in Grenzen. Wenn ich z.B. die Triosonaten mit dieser Aufnahme vergleiche



    so gefällt mir diese deutlich besser. In der Brillant-Box klingt diese Musik längst nicht so abwechslungsreich und interessant wie bei London Baroque. Manches wirkt fast ein wenig lieblos heruntergespielt. Bei der Corelli-Box mit dem gleichen Ensemble (Musica Amphion) habe ich das nicht so empfunden, die gefällt mir gut.


    Mit Gruß von Carola

  • Zitat

    Original von Carola
    ....Wenn ich z.B. die Triosonaten mit dieser Aufnahme vergleiche



    so gefällt mir diese deutlich besser.
    ...
    Mit Gruß von Carola



    Das interessiert mich sehr, denn ich suche schon länger eine lohnende Einspielung dieser Werke!
    Ich kenne Ausschnitte dieser CD (von dem Purcell-Sampler aus dem Jahr 1995) und war sehr angetan- von den Werken und der Interpreation! (Warum ich mir dann nicht die ganze CD gekauft habe, kann ich nicht mehr sagen). Allerdings hatte ich alternativ auch noch über die Einspielungen mit Savall oder dem Ricercar Consort nachgedacht (so verfügbar).


    * * *


    Wärmstens empfehlen kann ich die beiden Purcell-CD von P. Herreweghe! Sie gehören für mich zu den Höhepunkten seiner Diskographie. Besonderrs "Hail! bright Caecilia!", aber auch die Anthmes sind handwerklich wie musikalisch perfekt!



    :jubel: :jubel: :jubel:


    Es ist erstaunlich, dass es bisher die einzigen Werke englicher Musik sind, die Herreweghe eingespielt hat. (Allerdings frage ich mich, ob dieser wunderschöne weiche Chorklang des Collegium Vocale Gent dem "englischen Ideal" entspricht, zumal ich englischen Chören gerne vorwerfe, dass ihre harte Art zu singen, vielleicht zu Händel oder Tallis passt, aber nicht zu Bach oder Mozart...)


    Mit den Opern Purcells habe ich mich noch gar nicht beschäftigt. Diese Lücke sollte in absehbarer Zeit geschlossen werden!


    Gruß pt_concours

    Hören, hören und nochmals hören: sich vertraut machen, lieben, schätzen.
    Keine Gefahr der Langeweile, im Gegensatz zu dem, was viele glauben, sondern vielmehr Seelenfrieden.
    Das ist mein bescheidener Rat. (S. Richter, 1978)

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  • Carolas Bericht über die neue Brilliant Box mit Belders Musica Amphion ermutigt nicht gerade zum Kauf, Preis hin oder her ...


    Ich habe die leider nur noch als download erhältlichen Aufnahmen des Purcell Quartet auf Chandos, die ich auch empfehlen kann; einen Teil (die 4-stimmigen) auf LP (Decca) mit Hogwood; gute Kritiken habe ich im Purcell-Jahr auch über die Aufnahmen des Ricercar Consort auf Ricercar gelesen, aber die sind meines Wissens auch vergriffen.
    Mir war London Baroque eigentlich immer etwas zu gleichförmig - wie langweilig muß dann erst Belder sein!?
    Warum haben die Musica Antiqua Köln nicht mehr Purcell gemacht, oder Skip Sempé? Des letzteren Instrumental-Stücke auf einer hauptsächlich vokalen DHM-CD sind sehr gut.


  • Normalerweise stehe ich solchen Vorhaben nach dem Motto "viel Bach für wenig Geld" eher skeptisch gegenüber, implizieren jene doch häufig die Illusion, dass gute Musiker zum Nulltarif zu haben seien und dieser auch auf die Kunden übertragbar ist.
    I
    Im Falle der kompletten Kammermusik Henry Purcells gebe ich jedoch gerne "Entwarnung", weil Pieter-Jan Belder und seine Mitstreiter, (unter ihnen u.a. der renomierte Cellist Rainer Zipperling) hier wirklich gute, verdienstvolle und in jeglicher Hinsicht lobenswerte Arbeit geleistet haben. Sicher, die "Fancys" des Jahres 1680, übrigens ein anachronistischer Versuch, eine Gattung noch einmal aufleben zu lassen, die mit Charles I. und der Cromwell-Diktatur ins Grab gesunken war, diese kennen wir von Ensembles wie etwa "Fretwork" um eine Spur weltabgewandter und jenseitiger. Auch die beiden Konvolute der Sonaten aus 1683 und die posthume Sammlung von 1697 liegen seit geraumer Zeit in Einspielungen vor, die immer noch Referenzcharakter tragen. Die hier eher strenge Lesart von Musica Amphion stellt eindringlich unter Beweis, wie sehr Purcell hier doch vom Sonatenschaffen Dieterich Buxtehudes beeinflusst war; genau DIESES ist hier deutlicher zu vernehmen als etwa in den Einspielungen unter Manfredo Kraemer.


    Die 8 Cembalosuiten und die Vielfalt der miniaturartigen Einzelstücke werden durch Belder gut wiedergegeben. Trotzdem empfehle ich das Hören dieser Werke hintereinander NICHT, es stellte sich sonst zu leicht Einförmigkeit ein.
    Über die Auswahl der Instrumente ließe sich, wie fast immer, trefflich streiten und gerade hier, scheint es mir fast nicht möglich sein, zu einem Konsens zu gelangen, der allen Wünschen gerecht wird. Auffällig ist jedoch, dass bei den meisten neuen Einspielungen englischer Virginalmusik Instrumente aus dem Mutterland dieser Kompositionen außen vor bleiben, was ich persönlich sehr bedauere.


    Die Einspielungen der wenigen, unter Purcells Namen überlieferten Orgelwerke auf einem holländischen Instrument des Jahres 1834 mag fraglich erscheinen, hier hätten sich wohl doch eher Orgeln aus Frankreich des 17./18. Jahrhunderts angeboten, von denen man weiß, dass sie den englischen Orgelbau nachhaltig beeinflussten.


    Das schönste für mich an dieser Einspielung jedoch sind die kleinen Stücke, die verstreut in verschiedenen Sammlungen des 18. Jahrhunderts, zusammengetragen wurden und hier in ihrer Fülle erstmalig zugänglich gemacht werden.
    Darunter finden sich, neben entzückenden, wie hingehaucht wirkenden Petitessen auch solche großen Kostbarkeiten wie etwa die die Fantasie für 3 Blockflöten Z731 über einen wundervollen Ground, hier auf Instrumenten, ich vermute Stanesby-Nachbau, hinreißend gespielt.


    Das Vorwort (nur auf Englisch) vermittelt gedrängt aber prägnant, alles Wesentliche, was es über diese Werke zu wissen gibt.
    Ein Gedanke ging mir allerdings während des Hörens nicht aus dem Kopf: wann, um Himmels Willen, hat dieser Mann das alles in den nur 36 Jahren seines Lebens geschrieben ? Gewiss, er begann als "Wunderkind" und im Alter von 9 Jahren erschien seine erste Komposition im Druck. Man vergenwärtige sich, dass im Jahr 1672, als Purcell seine "Trompeten-Sonate" schrieb, der uralte Heinrich Schütz letzte Hand an seinen "Schwanengesang" legte.


    Seine Vorbilder waren, neben Lully (er nannte einen seiner Söhne John Baptist) und Stradella
    Vor allem sein Lehrer Matthew Locke, aus dessen überliefertem Schaffen vieles schon nach „reifem Purcell“ klingt.
    Die heute fälschlicherweise immer als "Trauermusik für Queen Mary" apostrophierten Anthems SIND WERKE EINES KINDES, in ihrer Abgründigkeit und im Darstellen der Hoffnungslosigkeit werden sie erst Jahrhunderte später von Jean Sibelius in der 4.in und der 14. Sinfonie von Dmitri Schostakowitsch erreicht. Auf der „anderen Seite“ stet dem eine geradezu unbändige „Ale-House-Selige“ Ausgelassenheit gegenüber. Last not least sind diese 15 Euro gut angelegtes Geld um einen der faszinierendsten Komponisten des Barock in all seinen schillernden Facetten kennen (und hoffentlich auch) lieben zu lernen.


    PS: Diesen Beitrag widme ich dem Observator, der sich, für mich recht überraschend, als bekennender Liebhaber von Cembalo-Musik geoutet hat.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Mit Henry Purcell begann meine Liebe zur Alten Musik, und in meiner persönlichen Bestenliste rangiert er immer noch ganz weit oben. Wäre der Gute nur ein bisschen älter geworden, was hätte da noch alles kommen können!


    Die oben empfohlene Aufnahme der Ode to Saint Cecilia mit Herreweghe besitze ich auch und kann sie nur wärmstens empfehlen. Mit Robin Blaze und Peter Harvey sind zwei meiner liebsten Solisten am Start, und auch die, denen Countertenöre nicht so liegen, bitte ich, Robin Blaze einmal ihr Ohr zu leihen. In den letzten Jahren hatte ich zwar leider den Eindruck (life und auf CD), dass seine Stimme vielleicht nicht (mehr) ganz auf der Höhe war (was jammerschade wäre!), aber seine Aufnahmen aus den späten Neunzigern gehören meiner Meinung nach zu den besten unter den Countertenor-Aufnahmen. Sein helles Timbre mag vielleicht für an Andreas Scholl geschulte Ohren gewöhnungsbedürftig sein, und Blaze besitzt ein relativ langsames Vibrato, aber seine differenzierte Phrasierung und Dynamik sind nur von wenigen seiner Kollegen übertroffen worden.


    Zwei weitere Purcell-Aufnahmen, die ich ebenfalls für ganz außerordentlich halte, sind hier noch nicht genannt worden.


    a) Harmonia Sacra (Divine Hymns & Dialogues)


    Die wenigen mehrstimmigen Sätze auf dieser CD sind solistisch besetzt, zum Reinhören empfehle ich gleich das erste Stück, "Jehova, quam multi sunt hostes mei" - wer da keine Gänsehaut kriegt, der muss schon sehr abgebrüht sein.
    Die meisten Stücke aber sind Solo- oder Duostücke, deren erster Teil oft in dem für Purcell typischen Rezitativstil komponiert ist, und an den sich meist eine kurze Aria anschließt. Ein bekanntes Beispiel für diesen Typus ist zum Beispiel "Tell me some pitying angel", das hier von Clair Debono in der Rolle der Jungfrau Maria wunderbar interpretiert wird. Von dieser Sopranistin hoffe ich in der Zukunft noch viel zu hören. Paul Agnew ist gewohnt herausragend, und auch der Rest der Solisten überzeugt mich komplett.


    Zitat

    Original von Chimene
    Was mir jetzt noch fehlt, ist ein heißer Tipp für Lied-Aufnahmen (wie z.B. von "If Music be the Food of Love").
    Wer interpretiert mit "Gesang im Alten Stil", wer schafft den Spagat zwischen Italienischer Schule (Technik) und barocker Musik?
    Danke im Voraus!


    b) Karina Gauvin - Les Boreades - Purcell



    Zwei Gründe, diese CD zu kaufen:
    Ms Gauvin ist eine ganz wunderbare Sängerin, die jetzt hoffentlich auch einem größeren Hörerkreis bekannt werden wird, nachdem sie in der Neueinspielung von Händels Tolomeo mit Curtis die weibliche Hauptrolle innehatte. Ihre Stimme trifft genau meinen persönlichen Geschmack, ein warmer und runder Sopran, und ihre Interpretation ist so ausdrucksvoll, wie es der größte Liederkomponist vor Schubert auch wirklich verdient hat.
    b) das kanadische Ensemble Les Boreades begleitet Karina Gauvin nicht nur während der Lieder und Arien, sondern sie spielen auch die bei Purcells Liedern (vor allem bei den aus den Oden stammenden) oft üblichen Instrumentalnachspiele, die in anderen Aufnahmen, in denen nur eine Continuogruppe mitwirkt, oft weggelassen werden. Und in diesen Nachspielen stecken oft die schönsten Passagen, wie zum Beispiel bei "Strike the viol" aus "Come away ye sons of art".
    Außerdem wird die Auswahl aus Liedern durch kurze Instrumentalsätze aus Purcells Theatermusiken ergänzt, was die ganze CD zu einer kurzweiligen, bunt instrumentierten Angelegenheit macht. Ganz dickes Lob von mir und ein Rang unter meinen Top Ten der Purcell Einspielungen! :lips:


    So, nun wünsche ich Gutes Hören!


    Kerstin

    2 Mal editiert, zuletzt von bachiana ()

  • Belders Box ist inzwischen bei mir eingetrudelt, und nach erstem Hören finde ich sie sogar gut. Es ist alles ein Tick weniger innig und intensiv als die besten Interpretationen auf dem Markt, die es gab (ist ja leider alles vergriffen), aber als Überblick und Rundschlag durchaus empfehlenswert.


    Theoretisch hätten 6 CDs gereicht - die siebte mit den restlichen kleinen Cembalostücken aus dem 1993 entdeckten Manuskript und die Orgelstücke hätte man locker auf den CDs 3 bis 6 unterbringen können. Und die strenge Trennung nach Werkgattungen macht es etwas öde, die letzten drei CDs mit den Tastenwerken zu hören obwohl Belder sehr kurzweilig auf drei sehr schön klingenden Instrumenten spielt. Der Aufbau als Recitals auf je einer CD quer durch alle Werktypen hätte das Hörerlebnis durch Abwechslung deutlich gesteigert.
    So bekommt man alle Triosonaten, alle Quadrosonaten, alle Gambenfantasien, alle Cembalosuiten auf je einer CD, schön nach Nummern, und der Rest muß dann irgendwie in halbwegs anzuhörender Reihenfolge die verbleibenden CDs füllen. Eine CD-Aufnahme ist doch keine Werkausgabe, sondern soll auch kurzweilig anzuhören sein!

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